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KonflikteUkraine

Ukrainel: Kiew will eigene Flugabwehrsysteme bauen

30. September 2023

Die Ukraine möchte sich bei der Luftabwehr nicht nur auf ausländische Systeme verlassen. Die Schweiz stellt Gelder für die Minenräumung bereit. Nachrichten im Überblick.

Deutschland Flugabwehrsystem vom Typ Patriot der Bundeswehr
Schon in der Ukraine im Einsatz: Flugabwehrsystem vom Typ Patriot (Archivbild)Bild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ukraine plant Bau eigener Flugabwehrsysteme
  • Medwedew spricht von neuen Regionen Russlands
  • Schweiz gibt Gelder für Minenräumung
  • Russischer Blogger muss lange in Strafkolonie
  • Russen dürfen an Paralympics 2024 teilnehmen

 

Die von Russland angegriffene Ukraine plant den Bau eigener Flugabwehrsysteme. Diese Grundsatzentscheidung werde sehr bald umgesetzt, kündigte der Leiter des Präsidialamtes in Kiew, Andrij Jermak, an. "Wir werden bald Spezialisten haben, die einen Plan für unsere eigene Produktion von allem, was wir brauchen, entwickeln werden, vor allem von Luftverteidigungswaffen."

Zugleich brauche die Ukraine weitere ausländische Flugabwehrsysteme mittlerer und großer Reichweite wie Iris-T, NASAMS oder Patriot, ergänzte Jurij Ihnat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe. Nur dann werde es gelingen, das Land verlässlich vor russischen Marschflugkörpern und Flugzeugen zu schützen.

Entschlossen: Jurij Ihnat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe (Archivbild)Bild: Evgen Kotenko/IMAGO

Präsident Wolodymyr Selenskyj verkündete auf einem Forum mit Vertretern internationaler Rüstungskonzerne in Kiew die Gründung einer Allianz der Verteidigungsindustrie. Basis der Vereinigung sei eine Erklärung, die bisher von 13 Waffenherstellern unterzeichnet worden sei, teilte Selenskyj in sozialen Netzwerken mit. Weitere Rüstungskonzerne könnten sich anschließen.

Der Staatschef will die Ukraine zu einem der größten Waffenproduzenten der Welt machen. Hergestellt werden sollen demnach etwa Raketen, Drohnen und Artilleriegeschosse. Bei dem Forum in Kiew waren Rüstungskonzerne auch aus Deutschland, den USA, Großbritannien, Frankreich, der Türkei, Schweden, Tschechien und aus asiatischen Ländern sowie Australien vertreten. Die Rüstungsallianz gilt auch als eine Antwort der Ukraine auf das von Russland genannte Kriegsziel, das Land entmilitarisieren zu wollen. 

Die Abwehr von Drohnen- und Raketenangriffen verbesserte sich im vergangenen Winter, als die Ukraine Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard und die Systeme Iris-T und Patriot bekam. Die Hauptstadt Kiew ist mittlerweile gut geschützt. Schwieriger ist es in frontnahen Städten wie Charkiw, Saporischschja oder Cherson, die in Reichweite russischer Kurzstreckenraketen liegen. Auch die Hafenstadt Odessa und die Schwarzmeerküste werden oft von Drohnen oder Raketen getroffen.

Medwedew sieht "neue Regionen" Russlands

Russlands ehemaliger Staatschef Dmitri Medwedew hat ein Jahr nach der Annexion von vier Regionen in der Ukraine die Einnahme weiterer Gebiete im Nachbarland als Ziel ausgegeben. "Die militärische Spezialoperation wird bis zur vollständigen Zerstörung des Nazi-Regimes in Kiew fortgesetzt", schrieb Medwedew im Onlinedienst Telegram. "Der Sieg wird unser sein. Und es wird weitere neue Regionen innerhalb Russlands geben", fügte der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats hinzu.

Dmitry Medwedew (r.) bei einem Besuch russischer Soldaten in Donezk Mitte SeptemberBild: ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Als "neue Regionen" bezeichnet Russland die ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson, die Moskau vor einem Jahr für annektiert erklärt hat. Zuvor waren dort als "Referenden" bezeichnete Abstimmungen abgehalten worden, die von Kiew und vom Westen nicht anerkannt wurden. Vor einigen Wochen ließ Moskau in den besetzten Gebieten "Wahlen" abhalten. Die russische Armee kontrolliert aber nur Teile der vier Regionen und sieht sich dort derzeit mit einer großangelegten Gegenoffensive der Ukraine konfrontiert.

Kreml-Chef Wladimir Putin bezeichnete die Annexionen in einer Rede an die Nation als historische Entscheidung der dort lebenden Menschen für die Wiedervereinigung mit dem "Vaterland". Medwedew, der einst als liberaler Reformer galt, tritt inzwischen als Hardliner auf, der die russische Offensive in der Ukraine vehement verteidigt und in Kommentaren in den Onlinenetzwerken den Westen scharf attackiert.

London: Russland hat weiter Privatarmeen in Diensten

Russland setzt nach der Einschätzung britischer Geheimdienstexperten weiter auf Freiwilligenverbände und Privatarmeen. Darauf weise hin, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den früheren Stabschef der Söldnergruppe Wagner, Andrej Troschew, mit der Aufstellung neuer Freiwilligenverbände beauftragt habe. An dem Treffen habe auch Vize-Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow teilgenommen, der letzthin noch in afrikanischen Staaten gesichtet worden sei, heißt es im täglichen Lagebericht des Verteidigungsministeriums in London.

Vize-Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow (links) und der frühere Stabschef der Söldnergruppe Wagner, Andrej Troshew, in MoskauBild: Mikhail Metzel/Pool/SPutnik/REUTERS

Die Privatarmee Wagner hatte lange neben regulären russischen Einheiten für Moskau in der Ukraine gekämpft. Deren Chef Jewgeni Prigoschin revoltierte nach dem Abzug seiner Truppen aus dem Kriegsgebiet gegen die russische Militärführung. Er kam bei einem Flugzeugabsturz im August unter noch ungeklärten Umständen ums Leben. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Kriegsbeginn täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

Rumänien meldet mögliche Verletzung seines Luftraums 

Das NATO-Mitglied Rumänien hat eine mögliche Verletzung seines Luftraums bei nächtlichen russischen Drohnenangriffen auf die Ukraine gemeldet. Die Radarüberwachung habe einen "möglichen unerlaubten Eintritt in den nationalen Luftraum" angezeigt, erklärte das rumänische Verteidigungsministerium. Demnach wurden an Bewohner der Städte Tulcea und Galati nahe der Grenze zur Ukraine Alarmbotschaften gesendet, die sie zum Aufsuchen geschützter Räume aufforderten. 

Seit dem Ausstieg Russlands aus dem Getreide-Abkommen mit der Ukraine hat Moskau die Angriffe auf die südukrainischen Regionen Odessa und Mykolaiw und die dortige Export-Infrastruktur intensiviert. Die rumänischen Städte Galati und Tulcea liegen am gegenüberliegenden Ufer der Donau von der ukrainischen Hafenstadt Reni. 

Kontrollierte Sprengung einer Mine (Archivbild)Bild: Abdelhadi Ramahi/REUTERS

Schweiz stellt Gelder für Minenräumung bereit

Die Schweiz will bei der Minenräumung in der Ukraine ein Viertel des nötigen Budgets finanzieren. Man stelle 100 der von der Ukraine für nötig befundenen 400 Millionen Dollar (rund 380 Millionen Euro) zur Verfügung, teilte Außenminister Ignazio Cassis in Bern mit.

Die Minenräumung kann großflächig allerdings erst gestartet werden, wenn die Kampfhandlungen beendet sind. Das Vorhaben werde Jahre dauern, sagte Hansjörg Eberle, Direktor der Stiftung für Minenräumung (FSD).

Die Schweiz steht international in der Kritik, weil sie auch in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf ihre Neutralität pocht. Sie liefert nicht nur keine Waffen an die Ukraine, sondern verweigert auch die Zustimmung zur Weiterleitung von früher eingekauften Schweizer Waffen oder Munition - etwa aus Deutschland.

"Im Feld der humanitären Minenräumung sind wir großzügig", sagte Cassis. "Nur militärische Hilfe ist aufgrund der Neutralität ausgeschlossen." Die verminte Fläche ist nach Schätzungen von Cassis viermal so groß wie die Schweiz. Das entspräche etwas weniger als der Hälfte des Gebiets von Deutschland.

London verhängt Sanktionen gegen russische Beamte

Nach den "Scheinwahlen" in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten hat Großbritannien neue Sanktionen gegen fast ein Dutzend hochrangige russische Beamte und die Wahlkommission des Landes bekanntgegeben. Die elf Russen und die Wahlkommission hätten mit den in diesem Monat und im Oktober 2022 abgehaltenen Wahlen und Referenden "direkt gehandelt, um die Ukraine zu untergraben und ihre territoriale Integrität zu bedrohen", teilte das Außenministerium in London mit. Die Sanktionierten müssen mit dem Einfrieren ausländischer Vermögenswerte und mit Reisebeschränkungen rechnen.

Ein Wahllokal in Donezk, der Hauptstadt der russisch kontrollierten Region Donezk in der Ukraine (Archivbild)Bild: AP/dpa/picture alliance

Russischer Blogger muss lange in Strafkolonie

Ein russischer Blogger ist zu achteinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt worden, weil er "Falschinformationen" über Moskaus Offensive in der Ukraine verbreitet haben soll. Das verkündete ein Gericht in der Stadt Krasnodar. Der 38-Jährige betrieb einen kleinen Youtube-Kanal, auf dem er Videos von Autobahnpolizisten aus seiner Heimatregion Krasnodar veröffentlichte. Im März 2022 wurde er festgenommen, nachdem die Ermittler ihn beschuldigt hatten, in Onlinediensten ein Foto von zerstörten Gebäuden mit der Bildunterschrift "Ukrainische Städte nach der Ankunft der Befreier" gepostet zu haben.

In einem Interview mit dem unabhängigen russischen Onlinemedium Sota bestritt die Ehefrau des Festgenommenen nachdrücklich die Veröffentlichung des Fotos. Ihr zufolge geht die Verhaftung ihres Mannes vielmehr auf die örtliche Polizei zurück - als Racheakt für dessen veröffentlichte Videos, die mutmaßliches Fehlverhalten der Beamten zeigten.

Seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine gehen die russischen Behörden verstärkt gegen kritische Stimmen vor. Die meisten russischen Regierungskritiker sind inzwischen hinter Gittern oder wurden zu hohen Geldstrafen verurteilt.

Russen dürfen an Paralympics 2024 teilnehmen

Russische und belarussische Sportlerinnen und Sportler dürfen im kommenden Jahr bei den Paralympics in Paris (28. August bis 8. September 2024) unter neutraler Flagge wieder starten. Das entschied die Generalversammlung des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) in Bahrain. Es dürfen allerdings nur Individualsportler aus den beiden Nationen in Paris antreten, Mannschaften sind weiter ausgeschlossen. Voraussetzung ist zudem, dass die Athleten und Betreuer die vom IPC-Vorstand noch festzulegenden Teilnahmebedingungen erfüllen.

Entsetzt: DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher (Archivbild)Bild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

"Das ist keine Sternstunde für die Werte-Gemeinschaft des IPC", betonte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS), Friedhelm Julius Beucher. Man habe vom paralympischen Komitee Russlands nicht "auch nur einen Satz des Bedauerns gehört. Nein, im Gegenteil. Sie rufen zum Krieg auf, glorifizieren das Morden und Töten", sagte Beucher. Einen Start unter neutraler Flagge bezeichnete Beucher als "Augenwischerei". "Wie kann man neutral sein?", fragte er. "Erklären, man sei gegen den Krieg und empfängt nachher im Kreml die Verdienstorden?"

Lesen Sie dazu auch: UEFA: Streit um Rückkehr russischer Fußball-Nachwuchsteams

as/jj/wa/ack (dpa, afp, rtr)

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