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KonflikteUkraine

Ukraine: Drohnenangriffe auf Kiew und die Krim

10. September 2023

Die Ukraine und Russland wollen zahlreiche Drohnenangriffe in der Nacht abgewehrt haben. Die Führung in Kiew fordert, dass gegen Kreml-Chef Wladimir Putin juristisch schärfer vorgegangen wird. Unser Überblick.

Ein Explosionsfeuer in Kiew bei Nacht
Explosionen in Kiew nach dem russischen DrohnenangriffBild: Gleb Garanich/Reuters

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Drohnen auf Kiew und die Krim
  • Kuleba beklagt mangelnden Willen des Westens
  • Lawrow kritisiert UN-Initiative für Getreideabkommen
  • Scholz wendet sich an "ukrainische Brüder und Schwestern"

 

Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist in der Nacht zum Sonntag nach Angaben der örtlichen Behörden von 32 Drohnen angegriffen worden. Die Luftabwehr habe "mehr als zwei Dutzend" der unbemannten Flugkörper abgeschossen, teilte der Chef der Kiewer Militärverwaltung, Serhij Popko, im Onlinedienst Telegram mit.

Nach Angaben Popkos sowie von Bürgermeister Vitali Klitschko gingen Trümmer abgeschossener Drohnen in den Bezirken Podilsky, Schewtschenkiwsky und Swjatoschynsky nieder. Die meisten Trümmer seien auf offene und unbebaute Flächen gefallen, erklärte Popko.

Russland zerstörte nach Angaben des Verteidigungsministeriums im Schwarzen Meer mehrere ukrainische Marineboote und Drohnen mit Zielrichtung Halbinsel Krim. Flugzeuge der Schwarzmeerflotte hätten nordöstlich der Schlangeninsel drei militärische Schnellboote vom US-Typ Willard Sea Force mit Besatzung vernichtet, teilte das Ministerium in Moskau mit. Die Boote seien in Richtung Halbinsel Krim unterwegs gewesen. Zuvor hatte das Ministerium mitgeteilt, dass die Flugabwehr in der Nacht auch Angriffe mit acht Drohnen nahe der Krim-Küste abgewehrt habe. Überprüfbar waren die Angaben nicht.

Kiew will mehr Druck des Westens auf Putin

Die Ukraine hat zu große Zögerlichkeit ihrer westlichen Verbündeten in der Frage des juristischen Vorgehens gegen Kreml-Chef Wladimir Putin und im Umgang mit eingefrorenen russischen Vermögenswerten beklagt. Bei beiden Themen steckten die Verhandlungen "in einer Art Sackgasse", sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba.

Der ukrainische Außenminister Kuleba hofft auf größere Unterstützung des WestensBild: Ameer Al-Mohammedawi/dpa/picture alliance

Beim Thema der Gründung eines neuen Gerichts zur Aburteilung Putins wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gebe es "Meinungsverschiedenheiten" mit den Verbündeten. In der Frage des Transfers russischer Vermögenswerte an die Ukraine gebe es einen "Mangel an Willen" auf Seite der Partner, so Kuleba bei einer internationalen Konferenz in Kiew.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag hatte im vergangenen März einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt. Der Haftbefehl bezieht sich auf die Verschleppung tausender ukrainischer Kinder nach Russland im Zug des Ukraine-Kriegs.

Die Ukraine fordert jedoch darüber hinaus die Einsetzung eines neuen internationalen Gerichts zur Verfolgung Putins wie auch anderer Mitglieder der russischen Führung. Dieses Gericht soll sich am Vorbild des Nürnberger Strafgerichtshofs orientieren, vor dem Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher nach dem Zweiten Weltkrieg stattfanden.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den HaagBild: Klaus Rainer Krieger/reportandum/IMAGO

Lawrow kritisiert Initiative für neues Getreideabkommen

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die Initiative von UN-Generalsekretär António Guterres für eine Wiederbelebung des Abkommens zum Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer als "unrealistisch" bezeichnet. Beim Lesen des Briefes entstehe der Eindruck, dass sich Guterres von einer interessierten Seite instrumentalisieren lasse, sagte Lawrow am Rande G20-Gipfels in Neu Delhi.

Der UN-Chef hatte Vorschläge unterbreitet, um das im Juli von Kremlchef Wladimir Putin aufgekündigte und für die Welternährung wichtige Getreideabkommen wieder in Kraft zu setzen. Lawrow beklagte, dass Guterres etwa vorschlage, eine Filiale der russischen staatlichen Agrarbank Rosselchosbank in Luxemburg an das internationale Finanznetzwerk Swift anzuschließen.

Der Minister bekräftigte, dass Russland im Fall einer Erfüllung seiner Forderungen bereit sei, das Abkommen wieder einzusetzen. Moskau verlangt unter anderem, dass die Agrarbank selbst an Swift angeschlossen wird und auch andere Sanktionen des Westens gegen Russland gelockert werden. In seinem Brief macht Guterres noch drei weitere Vorschläge, um russische Exporte zu ermöglichen. Darin geht es auch um das Auftauen von eingefrorenem Vermögen der Düngemittel-Firmen in Europa und die Erlaubnis für russische Schiffe, in europäische Häfen einzulaufen. Aus dem Brief erschließt sich indirekt, dass die Vereinten Nationen für diese Zugeständnisse mit der EU zusammenarbeiten. 

Scholz spricht von "ukrainischen Brüdern und Schwestern"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in einer Videobotschaft zur Eröffnung der Invictus Games für kriegsversehrte Soldatinnen und Soldaten einen besonders herzlichen Gruß an das Team aus der Ukraine gerichtet. Die Botschaft, die von den Spielen und den Teilnehmern ausgehe, sei, nie aufzugeben. 

"Wie unsere ukrainischen Brüder und Schwestern, die ihre Heimat und ihre Freiheit und ihr Recht, in Frieden zu leben, verteidigen im Angesicht von Russlands brutaler Aggression", unterstrich der Kanzler. "Slawa Ukraine, Glorie to Ukraine", sagte Scholz. Die Videobotschaft in englischer Sprache war mit Blick auf das G20-Treffen vorab aufgezeichnet worden - noch vor seinem Unfall beim Joggen.

Prinz Harry bei der Eröffnung der Invictus Games in DüsseldorfBild: Fabian Strauch/dpa/picture alliance

An dem einwöchigen internationalen Sportfestival in Düsseldorf für kriegsversehrte Soldatinnen und Soldaten nehmen mehr als 500 Teilnehmer aus 21 Ländern teil. Es wird zum ersten Mal in Deutschland ausgetragen.

Umerov will schwere Waffen "heute und jetzt"

Der neue ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerov hat die westlichen Unterstützer Kiews aufgefordert, seinem Land schnell mehr schwere Waffen zu liefern. "Wir sind dankbar für die geleistete Unterstützung", sagte Umerow auf einer Konferenz in Kiew. "Wir brauchen mehr schwere Waffen", fügte er hinzu. "Wir brauchen sie heute. Wir brauchen sie jetzt."

Der neue ukrainische Verteidigungsminister Umerov richtet deutliche Worte an den Westen Bild: Andrii Nesterenko/REUTERS

Auf derselben Konferenz hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj zuvor vor den Folgen "langsamerer" Waffenlieferungen aus dem Westen für die Gegenoffensive seines Landes gewarnt. Die Ukraine hatte Anfang Juni eine groß angelegte Gegenoffensive gestartet, um die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Beim Vorrücken gegen die russischen Einheiten stoßen die ukrainischen Kräfte auf weite Gebiete, in denen Panzerfallen und Minen deponiert wurden.

Umerow sagte: "Ukrainische Krieger opfern heute ihr Leben für die Grundwerte Demokratie und Freiheit. Sie brauchen Unterstützung von Ihnen, liebe Partner. Und diese Unterstützung sind Waffen." Der 41-jährige Krim-Tatare übernahm das Amt von Oleksij Resnikow. Er war in der vergangenen Woche vor dem Hintergrund von Korruptionsskandalen rund um das Militär entlassen worden.

Wetter ist kein Kriterium

Die Ukraine will ihre Gegenoffensive gegen russische Streitkräfte auch bei schlechtem Wetter fortsetzen. "Die Kampfhandlungen werden auf die eine oder andere Weise fortgesetzt. In der Kälte, Nässe und im Schlamm ist es schwieriger zu kämpfen. Doch die Kämpfe werden weitergehen. Die Gegenoffensive wird fortgesetzt", sagte der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow. Die Gegenoffensive finde in mehreren Richtungen statt. Die Fortschritte seien langsamer als er es sich gewünscht habe und die Situation sei schwierig.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte vor kurzem die ukrainische Gegenoffensive hingegen als völlig erfolglos bezeichnet.

Glaube an Sieg ist groß

90 Prozent der Ukrainer glauben einer Umfrage zufolge daran, dass ihre Armee das gesamte Gebiet der Ukraine zurückerobern kann. Nur sechs Prozent glauben das nicht. Das hat ein Umfrageinstitut in der Ukraine (Democratic Initiatives Foundation) im Auftrag der "Bild am Sonntag" ermittelt. Alle Befragten leben in den von der Ukraine kontrollierten Gebieten.

Demnach wollen 83 Prozent der Befragten eine weitere Gegenoffensive im nächsten Jahr, wenn die Ukraine in diesem Jahr nicht genügend Erfolge erzielt. 30 Prozent antworteten auf die Frage, ob sie direkte Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland befürworten, um den Krieg zu beenden, mit Ja. 63 Prozent lehnten das ab.

Und: Neun Jahre nach der Annexion der Krim durch Russland würden es 40 Prozent der Ukrainer nicht als Niederlage betrachten, wenn die Halbinsel nach dem Krieg in russischer Hand bliebe. 50 Prozent hingegen sehen das anders

uh/nob/haz/wa (dpa, rtr, afp, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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