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KonflikteUkraine

Ukraine: Lawrow sieht "erhebliche Hindernisse" für Frieden

26. Mai 2023

Der russische Außenminister ist skeptisch hinsichtlich eines Endes der Kämpfe in der Ukraine. Kanzler Scholz fordert Putin nochmals zum Truppenrückzug auf. Nachrichten im Überblick.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow begrüßt des chinesischen Sonderdiplomaten für die Ukraine, Li Hui
Russlands Außenminister Sergej Lawrow (r.) begrüßt des chinesischen Sonderdiplomaten für die Ukraine, Li HuiBild: RUSSIAN FOREIGN MINISTRY/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Lawrow sieht derzeit keine große Chance für einen Frieden
  • Kanzler: "Putins Raubzug" darf nicht legitimiert werden
  • Scholz berät sich mit Spitzen der baltischen Staaten
  • Selenskyj setzt auf Austausch von Kriegsgefangenen
  • US-Generalstabschef dämpft Erwartungen an F-16-Jets

 

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat sich bei einem Treffen mit dem chinesischen Sondergesandten für die Ukraine, Li Hui, skeptisch hinsichtlich eines Endes der Kämpfe in der Ukraine geäußert. Lawrow habe bei einem Gespräch der beiden in Moskau "erhebliche Hindernisse" für die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen geltend gemacht, teilte das russische Außenministerium mit. Lawrow machte demnach die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten für die Schwierigkeiten verantwortlich. Moskau sei bestrebt, eine "diplomatische Lösung für den Konflikt" zu finden, bekräftigte er.

Russlands Chefdiplomat habe China für seine "ausgewogene" Haltung in der Ukraine-Krise und die Bereitschaft gedankt, eine "positive Rolle in ihrer Beilegung" zu spielen, hieß es weiter. Beide Seiten hätten ihrer Bereitschaft Ausdruck verliehen, die "russisch-chinesische außenpolitische Zusammenarbeit weiter zu stärken", um "Frieden und Stabilität in der Region und der ganzen Welt aufrechtzuerhalten".

Li war früher Chinas Botschafter in Moskau. Er ist von Peking damit beauftragt, nach einer politischen Lösung im Ukraine-Konflikt zu suchen. Im Rahmen einer Europareise war er in den vergangenen Tagen unter anderem nach Kiew und Berlin gereist. 

EU: China soll Moskau von Truppenabzug überzeugen

Die Europäische Union hat China aufgefordert, mit Nachdruck auf einen Rückzug Russlands aus der Ukraine hinzuwirken. Die Volksrepublik müsse sich als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates die Prinzipien der territorialen Integrität und Unabhängigkeit in Erinnerung rufen, heißt es in einer Stellungnahme der EU. Man erwarte deshalb von China, dass es an einem "sofortigen und bedingungslosen Abzug aller russischen Streitkräfte und der gesamten Militärausrüstung" vom gesamten Gebiet der Ukraine arbeite, erklärte das Büro des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell.

Zuvor hatte dessen Stellvertreter Enrique Mora den chinesischen Sondergesandten Li Hui zu Gesprächen über eine politische Lösung im Ukraine-Konflikt empfangen.

Scholz gegen "kalten Frieden" an der Front

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Russland davor gewarnt, auf ein Einfrieren des Krieges gegen die Ukraine entlang dem bisher eroberten Territorium zu setzen. "Russland muss verstehen, dass es nicht darum gehen kann, eine Art kalten Frieden zu schließen - indem etwa der nun bestehende Frontverlauf zur neuen 'Grenze' zwischen Russland und der Ukraine wird. Das würde Putins Raubzug nur legitimieren", sagte der Kanzler dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es gehe vielmehr um einen fairen Frieden, "und Voraussetzung dafür ist der Rückzug von russischen Truppen".

Bundekanzler Olaf ScholzBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Offen ließ der SPD-Politiker, ob dies auch für die seit 2014 von Russland besetzte Halbinsel Krim gelte. Auf eine entsprechende Frage wiederholte er lediglich die Worte: "Der Rückzug von Truppen", und ergänzte dann: "Es ist nicht unsere Sache, anstelle der Ukraine zu formulieren, welche Vereinbarungen sie treffen will." Scholz benutzte die unbestimmtere Formulierung "Rückzug von Truppen" und nicht etwa "Rückzug der Truppen", worunter verstanden werden könnte: aller Truppen.

Scholz wich auch einer Antwort darauf aus, ob der russische Präsident Wladimir Putin stürzen müsse. "Ich halte nichts von solchen spekulativen Fragestellungen. Es wird am Ende eine Vereinbarung zwischen den Regierungen in Moskau und Kiew geben müssen", sagte der Kanzler. Sein letztes Telefonat mit dem Kremlchef sei schon einige Zeit her. "Ich habe aber vor, zu gegebener Zeit auch wieder mit Putin zu sprechen."

Kreml: Putin zu Telefonat mit Scholz bereit

Russlands Präsident Wladimir Putin ist nach Kreml-Angaben zu einem neuen Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz über den Krieg in der Ukraine bereit. Bisher habe Scholz nicht angerufen oder Berlin eine solche Initiative für ein Gespräch angestoßen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Putin und Scholz telefonierten laut Kreml auf deutsche Initiative zuletzt am 2. Dezember etwa eine Stunde zur Lage in der Ukraine und zu den Folgen des Krieges. 

Kanzler dämpft Hoffnungen auf baldigen NATO-Beitritt der Ukraine

Bundeskanzler Olaf Scholz hat eineinhalb Monate vor dem NATO-Gipfel im litauischen Vilnius die Erwartungen auf einen baldigen Beitritt der Ukraine zu dem Verteidigungsbündnis gedämpft. Bei dem Gipfel werde es "vor allem darum gehen, die konkrete Unterstützung für die Ukraine in dieser Situation zu organisieren", sagte Scholz nach einem Treffen mit Vertretern der baltischen Staaten in Estlands Hauptstadt Tallinn. 

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte kürzlich erklärt, die Mitgliedsländer seien in der Frage des Beitritts der Ukraine gespalten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum NATO-Gipfel am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius eingeladen. 

Waren früher Teil der Sowjetunion: die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen

Der Bundeskanzler bekräftigte nach seinem Treffen mit Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas, Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte und Lettlands Regierungschef Krisjanis Karins das deutsche Engagement im Baltikum. Deutschland richte die Bundeswehr "konsequent auf die Verteidigung Zentral- und Nordosteuropas aus", sagte Scholz. Die Sicherheitslage im Baltikum an der Ostflanke der NATO bleibe "heikel", fügte er hinzu. "Wir sind bereit, jeden Quadratzentimeter NATO-Territoriums gegen Angriffe zu verteidigen", wiederholte Scholz ein Versprechen aus dem Vorjahr. 

Bundeswehr verlegt Patriots 

Die Bundeswehr sichert den NATO-Gipfel im Juli in Vilnius mit ab und verlegt dafür Patriot-Flugabwehrsysteme aus der Slowakei nach Litauen. Der Patriot-Einsatz in der Slowakei werde deshalb bald beendet, teilte Verteidigungsminister Boris Pistorius in Berlin mit.  "Wir werden die Slowakei weiter mit zahlreichen Projekten und starker Truppenpräsenz direkt vor Ort bei der Wahrung ihrer Sicherheitsinteressen unterstützen." Der NATO-Gipfel findet am 11. und 12. Juli in Litauens Hauptstadt statt. Die Slowakei grenzt an die Ukraine. Die Bundeswehr ist dort seit März 2022 mit dem Flugabwehrraketensystem Patriot präsent. 

Selenskyj möchte mehr Kriegsgefangene machen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Truppen aufgerufen, mehr russische Soldaten gefangen zu nehmen. "Jeder an der Front sollte daran denken: Je mehr russische Kriegsgefangene wir nehmen, desto mehr unserer Leute werden zurückkehren", sagte Selenskyj in einer Videoansprache. Darin begrüßte er auch einen Gefangenenaustausch am Donnerstag, bei dem 106 ukrainische Militärangehörige von der russischen Seite übergeben worden seien.

Sie hätten im Gebiet der inzwischen fast völlig zerstörten Stadt Bachmut gekämpft, berichtete Selenskyj. Darunter seien acht Offiziere. Viele der zurückgekehrten Militärs hätten zuvor als vermisst gegolten. Keine Angaben machte Selenskyj dazu, wie viele Russen durch den Austausch freikamen.

Die Führung in Moskau behauptet seit vergangenem Wochenende, Bachmut vollständig erobert zu haben. Die Regierung in Kiew bestreitet dies.

Die russische Gruppe Wagner hat nach eigener Darstellung inzwischen mit dem Abzug ihrer Söldner aus Bachmut begonnen. Bis zum 1. Juni solle die Stadt komplett den regulären russischen Streitkräften zur Kontrolle überlassen werden, sagte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin. Seine Truppen würden sich zur Erholung und Vorbereitung auf die nächsten Einsätze in ihre Lager zurückziehen. Nach einer Pause stünden sie für neue Gefechtsaufgaben bereit, so Prigoschin.

Weitere Angriffswelle

Die Ukraine und Russland haben neue Attacken der jeweils gegnerischen Seite sowie mehrere Explosionen gemeldet. Russland habe 17 Raketen und 31 sogenannte Kamikaze-Drohnen iranischer Herkunft auf die Ukraine abgefeuert, teilten die Luftstreitkräfte in Kiew mit. Ein großer Teil davon sei abgeschossen worden, hieß es. Die Angriffe, von denen erneut auch die Hauptstadt Kiew betroffen war, hätten bis fünf Uhr morgens gedauert.

In Dnipro schlugen nach ukrainischen Angaben Geschosse in ein Krankenhaus und weitere Gebäude der Stadt ein. Nach offiziellen Angaben wurden mindestens zwei Menschen getötet und 30 verletzt.

Das schwer getroffene Krankenhaus in Dnipro, der viertgrößten Stadt der Ukraine (Bild der ukrainischen Militärverwaltung)Bild: DNIPROPETROVSK REGIONAL MILITARY/REUTERS

Russland berichtete über Attacken von ukrainischer Seite in Grenznähe. Demnach gab es in der Großstadt Krasnodar eine Explosion nach einem mutmaßlichen Drohnenangriff. Behörden zufolge wurden ein Bürogebäude und ein Wohnhaus getroffen. Aus dem zuletzt von Kämpfen erschütterten Gebiet Belgorod wurde neuer Beschuss der Grenzstadt Graiworon gemeldet. Dort waren am Montag von ukrainischer Seite schwer bewaffnete Kämpfer mit Militärtechnik eingedrungen. Mehr als 70 von ihnen seien getötet worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht überprüfen.

US-Generalstabschef dämpft Erwartungen an F-16-Jets

Die der Ukraine in Aussicht gestellten F-16-Kampfjets sind nach den Worten von US-Generalstabschef Mark Milley keine "Wunderwaffen". Nach Video-Beratungen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe für die Ukraine stellte Milley klar: "Manchmal werden bestimmte Dinge mit dem Etikett versehen, dass dies oder jenes die Wunderwaffe sein wird. Es gibt keine Wunderwaffen." Die Kampfjets des amerikanischen Typs F-16 seien dies nicht - und andere Waffen auch nicht.

Ein F-16-Kampfjet: "Keine Wunderwaffe" (Archivbild)Bild: Ann Wang/Reuters

US-Präsident Joe Biden hatte kürzlich beim G7-Gipfel führender demokratischer Wirtschaftsmächte in Japan grünes Licht dafür gegeben, ukrainische Kampfpiloten an F-16-Jets auszubilden. Damit ebnete er den Weg für eine mögliche Lieferung solcher Jets an die Ukraine. Das wäre nicht nur eine Verstärkung zur Verteidigung seines Landes, sondern auch ein starkes Signal dafür, dass Russland mit seiner Aggression scheitern werde, betonte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj.

Moskauer Ministerium meldet Vorfall über der Ostsee

Russland hat nach eigenen Angaben durch die Entsendung zweier Kampfjets zwei US-Bomber an der "Verletzung" der russischen Staatsgrenze über der Ostsee gehindert. Das Verteidigungsministerium im Moskau teilte mit, es habe die Maschinen vom Typ Su-27 und Su-35 losgeschickt und "die Luftziele als zwei strategische B-1B-Bomber der US-Luftwaffe" identifiziert.

Nach dem Einsatz seien die russischen Kampfflugzeuge "sicher zu ihrem Luftwaffenstützpunkt zurückgekehrt". Nach Darstellung Moskaus handelt es sich bereits um den zweiten Vorfall dieser Art in einer Woche.

Lloyd's kassiert Zertifizierung für indische Öltanker-Firma

Mit Blick auf den Ukraine-Krieg hat der Schiffdienstleister Lloyd's Register angekündigt, ab dem 3. Juni die Zertifizierungen für 21 Schiffe des indischen Unternehmens Gatik Ship Management zurückzuziehen. In einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters verwies Lloyd's Register auf Sanktionen beim Handel mit russischem Öl.

Gatik Ship ist seit Kriegsbeginn zu einem wichtigen Transporteur für den Rohstoff aus Russland geworden. Konzerne wie Lloyd's bieten Dienste wie Seetauglichkeitsprüfungen und Zertifizierungen an, die für den Abschluss von Versicherungen und das Einlaufen in Häfen notwendig sind.

se/uh/sti/jj/wa/AR (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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