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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Große Sorge um AKW Saporischschja

13. Juni 2023

Die Atomenergiebehörde befürchtet, dass AKW Saporischschja könnte in die ukrainische Gegenoffensive verwickelt werden. Im Süden der Ukraine wurde bei einem russischen Angriff ein Wohnhaus getroffen. Ein Überblick.

Ukraine | AKW Saporischschja
Bild: Erik Romanenko/TASS/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • IAEA besorgt um Sicherheit von AKW Saporischschja
  • Tödliche Attacke in Krywji Rih - elf Todesopfer
  • Russland will Leopard-Kampfpanzer erbeutet haben
  • Selenskyj berichtet von Erfolgen bei Offensive
  • Nemzow-Stiftung zeichnet politische Gefangene aus

 

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, sagte bei einem Besuch in Kiew, er sei "sehr besorgt", dass das von Russland besetzte ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja in die Gegenoffensive der Ukraine gegen die russischen Streitkräfte verwickelt werden könnte. Grossi hatte in Kiew mit  Präsident Wolodymyr Selenskyj gesprochen.

Vor Journalisten kündigte Grossi an, er werde sich zum Atomkraftwerk begeben, um sich nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms ein Bild von der Lage zu machen. Der Damm war vor einer Woche zerstört worden, daraufhin waren riesige Mengen Wasser aus dem Stausee ausgetreten, der auch zur Kühlung der sechs Reaktoren des AKW genutzt wird. Die Ukraine und Russland hatten sich gegenseitig beschuldigt, den Damm zerstört zu haben.

Luftaufnahme des zerstörten Kachowka-Staudamms (06.06.2023)Bild: Planet Labs PBC via AP/picture alliance

Die Reaktoren des größten Atomkraftwerks Europas sind seit Monaten abgeschaltet. Der Brennstoff in den Reaktorkernen und in den Lagerbecken muss jedoch weiterhin ständig gekühlt werden, um eine Kernschmelze und die Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt zu verhindern.

Tödliche Attacke in Krywji Rih - elf Todesopfer

Bei russischen Luftangriffen sind im Süden der Ukraine mindestens elf Menschen getötet worden. In der Stadt Krywji Rih wurde ein mehrstöckiges Wohnhaus getroffen. Dort und an weiteren Einschlagspunkten habe es zudem zahlreiche Verletzte gegeben, teilten die Behörden mit.

Russland meldet seinerseits den Beschuss mehrerer Gebiete in Grenznähe durch ukrainische Truppen. Im Verwaltungsbezirk Kursk fingen nach Angaben des Gouverneurs einige Häuser Feuer. Die Gas- und Stromversorgung sei unterbrochen, hieß es. 

In diesem Wohnhaus im südukrainischen Krywji Rih wurden mehrere Menschen getötetBild: Alina Smutko/REUTERS

Russland will Leopard-Kampfpanzer erbeutet haben

Bei den Gefechten mit ukrainischen Soldaten haben russische Truppen laut dem Verteidigungsministerium in Moskau mehrere Leopard-Panzer aus deutscher Produktion erbeutet. Das Ministerium veröffentlichte im Onlinedienst Telegram ein entsprechendes Video. Die Aufnahmen zeigen auch in den USA produzierte Bradley-Schützenpanzer, die ebenfalls in russische Hände gefallen seien.

Den Angaben zufolge handelt es sich um Ausrüstung der ukrainischen Armee in der Region Saporischschja. Wo die Aufnahmen entstanden und zu welchem Zeitpunkt, ließ sich nicht unabhängig überprüfen. Westliche Länder, darunter Deutschland, hatten der Ukraine Panzer vom Typ Leopard beziehungsweise Bradley geliefert.

Solche Leopard-2-A6-Kampfpanzer hat die Ukraine von Deutschland erhalten Bild: Christoph Hardt/Panama Pictures/picture alliance

Selenskyj berichtet von Erfolgen bei Offensive

Nach der Rückeroberung mehrerer Dörfer im Osten der Ukraine hatte Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj von einem Erfolg der jüngsten Offensive gegen die russischen Streitkräfte gesprochen. "Dank unseren Männern für jede ukrainische Flagge, die an ihren rechtmäßigen Platz in den Dörfern der neu von der Besatzung befreiten Gebiete zurückkehrt", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. "Die Kämpfe sind hart, aber wir kommen vorwärts, und das ist wichtig."

Seit Tagen verkünden die ukrainischen Streitkräfte die Befreiung von Dörfern vor allem im Gebiet Donezk, das Russland annektiert hatte. Insgesamt ist bisher von sieben Orten die Rede. "Die Verluste des Feindes sind genau das, was wir brauchen", sagte Selenskyj nach Beratungen mit Generälen über die Lage im Frontgebiet.

Putin spricht von "riesigen Verlusten" der Ukraine

Russlands Präsident Wladimir Putin hat von katastrophalen Verlusten für die Ukraine bei deren Gegenoffensive gesprochen. "Meiner Berechnung nach hat die Ukraine 25 bis 30 Prozent der vom Ausland gelieferten Technik verloren", sagte er bei einem Treffen mit russischen Militärkorrespondenten. Zudem seien die Verluste der Ukrainer zehnmal höher als auf russischer Seite. Kiew hatte zuvor die Rückeroberung mehrerer Siedlungen im Süden des Landes gemeldet.

Während ihrer Offensive habe die Ukraine über 160 Kampfpanzer und mehr als 360 gepanzerte Fahrzeuge verloren, sagte er. Die eigenen Verluste bezifferte er auf 54 Panzer, wobei ein Teil davon wieder repariert werden könne.

Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuletzt ebenfalls von hohen Verlusten der Ukrainer gesprochen und die Abwehr aller Angriffe vermeldet. Allerdings haben sich die Angaben des Ministeriums in der Vergangenheit mehrfach als übertrieben und teilweise falsch herausgestellt.

Britische Geheimdienste: Irans Drohnen kommen wohl per Schiff

Russland erhält nach Aussage britischer Geheimdienste größere Mengen iranischer Kamikaze-Drohnen für den Krieg als bisher. Statt per Flugzeug würden die Fluggeräte nun vermutlich mit Schiffen aus dem Iran über das Kaspische Meer geliefert, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Mit der Lieferung verstoße der Iran weiterhin gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats.

Iranische Kamikaze-Drohnen (Propagandabild des iranischen Verteidigungsministeriums)Bild: Iranian Defence Ministry/AFP

Zudem arbeite Russland daran, eine inländische Drohnenproduktion zu starten, und werde "mit ziemlicher Sicherheit" dabei vom Iran unterstützt, hieß es weiter. Die unbemannten Flugkörper stellten für Russland eine relativ günstige Angriffswaffe mit größerer Reichweite dar, zumal mit den Attacken gegen die Ukraine ein großer Teil der russischen Marschflugkörper verbraucht sei. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

"Weimarer Dreieck" sendet Signal an Russen

Deutschland, Frankreich und Polen wollen die Ukraine weiter in ihrem Abwehrkampf gegen Russland unterstützen. Das bekräftigen Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Präsident Andrzej Duda bei einem Treffen in Paris. Von dem sogenannten "Weimarer Dreieck" solle dieses "Signal der Einigkeit" ausgehen, hieß es. Das Gesprächsformat war 1991 von den damaligen Außenministern der drei Länder im thüringischen Weimar gegründet worden.

Die Ukraine erhalte Unterstützung "so lange, wie das notwendig ist, darauf sind wir vorbereitet", betonte Scholz. Er verwies erneut darauf, dass Deutschland hinter den USA zweitgrößter Waffenlieferant sei. 

Trafen sich in Paris: Andrzej Duda, Emmanuel Macron und Olaf Scholz (v.l.n.r.)Bild: Sarah Meyssonnier/AP/picture alliance

Macron unterstrich, Frankreich habe seine Waffenlieferungen an die Ukraine mit Blick auf deren Gegenoffensive verstärkt. Ziel sei es, "der Ukraine zu helfen, Gelände zurückzuerobern, aber dabei niemals Russland anzugreifen". Die Offensive der Ukraine könnte "mehrere Wochen oder Monate" dauern, meinte Macron. "Wir hoffen, dass sie so siegreich wie möglich ist, damit danach eine Verhandlungsphase unter guten Bedingungen eingeleitet werden kann." 

Duda appellierte an die NATO-Mitgliedsländer, der Ukraine eine Perspektive in dem Verteidigungsbündnis zu bieten. Dies sei die Erwartung der ukrainischen Führung und der Soldaten, die das von Russland angegriffene Land verteidigen. Er hoffe, der NATO-Gipfel in Vilnius Mitte Juli werde der Ukraine das von ihr ersehnte "Licht am Ende des Tunnels" bringen. Macron und Scholz äußerten sich in dieser Frage zurückhaltender als Duda.

"Air Defender"-Übung: NATO dankt Deutschland

Die NATO hat Deutschland für die Organisation der bislang größten Luftwaffenübung in der Geschichte der Militärallianz Anerkennung gezollt. "Air Defender" sei ein starkes Zeichen des deutschen Engagements und der deutschen Fähigkeiten, sagte eine Sprecherin des Bündnisses. Man danke Deutschland für die Initiierung, Planung und Ausrichtung dieser "Rekordübung".

Mit "Air Defender" sende man die klare Botschaft, dass die NATO bereit sei, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen. Angesichts der größten Sicherheitskrise dieser Generation stehe man geschlossen zusammen, um die Länder und ihre Bevölkerungen zu schützen.

NATO startet Großmanöver Air Defender 23

02:48

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An der Übung, die am Montag begann, sind nach Angaben der deutschen Luftwaffe mehr als 250 Flugzeuge und fast 10.000 Soldaten aus 25 Ländern beteiligt. Sie dauert noch bis zum 23. Juni. Neben NATO-Staaten sind auch Japan und der NATO-Beitrittskandidat Schweden mit dabei.

Nemzow-Stiftung zeichnet politische Gefangene aus

Die nach dem ermordeten Kremlgegner Boris Nemzow benannte Stiftung zeichnet fünf russische politische Gefangene aus, die sich gegen den Ukraine-Krieg eingesetzt hatten. Geehrt werden die Journalistin Maria Ponomarenko und der Rentner Michail Simonow, die russische Kriegsverbrechen in sozialen Netzwerken kritisierten, wie die von Nemzows Tochter Zhanna Nemzowa geführte Stiftung in Bonn mitteilte. Ausgezeichnet werden demnach auch der Geschichtslehrer Nikita Tuschkanow, der Aktivist Maxim Lypkan und der Heizer Wladimir Rumjanzew, die ebenfalls gegen den Krieg protestierten.

Zhanna Nemzowa - ihr Vater Boris zählte zu den schärfsten Kritikern von Kremlchef Wladimir PutinBild: Johannes Simon/Getty Images

"In Russland wird jede Unterstützung der Ukraine oder jede Äußerung gegen den Krieg kriminalisiert", erklärte Nemzowa. Der individuelle Protest sei oft nicht sichtbar, es gebe ihn aber, obwohl die Menschen damit ein Risiko eingingen. Nemzowa erinnert mit ihrer 2015 ins Leben gerufenen Stiftung jährlich mit dem Preis für Zivilcourage an den Tod ihres Vaters, der im selben Jahr in Moskau erschossen worden war. 

Ex-Wagner-Söldner kämpft nun aufseiten Kiews

Ein ehemaliger russischer Söldner der "Gruppe Wagner"hat sich dem kremlfeindlichen Freiwilligenkorps RDK im Kampf gegen die russische Armee angeschlossen. Wladislaw Ismailow ist der erste öffentlich bekannte Überläufer. "Nach entsprechender Überprüfung werden wir Wlad mit Freude die Möglichkeit geben, in unseren Reihen zu kämpfen", schrieb das Freiwilligenkorps auf Telegram. Seit Wochen ist es vor allem in der russischen Grenzregion um Belgorod im Einsatz.

Nach eigener Darstellung war Ismailow im November in ukrainische Gefangenschaft geraten, nachdem er einige Monate zuvor aus einem russischen Gefängnis für die Wagner-Söldnertruppe rekrutiert worden war. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin nannte ihn einen "Verräter".

Pro-russische Manipulationen bei Radio New Zealand

In Neuseeland hat das staatlich finanzierte Radio New Zealand (RNZ) wegen pro-russischer Manipulationen von Nachrichten einen Mitarbeiter beurlaubt. Bis zum Sonntag berichtigte RNZ 15 Meldungen auf seiner Website, weil sie "unangemessen bearbeitet" worden seien. Die ursprünglichen Berichte waren demnach so verändert worden, dass pro-russische Interpretationen als Tatsachen dargestellt wurden.

Geldsegen für ukrainischen Flüchtling in Belgien

Ein junger Flüchtling aus der Ukraine hat in Belgien eine halbe Million Euro mit einem Rubbel-Los gewonnen. Der Spieler hatte sein Los für fünf Euro an einer Tankstelle gekauft, wie die nationale Lotto-Gesellschaft mitteilte. Wie alle Gewinner von Summen über 100.000 Euro wurde er für die Übergabe in die Lotto-Zentrale nach Brüssel eingeladen.

"Er hatte sehr gemischte Gefühle", berichtete Lotto-Sprecher Joke Vermoere. "Seine Gedanken waren ganz klar in der Ukraine, und in diesen Zeiten ist es schwer sich zu freuen bei allem, was in seinem Land passiert." Der junge Mann wolle das Geld einsetzen "um etwas für seine Landsleute und den Wiederaufbau seines Landes zu tun". Zunächst aber plane er ein Fest für die Menschen, die ihm nach seiner Flucht nach Belgien geholfen hätten, Arbeit zu finden und sich zu integrieren.

uh/pg/jj/se/wa/bru (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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