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Politik

Aktuell: Erster Getreide-Export per Schiff vorbereitet

29. Juli 2022

Erstmals seit Kriegsbeginn will die Ukraine wieder per Schiff Getreide exportieren. Nach wochenlanger Pause schlagen in Kiew wieder russische Raketen ein. Moldau verlängert erneut den Ausnahmezustand. Der Überblick.

Schiff hinter Ladekränen
Im Hafen Tschornomorsk bei Odessa werden Schiffe mit Getreide beladenBild: Photoshot/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Erster Getreideexport per Schiff steht kurz bevor
  • Russland greift wieder Ziele in Kiew an
  • Wechselseitige Beschuldigungen nach Attacke in Donezk
  • Selenskyj fordert, Russland als Terror-Sponsor zu brandmarken
  • Moldau verlängert Ausnahmezustand

 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einem Besuch der Hafenstadt Odessa den baldigen Start der Getreideexporte per Schiff übers Schwarze Meer angekündigt. "Ich denke, dass es heute oder morgen beginnt", sagte der 44-Jährige in einer Videobotschaft, die auf seinem Telegram-Kanal veröffentlicht wurde. Es werde das erste Getreideschiff seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar sein.

"Das Wichtigste für uns ist, dass der Hafen und die Menschen arbeiten", sagte der Staatschef. In dem Video wurde das Schiff "Polarnet" unter türkischer Flagge beim Beladen im Hafen Tschornomorsk bei Odessa gezeigt. Das Getreide sei von einer ukrainischen Firma. Das Infrastrukturministerium warte nun auf ein Signal von den Vereinten Nationen und der Türkei für den Start. 

Nach Angaben des stellvertretenden Chefs der Präsidialverwaltung, Kyrylo Tymoschenko, werden derzeit insgesamt 16 Schiffe in den Häfen von Odessa mit Getreide beladen. Die Gesamtzuladung liege bei 580.000 Tonnen. "In Kürze werden sie in ihre Bestimmungshäfen ablegen", sagte Tymoschenko.

Russland greift wieder Ziele in Kiew an

Bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Hauptstadt sind nach offiziellen Angaben fünfzehn Menschen verletzt worden. Die Geschosse hätten Militäreinrichtungen am Rande von Kiew getroffen, teilte der Gouverneur der Region, Oleksiy Kuleba, mit.

Raketenangriff auf ein Ziel am Rande der ukrainischen Hauptstadt KiewBild: David Goldman/ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Mehr als zehn russische Raketen schlugen auch in der Region Tschernihiw nordöstlich der Hauptstadt ein, wie der dortige Gouverneur dem ukrainischen Fernsehen sagte. Ebenso wie Kiew war auch Tschernihiw in den Wochen zuvor nicht mehr von Russland angegriffen worden.

Separatisten: 40 tote Gefangene nach Beschuss

In der südlichen Hafenstadt Mykolajiw wurden nach Angaben der Regionalregierung mindestens vier Menschen bei einem Angriff getötet. Weitere Personen, die sich unter anderem an einer Haltestelle des Nahverkehrs aufgehalten hätten, seien verletzt worden, erklärte Gouverneur Witalij Kim.

Aus dem Gebiet Donezk wird ein Angriff auf ein Gefangenenlager gemeldet, bei dem nach Darstellung prorussischer Separatisten mindestens 40 ukrainische Soldaten getötet und viele verletzt wurden. Die Haftanstalt Oleniwka, in der die moskautreuen Truppen Kriegsgefangene festhalten, sei durch Mehrfachraketenwerfer vom Typ HIMARS beschossen worden. Diese Waffensysteme hatten die USA dem ukrainischen Militär zur Verfügung gestellt.

Der Generalstab in Kiew bestritt jedoch in einer Stellungnahme, für die Attacke verantwortlich zu sein. Vielmehr hätten Streitkräfte der Russischen Föderation den Artillerieschlag ausgeführt, so die ukrainische Seite.

Verlangt eine "rechtliche Antwort auf globaler Ebene": Wolodymyr Selenskyj (Archivbild)Bild: Planet Pix/ZUMA Press/dpa/picture alliance

Selenskyj fordert, Russland als Terror-Sponsor zu brandmarken

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte die Welt dazu auf, Russland klar als staatlichen Unterstützer von Terrorismus zu benennen. Niemand auf der Welt investiere mehr in Terrorismus als Russland, sagte er in einer Videobotschaft in der Nacht zu Freitag. Dies erfordere eine "rechtliche Antwort auf globaler Ebene".

In den USA haben US-Senatoren bereits eine entsprechende Resolution auf den Weg gebracht. Die Entscheidung darüber liegt aber beim US-Außenministerium, das auch die offizielle Liste der Terrorismus unterstützenden Staaten führt. Sie umfasst derzeit die Länder Syrien, Iran, Kuba und Nordkorea. Diese werden von den USA mit strikten Sanktionen belegt.

Moldau verlängert Ausnahmezustand

Das Parlament der Republik Moldau hat beschlossen, den Ausnahmezustand im Land um 60 Tage zu verlängern. Die Regierung in Chisinau hatte zuvor erklärt, weiterhin besondere Befugnisse zu benötigen, um die Folgen des russischen Einmarsches in der Ukraine zu bewältigen.

Moldaus Ministerpräsidentin Gavrilita: "Die Regierung braucht zusätzliche Befugnisse" (Archivbild)Bild: Manuel Balce Ceneta/AP Photo/picture alliance

Als Gründe für die Maßnahme nannte Ministerpräsidentin Natalia Gavrilita im Parlament die anhaltenden Risiken für die Energieversorgung und die Grenzsicherheit Moldaus sowie die Notwendigkeit, die Flüchtlingsströme aus der Ukraine zu bewältigen. "Die Risiken für Moldawien aufgrund des Krieges in der Ukraine bleiben hoch. Die Regierung braucht zusätzliche Befugnisse", sagte Gavrilita. Die Verlängerung des Ausnahmezustands wird am 8. August in Kraft treten.

Seit der russischen Invasion im Februar haben rund 500.000 Ukrainer die moldauische Grenze überquert. Etwas mehr als 100.000 Flüchtlinge sind in Moldau geblieben. Das kleine osteuropäische Land hat selbst nur 2,6 Millionen Einwohner. Das Parlament in Chisinau hatte schon kurz nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine einen vorübergehenden Ausnahmezustand verhängt und diesen bereits im April und Juni verlängert.

Ministerium: Bundeswehr liefert Ukraine Brückenlegepanzer

Deutschland wird der Ukraine nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums 16 Brückenlegepanzer vom Typ Biber liefern. Damit könnten ukrainische Truppen im Gefecht Gewässer oder Hindernisse überwinden, teilte das Ministerium mit. Die ersten sechs Systeme würden noch 2022 bereitgestellt, weitere zehn im kommenden Jahr. Dies ergänze die Lieferung von Panzerhaubitzen, Mehrfachraketenwerfern Mars II und Flugabwehrkanonenpanzern vom Typ Gepard. Der Biber kann laut Bundeswehr bis zu 20 Meter breite Gräben oder Flüsse überbrücken.

Paris und Riad wollen Folgen des Ukraine-Kriegs abfedern

Frankreich und Saudi-Arabien wollen zusammenarbeiten, um die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs "abzumildern". Präsident Emmanuel Macron betonte die Notwendigkeit, sich "mit Blick auf eine Diversifizierung der Energieversorgung europäischer Staaten" weiter mit Saudi-Arabien abzustimmen, wie der Elysée mitteilte. Macron hatte am Donnerstag den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Präsidentenpalast in Paris empfangen und damit heftige Kritik von Menschenrechtsgruppen ausgelöst.

"Diversifizierung der Energieversorgung": Präsident Macron (links) und Kronprinz bin Salman in ParisBild: Lewis Joly/AP Photo/picture alliance

Aktivisten hatten gegen das Treffen protestiert, da es bin Salman auf der internationalen Bühne weiter rehabilitiere. Nach Einschätzung des US-Geheimdienstes hatte bin Salman den Mord des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul vor vier Jahren persönlich gebilligt.

Absichtserklärung für afrikanisches Pipeline-Projekt

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Konsequenzen für den internationalen Gasmarkt haben ein jahrzehntealtes Projekt wiederbelebt: Algerien, Nigeria und Niger schreiten bei der Planung einer Transsahara-Gaspipeline (TSGP) voran. Die Energieminister der drei afrikanischen Staaten unterzeichneten in Algier eine Absichtserklärung für das Projekt. Die Leitung könnte Europa mit Brennstoff versorgen und so eine Alternative zu russischen Lieferungen sein.

Unterzeichnung des Transsahara-Gaspipeline-Abkommens in AlgierBild: Chahine Sebiaa/IMAGO

Das Projekt sieht vor, nigerianisches Gas in einer mehr als 4000 Kilometer langen Röhre durch den Niger nach Algerien zu transportieren. Von dort aus könnte es nach Italien gepumpt oder auf Flüssiggas-Tanker verladen werden. Die TSGP könnte zudem die Märkte entlang ihres Weges versorgen.

Das Projekt lag viele Jahre auf Eis, doch seit Russlands Krieg gegen die Ukraine ist das Interesse daran wieder deutlich gestiegen. Mehrere europäische Staaten und die EU setzen seit der russischen Invasion alles daran, ihre Erdgasimporte aus Ländern außerhalb Russlands aufzustocken. Zu den alternativen Lieferanten gehört auch Algerien.

fab/AR/jj/se (dpa, rtr, afp, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.