1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Konflikte

Ukraine aktuell: EU will Militärhilfe weiter aufstocken

9. Dezember 2022

In Brüssel ist von zusätzlichen zwei Milliarden Euro für die Ukraine die Rede. Der Preisdeckel für russisches Öl hat Auswirkungen auf den Schiffsverkehr. Aktuelle Nachrichten im Überblick.

Russland-Ukraine Krieg I  Donetsk
Ukrainische Artillerie in der Region Donezk (Archiv)Bild: LIBKOS/AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • EU will weitere Milliarden für die Ukraine bereitstellen
  • Öltanker müssen vor Meerenge bei Istanbul warten
  • Erdogan kündigt Gespräche mit Putin und Selenskyj an
  • Russland bürgert Hunderttausende Ukrainer ein
  • Selenskyj beschuldigt den Kreml des "Minen-Terrors"

 

Wie Diplomaten in Brüssel mitteilten, planen die EU-Länder, zwei Milliarden Euro für die Ukraine bereitzustellen. Die Außenminister der 27 Mitgliedsländer könnten dies am Montag in Brüssel formell beschließen, wenn Ungarn kein Veto einlegt.

Die neuen Mittel sollen in die Europäische Friedensfazilität (EFF) einfließen. Das ist ein Fonds von 5,7 Milliarden Euro außerhalb des EU-Haushalts, aus dem die Mitgliedsländer unter anderem Waffenkäufe für die Ukraine refinanzieren. Das eigentlich bis 2027 vorgesehene Geld ist wegen des russischen Angriffskriegs bereits zu einem großen Teil aufgebraucht. Einige Länder hatten deshalb sogar 5,5 Milliarden Euro zusätzlich gefordert.

Die Aufstockung der Militärhilfen erfordert einen einstimmigen Beschluss der EU-Länder. Unklar ist laut Diplomaten die Haltung Ungarns. Die Regierung von Viktor Orban blockiert bisher 18 Milliarden Euro EU-Nothilfen für die Ukraine. Andere Staaten werfen Orban "Erpressung" im Streit um die Rechtsstaatlichkeit und die angedrohte Kürzung von gut 13 Milliarden Euro für Budapest vor.

Mehr Flugabwehrsysteme aus Deutschland - aber erst 2024

Deutschland liefert laut einem Bericht des "Handelsblatt" zwei weitere Flugverteidigungssysteme an die Ukraine. Dabei handele es sich um den Typen Skynex von Rheinmetall, hieß es unter Berufung auf Informationen aus informierten Kreisen in Berlin. Die Systeme sollen demnach aber erst Anfang 2024 ausgeliefert werden.

Rheinmetall bestätigte laut "Handelsblatt" den Eingang einer Bestellung, nannte allerdings kein Empfängerland. Skynex ist demnach für die Luftverteidigung im Nahbereich vorgesehen. Wie der bereits von Deutschland an die Ukraine geliefert Flugabwehrpanzer Gepard kann das System angreifende Drohnen oder Marschflugkörper mit 35mm-Munition abschießen.

Den Preis für die beiden Systeme gab Rheinmetall demnach mit 182 Millionen Euro an. Die Kosten werde die Bundesregierung übernehmen, hieß es. Zuvor war von ukrainischer Seite berichtet worden, Deutschland werde auch 18 RCH-155 Artillerie-Systeme liefern, außerdem 90 Einrichtungen zur Drohnenabwehr, 80 Pickup-Fahrzeuge, zwei Hangar-Zelte und sieben Lastwagen.

Liegen vor Anker im Schwarzen Meer: Öltanker vor Kilyos bei IstanbulBild: Mehmet Emin Caliskan/REUTERS

Öltanker-Stau am Bosporus 

Infolge des Preisdeckels für russisches Rohöl und damit einhergehender neuer Regelungen wird einigen Öltankern derzeit die Durchfahrt durch die Meerenge Bosporus in der Türkei untersagt. Man kontrolliere, ob die Versicherungen der Schiffe weiterhin gültig seien, teilte das türkische Transportministerium mit. Auch die Durchfahrt durch die südlichere Meerenge Dardanellen werde nur versicherten Tankern gestattet. Damit halte man sich an eine seit 2002 geltende Bestimmung.

Seit Montag gilt eine Regelung der EU, die Russland dazu zwingen soll, Erdöl für höchstens 60 Dollar pro Barrel (159 Liter) an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Westliche Versicherungen dürfen seitdem Transporte mit russischem Öl nur dann absichern, wenn die Preisobergrenze eingehalten wird. Sonst müssen sie mit Sanktionen rechnen. Die G7-Staaten und Australien tragen den Ölpreisdeckel mit.

Die Türkei befürchtet, dass ein eventueller Unfall bei der Durchfahrt durch türkische Wasserstraßen nicht entschädigt wird. Der Bosporus etwa verläuft durch die 16-Millionen-Metropole Istanbul. 

Stresstests für kritische EU-Infrastruktur geplant

Als Reaktion auf die Zerstörung der Nord-Stream-Pipelines durch mutmaßliche Sabotage wollen die EU-Staaten ihre Energieversorgung und andere besonders wichtige Bereiche besser schützen. Entsprechende Empfehlungen beschlossen die EU-Innenminister in Brüssel. Demnach ist unter anderem vorgesehen, die internationale Zusammenarbeit mit der NATO und anderen Ländern auszubauen. Zudem sollen die EU-Staaten kritische Infrastrukturen regelmäßig einem Stresstest unterziehen. Der Energiesektor soll dabei Vorrang haben.

Deutlich erkennbar: Leck an der Pipeline Nord Stream 1Bild: Trond Larsen/Expressen/TT/picture alliance

Die Empfehlungen, die nicht bindend sind, sehen außerdem vor, dass die EU-Staaten zusammen mit der EU-Kommission ein Konzept für eine abgestimmte Reaktion entwickeln, sollte ein Bereich von erheblicher grenzüberschreitender Bedeutung gestört werden. Die EU-Innenminister billigten zudem eine Verschärfung der Sicherheitsregeln für Netz- und Informationssysteme.

Erdogan will wieder mit Putin und Selenskyj reden

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat neue Gespräche mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj angekündigt. Er wolle zunächst am Sonntag mit Putin über eine Stärkung des Abkommens zum Getreideexport aus ukrainischen Schwarzmeer-Häfen sprechen. Danach werde er das Thema auch mit Selenskyj erörtern. Erdogan kündigte dies bei einer Konferenz in Istanbul an, zu der auch der ukrainische Staatschef per Videolink zugeschaltet war. Das Getreide-Abkommen ist von der Türkei und den Vereinten Nationen vermittelt worden.

Indiens Ministerpräsident Narendra Modi schließt hingegen ein persönliches Treffen mit Putin in diesem Jahr aus. Grund sei die kaum verhüllte Drohung des Kremlherrschers, im Krieg gegen die Ukraine gegebenenfalls auch Atomwaffen einzusetzen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Kreise. Modi und Putin halten üblicherweise einmal pro Jahr ein Gipfeltreffen ab.

USA wollen mehr Tempo bei NATO-Norderweiterung

Trotz der Blockadehaltung der Türkei rechnet US-Außenminister Antony Blinken mit einem baldigen NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands. "Beide Länder haben bedeutende, konkrete Maßnahmen ergriffen, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen - einschließlich derjenigen im Zusammenhang mit den Sicherheitsbedenken seitens unseres Verbündeten Türkei", sagte Blinken in Washington nach einem Treffen mit seinen Kollegen Tobias Billström und Pekka Haavisto. Direkte Kritik an der Regierung in Ankara vermieden die drei Chefdiplomaten bei ihrem gemeinsamen Auftritt.

Schweden und Finnland hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine mit ihrer jahrzehntelangen Tradition der militärischen Bündnisneutralität gebrochen und im Mai einen Antrag auf NATO-Mitgliedschaft gestellt. Jedes der 30 NATO-Länder muss den Beitritt ratifizieren.

Pressekonferenz in Washington: die Außenminister Haavisto (Finnland), Blinken (USA) und Billström (Schweden)Bild: Cliff Owen/AP/picture alliance

Die Türkei fordert im Gegenzug für ihre Zustimmung eine härtere Gangart der beiden Länder gegenüber kurdischen Aktivisten, die sie als Terroristen betrachtet. Schweden hatte in der vergangenen Woche das in der Türkei verurteilte Mitglied der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Mahmut Tat, an Ankara ausgeliefert.

Russland bürgert Hunderttausende Ukrainer ein

Rund 300.000 Ukrainer haben einem Medienbericht zufolge seit Kriegsbeginn einen russischen Pass erhalten. Allein im Oktober, nach der vom Kreml vollzogenen Annexion von vier ukrainischen Regionen, seien 70.000 bis 80.000 Menschen eingebürgert worden, teilte das kremlkritische Internetportal Mediazona unter Verweis auf Statistiken des Innenministeriums in Moskau mit.

Hauptgrund für die Beantragung der Pässe ist laut Mediazona die ansonsten völlig rechtlose Lage der Einwohner in den von Russland annektierten Gebieten. "Oft erhalten sie keine medizinische Hilfe oder soziale Unterstützung ohne (russischen) Pass", hieß es.

Selenskyj beschuldigt den Kreml des "Minen-Terrors"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat abermals die Gefahr durch russische Minen auf ukrainischem Territorium beklagt. "Das ist die Form des russischen Terrors, mit der wir noch jahrelang zu kämpfen haben", sagte er in einer neuen Videobotschaft. Er beschuldigte Russland, die Minen absichtlich als tödliche Gefahr auch für Zivilisten hinterlassen zu haben. Er sei sich deshalb sicher, dass Minen-Terror einer der Anklagepunkte gegen Russland nach dem Krieg sein werde, meinte der 44-Jährige.

Einsatz bei Cherson: Suche nach Minen und nicht explodierten SprengkörpernBild: Chris McGrath/Getty Images

Daneben berichtete Selenskyj über sein Arbeitstreffen mit slowakischen Ministern. Die Gespräche dienten seinen Angaben nach dazu, die europäische Solidarität zu stärken und eine einheitliche Linie bei der Fassung des nächsten Sanktionspakets zu finden.

"The Insider": Riga lässt kremlnahe Milliardäre agieren

Trotz der von der EU verhängten Sanktionen gegen Russlands Elite machen zwei als kremlnah geltende Milliardäre wohl weiter gute Geschäfte in Lettland. Es handele sich um Iskander Machmudow und Andrej Bokarew, berichtet das unabhängige Internetportal "The Insider". Ihre Unternehmen in Riga, darunter die Maschinenbaufabrik RER, kontrollierten sie "sowohl persönlich als auch über Strohmänner". In Russland wiederum seien sie Partner bei großen Kohle- und Industriebetrieben wie UGMK oder der Transmaschholding.

Bis 2017 gehörten Bokarew und Machmudow auch Anteile am Rüstungskonzern Kalaschnikow. Nach Informationen von The Insider rüsten sie bis heute russische Kriegsschiffe mit Dieselmotoren aus. Aber "die lettische Obrigkeit sieht in Bokarew und Machmudow keine Gefahr für die nationale Sicherheit", moniert "The Insider".

Lesen Sie dazu auch: Ukraine: Die Oligarchen an der Côte d'Azur

Faeser gegen Wiederzulassung russischer Sportler

Die vom Internationalen Olympische Komitee geprüfte Rückkehr russischer Athleten auf die internationalen Sportbühnen lehnt Bundesinnenministerin Nancy Faeser weiter ab. "Der Sport sollte in seiner Verurteilung dieses menschenverachtenden Krieges konsequent bleiben", sagte die SPD-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Es sei mit Blick auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine "nicht die Zeit, Putins Russland zu internationalen Sportgroßereignissen einzuladen", mahnte Faeser. IOC-Präsident Thomas Bach hatte zuletzt immer wieder gesagt, der Sport dürfe nicht politisiert und russische Sportler nicht für den Angriffskrieg ihres Landes bestraft werden.

Im Bundeskabinett auch für Sport zuständig: Nancy FaeserBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

uh/gri/sti/jj/wa/ack (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen