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KonflikteUkraine

Aktuell: Keine einfachen Visa mehr für Russen

31. August 2022

Für russische Staatsbürger wird es schwieriger, ein Visum für die EU zu bekommen. Die Experten der Atomenergiebehörde sind in der Nähe des besetzten Atomkraftwerks Saporischschja angekommen. Nachrichten im Überblick.

EU setzt Visa-Erleichterungen für Russland aus
Bild: Gavriil Grigorov/TASS/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Reisen in die EU werden für Russen schwieriger
  • Russland macht es IAEA-Experten weiter schwer
  • Außenministerin Baerbock fordert neue Russland-Politik der EU
  • Windkraft soll russisches Gas und Öl ersetzen

 

Die EU wird ein mit Russland geschlossenes Abkommen zur Erleichterung der Visa-Vergabe für Reisende vollständig aussetzen. Das kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach Beratungen der Außenminister an. Der Schritt ist eine weitere Strafmaßnahme in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der seit mehr als einem halben Jahr andauert.

Die Europäische Union macht es ihren Mitgliedsstaaten damit möglich, Einreisebeschränkungen für Russinnen und Russen zu erlassen und die Kosten und den Aufwand für Antragsteller zu erhöhen. So wird zum Beispiel die grundsätzliche Festschreibung der Visumgebühr auf 35 Euro wegfallen und auch die Regelbearbeitungszeit von zehn Kalendertagen nach Antragseingang soll nicht mehr gelten.

EU-Außenbeauftragter Borrell (links) mit der tschechischen Verteidigungsministerin Cernochova und ihrem schwedischen Amtskollegen HultqvistBild: Michal Kamaryt/dpa/CTK/picture alliance

Borrell sagte, das Aussetzen des Visa-Abkommens werde die Zahl der neu ausgestellten Visa signifikant reduzieren. Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock ergänzte, die Antragstellung für Russen könnte damit künftig im Zweifel Monate dauern. Gleichzeitig wird es nach ihren Angaben weiterhin möglich sein, zum Beispiel Studenten und Journalisten die Einreise zu ermöglichen. Bislang war das 2007 in Kraft getretene Visaerleichterungsabkommen nur für Geschäftsleute, Regierungsvertreter und Diplomaten außer Kraft gesetzt.

IAEA-Experten haben erste Etappe zum AKW Saporischschja geschafft

Die Expertinnen und Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sind in der südostukrainischen Großstadt Saporischschja eingetroffen. Der ukrainische Atomkraftwerksbetreiber Enerhoatom veröffentlichte ein Video von der Ankunft der Gruppe, knapp neun Stunden, nachdem das 14-köpfige Team in Kiew aufgebrochen war. IAEA-Chef Rafael Grossi sagte, es handele sich um eine "technische Mission" mit dem Ziel, einen nuklearen Unfall in dem Kraftwerk zu verhindern.

IAEA Generaldirektor Rafael Grossi in SaporischschjaBild: ANNA VOITENKO/REUTERS

Wann die Expertinnen und Experten zum etwa 50 Kilometer entfernten Atomkraftwerk in dem Ort Enerhodar weiterfahren, ist noch unklar. Die Stadt Saporischschja steht unter ukrainischer Kontrolle. Das Gelände des Atomkraftwerks befindet sich dagegen auf von Russland besetztem Gebiet. Den Übergang bildet ein von Saporischschja etwa 40 Straßenkilometer entfernter Kontrollpunkt, an dem es in beide Richtungen kilometerlange Staus gibt. Die russischen Besatzungsbehörden haben angekündigt, dass die IAEA-Mission keine Sonderpassierscheine erhalten wird.

Zudem soll der Besuch nach Angaben der russischen Besatzer lediglich einen Tag dauern. Das Team solle sich "an einem Tag anschauen, wie das Werk arbeitet", sagte Jewgeni Balizki, der Leiter der von Russland eingesetzten Gebietsverwaltung in Melitopol. Vor Einbruch der Dunkelheit müssten sie wieder abreisen, ergänzte er.

Das mit sechs Reaktoren größte Atomkraftwerk Europas wird seit Anfang März von russischen Truppen kontrolliert. In den vergangenen Wochen war die Gegend um das AKW wiederholt beschossen worden, wofür sich die Ukraine und Russland gegenseitig verantwortlich machten. An diesem Mittwoch sprachen die russischen Besatzer von einem erneuten Beschuss des Kraftwerks durch ukrainische Truppen. Es habe mehr als 60 Einschläge durch Drohnenangriffe und Artilleriebeschuss auf dem Kraftwerksgelände und in der Umgebung gegeben, hieß es. Die Kämpfe nährten die Furcht, dass es in Saporischschja zu einer ähnlichen Atomkatastrophe kommen könnte wie 1986 im ukrainischen, damals zur Sowjetunion gehörenden Tschernobyl.

Baerbock stellt Vier-Punkte-Plan für neue EU-Russland-Politik vor

Deutschlands Außenministerin Baerbock (Grüne) schrieb bei Twitter, Russland unter Präsident Wladimir Putin werde "absehbar eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit bleiben". Gemeinsam mit Frankreich trete sie daher für eine Neuausrichtung der EU-Russland-Politik ein.

Konkret nannte Baerbock vier Punkte: Erstens dürfe es kein Nachlassen in der Reaktion auf den russischen Angriffskrieg geben. Zweitens müsse die europäische Wehrhaftigkeit mit neuen Technologien und Ausrüstung gestärkt werden. Drittens müsse die EU ihre Partnerschaften weltweit stärken, vor allem im globalen Süden. Und viertens dürfe sich Europa nicht abwenden von der russischen Zivilgesellschaft; man dürfe diese nicht "Putins Würgegriff" überlassen.

All dies werde Putins Weltbild nicht ändern. "Aber im Falle des größten Bruchs mit internationalen Regeln muss die EU Farbe bekennen", fordert Baerbock. Europa sei ein Riese, wenn man solidarisch zusammenstehe.

Windkraft soll russisches Gas und Öl ersetzen

Im Streben nach Unabhängigkeit von Gas und Öl aus Russland wollen alle anderen Ostsee-Anrainerstaaten die Offshore-Windenergie massiv ausbauen. Bis 2030 solle die Produktion von Windenergie in der Ostsee um das Siebenfache auf 20 Gigawatt erhöht werden, kündigte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen in Kopenhagen nach einem Treffen mit Vertretern aus Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Schweden und Finnland an.

Offshore: Windpark zwischen den Ostsee-Inseln Rügen (Deutschland) und Bornholm (Dänemark)Bild: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

"Wir befinden uns an der Frontlinie der europäischen Energiesicherheit", sagte Frederiksen mit Verweis auf den russischen Krieg gegen die Ukraine. Kremlchef Wladimir Putin nutze "Energie als Waffe" und habe Europa "mit explodierenden Energiepreisen an den Rand einer Energiekrise gebracht".

"Putins Versuch, uns mit fossilen Energien zu erpressen, ist gescheitert", fügte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hinzu. "Wir beschleunigen den grünen Wandel, wir befreien uns von der Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen."

Gazprom stoppt erneut "Nord Stream 1"-Gasfluss

Die Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland über die Pipeline Nord Stream 1 sind am Mittwochmorgen erneut komplett gestoppt worden - nach Angaben des russischen Gasriesen Gazprom für drei Tage. Grund seien turnusgemäße Wartungsarbeiten, heißt es. Am Samstag soll das Gas angeblich wieder fließen.

Bereits im Juli hatte der Konzern die Lieferungen nach Deutschland für zehn Tage unterbrochen; auch damals wurden Wartungsarbeiten als Grund angegeben. Zuletzt lieferte Gazprom täglich noch rund 33 Millionen Kubikmeter Gas über Nord Stream 1 in die Bundesrepublik. Das sind 20 Prozent der möglichen Liefermenge.

Nord Stream 1: In Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern endet die PipelineBild: Frank Bründel/rtn/picture alliance

Russischer Staatskonzern vermeldet Rekordgewinn

Gazprom hat nach eigenen Angaben trotz westlicher Sanktionen einen Rekordgewinn im ersten Halbjahr erwirtschaftet. Unter dem Strich stand ein Ergebnis von 2,5 Billionen Rubel (umgerechnet fast 42 Milliarden Euro), wie das staatlich kontrollierte Unternehmen mitteilte. Es profitiert vor allem von den in jüngster Zeit kräftig gestiegenen Öl- und Gaspreisen.

Pentagon: Iran unterstützt Russland mit Drohnen 

Russland hat nach US-Angaben erste Kampfdrohnen aus dem Iran für den Einsatz im Krieg gegen die Ukraine erhalten. Allerdings deuteten die vorhandenen Informationen darauf hin, dass viele dieser Drohnen fehlerhaft seien, sagte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Beweise für diese Behauptung legte er nicht vor. Drohnen spielen im Ukraine-Krieg eine wichtige Rolle - ob für Raketenangriffe, den Abwurf kleinerer Bomben oder das Auskundschaften des Gegners.

Weiter schwere Kämpfe im Süden 

Die von der Ukraine gehaltene Stadt Mykolajiw, die rund 80 Kilometer nordwestlich der von russischen Truppen besetzten Hafenstadt Cherson liegt, ist in der vergangenen Nacht "massiv bombardiert" worden, wie das Südkommando der ukrainischen Armee mitteilte. Russische Raketen hätten dabei zwei Zivilisten getötet und 24 weitere verletzt. Die ukrainische Armee hatte am Montag eine Offensive zur  Rückeroberung der von russischen Soldaten besetzten Region Cherson gestartet. 

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste haben die ukrainischen Streitkräfte dabei die russischen
Angreifer ein Stück weit zurückgedrängt. Seit Montag habe sich die südliche Frontlinie teilweise verschoben, heißt es in einem Kurzbericht des Verteidigungsministeriums in London. Moskau versuche angesichts hoher Verluste weiterhin, für den Ukraine-Krieg Verstärkung zu generieren. 

Selenskyj richtet Appell an Krim-Bewohner

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bewohner der Halbinsel Krim aufgefordert, sich von russischen Militäranlagen fernzuhalten. "Haltet Euch nicht in der Nähe von russischen Stützpunkten und Fliegerhorsten auf", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache vom Dienstagabend. Er bat aber darum, den ukrainischen Geheimdienst mit allen möglichen Informationen über die Besatzungstruppen zu versorgen. "So kann die Befreiung der Krim schneller vorangehen", meinte Selenskyj.

Russland hatte die Halbinsel 2014 annektiert. Selenskyj hat seinem Volk die Rückeroberung der Krim versprochen.

Veröffentlicht täglich eine Videobotschaft: Wolodymyr SelenskyjBild: Gleb Garanich/REUTERS

USA: Russland will Scheinreferenden abhalten

Russland bereitet nach Darstellung der Vereinigten Staaten Scheinreferenden in den besetzten Gebieten der Ukraine vor. Die Ergebnisse sollten dann so manipuliert werden, dass die Regierung in Moskau behaupten könne, die ukrainische Bevölkerung wollte sich Russland anschließen, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Dagegen zeigten Umfragen, dass die Ukrainer in einer freien Volksbefragung dies ablehnen würden. Eine russische Stellungnahme liegt nicht vor.

Umfrage: Mehrheit befürwortet Gespräche mit Putin

77 Prozent der Bürger in Deutschland sind laut einer aktuellen Umfrage der Meinung, dass der Westen Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs anstoßen sollte. Das geht aus einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa für das RTL/ntv-"Trendbarometer" hervor. Sogar 87 Prozent halten es demnach für richtig, dass westliche Staats- und Regierungschefs weiterhin mit Kremlchef Wladimir Putin sprechen.

Knapp ein Drittel der Befragten sprach sich dafür aus, mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern - auch wenn dies zulasten der Ausstattung der Bundeswehr ginge. 62 Prozent sind der Meinung, Deutschland solle das nicht tun.

wa/fw/se/bru/qu (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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