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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell - Medien: Deutschland liefert Leopard-Panzer

24. Januar 2023

Mehrere Medien berichten, in Berlin sei die Entscheidung gefallen. Das "Wall Street Journal" schreibt, Präsident Biden neige dazu, nun doch Abrams in die Ukraine zu schicken. Ein Überblick.

Litauen, Camp Adrian Rohn | Bundeskanzler Scholz in Litauen
Leopard-2-Kampfpanzer der Bundeswehr (Archivbild)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Medien: Deutschland will Leopard-Panzer an Ukraine liefern
  • "Wall Street Journal": USA doch zu Abrams-Lieferung bereit
  • Selenskyj entlässt weitere Führungskräfte
  • Luxemburgs Außenminister nimmt deutschen Kanzler in Schutz
  • Rheinmetall könnte 139 Leopard-Panzer liefern - bis Anfang 2024

 

Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, hat die Bundesregierung beschlossen, Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Die Deutsche Presse-Agentur und der Sender ntv berufen sich dabei auf Koalitionskreise. Eine offizielle Bestätigung gibt es bislang nicht.

Der "Spiegel" schreibt ohne Angabe von Quellen, es gehe um die Ausstattung mindestens einer Kompanie mit dem Leopard 2A6. Die Bundesregierung werde zudem die Genehmigung zur Ausfuhr solcher Panzer erteilen, die sich im Besitz anderer Staaten wie Polen befänden. Weitere Verbündete - unter anderem aus Skandinavien - wollten Kiew ebenfalls Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 zur Verfügung stellen.

Ein Regierungssprecher hatte zuvor den Eingang eines entsprechenden Antrags aus Polen bestätigt. In den Exportverträgen ist festgelegt, dass Deutschland einer solchen Ausfuhr in Drittstaaten erst zustimmen muss.

USA prüfen Lieferung von Abrams-Kampfpanzern

Aus US-Regierungskreisen hieß es derweil, die USA könnten nun doch Abrams-Kampfpanzer in die Ukraine schicken. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte mehrfach betont, dass er unbedingt ein eng abgestimmtes transatlantisches Vorgehen bei der Lieferung einer neuen Waffengattung wie Kampfpanzer möchte.

Amerikanischer Abrams-Kampfpanzer während einer Übung (Archivbild)Bild: picture-alliance/Newscom/J. Farmer

Das "Wall Street Journal" berichtet unter Berufung auf US-Regierungsvertreter, die Regierung von Präsident Joe Biden neige inzwischen dazu, der Ukraine eine "bedeutende Zahl" von Abrams zu schicken.

Bislang hatte es die US-Regierung abgelehnt, Abrams-Panzer an die Ukraine zu liefern. Das Verteidigungsministerium in Washington argumentiert, der Kampfpanzer sei zu teuer, erfordere eine aufwändige Ausbildung, sei schwierig in der Wartung und verbrauche mit seinem Turbinenantrieb sehr viel Treibstoff.

Verteidigungsminister Pistorius: Entscheidung über Panzer-Lieferung wird "in Kürze" fallen

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte zuvor einen raschen Beschluss der Bundesregierung im Hinblick auf die Lieferung in Aussicht gestellt. "Ich rechne damit, dass in Kürze eine Entscheidung fällt", sagte Pistorius nach einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin. 

Stoltenberg nahm Deutschland im Panzer-Streit in Schutz. Unter den Verbündeten der Ukraine liefere Berlin die "umfangreichste militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung" für Kiew, sagte er. "Waffen aus Deutschland retten in der Ukraine Tag für Tag Leben." Zur Frage nach der Lieferung von Leopard-Panzern sei er "zuversichtlich, dass wir bald eine Lösung haben werden". 

Pistorius betonte, eine von ihm veranlasste Abfrage der Leopard-Bestände stehe "kurz vor dem Abschluss". Die Bundesregierung wolle damit "Bestände und Potenziale" der Rüstungsindustrie sowie die Kompatibilität der Leopard-Panzer prüfen.

Bundeskanzler Olaf Scholz vor einem Kampfpanzer des Typs Leopard 2 (Archivbild)Bild: Moritz Frankenberg/dpa/picture alliance

 "Der Feind ist nicht Scholz, sondern Putin"

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat den deutschen Bundeskanzler in der Panzer-Debatte in Schutz genommen. "Der Feind ist nicht Bundeskanzler Scholz, der Feind heißt Putin. Und darauf sollten wir uns konzentrieren", sagte Asselborn im ZDF-Nachrichtenmagazin "heute-journal".   

Zwar habe Olaf Scholz zu der von Kiew geforderten Lieferung von Leopard-Panzern noch nicht Nein gesagt, aber eben auch noch nicht Ja. Im Übrigen sei Deutschland in dieser Frage in der EU auch nicht so isoliert, wie es in deutschen Medien teilweise dargestellt werde, sagte Asselborn. Es gebe auch andere "große Länder und Grenzländer", die zögerten, diesen Schritt zu machen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn (Archivbild)Bild: JOHN MACDOUGALL/AFP

Asselborn sprach von etwa 300 benötigten Panzern möglichst eines Typs. Und wenn man sich umschaue, sei eben nur ein Modell so massiv in Europa präsent. Es gebe 2000 Leopard-Panzer in Europa.

Rheinmetall könnte 139 Leopard-Panzer liefern - nach und nach

Der Rüstungskonzern Rheinmetall könnte der Ukraine nach Angaben eines Sprechers insgesamt 139 Leopard-Panzer der Typen 1 und 2 liefern. 29 Leopard 2A4 könnten bereits im April oder Mai dieses Jahres bereitstehen, sagte ein Unternehmenssprecher dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Vom Leopard 1 könne Rheinmetall 88 Fahrzeuge "verfügbar machen".

Zudem verfüge der Konzern noch über 22 weitere Leopard 2A4, deren Instandsetzung ein knappes Jahr dauern würde, so dass sie Ende 2023 oder Anfang 2024 ausgeliefert werden könnten, fügte der Sprecher hinzu.

Selenskyj entlässt weitere Führungskräfte

Die ukrainische Regierung hat dem Rücktritt mehrerer Gouverneure zugestimmt und vier Vizeminister entlassen, wie ein Regierungsvertreter im Nachrichtendienst Telegram mitteilte. Nach Angaben von Taras Melnytschuk, Vertreter der Regierung im Parlament, handelt es sich um die Gouverneure der zentralen Region Dnipropetrowsk, der südlichen Regionen Saporischschja und Cherson, der nordukrainischen Region Sumy und der Hauptstadt Kiew sowie um die Vizeminister für Verteidigung, Sozialpolitik und zwei stellvertretende Minister für regionale Entwicklung. Anlass ist der Verdacht, dass Teile der milliardenschweren Unterstützungsgelder aus dem Ausland zweckentfremdet wurden.

Der Entlassungswelle ging eine Reihe von Korruptionsskandalen um Schmiergelder, die Veruntreuung von Hilfsgeldern sowie das Zuschanzen von Bauaufträgen und Luxusreisen voraus. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versucht offenbar mit einem Rundumschlag den Imageschaden zu minimieren.

Bemüht, den Imageschaden zu begrenzen: Präsident Wolodymyr Selenskyj (Archivbild)Bild: president.gov.ua

Auflagen für den EU-Beitrittskandidaten

Nach dem russischen Einmarsch wird der ukrainische Staatshaushalt gut zur Hälfte aus dem Ausland finanziert. Die Ukraine hat den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Verbunden sind damit auch Auflagen bei der Korruptionsbekämpfung. Bereits vor dem Krieg galt die Ukraine als eines der korruptesten Länder Europas.

Die EU-Kommission forderte das Land zu weiteren Anstrengungen auf. Es müsse Garantien für Geldgeber geben, dass Mittel sinnvoll eingesetzt würden, so eine Sprecherin der Kommission in Brüssel. Die EU hatte der Ukraine erst jüngst ein weiteres Darlehen über drei Milliarden Euro ausgezahlt. Bis Ende des Jahres sollen weitere 15 Milliarden Euro fließen

"Angriffe rund um die Uhr"

In der Ukraine dauert der Kampf um den Donbass und den Süden des Landes an. "Beschuss und Angriffe des Feindes gibt es rund um die Uhr", sagte Präsident Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache. "Wir sehen, wie Russland seine Truppen konzentriert, aber wir wissen, wie wir darauf reagieren müssen."

Rückblickend auf die vergangenen elf Monate spricht Selenskyj von einem "räuberischen umfassenden Kriegs Russlands". Es habe in den ukrainischen Gebieten, die vorübergehend von russischen Truppen besetzt waren, überall Plünderungen gegeben, sagte Selenskyj. "Alles, was sie nicht zerstören, stehlen sie und bringen es nach Russland. Alles." Auch zwei Millionen Ukrainer seien bereits nach Russland deportiert worden.

Schulunterricht ist kaum noch möglich

Im Ukraine-Krieg wird jeden zweiten Tag seit Schuljahresbeginn eine Schule zerstört. Darauf weist die Hilfsorganisation Save the Children am Internationalen Tag der Bildung hin. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine seien 3025 Bildungseinrichtungen bombardiert und beschossen worden, heißt es unter Berufung auf ukrainische Zahlen.

Zerstörte Schule in Kramatorsk (Archivbild)Bild: Andriy Andriyenko/AP Photo/picture alliance

"Der Krieg hat es den Kindern in der Ukraine unglaublich schwer gemacht, Zugang zu Bildung zu erhalten", sagte Sonia Khush, Länderdirektorin von Save the Children in der Ukraine. "Millionen Kinder mussten aufgrund der ständigen Bedrohung durch Granaten und Raketeneinschläge zu Hause lernen. Und nun wird selbst das Online-Lernen durch häufige Strom- und Internetausfälle weiter beeinträchtigt."

Sanktionen gegen weitere Mitglieder der russisch-orthodoxen Kirche

Die Ukraine ergreift Strafmaßnahmen gegen 22 Russen, die der russisch-orthodoxen Kirche angehören. "Gegen 22 russische Bürger, die unter dem Deckmantel der Spiritualität Terror und eine völkermörderische Politik unterstützen, wurden Sanktionen verhängt", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache. Laut einem Erlass des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine steht auf der Liste auch Michail Gundajew, der die russisch-orthodoxe Kirche im Weltkirchenrat und anderen internationalen Organisationen in Genf vertritt. Er ist russischen Staatsmedien zufolge ein Neffe des Oberhaupts der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill. Die Ukraine hatte Kyrill im vergangenen Jahr mit Sanktionen belegt.

Moskau schickt drei weitere Infanterie-Divisionen in die Ukraine

Russland wird nach Angaben des neuen Generalstabschefs Waleri Gerassimow drei weitere motorisierte Infanterie-Divisionen in den ukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja einsetzen. Russland hatte die Regionen im September widerrechtlich annektiert. "Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, den Schutz der Souveränität und der territorialen Integrität unseres Landes zu gewährleisten", sagte Gerassimow der Online-Nachrichtenseite "Argumenti i Fakti".

uh/jj/los/kle/rb/cw (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.