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KonflikteUkraine

Die Ukraine im Aufmerksamkeitsdefizit

15. Oktober 2023

Grünen-Chef Nouripour mahnt, die Unterstützung der Ukraine nicht zu vernachlässigen. Kiew beklagt eine Kriegsmüdigkeit der Geldgeber und meldet schwere Kämpfe rund um Awdijiwka. Unser Überblick.

Ein Soldat ist im Türbogen einer Hausruine nur als Schattenriss sichtbar
Ein ukrainischer Soldat sichert ein von russischen Raketen zerstörtes Haus in der Region DonezkBild: Dmytro Smoliyenko/Avalon/Photoshot/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Nouripour: Beistand für die Ukraine nicht vergessen
  • Ukraine beklagt Kriegsmüdigkeit der Geldgeber
  • Ukrainer aus Israel nach Rumänien ausgeflogen
  • Kiew meldet schwere Kämpfe rund um Awdijiwka
  • London: Russische Schwarzmeerflotte in der Defensive

 

Wegen des Angriffs der islamistischen Terrorgruppe Hamas auf Israel dürfe der Beistand für die Ukraine nicht vergessen werden, mahnt der Co-Vorsitzende der Umweltpartei Bündnis 90/Die Grünen, Omid Nouripour. "Es gibt eine sehr große Sorge in der Ukraine, dass ihr Schicksal jetzt unter die Räder kommt", sagte er beim Parteitag der baden-württembergischen Grünen. Dies dürfe man nicht zulassen. "Der Beistand für Israel ist Verpflichtung - den Beistand für die Ukraine dabei nicht zu vergessen, ebenfalls."

Omid Nouripour, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen (Archiv)Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht derweil auf weitere Unterstützung für sein von Russland angegriffenes Land. "Da sich der Terror weltweit ausbreitet, ist es wichtig, dass die Welt ein klares Signal sendet, dass die Terrorbekämpfung nirgends ins Wanken gerät", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Er dankte mehreren westlichen Partnern, die in der vergangenen Woche Militärhilfe angekündigt hatten - darunter etwa Belgien, das Kampfflugzeuge vom Typ F-16 zusagte.

Ukrainer aus Israel nach Rumänien gebracht

Die vom russischen Angriffskrieg erschütterte Ukraine hat mit einem ersten Evakuierungsflug aus Israel nach offiziellen Angaben mehr als 200 Bürger in Sicherheit gebracht. Die Maschine aus Tel Aviv mit 207 Ukrainerinnen und Ukrainern an Bord, darunter 63 Kinder, sei in der rumänischen Hauptstadt Bukarest gelandet, teilte das ukrainische Außenministerium in Kiew mit.

Passagiere warten am Flughafen in Tel Aviv (Symbolbild)Bild: Achille Abboud/IMAGO

Aus der Ukraine waren im Zuge der russischen Invasion, die am 24. Februar 2022 begonnen hatte, Millionen Menschen geflohen, die meisten in die EU. Einige flohen auch nach Israel. In Rumänien nun kümmere sich die ukrainische Botschaft um die Flüchtlinge, hieß es in Kiew. Auch am Sonntag sollten wieder 155 ukrainische Staatsbürger in Rumänien mit dem Flugzeug ankommen. Aus dem Gazastreifen müssten insgesamt 243 Menschen mit ukrainischem Pass in Sicherheit gebracht werden, hieß es. Es seien aber keine ukrainischen Bürger unter den Geiseln der radikalislamischen Hamas, die Israel vor gut einer Woche angegriffen hatte.

Die Hamas ist eine terroristische Organisation und entsprechend von der Europäischen Union, den USA, Deutschland und weiteren Ländern so benannt. Terroristen der Hamas haben israelischen Soldaten und Zivilisten getötet und verwundet, viele unschuldige Menschen wurden ermordet oder als Geiseln genommen. Es ist ein terroristischer Angriff.

Ukraine beklagt Kriegsmüdigkeit der Geldgeber

Angesichts zunehmender internationaler Krisen hat die Ukraine bei ihren Geldgebern bereits eine Kriegsmüdigkeit ausgemacht. Es sei schwieriger, finanzielle Hilfe zu sichern, sagte Finanzminister Serhij Martschenko der Nachrichtenagentur Reuters. Im Vergleich zum April müsse sich die Ukraine doppelt so stark um Hilfszusagen bemühen.

Martschenko machte für die Stimmung "eine geopolitische Verschiebung und den internen politischen Kontext in verschiedenen Ländern" verantwortlich. Konkret verwies er auf anstehende Wahlen in den USA und in der EU. Die Gespräche über westliche Finanzhilfen für die Ukraine werden seit einer Woche vom Konflikt zwischen Israel und der terroristischen Hamas überschattet.

Polen entscheidet über künftige Ukrainepolitik

Die Parlamentswahl in Polen an diesem Sonntag ist nicht nur innenpolitisch und mit Blick auf die EU von großer Bedeutung. Weil die rechtsnationalistische Regierungspartei PiS auch bei einem Wahlsieg auf einen Koalitionspartner angewiesen sein dürfte, geht es bei der Abstimmung auch um die künftige Ukrainepolitik.

Das polnisch-ukrainische Verhältnis hat nicht zuletzt wegen des Getreidestreits gelittenBild: Ukrainian Presidential Press Service/REUTERS

Denn für die PiS wäre ein Bündnis mit der rechtsextremen Konförderationspartei denkbar, die aber ein Ende der Ukraine-Hilfen fordert. Somit steht für die Ukraine viel auf dem Spiel, schließlich war Warschau bislang einer der wichtigsten Verbündeten.

Putin: Russland verbessert Positionen im Kriegsgebiet in Ukraine

Kremlchef Wladimir Putin hat Kiews Gegenoffensive einmal mehr für "komplett gescheitert" erklärt und von einer Verbesserung der russischen Positionen in der Ukraine gesprochen. Auf dem gesamten Gebiet der "militärischen Spezialoperation", wie Putin seinen Krieg offiziell nennt, verbesserten die russischen Streitkräfte ihre Lage, sagte der Präsident dem Moskauer Staatsfernsehen.

Die russischen Streitkräfte seien in einer Phase der "aktiven Verteidigung", sagte Putin in einem veröffentlichen Videoclip. Die Gefechte im Kriegsgebiet dauerten an. Die Ukraine bereite an einzelnen Abschnitten der Front neue Kampfhandlungen und Offensivoperationen vor, sagte der Kremlchef. "Und wir werden darauf in entsprechender Weise reagieren", betonte er.

Kämpfe im Nordosten haben sich massiv verstärkt

Die Ukraine meldet "erheblich verschärfte" Kämpfe im nördlichen Teil der Ostfront. Die russischen Truppen hätten sich nach den erlittenen Verlusten neu formiert und griffen nun rund um das Dorf Makijiwka und in Richtung der Stadt Kupjansk an. "Das Hauptziel des Feindes ist Einkreisung von Kupjansk und das Erreichen des Flusses Oskil", sagte General Olexander Syrskji nach einem Truppenbesuch an der Front. Jeden Tag führten die russischen Truppen Dutzende Angriffe aus. Die eigenen Einheiten seien jedoch vorbereitet und hielten Stand.

Die Stadt Awdijiwka ist schwer umkämpftBild: Alexnader Ermochenko/REUTERS

Auch von der ukrainischen Stadt Awdijiwka, die in einem anderen Abschnitt der Ostfront liegt, werden massive russische Angriffe gemeldet. Nach Einschätzung von Vertretern Russlands, aber auch westlicher Staaten kommt dies einer neuen russischen Offensive gleich. Awdijiwka werde den vierten Tag in Folge beschossen und stehe "völlig in Flammen", teilte die dortige Militärverwaltung mit.

Seit 2014, als Awdijiwka kurzzeitig unter die Kontrolle von durch Russland unterstützte Separatisten fiel, ist die Stadt ein Symbol für den ukrainischen Widerstand. Awdijiwka wurde schon vor Beginn der Offensive im Februar 2022 regelmäßig bombardiert. In der Stadt leben den Behörden zufolge derzeit noch rund 1600 Einwohner, vor Moskaus Offensive waren mehr als 30.000. 
 Die ukrainische Armee erklärte ihrerseits am Sonntag, dass russische Angriffe in der Region "abgewehrt" worden und "ohne Erfolg" geblieben seien.

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Die seit vier Monaten laufende ukrainische Gegenoffensive hat einige, wenn auch eher langsame Fortschritte gemacht. Das betrifft vor allem im Osten das Gebiet um die praktisch zerstörte Stadt Bachmut und den Süden, wo die ukrainischen Truppen einen Keil zwischen die russische Einheiten treiben und die Küste des Asowschen Meeres erreichen wollen.

London: Russische Schwarzmeerflotte in der Defensive

Nach schweren Schlägen steht Russlands Schwarzmeerflotte vornehmlich in der Defensive. Sie hat - nach britischen Erkenntnissen - viele ihrer prestigeträchtigen Bestandteile in weiter östlich gelegene Operations- und Stützpunktgebiete wie Noworossijsk verlagert. Eigentlich ist Sewastopol auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim der Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte. Doch das Hauptquartier dort war wie auch russische Kriegsschiffe von ukrainischen Raketen getroffen worden.

Brennendes Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol Bild: Planet Labs PBC/AP/dpa/picture alliance

Die Ukraine besitze seit langem die Initiative im Nordwesten des Schwarzen Meers und zwinge die russische Marine dazu, sich gegen unbemannte Schiffe und Drohnen sowie Raketenangriffe zu verteidigen, heißt es in London weiter. Allerdings könne die Schwarzmeerflotte aus dem Osten des Gebiets heraus weiterhin Marschflugkörper gegen die Ukraine abfeuern. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

rb/ack/as/sti/cw (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.