1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Konflikte

Aktuell: Erste russische Soldaten in Belarus

15. Oktober 2022

Beide Länder wollen eine gemeinsame Militäreinheit aufbauen. Das Leck in der Druschba-Pipeline ist offenbar repariert. Kiew erhält mehr als eine Milliarde US-Dollar Militärhilfe aus Riad und Washington. Ein Überblick.

Symbolbild Russische Soldaten treffen in Weißrussland für gemeinsame Truppen ein
Russische Soldaten bei einem Manöver in Belarus im Februar 2022Bild: Russian Defense Ministry Press Service/AP Photo/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Erste russische Einheiten in Belarus eingetroffen
  • Polnischer Betreiber: Druschba-Pipeline funktioniert wieder
  • Scholz unterstützt EU-Beitritt der Ukraine und anderen Ländern
  • Russischer Präsident kündigt Abschluss der Mobilisierung an
  • Militärhilfe in Milliardenhöhe aus Riad und Washington

 

"Die ersten Konvois russischer Soldaten des regionalen Truppenverbunds sind in Belarus angekommen", erklärte das Verteidigungsministerium in Minsk. Der Auftrag der Soldaten bestehe "ausschließlich darin, den Schutz und die Verteidigung der Grenze zu stärken", hieß es weiter. 

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte die Aufstellung eines gemeinsamen belarussisch-russischen Verbundes am Montag bekannt gegeben. Die Aussage hatte Befürchtungen ausgelöst, belarussische Soldaten könnten gemeinsam mit der russischen Armee im Osten der Ukraine eingesetzt werden. Belarussische Soldaten nahmen bislang nicht an der Offensive teil.

Opposition in Minsk spricht von 120.000 Russen

In der belarussischen Opposition gegen Lukaschenko kursiert die Zahl von angeblich 120.000 russischen Soldaten, die in den kommenden Monaten in Belarus stationiert werden sollen. Außerdem solle die belarussische Armee durch Mobilisierungsmaßnahmen von etwa 45.000 auf 100.000 Mann aufgestockt werden. Offizielle Bestätigungen dafür gibt es nicht.

Betreiber: Durch Druschba-Pipeline fließt wieder Öl 

Die leckgeschlagene Ölpipeline Druschba von Russland nach Mitteleuropa hat nach polnischen Angaben den Betrieb wieder aufgenommen. Der polnische Betreiber PERN teilt mit, er habe die volle Funktionalität der Pipeline wieder hergestellt, sodass von heute an wieder Öl an deutsche Kunden geliefert werden könne. Die Ursache des Lecks werde noch untersucht.

Die Raffinerie PCK in Schwedt wird über die Druschba-Pipeline beliefert (Archiv)Bild: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

Die Pipeline Druschba (Freundschaft) zählt zu den größten der Welt und liefert russisches Öl in mehrere Länder Mitteleuropas. Sie versorgt auch die Raffinerie Schwedt in Brandenburg. Ihre Rohre verlaufen teils über und teils unter der Erde. Der Bund hatte zur Sicherung der Produktion und Versorgung über die Schwedter Raffinerie PCK mit Sprit, Heizöl und anderen Produkten die Kontrolle über die deutschen Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft übernommen.

Nach Raketentreffer müssen Ukrainer Strom sparen

Nach einem neuen Angriff auf eine Anlage zur Energieversorgung im Umland der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind die Menschen zum Stromsparen aufgerufen worden. "Bitte laden Sie jetzt, vor dem Abend, Mobiltelefone und Powerbanks auf", schrieb der Energieversorger Ukrenerho an seine Kunden. Sie sollten ihr Abendessen zudem früher zubereiten, damit bis 23.00 Uhr "strikt" weniger Strom verbraucht werde. 

Grund sei, dass der Strom von Starkstromtrassen auf weniger leistungsfähige Leitungen umgeleitet werden müsse, schrieb das Unternehmen bei Facebook. Sollte der Verbrauch stark steigen, seien Notabschaltungen notwendig. 

Scholz will beitrittswillige Länder in der EU

Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Ukraine und Moldau sowie weiteren beitrittswilligen Staaten erneut Unterstützung auf ihrem Weg in die EU zugesagt. Die beiden Staaten gehörten ebenso wie auch Georgien und die Länder des westlichen Balkan "zu uns, zum freien Europa", sagte Scholz in seiner Rede auf dem Kongress der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) in Berlin. Scholz erinnerte an Beitrittsperspektive, die diesen Staaten teils schon vor vielen Jahren zugesichert wurde. "Diesen Worten müssen jetzt endlich Taten folgen", betonte der Kanzler.

Putin kündigt Abschluss der Mobilisierung an

Der russische Präsident Wladimir Putin geht nach eigenen Worten davon aus, dass die Einberufung russischer Reservisten bald beendet sein wird. "Ich denke, dass in etwa zwei Wochen alle Mobilisierungsaktivitäten abgeschlossen sein werden", sagte Putin auf einer Pressekonferenz in Kasachstan. 222.000 von 300.000 Reservisten seien bereits mobilisiert worden. Zudem erklärte der Kremlchef, Russland plane "vorerst" keine weiteren großen Luftangriffe auf die Ukraine.

Russische Reservisten erhalten in Bataysk den Segen eines orthodoxen Priesters (26.09.2022)Bild: Sergey Pivovarov/REUTERS

Angesichts der russischen Mobilisierung bekräftigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut, die ukrainischen Streitkräfte würden das ganze Territorium ihres Landes von Russland zurückerobern." Sie haben immer noch Leute, die sie auf das Schlachtfeld werfen können, sie haben Waffen, Raketen, die sie gegen die Ukraine einsetzen", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Russland habe auch immer noch die Möglichkeit, die ukrainischen Städte und alle Europäer zu terrorisieren und die Welt zu erpressen. Aber Russland habe keine Chance auf Erfolg in dem Krieg, weil die Ukraine stetig Fortschritte mache.

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben südlich von Luhansk große Mengen russischer Waffen und Ausrüstung zerstört. Auf seiner Facebook-Seite teilte der ukrainische Generalstab weiter mit, russische Streitkräfte hätten mehrere Städte wie Konstantynivka südwestlich von Bachmut und die Stadt Saporischschja mit Artillerie und aus der Luft beschossen. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

IWF ruft Russland zur Beendigung des Krieges auf

Die Mitgliedsstaaten des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben Russland fast einstimmig aufgerufen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Der Konflikt sei der wichtigste aller Gründe für die Inflation und ein sich abschwächendes globales Wirtschaftswachstum, teilte der IWF-Lenkungsausschuss mit. Die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calvino erklärte, Russland habe erneut eine gemeinsame Stellungnahme des Ausschusses verhindert.

Die Rückreise des deutsche Finanzministers Christian Lindner vom IWF-Treffen wurde durch einen Defekt an der Regierungsmaschine verzögert. Ursprünglich hätte das Flugzeug am Freitagnachmittag (Ortszeit) starten sollen. Daraufhin musste Lindner auf eine Linienmaschine ausweichen.

US-Kritik an der EU-Kommission

US-Finanzministerin Janet Yellen hat die EU-Kommission dafür kritisiert, sich einem Schuldenmoratorium für die Ukraine nicht angeschlossen zu haben. "Die Ukraine hat eine riesige Finanzierungslücke und braucht unsere volle Unterstützung", sagte Yellen bei einem Treffen mit den Finanzministern der Eurogruppe in Washington. "Ich sage ehrlich, dass ich enttäuscht darüber bleibe, dass die EU-Kommission sich nicht der Gläubigergruppe angeschlossen hat, die der Ukraine Schuldenerleichterungen anbietet."

US-Finanzministerin Janet Yellen fordert von der EU-Kommission mehr Engagement beim Schuldenerlass für die UkraineBild: Drew Angerer/Getty Images

Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada und die USA hatten im Juli ein Schuldenmoratorium für die Ukraine angekündigt und dies im September beschlossen. Dadurch werden die Zahlungsverpflichtungen des von Russland angegriffenen Landes bis Ende 2023 ausgesetzt.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte, auf Yellens Kritik angesprochen, für einen entsprechenden Beschluss auf EU-Ebene wäre die Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedstaaten nötig gewesen. "Deswegen haben wir einen anderen Weg und eine andere Behandlung des Themas."

Der IWF hat gewarnt, dass der Ukraine im kommenden Jahr eine Haushaltslücke von monatlich bis zu vier Milliarden Dollar (rund 4,1 Milliarden Euro) drohe.

Eine Milliarde US-Dollar Militärhilfe für die Ukraine

Saudi-Arabien und die USA haben weitere Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt. Aus Riad wird die Ukraine demnach 400 Millionen US-Dollar für humanitäre Hilfe erhalten. Dies teilte die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA mit. Kronprinz Mohammed bin Salman habe am Freitag mit Präsident Selenskyj telefoniert. Dabei habe er auch gesagt, Saudi-Arabien sei weiterhin zu Vermittlungsversuchen bereit.

Die USA werden der Ukraine im Rahmen eines neuen Sicherheitspakets Munition und Militärfahrzeuge in Höhe von 725 Millionen Dollar liefern, wie das Verteidigungsministerium in Washington mitteilte. Die Militärhilfe solle die Fähigkeiten der Ukraine zur Gegenoffensive gegen Russland stärken. Zu dem Paket gehört unter anderem weitere Munition für das Raketenabwehrsystem HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System).

US-Außenminister Antony Blinken (Archivbild)Bild: Guillermo Legaria/Getty Images

In einem Statement sagte Außenminister Antony Blinken, die Hilfe komme "im Nachgang zu Russlands brutalen Raketenangriffen auf Zivilisten in der Ukraine" und den "zunehmenden Beweisen für Gräueltaten durch das russische Militär". Die Gesamtsumme der US-Verteidigungshilfen für die Ukraine erhöht sich damit auf mehr als 17,5 Milliarden Dollar seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar.

US-Präsident Joe Biden hatte die Finanzierung des neuen Sicherheitsspakets für die Ukraine mit einer Weisung an das Außenministerium freigestellt. Die "Presidential Drawdown Authority" (PDA) ermöglicht es der US-Regierung, im Notfall schnell und ohne Zustimmung des Kongresses Verteidigungsgüter und -dienstleistungen aus den eigenen Beständen zu transferieren.

Iran dementiert Waffenlieferungen

Derweil wies der Iran Berichte zurück, wonach das Land Russland mit militärischem Gerät unterstütze. Außenminister Hussein Amirabdollahian sagte in einem Telefonat mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, zwar bestehe eine militärische Zusammenarbeit mit Moskau. Doch die Islamische Republik liefere keine Waffen an Russland. Meldungen über den Einsatz iranischer Drohnen im Ukraine-Konflikt hat Teheran wiederholt dementiert, wenngleich sie von russischer Seite bestätigt wurden. Der Iran hofft nach eigener Darstellung auf ein Ende des Krieges; öffentliche Kritik an der russischen Invasion gab es bislang nicht.

Stromversorgung im AKW Saporischschja verbessert

In dem von russischen Truppen besetzten Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine wurde die Stromversorgung von außen offenbar stabilisiert. Das AKW sei wieder an eine Reservestromleitung angeschlossen worden, teilte die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) unter Berufung auf ihre Vertreter vor Ort mit. Außerdem sei es gelungen, mit sieben Tanklastwagen die Dieselvorräte des Werks bei der Stadt Enerhodar aufzustocken.

Damit könnten die werkeigenen Generatoren im Notfall zehn Tage lang die Reaktoren in Europas größtem Atomkraftwerk kühlen. Fünf Lastwagen seien aus der ukrainischen Gebietshauptstadt Saporischschja gekommen, zwei aus russisch besetztem Territorium. In den vergangenen Tagen hatten die Generatoren zweimal einspringen müssen, weil sowohl die letzte verbliebene Hauptleitung von außen wie auch die Reserveleitung ausgefallen waren.

Derzeit stehen alle sechs Reaktoren still. Das Personal bereite sich darauf vor, zwei Reaktoren wieder hochzufahren, teilte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi mit. Er bemüht sich in einer Pendeldiplomatie zwischen Russland und der Ukraine, dass um das AKW eine Sicherheitszone ohne Kämpfe eingerichtet wird. Auf dem Gelände in und um das Kraftwerk sind immer wieder Artilleriegeschosse eingeschlagen. Beide Seiten machen einander für den Beschuss verantwortlich.

Tadschikistans Präsident Emomali Rahmon (rechts, bei einer Begegnung am Donnerstag) kritisiert Wladimir PutinBild: Vyacheslav Prokofyev/ITAR-TASS/IMAGO

Kritik an Putin aus Tadschikistan

Bei einem Gipfeltreffen Russlands mit den fünf Ex-Sowjetrepubliken in Zentralasien musste sich Kremlchef Putin Kritik an dem für selbstverständlich gehaltenen Vorrang Moskaus anhören. Russland dürfe die Interessen der kleineren Länder nicht wie zu sowjetischen Zeiten übergehen, sagte der tadschikische Präsident Emomali Rachmon in Astana, der Hauptstadt Kasachstans. "Damals und, entschuldigen Sie, auch noch heute wurden die kleinen Republiken, die kleinen Völker nicht beachtet", sagte er. Internationale Wirtschaftsforen seien nur in Moskau, in Minsk (Belarus), Kiew (Ukraine) oder noch in Almaty (Kasachstan) organisiert worden. "Für die anderen Republiken hieß es nur: Schick Milch, schick Baumwolle, schick dies und das".

Russland sieht sich immer noch als Ordnungsmacht für Zentralasien. Die Länder dort sind ökonomisch, teils auch militärisch auf Moskau angewiesen. Gleichzeitig deuteten Beobachter in der Region die Kritik des Tadschiken auch als Zeichen eines schleichenden Machtverlusts Putins und Russlands wegen des Kriegs gegen die Ukraine. 

mak/ack/jj/sti/nob/uh (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.