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Politik

Aktuell: Gouverneur ruft Bürger von Slowjansk zur Flucht auf

6. Juli 2022

Aus dem Donbass wird heftiger Raketenbeschuss durch Russlands Truppen gemeldet. Behörden fordern zur Evakuierung von Slowjansk auf. Die G20 beraten über die Lage in der Ukraine. Ein Überblick.

Einsatzkräfte vor einem in Flammen stehenden Gebäude
Feuerwehrleute bekämpfen einen Brand auf dem zentralen Markt in Slowiansk (Foto vom 5. Juli)Bild: Miguel Medina/AFP/Getty Images

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Heftige Kämpfe im Donbass
  • Hafen von Mariupol soll wieder voll in Betrieb sein
  • Deutschland unterstützt Waffenringtausch
  • Ukraine erneuert Forderung nach weiteren Waffenlieferungen
  • Von der Leyen kündigt EU-Notfallplan für russischen Gas-Stopp an

 

Nach der Einnahme von Lyssytschansk ist Slowjansk offenbar das nächste Ziel der russischen Truppen in der Ostukraine. Angesichts der massiven Angriffe auf die Stadt hat die Regionalregierung die Einwohner zur Flucht aufgerufen. "Mein wichtigster Ratschlag ist die Evakuierung", sagte der Gouverneur von Donezk, Pawlo Kyrylenko. Slowjansk befinde sich in Reichweite russischer Mehrfachraketenwerfer. "Der Feind beschießt die Stadt chaotisch, die Angriffe zielen darauf ab, die lokale Bevölkerung zu vernichten", fügte der Gouverneur hinzu. Es gebe keinen sicheren Ort ohne Beschuss in der Region.

Die ukrainischen Behörden haben die in Slowjansk verbliebenen Zivilisten bereits mehrfach aufgefordert, die Region zu verlassen. Nach der Einnahme der Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk in der Region Luhansk verläuft die Frontlinie nur noch wenige Kilometer von Slowjansk entfernt.

Der ukrainische Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj sagte, die russischen Truppen "beschießen alles, was sich ihnen in den Weg stellt." Russische Armee- und Reservekräfte seien an den Gebietsrand der Region Luhansk geschickt worden, um den Fluss Siwerskyj-Donez zu überqueren. Mehrere Ortschaften westlich der am Wochenende von Russlands Truppen eroberten Stadt Lyssytschansk konnten nach Angaben des Generalstabs in Kiew zurückerobert werden. Die Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Hafen von Mariupol soll wieder in vollem Betrieb sein

Nach russischen Angaben ist der Hafen der von Russland besetzten Stadt Mariupol im Süden der Ukraine wieder vollständig ausgelastet. Die russische Nachrichtenagentur Tass beruft sich in dem Bericht auf Hafenbehörden. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte vor einem Monat erklärt, dass der Hafen von Mariupol von Minen befreit worden und somit für Getreidelieferungen bereit sei. Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, ukrainisches Getreide gestohlen zu haben. Die Führung in Moskau bestreitet dies.

Der Hafen von Mariupol ist ein wichtiger Umschlagplatz für ukrainisches Getreide - dieses Foto wurde Mitte Juni von der russischen Agentur Tass zur Verfügung gestelltBild: Vladimir Gerdo/TASS/IMAGO

Deutschland unterstützt weitere Waffenlieferungen

Bundeskanzler Olaf Scholz kündigt weitere Waffenlieferungen an die Ukraine über den Umweg von Partnerländern an. "Wir haben mehrere Ringtausche vorbereitet", sagt Scholz in der Regierungsbefragung im Bundestag. Diese stünden "unmittelbar" vor der Auslieferung. Über einen Ringtausch stellen Partnerländer in Osteuropa und zuletzt auch Griechenland der Ukraine schwere Waffen aus Sowjetbeständen zur Verfügung. Deutschland füllt die Depots der Partner dann mit modernen Waffen wieder auf.

G20 beraten über den Krieg in der Ukraine

Auf der indonesischen Insel Bali kommen am Donnerstag die Außenminister der G20 zu einem zweitägigen Treffen zusammen. Dominiert wird das Treffen von dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und dessen Folgen für die internationale Ernährungssicherheit. Unklar ist noch, ob das G20-Mitglied Russland durch seinen Außenminister Sergej Lawrow vertreten sein wird. Den G20 gehören neben der EU 19 Industrie- und Schwellenländer an, darunter China, Indien, Brasilien und die Türkei. Die G20-Staaten stehen für gut 80 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Ukraine erneuert Forderung nach weiteren modernen Waffen

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Appell zur Lieferung moderner Raketenabwehrsysteme bekräftigt. Die Führung in Kiew werde "nicht einen Tag" aufhören, sich darum zu bemühen, sagte er in einer Videobotschaft. Die Ukraine noch in diesem Jahr vor russischen Raketenangriffen zu schützen, sei eine maximale Herausforderung für den Staat. Ob das gelinge, hänge aber nicht nur von der Ukraine ab, sondern auch "vom Verständnis unserer Grundbedürfnisse durch unsere Partner", sagte Selenskyi.

Präsident Wolodymyr Selenskyi appelliert fast täglich an den Westen, die Ukraine noch stärker mit Waffen zu unterstützenBild: Ukraine Presidency/ZUMAPRESS/picture alliance

Meldeauflagen für Wehrpflichtige sorgen in Kiew für Ärger

Nach heftiger Kritik an Meldeauflagen für Wehrpflichtige kritisierte Selenskyj die Militärführung. Auf der nächsten Sitzung des Generalstabs sollen ihm Verteidigungsminister, Generalstabschef und Armeeoberbefehlshaber detailliert Bericht erstatten, forderte er. "Ich verspreche dem Volk, die Sache zu klären, und bitte weiter den Generalstab, derartige Entscheidungen nicht ohne mich zu treffen." Zuvor hatten Armeeoberbefehlshaber Walerij Saluschnyj und der Generalstab mitgeteilt, dass wehrpflichtige Ukrainer für das Verlassen des Meldeorts eine Erlaubnis benötigen. Nach Kritik in sozialen Netzwerken hieß es, dass dies nur für das Verlassen des Regierungsbezirks notwendig sei. Grundlage sei ein Gesetz von 1992.

Von der Leyen kündigt Notfallplan für russischen Gas-Stopp an

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Vorbereitungen auf einen kompletten Stopp russischer Gaslieferungen angekündigt. Im EU-Parlament in Straßburg sagte von der Leyen, die Kommission arbeite an einem europäischen Notfallplan. Man müsse sich auf eine weitere Unterbrechung der Gasversorgung und sogar auf eine vollständige Unterbrechung vorbereiten. Es sei klar, dass Russlands Präsident Wladimir Putin Energie als Waffe nutze, sagte von der Leyen. "Wir müssen den EU-Binnenmarkt und die Lieferketten der Industrie schützen." Es gelte dabei die bittere Lehre nicht zu vergessen, die man zu Beginn der Corona-Pandemie gelernt habe. Egoismus, Protektionismus, geschlossene Grenzen und Exportverbote hätten da nur zu Uneinigkeit und Fragmentierung geführt.

Russland kappt Öltransit von Kasachstan Richtung Westen

Ein für den Export von kasachischem Öl bestimmtes Terminal im Schwarzen Meer muss auf Beschluss eines Gerichts in Südrussland für 30 Tage seinen Betrieb einstellen. Begründet wurde der Stopp mit möglichen Umweltschäden, wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Zuletzt hatte es zwischen Russland und der benachbarten zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Kasachstan wegen des Ukrainekriegs Unstimmigkeiten gegeben.

Die Betreibergesellschaft Caspian Pipeline Consortium (CPC) sei "gezwungen, das Gerichtsurteil umzusetzen", werde aber dagegen klagen, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Nach offiziellen Angaben ist die Dokumentation beim Notfallplan für die Beseitigung eventueller Ölunfälle unvollständig. Ursprünglich hatten die Behörden CPC bis zum 30. November Zeit gegeben, die Verstöße zu beseitigen, doch in einer Gerichtsverhandlung am Dienstag forderte die regionale Transportaufsicht überraschend die Schließung des Terminals - und erhielt Recht.

Unter russischem Raketenbeschuss - Slowjansk in der Region DonezkBild: Marko Djurica/REUTERS

Über das Terminal in der südrussischen Hafenstadt Noworossijsk fließen 80 Prozent des aus Kasachstan exportierten Öls - Kasachstan hat keinen eigenen Zugang zu den Weltmeeren. Die Umschlagkapazität liegt bei 67 Millionen Tonnen Öl pro Jahr. Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte zuletzt der EU angeboten, mehr Öl und Gas nach Europa zu liefern, um die Energiesicherheit des Kontinents trotz des Ukrainekriegs und der damit zusammenhängenden Sanktionen gegen Russland zu gewährleisten.

Lettland führt wieder Wehrpflicht ein

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt Lettland wieder die Wehrpflicht ein. "Das derzeitige militärische System Lettlands hat seine Grenze erreicht", sagte der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks. Sein Land habe keinen Grund anzunehmen, dass Russland sein Verhalten ändern werde. Der Wehrdienst soll nach Angaben des Ministers im kommenden Jahr eingeführt werden und für Männer gelten. Pabriks verkündete zudem Pläne für den Bau eines neuen Militärstützpunktes im Land.

Der baltische Staat hatte die Wehrpflicht in den Jahren nach seinem NATO-Beitritt abgeschafft. Seit 2007 bestehen die lettischen Streitkräfte aus Berufssoldaten, außerdem gibt es eine aus Freiwilligen gebildete Nationalgarde. Das Land mit knapp zwei Millionen Einwohnern und Grenzen zu Russland und Belarus hat derzeit nur 7500 Berufssoldaten und Nationalgardisten. Außerdem sind 1500 NATO-Soldaten in Lettland stationiert.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in vielen osteuropäischen Staaten Befürchtungen geweckt, selbst Ziel einer russischen Aggression werden zu können.

qu/sti (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

 

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