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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Explosionen erschüttern Kiew

26. Juni 2022

Betroffen ist der Hauptstadt-Bezirk Schewtschenko. Präsident Selenskyj will alle von Russland eroberten Städte zurückerobern. Die Ukraine kauft wieder deutsche Waffen. Aktuelle Nachrichten im Überblick.

Ein von den russischen Raketen getroffenes mehrstöckiges Wohnhaus in der ukrainischen Hauptstadt Kiew
Ein von den russischen Raketen getroffenes mehrstöckiges Wohnhaus in der ukrainischen Hauptstadt Kiew Bild: Nariman El-Mofty/AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Raketen treffen in Kiew Wohnhaus und Kindergarten
  • Selenskyj spricht von schwieriger Kriegsphase
  • Sjewjerodonezk komplett in russischer Hand
  • Ukraine kauft deutsche Panzerabwehrwaffe Matador
  • Putin kündigt Aufrüstung von Belarus an

 

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat es am Morgen infolge russischer Raketenangriffe mehrere Explosionen gegeben. Eine Rakete habe ein neunstöckiges Wohnhaus getroffen, schrieb Anton Heraschtschenko, ein Berater des ukrainischen Innenministers, im Nachrichtendienst Telegram. Eine weitere Rakete sei auf dem Gelände eines Kindergartens im Bezirk Schewtschenko eingeschlagen. Bei den Attacken wurden nach Polizeiangaben mindestens vier Menschen verletzt, darunter ein sieben Jahre altes Mädchen. Der ukrainische Parlamentsabgeordnete Olexij Hontscharenko schrieb, insgesamt hätten russische Truppen in den Morgenstunden 14 Raketen auf die Hauptstadt und deren Umgebung abgefeuert.

Außenminister Dmytro Kuleba rief die G7-Staaten zu mehr Waffen und schärferen Sanktionen gegen Russland auf. "Ein siebenjähriges ukrainisches Kind hat friedlich in Kiew geschlafen - bis eine russische Rakete sein Haus explodieren ließ", schrieb Kuleba auf Twitter. "Der G7-Gipfel sollte mit mehr Sanktionen gegen Russland und mehr schweren Waffen für die Ukraine antworten."

Helfer bringen eine Person aus einem zerstörten Haus in Kiew in Sicherheit Bild: VALENTYN OGIRENKO/REUTERS

Bereits am Samstag hatte es einen Raketenangriff auf die westukrainische Stadt Sarny gegeben, bei dem Behördenangaben zufolge mindestens drei Menschen getötet wurden.

Die ukrainische Hauptstadt war in den vergangenen Wochen nur selten Ziel russischer Angriffe, das russische Militär konzentriert seine Angriffe derzeit vor allem auf den Osten des Landes. Zuletzt war Kiew Anfang Juni beschossen worden. Während die ukrainische Seite von beschädigter Bahn-Infrastruktur sprach, meldete Moskau die gezielte Zerstörung von frisch aus dem Ausland gelieferten Panzern.

Auch aus der zentralukrainischen Stadt Tscherkassy wurden Explosionen gemeldet. Das teilt der frühere Gouverneur der Region, Olexander Skitschko, über die Telegram-App mit. Nach Behördenangaben gab es ein Todesopfer. Fünf Menschen seine verletzt worden. Tscherkassy mit seinen knapp 300.000 Einwohnern ist seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar von Bombardierungen weitgehend verschont geblieben.

Selenskyj: Melitopol und Mariupol sind nicht vergessen

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj sieht sein Land in einer emotional schwierigen Phase des Krieges. "Wir haben kein Gefühl dafür, wie lange es dauern wird, wie viele Schläge, Verluste und Anstrengungen noch nötig sein werden, bevor wir sehen, dass der Sieg in Sicht ist", sagte Selenskyj in einer weiteren Videobotschaft. Die unerbittlichen Raketenangriffe bestätigten, dass die Sanktionen gegen Russland nicht ausreichten, um der Ukraine zu helfen. "Die Luftabwehrsysteme - die modernen Systeme, über die unsere Partner verfügen - sollten nicht auf Übungsplätzen oder in Lagern stehen, sondern in der Ukraine, wo sie jetzt gebraucht werden, mehr als irgendwo sonst auf der Welt", betonte der Präsident.

Selenskyj zeigte sich fest entschlossen, alle Städte zurückzuerobern, die im Krieg von russischen Truppen eingenommen wurden. Dabei verwies er insbesondere auf Sjewjerodonezk, Donezk und Luhansk. Auch Melitopol und Mariupol seien nicht in Vergessenheit geraten.

Russland hatte am Samstag die vollständige Einnahme der wochenlang heftig umkämpften Großstadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine bekanntgegeben. Die ukrainische Armee bestätigte ihren Rückzug. "Der Feind hat sich in Sjewjerodonezk festgesetzt", teilte der Generalstab in Kiew mit. Nach russischer Darstellung wurde mit der "Befreiung" der Stadt der Versuch vereitelt, das Gelände des Chemiewerks Azot in ein "Zentrum des Widerstands" zu verwandeln.

Wurde bis zuletzt von ukrainischen Kämpfern gehalten: das Azot-Chemiewerk in Sjewjerodonezk (Archivfoto)Bild: Oleksandr Ratushniak/REUTERS

Ukraine sorgt sich um "Neutronenquelle"

Die nukleare Forschungseinrichtung "Neutronenquelle" in der Stadt Charkiw ist nach ukrainischen Angaben erneut unter Beschuss geraten. Dabei seien Gebäude und Infrastruktur wie Lüftungskanäle beschädigt worden, teilte die Nuklearaufsichtsbehörde des Landes mit.

Der Teil der Anlage, wo der Kernbrennstoff gelagert wird, wurde nicht in der Auflistung der Schäden erwähnt. Die Strahlenwerte bewegten sich auf einem normalen Niveau. Die Wahrscheinlichkeit eines neuen Schadens, der die Sicherheit direkt beeinträchtigen könne, bleibe aufgrund des Beschusses durch russische Truppen allerdings groß, hieß es.

Bericht: Ukraine kauft erneut Waffen direkt beim deutschen Hersteller

Die Ukraine hat offenbar erneut auf eigene Initiative Waffen direkt bei der deutschen Industrie gekauft. Kiew habe knapp 2900 tragbare Panzerabwehrwaffen vom Typ RGW 90 Matador beim deutschen Rüstungskonzern Dynamit Nobel Defence (DND) bestellt, berichtet die "Welt am Sonntag" unter Verweis auf ukrainische Regierungskreise. Die Bestellung wurde demnach bereits geliefert.

Eine Panzerabwehrwaffe vom Typ RGW 90 Matador des deutschen Herstellers Dynamit Nobel Defence (DND) Bild: Andrew Chittock/StockTrek Images/IMAGO

Den Informationen der Zeitung zufolge bezahlte Kiew die Waffen mit eigenem Geld. Die Lieferung der Waffen setzt grünes Licht der Bundesregierung voraus. Das Bundeswirtschaftsministerium habe die Informationen auf Anfrage nicht kommentieren wollen, heißt es in der "Welt am Sonntag" weiter.

Putin verspricht Belarus Iskander-Raketen

Russland will atomwaffenfähige Raketen vom Typ Iskander nach Belarus verlegen. Das werde in den nächsten Monaten erfolgen, kündigte Kremlchef Wladimir Putin an. Details sollten die Verteidigungsminister beider Länder besprechen. Putin sagte Machthaber Alexander Lukaschenko zudem zu, bei der Aufrüstung belarussischer Kampfflugzeuge zu helfen, damit diese künftig ebenfalls Atomwaffen transportieren können.

Start einer Iskander-M-Rakete (Archivfoto)Bild: Russian Look/picture alliance

Belarus grenzt an die Ukraine und die NATO-Länder Polen, Litauen und Lettland, ist aber ein enger Verbündeter Russlands. Die russische Militäroffensive in der Ukraine hat die Führung in Minsk schon mehrfach diplomatisch und logistisch unterstützt, auch Angriffe auf die Ukraine erfolgten von Belarus aus. Putin hat seit Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar bereits mehrfach öffentlich über Atomwaffen gesprochen, was als klare Warnung an den Westen angesehen wird.

Russischer Verteidigungsminister auf Frontbesuch 

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat in der Ukraine kämpfende russische Soldaten besucht. Sein Ministerium in Moskau veröffentlichte ein Video, in dem zu sehen ist, wie Schoigu sich mit Militärs bespricht. Der Minister habe sich Berichte der Kommandeure die über die aktuelle Situation und die Handlungen der russischen Streitkräfte in den Haupteinsatzgebieten angehört, heißt es in einer angehängten Mitteilung.

Verteidigungsminister Sergej Schoigu zeichnet - aus russischer Sicht - verdiente Soldaten ausBild: Russian Defense Ministry Press Service via AP/picture alliance

Zudem habe er einzelne Soldaten für ihren Einsatz in der "militärischen Spezialoperation", wie der Krieg gegen die Ukraine in Russland offiziell genannt wird, mit Orden ausgezeichnet. Wo genau in der Ukraine Schoigu sich aufhielt, wurde nicht mitgeteilt.

Baldige NATO-Erweiterung noch unsicher

Der türkische Präsident Tayyip Recep Erdogan erwartet von Schweden verbindliche Schritte, um die Bedenken seines Landes gegen eine NATO-Norderweiterung zu zerstreuen. Erdogan habe in einem Telefonat mit der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson "konkrete und klare Maßnahmen" als Reaktion auf die Forderungen der Türkei gefordert, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Andersson bezeichnete das Gespräch mit Erdogan später auf Twitter als gut.

Könnte mit seinem Veto eine NATO-Erweiterung verhindern: Recep Tayyip ErdoganBild: Murat Kula/AA/picture alliance

Schweden und Finnland hatten vor kurzem gemeinsam ihre Mitgliedsanträge bei der NATO eingereicht. Sie reagierten damit auf den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Das NATO-Mitglied Türkei blockiert bisher aber den Aufnahmeprozess und begründet seine Haltung damit, dass Schweden und Finnland angeblich Organisationen wie die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützen. Einem NATO-Beitritt müssen alle Mitglieder des Militärbündnisses zustimmen. Nächste Woche findet in Madrid ein Gipfel der Verteidigungsallianz statt.

Verbot für Einfuhr von Gold aus Russland

Die G7-Staaten wollen bei ihrem Gipfel im im bayerischen Schloss Elmau nach Angaben von US-Präsident Joe Biden ein Importverbot für russisches Gold verkünden. Damit würden Russland Dutzende Milliarden Dollar Einnahmen aus diesem wichtigen Exportgut wegbrechen, teilte Biden auf Twitter mit. Großbritannien, die USA, Japan und Kanada haben das Goldeinfuhrverbot nach Auskunft der Londoner Regierung bereits vereinbart. 

Ankunft auf dem Flughafen München: US-Präsident Joe BidenBild: Daniel Karmann/dpa/picture alliance

Gold sei Russlands wichtigstes Exportgut außerhalb des Energiebereichs, erklärte die britische Regierung. Die Ausfuhren hätten im vergangenen Jahr einen Wert von 12,6 Milliarden Pfund (14,6 Milliarden Euro) für die russische Wirtschaft gehabt. "Sein Wert für die russische Elite ist in den letzten Monaten ebenfalls gestiegen, da die Oligarchen Goldbarren kaufen, um die finanziellen Auswirkungen der westlichen Sanktionen zu vermeiden." Zur G7-Gruppe gehören neben Deutschland und den USA auch Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada.

sti/cwo/wa/rb (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

 

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