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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Massive russische Drohnenattacke gegen Kiew

28. Mai 2023

Russland nimmt den Festtag zur Gründung von Kiew vor 1541 Jahren zum Anlass für Angriffe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigt härtere Sanktionen gegen Moskau an. Nachrichten im Überblick.

Kiewer Feuerwehrleute versuchen, den Brand in einer von Drohnen angegriffenen Tabakfabrik zu löschen
Kiewer Feuerwehrleute versuchen, den Brand in einer von Drohnen angegriffenen Tabakfabrik zu löschenBild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Mehr als 50 Drohnen attackieren die Ukraine, zwei Tote in Kiew
  • Selenskyj: 220 russische Firmen und 51 Personen auf Terrorliste
  • London: Russische Bürger sollen Opfer für den Krieg bringen
  • Spekulationen über baldige ukrainische Gegenoffensive

 

Russland hat in der Nacht zum Sonntag einen der schwersten Drohnenangriffe seit Monaten gegen die Ukraine durchgeführt. "Insgesamt wurde der Start von einer Rekordzahl an Kamikaze-Drohnen registriert: 54!", teilte der Pressedienst der ukrainischen Luftwaffe auf Telegram mit. Obwohl nach Angaben der Behörden 52 der unbemannten Fluggeräte abgeschossen werden konnten, gab es einen Toten und eine Verletzte zu beklagen. 

Die Attacke galt demnach hauptsächlich der Hauptstadt Kiew. Nach Angaben der dortigen Militärverwaltung wurden über Kiew 40 Drohnen abgeschossen. Laut Bürgermeister Vitali Klitschko wurde im Bezirk Solomjanskyj ein 41-jähriger Mann durch herabstürzende Trümmerteile einer Drohne in der Nähe einer Tankstelle getötet. Ein 35 Jahre alte Frau sei ins Krankenhaus  eingeliefert worden. Später teilte die örtliche Militäradministration ergänzend mit, dass Drohnentrümmer auf ein siebenstöckiges Gebäude im Viertel Golosijiwskiji gestürzt wären. Dadurch sei ein Bewohner getötet worden. Außerdem sei ein Brand auf einem Gebiet mit Lagerhallen ausgebrochen und habe sich auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern ausgebreitet.

Einsatzkräfte sichten die Schäden in einer Hochhauswohnung in der ukrainischen HauptstadtBild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

Die Angriffe in der Morgendämmerung erfolgten am letzten Sonntag im Mai, wenn die Hauptstadt den Kiewer Tag feiert, den Jahrestag ihrer offiziellen Gründung vor 1541 Jahren. Dieser Tag wird üblicherweise mit Straßenfesten, Live-Konzerten und besonderen Museumsausstellungen begangen, die auch für dieses Jahr geplant sind - allerdings in kleinerem Rahmen.

Schäden wurden auch aus der Gebietshauptstadt Schytomyr, rund 120 Kilometer westlich von Kiew, gemeldet. Es habe keine Todesopfer gegeben, teilte Bürgermeister Serhij Suchomlyn mit.

Neben den Drohnenangriffen meldeten die ukrainischen Behörden zudem den Artilleriebeschuss der Region Sumy an der Grenze zu Russland und der Stadt Nikopol im Gebiet Dnipropetrowsk. Nikopol liegt am Nordufer des Dnipro gegenüber Enerhodar, wo sich das von Russen seit Kriegsbeginn besetzte Atomkraftwerk Saporischschja befindet. Nikopol ist daher seit Monaten immer wieder unter Beschuss.

Selenskyj kündigt härtere Sanktionen an

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat noch härtere Sanktionen gegen Russland angekündigt, um den Krieg des Landes gegen die Ukraine zu beenden. "Heute ist ein weiterer Sanktionstag", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Er habe 220 Firmen und 51 Personen auf die Liste derer gesetzt, die "für den Terror arbeiten". Die meisten seien Rüstungsbetriebe, die in Verbindung mit russischen Unternehmen stünden. "Unternehmen, die dem Krieg dienen." Nicht alle von ihnen seien auf russischem Boden tätig. "Aber alle werden den globalen Druck abbekommen", so der Staatschef.

Selenskyj betonte in diesem Zusammenhang, dass die ukrainischen Behörden Daten von allen sammelten, die Russlands Krieg unterstützten. "Russland wird nichts gewinnen und alles verlieren. So wird es allen ergehen, die ihm in diesem Terror helfen", sagte Selenskyj.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr SelenskyjBild: Carl Court/POOL/AFP/Getty Images

Selenskyj dankte Deutschland für die weitere Lieferung verschiedener Verteidigungsausrüstung und Waffen. Gestärkt würden dadurch die Flugabwehr und insgesamt die Verteidigungskraft gegen den russischen Terror. Er dankte auch Finnland für ein neues Verteidigungspaket. 

London: Russische Bürger sollen Opfer für den Krieg bringen

Bürgerinnen und Bürger in Russland werden nach Angaben britischer Geheimdienste vermehrt dazu aufgerufen, aktiv Opfer für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu erbringen. "Staatlich unterstützte russische Medien und Unternehmensgruppen haben das Wirtschaftsministerium ersucht, angesichts der wirtschaftlichen Anforderungen des Krieges eine Sechs-Tage-Woche für die Arbeiter zu genehmigen, anscheinend ohne zusätzliche Bezahlung", schreibt das Verteidigungsministerium in London in seinem täglichen Geheimdienst-Update. Am 21. Mai habe die führende russische Propagandistin Margarita Simonjan empfohlen, dass Bürger nach ihren regulären Jobs jeden Tag zwei Stunden extra in Munitionsfabriken arbeiten sollten, berichten die Geheimdienstexperten.

Die Chefredakteurin des russischen Sender RT, Margarita SimonjanBild: Valeriy Sharifulin/SNA/IMAGO

Der sich entwickelnde Ton in der Öffentlichkeit spiegele deutlich ein Gefühl des gesellschaftlichen Zwangs wie in der Sowjetunion wider. "Er unterstreicht auch, dass die Führung sehr wahrscheinlich die wirtschaftliche Leistung als einen entscheidenden Faktor für den Sieg im Krieg ansieht", hieß es. Das Verteidigungsministerium in London veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

Putin will mehr Grenzschutz

Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine verstärkte Grenzsicherung angeordnet, um eine "schnelle" Bewegung in die ukrainischen Regionen zu gewährleisten, die unter Moskauer Kontrolle stehen. "Es ist notwendig, den schnellen Transport von militärischen und zivilen Fahrzeugen und Gütern, einschließlich Lebensmitteln, humanitärer Hilfe und Baumaterialien, die an die neuen Gebiete der (russischen) Föderation geschickt werden, zu gewährleisten", erklärte Putin im Telegram-Kanal des Kremls.

Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk sind die vier Regionen in der Ukraine, die Putin im vergangenen September für annektiert erklärte. Die russischen Streitkräfte kontrollieren diese vier Gebiete aber nur teilweise.

Russischer Gouverneur spricht von Artilleriefeuer

Der Gouverneur der russischen Region Belgorod ist nach eigenen Angaben nahe der ukrainischen Grenze in Artilleriefeuer geraten. Er sei in der Ortschaft Schebekino gewesen, die sieben Kilometer nördlich der Grenze liege, erklärte Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram. "Ich konnte nicht mal aus dem Auto aussteigen. In einer Nachbarstraße sind Granaten explodiert."

Wjatscheslaw Gladkow, Gouverneur der Region BelgorodBild: Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin via REUTERS

Wann kommt der Gegenangriff?

Hochrangige Vertreter der Ukraine deuten einen baldigen Beginn des weithin erwarteten Gegenangriffs zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete an. Die Offensive könne "morgen, übermorgen oder in einer Woche beginnen", sagte der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, dem britischen Sender BBC.

Der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, veröffentlichte ein Video, das ukrainische Soldaten beim Ablegen eines Eids und bei Kampfvorbereitungen zeigt, und schrieb dazu: "Die Zeit ist gekommen, zurückzuholen, was uns gehört." Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte dem "Guardian", vorbereitende Operationen wie die Zerstörung russischer Depots und Nachschubwege hätten bereits begonnen.

kle/qu/sti/wa/haz/rb (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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