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Politik

Ukraine aktuell: Fluchtkorridor aus Mariupol gescheitert

20. April 2022

Kiew wirft Russland vor, eine vereinbarte Feuerpause zur Evakuierung von Zivilisten gebrochen zu haben. Russland meldet ersten erfolgreichen Test der Interkontinentalrakete Sarmat. Ein Überblick.

Rauch über dem Stahlwerk Asowstal in Mariupol
Man verteidige nur ein Objekt, nämlich das Stahlwerk Asowstal, sagte der ukrainische Kommandeur Serhij WolynaBild: Sergei Bobylev/TASS/dpa/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Fluchtkorridore aus Mariupol "haben nicht funktioniert"
  • EU-Ratspräsident Michel in Kiew
  • Pentagon korrigiert Aussage zu gelieferten Flugzeugen
  • Moskau spricht von Vorschlag für Verhandlungslösung
  • Russland testet Interkontinentalrakete Sarmat

In einem dramatischen Appell hat der ukrainische Kommandeur der verbliebenen Marineinfanteristen in der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol um eine Evakuierung in einen Drittstaat gebeten. "Der Feind ist uns 10 zu 1 überlegen", sagte Serhij Wolyna, Kommandeur der ukrainischen 36. Marineinfanteriebrigade, in einer auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft. "Wir appellieren an alle führenden Politiker der Welt, uns zu helfen."

Er bitte darum, das Militär der Mariupol-Garnison, mehr als 500 verwundete Kämpfer und Hunderte Zivilisten auf das Territorium eines Drittlandes in Sicherheit zu bringen. "Das ist unser Appell an die Welt", sagte Wolyna. "Das könnte der letzte Appell unseres Lebens sein." Dem TV-Sender CNN sagte Wolyna, eine Evakuierung könne etwa per Schiff oder per Helikopter erfolgen.

Fluchtkorridore aus Mariupol "haben nicht funktioniert"

Die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk, sprach sich am Abend von russischem Artilleriebeschuss, der zivile Evakuierungen aus Mariupol zunichtegemacht hätte. "Leider hat der humanitäre Korridor heraus aus Mariupol heute nicht so funktioniert wie geplant", erklärte Wereschtschuk auf Telegram. Russische Streitkräfte hätten eine zeitweilige Feuerpause gebrochen. Die "unorganisierten Besatzer" hätten es nicht geschafft, die Menschen rechtzeitig zu dem vereinbarten Punkt zu bringen, "wo unsere Busse und Krankenwagen warteten", sagte sie.

Zuvor hatten beide Seiten eine vorläufige Vereinbarung über die Einrichtung eines Fluchtkorridors für Frauen, Kinder und ältere Menschen aus Mariupol erzielt. Mehrere Busse mit Zivilisten fuhren von einem ausgewiesenen Evakuierungspunkt ab. Zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters sahen zuvor, wie Dutzende Menschen einstiegen. Insgesamt sollten mit 90 Bussen 6000 Menschen aus der belagerten Stadt gefahren werden.

In Mariupol sollen sich noch rund 100.000 Menschen aufhalten. Am Nachmittag war ein weiteres russisches Ultimatum rund um das belagerte Stahlwerk Asowstal verstrichen. Nach russischen Angaben haben sich rund 2500 Kämpfer in dem Stahlwerk verschanzt. Zudem sollen dort viele Zivilisten Zuflucht gesucht haben. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, niemand habe das Stahlwerk über den Korridor verlassen. Die Kämpfer hätten abgelehnt, die Waffen niederzulegen und sich in russische Gefangenschaft zu begeben.

Das Stahlwerk in Mariupol ist schwer umkämpftBild: MARIUPOL CITY COUNCIL/REUTERS

Moskau setzt Luftangriffe fort

Die russischen Luftstreitkräfte haben nach eigenen Angaben in der Nacht 73 militärische Ziele in der Ukraine bombardiert. "Durch den Einschlag hochpräziser Raketen im Gebiet Nowoworonzowka und Kiseliwka wurden bis zu 40 Soldaten der ukrainischen Truppen sowie sieben gepanzerte Fahrzeuge vernichtet", teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in seinem täglichen Morgenbriefing mit. Von unabhängiger Seite konnten diese Angaben nicht bestätigt werden.

Die Ukraine sieht sich im Osten des Landes mit einem massiven russischen Truppenaufmarsch konfrontiert. "Jetzt ist praktisch der gesamte kampfbereite Teil der russischen Armee auf dem Territorium unseres Staates und in den Grenzgebieten Russlands konzentriert", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft. 

EU-Ratspräsident Michel in Kiew

EU-Ratspräsident Charles Michel hat der Ukraine bei einem nicht angekündigten Besuch in Kiew weitere Hilfe bei der Verteidigung des Landes gegen die russischen Truppen zugesichert. "Sie sind nicht allein, wir sind bei Ihnen und wir werden alles tun, um Sie zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass die Ukraine den Krieg gewinnt", sagte Michel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er verwies darauf, dass die EU der Ukraine bisher Militärhilfe in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zugesagt habe.

Der EU-Ratspräsident war am Vormittag in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Er besuchte zunächst die nahe gelegene Ortschaft Borodjanka, wo die russische Armee nach ukrainischen Angaben Massaker an Zivilisten verübt hatte. Dort versicherte Michel, dass die Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg nicht in Vergessenheit geraten würden. "Es kann keinen Frieden ohne Gerechtigkeit geben", betonte er.

Nach seinem Treffen mit Selenskyj betonte der EU-Ratspräsident die Geschlossenheit der Europäischen Union. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin werde es "weder gelingen, die Souveränität der Ukraine zu zerstören, noch die Europäische Union zu spalten", sagte Michel. Selenskyj bekräftigte den Wunsch seines Landes nach einem EU-Beitritt. Eine Mitgliedschaft in der EU sei "eine Priorität für unseren Staat", betonte der Präsident.

Russland testet Interkontinentalrakete Sarmat

Die russische Führung hat den ersten erfolgreichen Test der ballistischen Interkontinentalrakete Sarmat gemeldet. Die Waffe werde "jene, die in der Hitze der aggressiven Rhetorik versuchen, unser Land zu bedrohen, zwei Mal nachdenken lassen", sagte Präsident Wladimir Putin im Fernsehen. Die "einzigartige" Rakete werde "das Kampfpotenzial" der Streitkräfte stärken" und "die Sicherheit Russlands vor äußeren Bedrohungen zuverlässig gewährleisten".

Die Sarmat (NATO-Codename: SS-X-30 Satan 2) hat eine Reichweite von 18.000 Kilometern und kann nukleare Sprengköpfe tragen. Damit kann Russland sowohl über den Nord- als auch über den Südpol angreifen und Ziele weltweit erreichen. Die Rakete der fünften Generation könne "alle modernen Luftabwehrsysteme umgehen", fügte Putin hinzu. Bei ihrer Entwicklung seien nur Komponenten aus russischer Produktion verwendet worden.

Dieses Foto der russischen Staatsagentur TASS zeigt den Raketenstart in PlesetskBild: Russian Defence Ministry/picture alliance

Die Rakete wurde demnach vom Kosmodrom Plessezk im Gebiet Archangelsk abgeschossen. Die für den Test genutzten, nicht atomaren Sprengköpfe schlugen auf dem Gelände Kura auf der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka ein. Die Sarmat-Rakete zählt zu einer Reihe von Waffen, die Putin im Jahr 2018 präsentiert hatte. Damals stellte er auch Hyperschallraketen vom Typ Kinschal und Avangard vor. Kinschal-Raketen wurden kürzlich nach russischen Angaben im Ukraine-Krieg erstmals eingesetzt.

Das US-Verteidigungsministerium erklärte, Washington sei vorab über den Test informiert worden. Moskau habe die Vereinigten Staaten im Rahmen seiner Verpflichtungen aus dem atomaren Abrüstungsvertrag New Start "ordnungsgemäß davon in Kenntnis gesetzt", dass es einen Start einer Interkontinentalrakete plane, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. "Solche Tests sind Routine."

Moskau überreicht Vorschlag für Verhandlungslösung

Russland hat nach eigenen Angaben der Ukraine ein schriftliches Angebot für eine Verhandlungslösung im Krieg übergeben. Der Entwurf beinhalte "absolut klare und ausgefeilte Formulierungen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax. Details zum Inhalt des russischen Vorschlags machte er nicht. Peskow erklärte, es gebe zwar keine Frist für eine Antwort aus Kiew. Er machte aber zugleich deutlich, dass Moskau mit dem bisherigen Verhandlungstempo unzufrieden sei. "Wir haben schon mehrmals gesagt, dass die Dynamik der Arbeit der ukrainischen Seite zu wünschen übrig lässt." Nun sei "der Ball auf der Seite" der Ukrainer.

Zuvor hatte die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa, erklärt, Russland habe kein Vertrauen in die ukrainischen Unterhändler mehr. Diese änderten ständig ihren Standpunkt und hielten sich nicht an ausgehandelte Abmachungen. Die Gespräche zwischen Moskau und Kiew hatten am 28. Februar begonnen, vier Tage nach dem Kriegsbeginn. Russland forderte bisher unter anderem die Neutralität der Ukraine und die Abtretung der Gebiete Donezk und Luhansk sowie die Anerkennung der Halbinsel Krim als russisch. Kiew lehnt es kategorisch ab, auf eigenes Staatsgebiet zu verzichten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben bisher keine Vorschläge aus Moskau für eine Beendigung des Krieges erhalten. "Ich habe nichts gehört, ich habe nichts gesehen. Bin überzeugt, dass sie uns nichts übergeben haben", sagte der Präsident bei einer Pressekonferenz mit EU-Ratschef Charles Michel in Kiew. Nach russischen Angaben wurden die Vorschläge bereits am vergangenen Freitag übermittelt.

Pentagon korrigiert Aussage zu Kampfjet-Lieferung

Das US-Verteidigungsministerium hat Angaben zu einer Lieferung von Kampfjets aus dem Ausland an die Ukraine richtiggestellt. "Ich habe mich getäuscht", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby nach einer Meldung der Nachrichtenagentur afp. "Sie haben nicht ganze Flugzeuge von einem anderen Land erhalten." Vielmehr habe die Ukraine "Ersatzteile und zusätzliche Ausrüstung" bekommen und dadurch mehr eigene Kampfjets einsatzfähig machen können. Er habe fälschlicherweise gedacht, dass das Angebot eines Landes, der Ukraine Kampfjets zu liefern, umgesetzt worden sei, sagte Kirby weiter. "Ich bedaure den Irrtum." Der Sprecher von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte am Dienstag gesagt, die Ukraine habe zuletzt im Kampf gegen Russland aus dem Ausland "zusätzliche Flugzeuge und Flugzeugteile erhalten".

Polen wollte der Ukraine Kampfjets liefern, die USA waren dagegenBild: Cuneyt Karadag/AA/picture alliance

Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte die NATO zur Lieferung von Kampfflugzeugen aufgefordert, damit das Land sich gegen die überlegene russische Luftwaffe zur Wehr setzen kann. Im Raum stand unter anderem eine Übergabe von Kampfjets vom sowjetischen Typ MiG-29, an dem ukrainische Piloten ausgebildet sind.

Mehrere osteuropäische Staaten haben MiG-29-Jets. Anfang März wiesen die USA aber einen Vorschlag Polens ab, MiG-Jets der polnischen Luftwaffe zum US-Stützpunkt Ramstein in Deutschland zu bringen, um sie dann an die Ukraine zu liefern. Das US-Verteidigungsministerium erklärte zur Begründung, die Übergabe der Kampfflugzeuge an die Ukraine durch die NATO könnte von Russland als Eskalation wahrgenommen werden und sei deswegen zu riskant.

Laut Medienberichten bereiten die USA ein weiteres militärisches Hilfspaket für die Ukraine im Volumen von 800 Millionen Dollar vor. Der Nachrichtensender CNN berichtete unter Berufung auf hochrangige Mitarbeiter der US-Regierung, Details des neuen Hilfspakets würden derzeit noch ausgearbeitet. Die ersten US-Lieferungen aus einem vorherigen militärischen Hilfspaket in Höhe von ebenfalls 800 Millionen Dollar waren laut Pentagon am Sonntag an der ukrainischen Grenze eingetroffen.

Trudeau kündigt Artillerie-Lieferung an

Kanada will der Ukraine weitere schwere Artilleriewaffen schicken. Damit komme man einer Bitte von Präsident Selenskyj nach, sagte Premierminister Justin Trudeau. Details zu den Waffen und ihren Kosten sollen demnach in den kommenden Tagen vorgestellt werden.

Trudeau äußerte sich bei einer Pressekonferenz in der Provinz New BrunswickBild: Andrew Vaughan/The Canadian Press/picture alliance

Außerdem stellte Trudeau neue Sanktionen gegen 14 weitere russische Vertraute von Präsident Wladimir Putin vor, darunter dessen zwei erwachsene Töchter. Ihre Vermögenswerte in Kanada werden eingefroren und sie können künftig dort keine Geschäfte mehr tätigen.

Bundesregierung: "Kontinuierlicher Strom an Waffen"

Die Bundesregierung sieht trotz der Absage an die Lieferung schwerer Waffen aus Beständen der Bundeswehr keine Verzögerungen bei der militärischen Unterstützung der Ukraine. "Es läuft ein regelmäßiger, kontinuierlicher Strom an Waffen, an Munition, an Ausrüstung in Richtung der Ukraine, und dieser Strom soll nicht abreißen", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Ukraine werde von einer ganzen Reihe Staaten unterstützt und auch aufgerüstet, sagte Hebestreit. Er verwies auf gerade eingetroffene Lieferungen aus den USA sowie Zusagen von Großbritannien, den Niederlanden oder Polen. Deutschland helfe "mit vielerlei Material" und sei in Gesprächen mit dem ukrainischen Verteidigungsministerium, um weitere Lieferungen zu organisieren.

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter hatte am Morgen erklärt, das Problem der Haltung Deutschlands sei, "dass wir bei den Sanktionen bremsen, bei den Waffenlieferungen bremsen, und damit die Gefahr droht, dass der Krieg sich immer länger hinzieht". Desto größer werde dann aber die Gefahr, "dass weitere Länder überfallen werden und wir dann am Ende in einen erweiterten de facto Dritten Weltkrieg rutschen".

Zuvor hatte sich der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk trotz der jüngsten Ankündigungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weiter unzufrieden mit der deutschen Rüstungshilfe für die Ukraine gezeigt. Melnyk bezog sich im ZDF auf eine Liste möglicher Waffenlieferungen, die die Ukraine vor einigen Woche aus Deutschland bekommen habe. Das Problem sei, dass sich auf dieser Liste gar keine schweren Waffen befänden. "Die Waffen, die wir brauchen, die sind nicht auf dieser Liste", sagte Melnyk.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij MelnykBild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

Er fügte hinzu, die Bundeswehr wäre fähig, der Ukraine die Waffen zu liefern, die das Land benötige. Er nannte den Marder-Schützenpanzer als Beispiel. "Die Bundeswehr hat nach unseren Angaben über 400 an der Zahl, und nur ein geringer Teil davon ist eingebunden in Missionen." Die deutsche Rüstungsindustrie könne diese Panzer innerhalb weniger Wochen ersetzen.

Scholz hat der Ukraine zugesagt, direkte Rüstungslieferungen der deutschen Industrie zu finanzieren. Er sprach jedoch nicht von einer direkten Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland. NATO-Partner, die Waffen sowjetischer Bauart in die Ukraine liefern, könnten aber Ersatz aus Deutschland erhalten.

Zu der Kritik des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner, dass Deutschland der Ukraine "alles geben wird, was wir können, was funktioniert, was da ist". Stegner, der auch Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Parlament ist, fügte in einem Interview der Deutschen Welle hinzu: "Aber natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, ob wir schwere Waffen schicken sollten oder nicht. Und eine der Verpflichtungen, die unsere Kanzlerin und auch die anderen Staatsoberhäupter haben, ist es, die NATO aus dem Konflikt herauszuhalten."

Kiew: Eine halbe Million Ukrainer nach Russland deportiert

Russland hat nach Angaben eines führenden ukrainischen Abgeordneten rund 500.000 Menschen aus der Ukraine verschleppt. Mykyta Poturajew, der dem Ausschuss für humanitäre Fragen des Parlaments in Kiew vorsitzt, forderte das Rote Kreuz auf, mit diesen Menschen Kontakt aufzunehmen. "Eine halbe Million ukrainischer Bürgerinnen und Bürger sind aus der Ukraine in die Russische Föderation deportiert worden, ohne dass sie dem zugestimmt hätten", sagt Poturajew vor dem Europäischen Parlament in einer Videoschalte. Unglücklicherweise gebe es derzeit keine Möglichkeit, Kontakt zu ihnen herzustellen. Poturajew äußert sich besorgt über das Schicksal dieser Menschen.

IAEA: Kommunikation mit Tschernobyl wiederhergestellt

Nach mehr als einem Monat Unterbrechung ist die direkte Kommunikation zwischen dem ehemaligen Kernkraftwerk Tschernobyl und der zuständigen ukrainischen Aufsichtsbehörde wiederhergestellt worden. Das teilte der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, unter Berufung auf ukrainische Informationen mit. Grossi sagte, dies sei ein weiterer wichtiger Schritt im Prozess der Wiederaufnahme der behördlichen Kontrolle der Ukraine über Tschernobyl, wo sich heute verschiedene Entsorgungsanlagen für radioaktive Abfälle befänden.

Der beschädigte Atomreaktors im Kernkraftwerk Tschernobyl mit der riesigen SchutzabdeckungBild: Bryan Smith/ZUMA Press Wire/picture alliance

Grossi plant noch im April eine Mission von IAEA-Experten zum Standort Tschernobyl zu leiten, um nukleare Sicherheitsuntersuchungen und radiologische Bewertungen durchzuführen. Im Zuge der Invasion in die Ukraine war die Sperrzone um das 1986 havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl unter russische Kontrolle geraten. Ende März zogen die russischen Einheiten ab und übergaben die Kontrolle wieder an das ukrainische Personal. Kurz darauf gab es Berichte, die russischen Soldaten könnten sich bei ihrem Einsatz in dem Gebiet Strahlenschäden zugezogen haben.

Schulze: Putin nutzt Hunger als Waffe

Angesichts des Ukraine-Kriegs will Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bei der Weltbanktagung in Washington für ein Bündnis für globale Ernährungssicherheit werben. "Unser Ziel muss sein, Millionen Menschen vor dem Hungertod zu bewahren", sagte Schulze den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Infolge des Ukraine-Kriegs drohe die "schwerste globale Ernährungskrise der vergangenen Jahrzehnte", warnte sie. Betroffen seien vor allem "die Ärmsten in Afrika, im Nahen Osten und in Asien". Präsident Putin nutze Hunger als Waffe. 

Entwicklungsministerin Schulze (SPD) bei einer Rede im Deutschen BundestagBild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Vorbild für das Bündnis soll die Covax-Initiative sein, die global einen gerechten Zugang zu Corona-Impfstoffen gewährleisten will. Den Vorstoß unternimmt Schulze im Rahmen der G7-Präsidentschaft, die Deutschland in diesem Jahr innehat. Russland und die Ukraine bedienten zusammen rund 20 Prozent der Maisexporte und 30 Prozent der Weizenexporte weltweit, heißt es in einem Arbeitspapier des Entwicklungsministeriums, das den Funke-Zeitungen vorliegt. 

kle/ehl/nob/se/gri/fab (afp, rtr, dpa, kna, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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