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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Kiew an Anschlag auf Krim-Brücke beteiligt

27. Mai 2023

Der ukrainische Geheimdienstchef Wassyl Maljuk bestätigt erstmals die Beteiligung Kiews am Angriff auf die Krim-Brücke. Laut Kanzler Scholz werden deutsche Waffen nicht in Russland eingesetzt. Nachrichten im Überblick.

Schwere Schäden nach Explosion auf Krim-Brücke
Schwere Schäden nach der Explosion auf Krim-Brücke am 8. Oktober 2022Bild: AFP/Getty Images

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kiew räumt Beteiligung an Anschlag auf Krim-Brücke ein
  • Scholz: Deutsche Waffen nur auf ukrainischem Territorium
  • Ukraine will Taurus-Marschflugkörper von Deutschland
  • Selenskyj lobt Fortschritte bei der Militärtechnik
  • Mutmaßlicher Drohnenangriff auf russische Ölpipeline-Einrichtung

 

Mehr als sieben Monate ist es her, dass die Krim-Brücke durch eine Explosion schwer beschädigt wurde. Nun hat sich erstmals offiziell der Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU dazu geäußert. "Da es sich hierbei um einen Logistikweg handelt, den wir dem Feind abschneiden mussten, wurden entsprechende Maßnahmen ergriffen“, sagte Wassyl Maljuk in einem YouTube-Interview des ukrainischen Journalisten Dmytro Komarow. Details des Einsatzes nannte er nicht.

Die Bilder vom Brand auf der Brücke infolge der Explosion am 8. Oktober – in der Nacht nach dem 70. Geburtstag von Kreml-Chef Wladimir Putin – waren seinerzeit um die Welt gegangen. Die Brücke war tagelang gesperrt, ist inzwischen aber repariert. Sie führt vom russischen Festland auf die bereits 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim und gilt als wichtiger Versorgungsweg für den Krieg gegen die Ukraine. Auch westliche Geheimdienste hatten angenommen, dass Ukraine an den Anschlag mitgewirkt hat. Maljuk hatte im Dezember lediglich Andeutungen gemacht, die Ukraine könnte etwas damit zu tun haben. Nun bestätigte er es. Moskau hatte den ukrainischen Militärgeheimdienst bereits für den Anschlag verantwortlich gemacht.

Maljuk sagte, die Ukraine habe im Einklang mit den "Traditionen der Kriegsführung“ gehandelt. Außerdem sagte er, der Geheimdienst SBU habe zu Beginn des russischen Angriffskrieges vor mehr als 15 Monaten eine Sondereinheit gebildet für Sabotageakte auf ukrainischem Gebiet gegen den Feind und für die Abwehr solcher Angriffe des Gegners. Auch bei den Drohnenattacken im Oktober auf Kriegsschiffe der russischen Schwarzmeer-Flotte in der Bucht von Sewastopol habe es sich um eine SBU-Spezialoperation gemeinsam mit den ukrainischen Streitkräften gehandelt, sagte er.

Scholz: "Keine deutschen Waffen auf russischem Boden"

Bundeskanzler Olaf Scholz hat versichert, dass die Ukraine keine deutschen Waffen auf russischem Boden einsetzt. "Russland hat die Ukraine angegriffen, und deshalb kann die Ukraine sich auch verteidigen", sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn. "Und gleichzeitig ist klar, dass die Waffen, die wir geliefert haben, nur auf ukrainischem Territorium eingesetzt werden." Er verwies auf eine ähnliche Aussage von US-Präsident Joe Biden hinsichtlich US-Waffen in der "New York Times". "Und die gilt auch unverändert", so Scholz.

Bundeskanzler Olaf Scholz in TallinnBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Der Kanzler hatte Anfang des Jahres bereits über einen "Konsens" mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen, dass deutsche Waffen nicht für Angriffe auf russisches Gebiet genutzt werden. Biden hatte bereits im Mai 2022 in einem Gastbeitrag für die "New York Times" festgehalten, dass man es der Ukraine nicht ermögliche, außerhalb ihrer Grenzen zuzuschlagen.

Ukraine will Taurus-Marschflugkörper von Deutschland

Die Ukraine hat Deutschland um die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus gebeten. In den letzten Tagen sei eine entsprechende Anfrage der ukrainischen Seite eingegangen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums. Sie machte keine näheren Details zu dem Schreiben - etwa dazu, wie viele Einheiten Kiew forderte.

Ein Marschflugkörper vom Typ Taurus Bild: South Korean Defense Ministry/Getty Images

Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter hatte sich vor wenigen Tagen für die Lieferung deutscher Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine ausgesprochen. Die Lenkwaffen mit bis zu 500 Kilometern Reichweite ermöglichten dem angegriffenen Land "Schläge gegen die militärische Infrastruktur der Russen weit hinter der Frontlinie".

Dialogbereitschaft laut Experten nur Taktik 

Russland übt nach Einschätzung von US-Experten erneut Druck auf den Westen aus, um die Ukraine zu Verhandlungen zu drängen. Demnach solle der Westen auf die ukrainische Führung einwirken, die Bedingungen Russlands für solche Gespräche zu akzeptieren, heißt es in einer Analyse des Instituts für Kriegsstudien (ISW) in Washington. Wie in der Vergangenheit sei es dabei nur Ziel Russlands, mit einer vorgetäuschten Verhandlungsbereitschaft den Westen in seiner Hilfe für die Ukraine zu demotivieren. Die Experten berufen sich auf Kremlangaben vom Freitag, wonach der russische Präsident Wladimir Putin offen sei für Dialog.

Nur scheinbar verhandlungsbereit: Russlands Präsident Wladimir PutinBild: SPUTNIK via REUTERS

Russland wirft der Ukraine und dem Westen vor, Verhandlungen zu blockieren. Zugleich lehnt Moskau einen Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ab, der einen russischen Truppenabzug vorsieht. Die Ukraine und auch etwa Deutschland sind gegen ein Einfrieren des Krieges mit den von Russland besetzten Gebieten.

Mutmaßlicher Drohnenangriff auf russische Ölpipeline-Einrichtung

In der westrussischen Region Pskow ist durch eine Explosion ein Verwaltungsgebäude einer Ölpipeline durch zwei Drohnen beschädigt worden. Der Gouverneur Michail Wedernikow erklärte, der Vorfall habe sich nahe des Dorfes Litwinowo, etwa zehn Kilometer von der Grenze zu Belarus entfernt, ereignet.

Nach Informationen des Telegram-Kanals Basa, der für seine guten Kontakte zu den russischen Sicherheitskräften bekannt ist, galt der Angriff dem Ölpumpwerk des russischen Pipeline-Betreibers Transneft in Pskow. Demnach gab es auch einen Angriff auf eine Ölraffinerie in der Nähe von Erochino, in der westrussischen Region Twer. Der dortige Pressedienst teilte mit, eine Drohne sei nahe Erochino abgestürzt. Es habe keine Opfer gegeben.

Die russische Druschba-Pipeline bringt Öl bis nach Ungarn, hier in die Raffinerie SzazhalombattaBild: Attila Volgyi/Xinhua/picture alliance

In den vergangenen Wochen hatten die Berichte über Drohnenangriffe in Russland zugenommen, insbesondere in den Grenzgebieten zur Ukraine. So beschädigten nach russischen Angaben am Freitag zwei Drohnen Gebäude im Zentrum der südrussischen Stadt Krasnodar. Die Führung in Moskau gibt Kiew und dessen westlichen Unterstützern die Schuld für die gestiegene Anzahl der Angriffe und Sabotage-Aktionen. Die Ukraine hat jegliche Beteiligung zurückgewiesen.

Selenskyj: Machen Fortschritte bei Modernisierung von Militärtechnik

Das ständige Werben um neue Militärtechnik für den Abwehrkampf gegen Russland zahlt sich aus Sicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aus. "Wir kommen bei der Modernisierung der Verteidigung schneller voran, als noch vor sechs Monaten absehbar war", sagte das Staatsoberhaupt in seiner täglichen Videoansprache. Nach seinen Angaben sollen moderne Kampfflugzeuge zu einem Schlüssel der ukrainischen Luftverteidigung werden.

Das Verteidigungsministerium in Kiew hatte zuvor mitgeteilt, es erwarte 48 Kampfjets vom US-Typ F-16. US-Präsident Joe Biden hatte kürzlich grundsätzlich den Weg dafür freigemacht, im Rahmen einer Koalition von Verbündeten F-16-Jets an die Ukraine zu liefern. Ukrainische Kampfpiloten sollen an den Maschinen ausgebildet werden.

EU-Staaten frieren Milliarden der russischen Zentralbank ein

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben insgesamt 200 Milliarden Euro der russischen Zentralbank eingefroren. Das teilte die EU-Kommission auf Anfrage der "Welt am Sonntag" mit. Insgesamt beläuft sich demnach die Zahl des festgesetzten Auslandsvermögens der Notenbank in den G7-Industriestaaten und den EU-Ländern auf rund 300 Milliarden Euro.

Die Menge des eingefrorenen Privatvermögens russischer Oligarchen in Europa hat sich im vergangenen halben Jahr kaum erhöht. So wurden in der EU nach Angaben der Kommission Vermögenswerte in Höhe von 24,1 Milliarden Euro festgesetzt. Damit wurden 1473 Oligarchen und 205 Firmen sanktioniert. Ende Dezember hatte die Summe des eingefrorenen Vermögens 18,9 Milliarden Euro betragen. Die deutschen Behörden haben in den vergangenen drei Monaten indes kein zusätzliches Vermögen festgesetzt. Das teilte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage der Zeitung mit.

Dem erklärten Ziel, Russland für den Wiederaufbau der Ukraine bezahlen zu lassen, kommt die EU allerdings nicht näher. Man dürfe das russische Geld nicht beschlagnahmen, da es zurückgegeben werden müsse, sobald die Sanktionen aufgehoben werden, teilte ein Kommissionssprecher mit. Die Diskussionen über einen Alternativplan, die Mittel am Kapitalmarkt zu investieren und der Ukraine die Erlöse daraus zu überweisen, "dauern noch an". Eine Entscheidung sei frühestens beim nächsten Gipfel des Europäischen Rates Ende Juni zu erwarten.

Deutschland schützt NATO-Gipfel in Litauen mit Patriot-Raketen

Deutschland sichert den NATO-Gipfel im Juli in Litauen mit Patriot-Raketen ab. "Für die bodengebundene Luftverteidigung werden wir unsere Patriot-Feuereinheiten aus der Slowakei sowie unterstützende Anteile aus Polen nach Litauen verlegen", heißt es in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums. Allgemein wird von "land-, luft- und seegestützte Fähigkeiten zur Absicherung" gesprochen, die beim Gipfel in Vilnius eingebracht werden sollen.

Fischer: "Russland ist dauerhafte Bedrohung"

Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sieht Europa dauerhaft von Russland bedroht. Die alte Formel "Sicherheit gibt es nur mit Russland" habe keine Gültigkeit mehr, sagte der Grünen-Politiker der Berliner Zeitung "Tagesspiegel". Stattdessen werde "Sicherheit vor Russland" die Zukunft bestimmen müssen. Es gelte, eine "gnadenlose Naivität" in der Russlandpolitik zu korrigieren.

Alt-Bundesaußenminister Joschka Fischer: Eine "gnadenlose Naivität" in der Russlandpolitik korrigierenBild: Bernd Kammerer/dpa/picture alliance

Die Gründe für diese Entwicklung sieht Fischer im "Revisionismus" von Kremlchef Wladimir Putin. Dieser wolle die früheren sowjetischen Territorien "erneut eingemeinden". Allerdings ist Putin nach Einschätzung von Fischer nicht isoliert. Putins Überzeugung werde von der russischen Bevölkerung "weit geteilt", sagte Fischer, der unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Außenminister war.

Brasiliens Präsident Lula schlägt Einladung nach Russland aus

In einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Putin hat Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva nach eigenen Angaben eine Einladung nach Russland abgelehnt. "Ich habe ihm für die Einladung zum Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg gedankt und ihm geantwortet, dass ich im Moment nicht nach Russland reisen kann", twitterte Lula.

Er habe aber bekräftigt, Brasilien sei wie auch Indien, Indonesien und China bereit, "mit beiden Seiten des Konflikts zu sprechen, um Frieden zu schaffen", schreibt der Linkspolitiker weiter. Nach Angaben des Kreml in Moskau hatte Lula die Initiative für das Telefonat ergriffen.

kle/uh/sti/gri/rb (AFP, AP, dpa, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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