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KonflikteUkraine

Aktuell: Eine Milliarde Euro Militärhilfe von EU

21. März 2022

Die Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel vereinbaren mehr Unterstützung. Die Ukraine will Mariupol trotz eines Moskauer Ultimatums nicht aufgeben. Ein russisches Landungsschiff legt in Berdjansk an. Ein Überblick.

Ein ukrainischer Soldat an einer Frontlinie in der Hauptstadt Kiew
Ein ukrainischer Soldat an einer Frontlinie in der Hauptstadt KiewBild: GENYA SAVILOV/AFP

Das Wichtigste in Kürze:

  • Neben Militärhilfe sind auch neue Russland-Sanktionen ein Thema
  • Ukraine weist Moskauer Ultimatum zu Mariupol zurück
  • Russisches Landungsschiff im Hafen von Berdjansk
  • Erster Schichtwechsel in Tschernobyl seit fast vier Wochen
  • Russland verbietet Facebook und Instagram 

 

Die EU-Staaten wollen der Ukraine mehr Geld zum Kauf von Waffen geben. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock betonte in Brüssel, die EU werde das Volumen für Waffenlieferungen an die Ukraine auf eine Milliarde Euro verdoppeln. Die Bundesregierung werde dafür sorgen, dass Bestellungen bei deutschen Rüstungsfirmen schnell realisiert würden, sagte sie am Rande von Beratungen der EU-Außen- und Verteidigungsminister. Man könne aber "nicht in aller Öffentlichkeit darüber reden, weil es geht hier um Leben und Tod".

Baerbock kritisierte scharf das Vorgehen des russischen Militärs. Letztlich müssten Gerichte darüber entscheiden, "aber für mich sind das klar und eindeutig Kriegsverbrechen", sagte die Grünen-Politikerin mit Blick auf Berichte über Angriffe gegen zivile Ziele wie etwa Krankenhäuser. Dies mache es umso notwendiger, dass die Europäische Union und die Weltgemeinschaft, die an eine regelbasierte Ordnung glaubten, "dieses Regime isolieren müssen". 

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Gespräch mit ihrem italienischen Kollegen Luigi Di Maio Bild: JOHANNA GERON/REUTERS

Uneins sind sich die EU-Staaten hingegen über einen möglichen Importstopp für Energie aus Russland. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, die Außenminister würden auch über neue Sanktionen gegen Russland sprechen. Dazu gehörten auch Sanktionen gegen russische Öl-Exporte. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis äußerte sich hier positiv. Der irische Außenminister Simon Coveney sagte ebenfalls, seine Regierung sei offen für EU-Sanktionen gegen russische Öl-Exporte. 

Die Bundesregierung ist dagegen weiterhin der Ansicht, derzeit nicht auf Öl-Importe aus Russland verzichten zu können. Hier müssten die nächsten Tage abgewartet werden, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Baerbock erklärte in Brüssel: "Es ist nicht die Frage, ob wir das wollen oder nicht wollen, sondern eine Frage, wie sehr wir von dem Öl abhängen." Auch die Niederlande betonten, ein sofortiger Importstopp sei nicht möglich.

Ukraine ignoriert russisches Ultimatum

Die Ukraine hatte zuvor ein Ultimatum zur Übergabe der belagerten Hafenstadt Mariupol an die russischen Streitkräfte abgelehnt. "Es wird keine Kapitulation, kein Niederlegen der Waffen geben", sagte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk der "Ukrajinska Prawda". Dies sei der russischen Seite bereits übermittelt worden.

Der russische Generalmajor Michail Misinzew hatte am Sonntagabend mit Blick auf die Lage in Mariupol erklärt, es habe sich dort eine "schreckliche humanitäre Katastrophe" entwickelt. "Allen, die ihre Waffen niederlegen, wird ein freies Geleit aus Mariupol garantiert." Dazu solle an diesem Montag morgen ein Korridor eingerichtet werden, so der Leiter des Nationalen Zentrums für Verteidigung. Laut Misinzew sollte auch Zivilisten ermöglicht werden, die Hafenstadt in Richtung Russland oder ukrainisch kontrollierte Gebiete zu verlassen.

Menschen fliehen aus Mariupol im Südosten der UkraineBild: Maksim Blinov/SNA/IMAGO

Nach russischer Darstellung befinden sich derzeit noch 130.000 Zivilisten in Mariupol. Der dortige Stadtrat hatte der Führung in Moskau zuletzt vorgeworfen, Einwohner gegen ihren Willen nach Russland gebracht zu haben. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, bezeichnete entsprechende Berichte als "verstörend".

Weitere Evakuierungen über Korridore erfolgt

Aus von Russland belagerten Gebieten sind nach ukrainischen Angaben am Sonntag fast 7300 Menschen herausgebracht worden. Vier von sieben humanitären Korridoren hätten funktioniert, sagte Vize-Regierungschefin Wereschtschuk. Rund 4000 Menschen wurden demnach aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol nach Saporischschja gebracht. Weitere Evakuierungen habe es in der Region Kiew gegeben.

Ein zerstörtes Hochhaus in MariupolBild: Mikhail Tereshchenko/TASS/picture alliance

19 Kinder, die meisten von ihnen Waisen, wurden inzwischen aus einem Sanatorium in Mariupol geholt, wo sie seit Wochen festsaßen. Die Kinder im Alter von vier bis 17 Jahren seien in die von pro-russischen Separatisten kontrollierte Stadt Donezk gebracht worden, berichtete eine der Betreuerinnen der Nachrichtenagentur AFP.

Russisches Landungsschiff im Hafen von Berdjansk

Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben mit einem großes Landungsschiff im Hafen von Berdjansk angelegt, 70 Kilometer südwestlich der belagerten Hafenstadt Mariupol. Russische Kräfte kontrollieren mittlerweile den Großteil der ukrainischen Küste am Asowschen Meer. Berdjansk ist strategisch wichtig. Die russische Armee dürfte über diesen Weg den Nachschub mit Ausrüstung und Munition sichern wollen.

Ein gepanzertes Fahrzeug verlässt ein Schiff der Schwarzmeerflotte (Archiv)Bild: Sergei Malgavko/picture alliance/dpa/TASS

Wegen der Kämpfe werden die ukrainischen Häfen am Asowschen und Schwarzen Meer vorübergehend geschlossen. Dies teilte das Infrastrukturministerium in Kiew mit. Betroffen seien unter anderem Mariupol und Berdjansk sowie Skadowsk und Cherson am Schwarzen Meer. Schiffe könnten hier weder ein- noch auslaufen.

"Feindlicher Beschuss" in Kiew

Bei einem Angriff auf ein Einkaufszentrum in der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind mindestens sechs Menschen getötet worden. Vor dem Einkaufszentrum Retroville im Nordwesten Kiews lagen am Morgen sechs Leichen, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur afp berichtet. Bürgermeister Vitali Klitschko hatte in der Nacht zunächst einen Toten gemeldet.

Feuerwehrleute bekämpfen den Brand in dem Kiewer EinkaufszentrumBild: State Emergency Services of Ukraine/Handout/AA/picture alliance

Das zehnstöckige Gebäude war am späten Sonntagabend von einer gewaltigen Explosion erschüttert worden. Der gesamte südliche Teil des Einkaufszentrums und Autos auf einem Parkplatz wurden zerstört. Im Boden klafft ein mehrere Meter großer Krater. Feuerwehrleute und Soldaten suchten in den Trümmern nach weiteren Opfern. Der ukrainische Rettungsdienst hatte in der Nacht auf Facebook erklärt, "feindlicher Beschuss" habe mehrere Stockwerke des Einkaufszentrums im Stadtviertel Podilsky in Brand gesetzt. Auf Aufnahmen von Überwachungskameras, die die Behörden veröffentlichten, war eine große Explosion gefolgt von mehreren kleineren Detonationen zu sehen.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat für die ukrainische Hauptstadt eine weitere Ausgangssperre angekündigt. Sie soll von Montag 20.00 Uhr Ortszeit bis Mittwochmorgen 07.00 Uhr dauern. Läden, Apotheken und Tankstellen würden am Dienstag geschlossen bleiben, so Klitschko. Teile der Stadt werden immer wieder von russischen Truppen angegriffen. "Ich rufe alle auf, zu Hause zu bleiben oder in Schutzräumen, wenn der Alarm losgeht."

80 gefallene ukrainische Kämper in Riwne?

Bei einem russischen Angriff sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau im Nordwesten der Ukraine mehr als 80 Kämpfer getötet worden. Auf dem Truppenübungsplatz Nowa Ljubomyrka im Gebiet Riwne sei mit Raketen ein Zentrum zur Vorbereitung von Nationalisten und Söldnern zerstört worden, teilte das Ministerium mit. Zudem sei in einem Vorort von Kiew ein Stützpunkt der ukrainischen Streitkräfte eingenommen worden. Dabei hätten sich mehr als 60 Soldaten und Offiziere ergeben. Die Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich nur schwer oder nicht überprüfen.

Wieder Gespräche zwischen Russland und Ukraine

Mehr als dreieinhalb Wochen nach Kriegsbeginn haben Vertreter Russlands und der Ukraine erneut verhandelt. Das Gespräch der offiziellen Delegationen habe am Vormittag gut anderthalb Stunden gedauert, teilte der Fraktionsvorsitzende der ukrainischen Präsidentenpartei Sluha Narodu (Diener des Volkes), David Arachamija, mit. Danach seien die Beratungen auf Ebene der Arbeitsgruppen weitergegangen. "Heute arbeiten wir den ganzen Tag über", sagte Arachamija. Zu Inhalten äußerte er sich nicht.

Moskau fordert einen Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt und eine Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten sowie der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Gebiet. Kiew will eine Waffenruhe, den Abzug russischer Truppen sowie Sicherheitsgarantien.

In einem am Montagabend veröffentlichten Interview mit dem ukrainischen Sender Suspilne erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Bezug auf die Verhandlungen, er werde über jeden möglichen Kompromiss die Bürger entscheiden lassen. Die Inhalte eines möglichen Abkommens könnten "historische" Veränderungen bedeuten, beispielsweise, wenn es um die von russischen Truppen besetzten Gebiete gehe. Entschieden werde deshalb darüber von ukrainischer Seite am Ende in einem Referendum. 

Erster Schichtwechsel in Tschernobyl seit fast vier Wochen

In der Atomruine von Tschernobyl hat es nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zum ersten Mal seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine einen Schichtwechsel gegeben. "Die Ukraine hat die IAEA darüber informiert, dass etwa die Hälfte des Personals endlich nach Hause gehen konnte, nachdem es fast vier Wochen lang an dem von Russland kontrollierten Standort gearbeitet hatte", erklärte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi. Die ukrainische Atomaufsicht habe zudem bestätigt, dass die Angestellten "durch andere ukrainische Mitarbeiter ersetzt wurden". Russische Soldaten hatten am 24. Februar die Kontrolle über das stillgelegte Atomkraftwerk im Norden der Ukraine übernommen. Rund hundert ukrainische Techniker waren seitdem auf dem Gelände eingeschlossen und arbeiteten fast vier Wochen am Stück ohne Ablösung.

Luftaufnahme von der Kraftwerksruine in Tschernobyl mit dem glänzenden Dach der Schutzummantelung, dem "Sarkophag" Bild: Maxar Technologies via AP/dpa/picture alliance

Der staatliche ukrainische Atomkonzern Energoatom warnte unterdessen, die Strahlenwerte rund um die Ruine von Tschernobyl könnten nicht genau bestimmt werden. Die Messgeräte für den 30 Kilometer weiten Umkreis des früheren Unglückskraftwerks würden derzeit nicht funktionieren.

Keine Gefahr mehr durch freigesetztes Ammoniak

Nach dem Austritt von hochgiftigem Ammoniak aus einem Chemiewerk in der Nähe der ukrainischen Stadt Sumy besteht nach Darstellung der Behörden keine Gefahr für die Bevölkerung. Das teilte der staatliche Zivilschutz auf Telegram mit. Er sprach von einem "leichten Ammoniak-Austritt". Durch Beschuss sei ein Tank beschädigt worden. Die betroffene Stelle sei abgedichtet worden. Den Angaben zufolge wurde ein Mitarbeiter des Unternehmens verletzt.

Der regionale Militärchef Dmytro Schywytzky hatte in der Nacht zum Montag an alle Bewohner im Umkreis von fünf Kilometern um das Chemiewerk "Sumychimprom" appelliert, möglichst Keller oder Wohnungen im Erdgeschoss aufzusuchen, um nicht mit dem Ammoniak in Kontakt zu kommen. Das stark stechend riechende Gas ist leichter als Luft, es steigt also nach oben. Nach Angaben des Zivilschutzes arbeiten Spezialisten daran, die Ammoniakwolke im Nordosten der Ukraine unschädlich zu machen. Eine unabhängige Klärung des Vorfalls vor Ort war nicht möglich.

"Ein großflächiger und hinterhältiger Krieg"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Video-Botschaft Russland mit Nazi-Deutschland gleichgesetzt und dem Kreml einen Plan zur Auslöschung der Ukraine vorgeworfen. "Hört darauf, was jetzt in Moskau gesagt wird: 'Endlösung', aber jetzt bereits in Bezug auf die ukrainische Frage", sagte Selenskyj in einer Rede vor Abgeordneten des israelischen Parlaments. Das 44-jährige Staatsoberhaupt mit jüdischen Wurzeln erinnerte dabei an die sogenannte "Endlösung der Judenfrage", wie die Ermordung von Millionen Juden in Europa durch Nazi-Deutschland genannt wurde.

Der vor etwas mehr als drei Wochen begonnene russische Einmarsch in die Ukraine sei nicht nur eine "militärische Spezialoperation" - wie der Krieg in Russland bezeichnet wird, betonte Seleskyj. "Das ist ein großflächiger und hinterhältiger Krieg, der auf die Vernichtung unseres Volkes, unserer Kinder, unserer Familien, unseres Staates abzielt." Die Ukraine befinde sich damit in einer ähnlich prekären Situation wie der jüdische Staat im Nahen Osten. Im Hinblick auf die ständigen russischen Raketenangriffe sagte Selenskyj: "Jeder in Israel weiß, dass Ihre Raketenabwehr die beste ist. Jeder weiß, dass Ihre Waffen stark sind." Für ihn stelle sich daher die Frage, warum Israels Regierung bisher weder Waffen an Kiew geliefert noch sich den westlichen Sanktionen gegen Moskau angeschlossen habe.

Selenskyjs Videobotschaft an die Knesset wurde auch öffentlich gezeigtBild: ilia Yefimovich/dpa/picture alliance

Israels Außenminister Yair Lapid ging auf Selenskyjs Vorwurf nicht ein. Er erklärte lediglich, dass Israel der ukrainischen Bevölkerung so viel wie möglich helfen werde. Ministerpräsident Naftali Bennett hatte zuletzt versucht, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln.

 

Verbot von Facebook und Instagram in Russland

Ein Gericht in Moskau hat ein Verbot der Online-Netzwerke Facebook und Instagram in Russland verhängt. Das Gericht warf in seiner Entscheidung den zum US-Technologiekonzern Meta gehörenden Netzwerken "extremistische" Aktivitäten vor, wie russische Staatsmedien berichteten. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hatte Meta zuvor vorgeworfen, seine Aktivitäten richteten sich "gegen Russland und dessen Streitkräfte".

Das weltgrößte Internetnetzwerk Facebook kann bereits seit einiger Zeit nicht mehr in Russland aufgerufen werden, Instagram ist seit vergangener Woche nicht mehr verfügbar. Zuvor hatte Meta Hassrede-Regeln angepasst, um Menschen wegen des Ukraine-Kriegs mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Kritik öffentlich zu machen. Daraufhin war das Strafverfahren auf den Weg gebracht worden. 

Baerbock will europaweite Verteilung der Flüchtlinge

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat angesichts der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine eine Prognose gewagt und Solidarität in Europa eingefordert. "Wir müssen davon ausgehen, dass es acht bis zehn Millionen Geflüchtete werden in den nächsten Wochen", sagte die Grünen-Politikerin am Rande des EU-Außen- und Verteidigungsministertreffens in Brüssel. 

In den ersten Kriegstagen seien vor allem Menschen geflohen, die ein Auto hätten oder Verwandtschaft in anderen europäischen Ländern. Mit zunehmender Brutalität des russischen Vorgehens kämen nun Menschen, "die in Europa niemanden haben, die überhaupt nichts mitnehmen konnten". Aus Sicht Baerbocks muss es deshalb eine gesamteuropäische Lösung geben. "Wir müssen von der Außengrenze direkt in europäische Länder verteilen. Jeder muss Geflüchtete aufnehmen", so die Ministerin. Die Zahl werde pro Land "in die Hunderttausende" gehen müssen. 

Annalena Baerbock (l.) besucht eine Notunterkunft auf dem Messegelände von HannoverBild: Moritz Frankenberg/dpa-Pool/picture alliance

Diskussion über bessere Verteilung von Geflüchteten

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp dringt auf schnelle Vorbereitungen für die Aufnahme von bis zu einer Million Flüchtlingen aus der Ukraine. Eine Art Masterplan sollte eine Million Betten vorsehen, sagte er im Zweiten Deutschen Fernsehen. "Auch wenn wir sie vielleicht am Ende hoffentlich nicht in Anspruch nehmen müssen", fügte der FDP-Politiker hinzu.

In einem zweiten Schritt gehe es um die weitere Verteilung. Zwar gebe es eine unglaubliche Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Jedoch werde man bestimmte Zahlen haben, die Deutschland nicht allein stemmen könne. "Dafür brauchen wir internationale Hilfe". Stamp nannte in diesem Zusammenhang Kanada, die USA, Australien, Portugal und Spanien. Er bekräftige seine Forderung nach einem "Flüchtlingsgipfel" unter Beteiligung von Bund, Ländern und Kommunen.

Ukrainer gehen zu der Anlaufstelle für Geflüchtete der Stadt Köln am HauptbahnhofBild: Henning Kaiser/dpa/picture alliance

Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow plädiert für eine Entlastung der Großstädte bei der Flüchtlingsaufnahme. "Ich bin davon überzeugt, dass eine Betreuung von Geflüchteten im Nahbereich des ländlichen Raumes eher möglich ist als in der Anonymität der Städte", sagte der Linken-Politiker dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland". Nötig sei zudem ein bundeseinheitliches Krisenmanagement. Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping setzte sich derweil für eine verbindlich geregelte Verteilung der Kriegsflüchtlinge über die gesamte Bundesrepublik ein.

Die Zahl der nach Deutschland kommenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ist weiter gestiegen. Die Bundespolizei registrierte bis Montag 225.357 Ukrainer. Da im Regelfall keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen stattfinden und Ukrainer ohne Visum einreisen dürfen, liegt die Zahl der tatsächlich Angekommenen wahrscheinlich deutlich höher.

"Save the Children" beklagt Leid der Kinder

Angesichts der Angriffe auch auf Krankenhäuser und Schulen in der Ukraine sind nach Angaben der Hilfsorganisation "Save the Children" knapp sechs Millionen Kinder in akuter Gefahr. Bis Sonntag seien mindestens 489 Schulen und 43 Kliniken infolge des Krieges beschädigt oder komplett zerstört worden, teilte die Organisation mit. Um sich vor den andauernden Luftangriffen, Raketeneinschlägen und Gefechten zu retten, sei gut jedes fünfte Kind aus seinem Heimatland geflüchtet. Jenen Mädchen und Jungen, die in attackierten Gebäuden ausharrten, fehle es wiederum an Essen, sauberem Wasser und medizinischer Betreuung. Todesangst sei ein ständiger Begleiter. "Schulen sollten ein sicherer Schutzraum für Kinder sein, kein Ort der Angst, Verletzungen oder zum Sterben", mahnte Pete Walsh, Leiter der ukrainischen Zweigstelle von "Save the Children".

Biden kündigt baldige Reise nach Polen an

US-Präsident Joe Biden will angesichts des Kriegs in der Ukraine dem Nachbarland Polen einen Besuch abstatten. Das Weiße Haus teilte mit, Biden werde zunächst wie geplant am kommenden Donnerstag an den Gipfeln der NATO, der EU und der G7-Staaten in Brüssel teilnehmen. Am Freitag werde er nach Warschau weiterreisen, wo für Samstag ein bilaterales Treffen mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda geplant sei. Dabei solle es um die humanitäre Krise gehen, "die der ungerechtfertigte und grundlose Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöst hat". Bereits an diesem Montag will sich Biden in einer Videoschalte mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem britischen Premier Boris Johnson beraten.

USA: Russlands Kinschal-Raketen kein "Game-Changer"

Der mutmaßliche Einsatz von Hyperschallraketen durch Russland stellt nach Einschätzung der Vereinigten Staaten keinen Wendepunkt im Ukraine-Krieg dar. Er betrachte die neuartigen Raketen "nicht als Game-Changer", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Russland hatte die Raketen des Typs Kinschal (Dolch) nach eigenen Angaben seit Freitag zwei Mal auf Ziele in der Ukraine abgefeuert. Kinschal-Raketen können bei extremer Geschwindigkeit die Höhe und die Richtung ändern und somit gegnerische Luftabwehrsysteme überwinden.

Abfangjäger der russischen Luftwaffe mit einer "Kinschal"-Rakete (Archiv)Bild: Pavel Golovkin/AP/picture alliance

China: Schicken keine Waffen an Konflikt-Parteien

Die Volksrepublik China hat versichert, Russland keine militärische Unterstützung für den Angriffskrieg in der Ukraine zu gewähren. "Es gibt Falschinformationen, dass China Russland militärische Hilfe leistet. Wir weisen sie zurück", sagte der chinesische Botschafter in den USA, Qin Gang. "China schickt Lebensmittel, Medikamente, Schlafsäcke und Milchpulver - keine Waffen oder Munition an die Konflikt-Parteien." Peking werde "alles tun, was in unserer Macht steht, um eine Deeskalation zu erreichen", betonte Qin. Der Botschafter vermied es jedoch bewusst, eine Aussage über die künftige Haltung seines Landes zu machen.

sti/kle/se/djo (dpa, afp, rtr, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen. 

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