1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Getreideschiffe erreichen Hafen in Ukraine

17. September 2023

Erstmals seit der Aussetzung des Getreideabkommens durch Russland haben zwei ausländische Getreidefrachter in einem ukrainischen Hafen angelegt. Russland dünnt Truppen an der Grenze zu Norwegen aus. Unser Überblick.

Ukraine Massengutfrachter Aroyat und Stückgutfrachter Resilient Africa
Der Frachter "Aroyat" auf dem Weg zum ukrainischen Hafen TschernomorskBild: AFP

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Erstmals wieder ausländische Getreideschiffe in ukrainischem Hafen
  • Kiew meldet neue Angriffe auf Odessa und Mykolajiw
  • Russland hat zahlreiche Soldaten von der Landesgrenze abgezogen
  • NATO-Admiral: Ukrainer drängen Russen täglich bis zu 300 Meter zurück
  • Mehr als 35.000 jüdische Pilger trotz Krieges zu Neujahrsfest in der Ukraine

 

Erstmals seit der Aussetzung des Getreideabkommens durch Russland sind nach Angaben der Regierung in Kiew zwei zivile Frachter in einem ukrainischen Hafen angekommen. Die "Resilient Africa" und die "Aroyat" nutzten einen temporären Korridor durch das Schwarze Meer. Sie seien nun im Hafen von Tschernomorsk, schrieb die ukrainische Seehafenbehörde auf Facebook. Die Massengut-Frachter sollen fast 20.000 Tonnen Weizen für Afrika und Asien laden. Wie der ukrainische Vizeregierungschef Olexander Kubrakow schrieb, fahren beide Schiffe unter der Flagge des Pazifikstaats Palau. Ihre Besatzungen bestehen aus Bürgern der Ukraine, der Türkei, Aserbaidschans und Ägyptens.

In umgekehrter Richtung haben bislang fünf Schiffe den Hafen von Odessa verlassen und dabei den Korridor genutzt, der die westliche Schwarzmeerküste in der Nähe von Rumänien und Bulgarien umfasst. Im August hatte die Ukraine einen sogenannten humanitären Korridor im Schwarzen Meer angekündigt, über den die seit Kriegsbeginn im Februar 2022 festsitzenden Frachtschiffe ukrainische Häfen verlassen sollen. De facto besteht eine Blockade, weil Russland das Abkommen, das das sichere Geleit solcher Frachter mit ukrainischem Getreide garantierte, im Juli aussetzte. Diese Blockade soll durch den Korridor umgangen werden.

Seit dem Auslaufen des Getreideabkommens attackiert Russland verstärkt die Infrastruktur der ukrainischen Schwarzmeergebiete - hier ein zerstörter Getreidespeicher in der Region Odessa (Archivbild)Bild: Ukrainian Infrastructure Ministry via Facebook/REUTERS

Die Vereinten Nationen waren in die Fahrt der beiden Frachter nicht involviert. Gleichwohl würden alle Bemühungen zur Wiederaufnahme des normalen Handels begrüßt, sagte ein UN-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Das Getreideabkommen über den Export via Schwarzes Meer wurde im Juli 2022 von den UN und der Türkei ausgehandelt, um eine globale Nahrungsmittelkrise zu bekämpfen, die durch die russische Invasion der Ukraine verschärft wurde. Die Ukraine und Russland gehören zu den größten Getreideexporteuren der Welt.

Kiew meldet neue Angriffe auf Odessa und Mykolajiw

Die russischen Truppen griffen in der Nacht zum Sonntag erneut den Süden der Ukraine an. "Alle sechs Drohnen wurden vernichtet, vier über dem Gebiet Mykolajiw, zwei über dem Gebiet Odessa", vermeldete die ukrainische Kommandostelle Süd auf Telegram.

Zugleich räumte sie ein, dass zwar auch fünf Marschflugkörper abgefangen worden seien, einige weitere jedoch Landwirtschaftsobjekte im Gebiet Odessa getroffen hätten. Laut dem Militärgouverneur von Odessa, Oleh Kiper, wurden im Landkreis Beresiwka unter anderem Getreidespeicher zerstört. Seit dem Auslaufen des Getreideabkommens attackiert Russland verstärkt die Infrastruktur der Schwarzmeergebiete im Süden. Häfen und Getreidespeicher sind dabei vorrangiges Ziel. 

Moskau dünnt Truppen an der Grenze zu Norwegen aus

Russland hat nach norwegischen Angaben einen Großteil seines Militärs von der gemeinsamen Landesgrenze abgezogen. Dort seien lediglich noch 20 Prozent oder sogar noch weniger der russischen Streitkräfte stationiert als vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022, sagte General Eirik Kristoffersen in Oslo.

Ein norwegischer Soldat überwacht die Grenze zu Russland bei Kirkenes (Archivbild)Bild: Annika Byrde/NTB/AP/picture alliance

Das zeige auch, dass der russische Präsident Wladimir Putin wisse, dass die NATO keine Bedrohung für sein Land sei. "Wenn er glauben würde, dass wir Russland bedrohen, hätte er seine Truppen nicht in die Ukraine verlegen können, um dort Krieg zu führen." Der Chef des NATO-Militärausschusses, Rob Bauer, erklärte, das Gleiche zeige sich auch an der russisch-finnischen Grenze. Norwegen und Finnland gehören der NATO an.

Stoltenberg: Müssen Militärausgaben wie im Kalten Krieg schaffen

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat den Druck auf Deutschland verstärkt, seine Verteidigungsausgaben zu erhöhen. "Im Kalten Krieg, als Konrad Adenauer oder Willy Brandt regierten, lagen die Verteidigungsausgaben bei drei bis vier Prozent der Wirtschaftsleistung", sagte Stoltenberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. In seiner norwegischen Heimat sei es ähnlich gewesen. "Wir haben das damals geschafft, und wir müssen es heute wieder schaffen."

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (Archivbild)Bild: Ludovic Marin/AFP/Getty Images

Stoltenberg erinnerte an den Beschluss des NATO-Gipfels in Vilnius, wonach zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Militärausgaben "das Minimum" seien. Er gehe davon aus, dass viele Verbündete dieses Ziel übertreffen dürften. Die Bundesrepublik habe dieses Ziel der Allianz "immer noch nicht erreicht", hob Stoltenberg hervor. Er bescheinigte Deutschland aber, "auf einem guten Weg" dahin zu sein. "Für das Bündnis macht es einen riesigen Unterschied, ob sich das größte Land Europas an diese Vorgabe hält oder nicht", betonte der Generalsekretär. "Zwei Prozent von einem großen Kuchen sind eben mehr als zwei Prozent von einem kleinen Kuchen."

NATO-Admiral: Ukrainer drängen Russen täglich 200 Meter zurück

Nach Angaben des NATO-Admirals Rob Bauer gelingt es dem ukrainischen Militär, die russischen Truppen täglich 200 bis 300 Meter zurückzuwerfen. Dafür zahlten die Ukrainer einen hohen Preis, es gebe viele Tote und Verletzte, sagte Bauer anlässlich der Jahreskonferenz des NATO-Militärausschusses in Oslo.

NATO-Admiral Rob Bauer (Archivbild)Bild: Dursun Aydemir/AA/picture alliance

Der Grund, warum die Offensive nicht schneller vorankomme, seien enorme Mengen russischer Minen. Die ukrainischen Kämpfer "müssen buchstäblich vorwärts kriechen, um durchzukommen". Bauer widersprach der Ansicht, dass der Vormarsch der Ukrainer nur langsam voranschreite, weil Munition fehle.

Selenskyj dankt Deutschland und anderen Staaten für Militärhilfe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei Deutschland und anderen Staaten für ihre anhaltende Unterstützung bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs bedankt. "In dieser Woche haben wir erhebliche Fortschritte bei der Umsetzung bestehender Verteidigungsabkommen und bei anderen Unterstützungspaketen gemacht", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Archivbild)Bild: president.gov.ua

Dann dankte er mehreren Ländern - darunter auch Deutschland - für die jüngste militärische Unterstützung. Anfang vergangener Woche war etwa bekannt geworden, dass der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall 40 alte Schützenpanzer vom Typ Marder modernisieren soll, die dann bis zum Jahresende ausgeliefert werden sollen. Bezahlt wird der Auftrag vom Bund.

Litauen fordert mehr Geld für die Ukraine aus dem EU-Haushalt

Die in der Haushaltsplanung der EU bis 2027 vorgesehene Summe für die Ukraine sollte von 50 auf 72 Milliarden Euro aufgestockt werden, verlangte die litauische Finanzministerin Gintare Skaiste. Dann könne die EU der Ukraine auch in den kommenden vier Jahren jeweils 18 Milliarden Euro an stark verbilligten Krediten zur Verfügung stellen - die gleiche Summe wie 2023. Ansonsten würde die Summe in den Jahren 2024 bis 2027 auf je 12,6 Milliarden abschmelzen. Die EU-Regierungen wollen den Haushalt 2021 bis 2027 bis zum Jahresende überarbeiten. Das gestaltet sich schwierig, weil auch an anderen Stellen Mehrausgaben gefordert werden.

Zehntausende jüdische Pilger zu Neujahrsfest in der Ukraine

Ungeachtet des Krieges in der Ukraine haben sich nach Angaben der Behörden mehr Zehntausende jüdische Pilger in der Stadt Uman im Zentrum des Landes versammelt, um das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana zu feiern. Die jüdischen Feierlichkeiten in der Stadt liefen wie geplant, teilte der Regionalgouverneur Igor Taburets auf Telegram mit. "Mehr als 35.000 Pilger sind gekommen." Bisher verlaufe das Neujahrsfest "ohne Zwischenfälle".

Chassidische Pilger während der Feier von Rosch Haschana im ukrainischen UmanBild: Kirill Chubotin/Ukrinform/IMAGO

Die meisten Pilger stammen nach Angaben der ukrainischen Behörden aus Israel, den USA und "anderen europäischen Ländern". Jedes Jahr kommen chassidische Juden aus der ganzen Welt am jüdischen Neujahrsfest in die Stadt, um das Grab von Rabbi Nachman zu besuchen, dem Gründer der ultraorthodoxen Strömung. Die zentralukrainische Stadt ist zwar relativ weit von der Front entfernt. Doch sowohl ukrainische als auch israelische Behörden hatten die Gläubigen aufgerufen, aus Sicherheitsgründen auf einen Besuch der Feierlichkeiten zu verzichten. Zum Schutz der Pilger wurden "mobile Schutzeinrichtungen aus Beton" installiert, rund tausend Sicherheitskräfte sind für das Ereignis im Einsatz. Zudem gilt eine nächtliche Ausgangssperre.

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen. 

kle/mak/jj/rb (afp, dpa, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen