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PolitikEuropa

Aktuell: NATO lobt Deutschlands Waffenlieferungen

27. November 2022

Die NATO sieht in Deutschland einen starken Unterstützer der Ukraine. Die Europäische Volkspartei (EVP) fordert von EU-Staaten mehr Solidarität bei der Versorgung ukrainischer Flüchtlinge. Ein Überblick.

Jens Stoltenberg im NATO-Hauptquartier in Brüssel
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Bild: Johanna Geron/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • NATO begrüßt deutsches Engagement in der Ukraine 
  • Massive Angriffe auf Cherson
  • EVP-Fraktion mahnt europäische Solidarität an
  • Deutschland muss den Menschen in der Ukraine mehr helfen
  • Selenskyj kündigt neue Getreideexportinitiative an

 

Zwei Tage vor dem Treffen der NATO-Außenminister in Bukarest hat der Generalsekretär des Bündnisses, Jens Stoltenberg, die militärische Unterstützung der Bundesregierung für die Ukraine gelobt. Deutschlands "starke Unterstützung" mache einen "entscheidenden Unterschied", sagte Stoltenberg der "Welt am Sonntag". Die deutschen Luftverteidigungssysteme würden helfen, "Häuser, Schulen und Krankenhäuser vor russischen Raketen zu schützen". Es gelte, die Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Damit würde den Ukrainern geholfen, ihr Recht auf Selbstverteidigung zu wahren.

Der NATO-Chef sagte weiter, je mehr militärische Erfolge die Ukraine verzeichne, desto stärker wäre ihre Position bei künftigen Verhandlungen. "Der beste Weg, den Frieden zu unterstützen, ist, die Ukraine zu unterstützen."

Stoltenberg ging auch auf aktuelle Entwicklungen im Ukraine-Krieg ein. Mit Einzug des Winters habe Moskau angefangen, die Energieversorgung der Ukraine zu bombardieren, um das Land in die Knie zu zwingen. Putin versuche, den Winter als Waffe zu nutzen. "Aber er wird damit keinen Erfolg haben", sagte Stoltenberg. 

"Generatoren und beheizte Zelte"

SPD-Chef Lars Klingbeil macht sich angesichts der verschärften Angriffe Russlands auf die ukrainische Strom- und Wärmeversorgung für mehr Hilfen aus Deutschland stark. Russlands Präsident Wladimir Putin "führt den Krieg mehr denn je gegen die Zivilbevölkerung".

Er zerstöre Infrastruktur und wolle, dass die Menschen im Dunkeln sitzen und erfrieren, sagte Klingbeil der "Bild am Sonntag". "Neben der militärischen Unterstützung müssen wir deswegen noch schneller und umfassender Generatoren und beheizte Zelte ins Land liefern. Einen Blackout der Ukraine müssen wir verhindern."

Flüchtlinge aus der Ukraine warten vor der Erstanlaufstelle in Berlin auf ihre RegistrierungBild: Jens Schicke/IMAGO

Massive Angriffe auf Cherson

Die russische Armee hat das von ukrainischen Truppen zurückeroberte Gebiet Cherson nach Angaben der regionalen Militärverwaltung seit Samstag mehr als 50 Mal beschossen. Militärgouverneur Jaroslaw Januschewitsch sprach im Nachrichtenkanal Telegram von Terror und gezielten Angriffen auf Zivilisten. Es gebe einen Toten und zwei Verletzte. Granaten hätten auch Wohnhäuser getroffen. Mehrere  Ortschaften entlang dem nordwestlichen Ufer des Flusses Dnipro seien unter Beschuss. Die
Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.

Helfer verteilen an Anwohner in der Stadt Cherson Brot Bild: Narciso Contreras/AA/picture alliance

Die Lage in der Stadt Cherson ist auch wegen der Zerstörung von Stromleitungen und Infrastruktur kritisch. Laut Militärverwaltung haben fünf Prozent der Bewohner wieder Licht in ihren Wohnungen. Auch ein Krankenhaus habe wieder Strom. Wegen der schwierigen Lage hatte die ukrainische Regierung vor wenigen Tagen erste Zivilisten aus der zurückeroberten Stadt in andere Regionen bringen lassen. 

Russland mit schweren Verlusten in Donezk-Region

Die russischen Streitkräfte haben nach Einschätzung britischer Geheimdienste in der schwer umkämpften Region Donezk viele Gefallene zu beklagen. Rund um die Städte Pawliwka und Wuhledar im Süden der Region habe es in den vergangenen zwei Wochen intensive Kämpfe mit schweren Verlusten für die russische Marineinfanterie gegeben, heißt es in einem Bericht des britischen
Verteidigungsministeriums. London wertet die Kämpfe auch als Zeichen dafür, dass Russland die Region als möglichen Startpunkt einer Offensive Richtung Norden sieht.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum
Kriegsverlauf. 

EVP ruft zu mehr Solidarität auf

Angesichts des bevorstehenden Winters hat der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, die EU-Staaten zu mehr Solidarität bei der Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge aufgefordert. "Wenn jetzt über den Winter hinweg weitere Ukrainer durch die russischen Bombardements und Angriffe gezwungen werden zu fliehen, dann muss das westliche Europa mehr Verantwortung übernehmen", sagte der CSU-Politiker der Wochenzeitung "Bild am Sonntag". Diese "beispiellose Herausforderung" müsse "von allen EU-Staaten solidarisch getragen" werden.

Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred WeberBild: Odd Andersen/AFP/Getty Images

Geflüchtete aus der Ukraine sind derzeit offenbar sehr ungleichmäßig in Europa verteilt. Vor einer Woche habe das Bundesinnenministerium 1.027.789 Ukrainer in Deutschland gezählt, heißt es in dem Blatt. Das seien fast neunmal so viele wie in Frankreich.

"Europas Solidarität ist intakt"

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte der Zeitung, die Solidarität unter den EU-Ländern sei intakt. "Mitgliedsstaaten, die noch Kapazitäten haben, steigern ganz klar ihre Bemühungen, um Mitgliedsstaaten zu helfen, die an der Kapazitätsgrenze sind."

Ukrainer hätten überall in der EU den gleichen Zugang zu den Sozialsystemen, sagte Johansson. "In Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten intensivieren wir gerade unsere Anstrengungen, um für den Winter und mögliche Neuankömmlinge vorbereitet zu sein."

Akw-Betreiber - Anzeichen für möglichen Rückzug Russlands aus Saporischschja

Der ukrainische Energieversorger Energoatom sieht nach eigenen Angaben Anzeichen eines möglichen Rückzugs russischer Truppen aus dem Atomkraftwerk Saporischschja. "Seit einigen Wochen erhalten wir tatsächlich Informationen, dass es Anzeichen gibt, dass sie sich möglicherweise auf einen Rückzug vorbereiten", sagt Energoatom-Chef Petro Kotin im ukrainischen Fernsehen. Er verweist auf russische Medienberichte, in denen eine mögliche Übergabe der Kontrolle über das Kraftwerk an die internationale Atomenergiebehörde IAEA als lohnenswert bezeichnet werde. Russland hat das ukrainische Kraftwerk im März unter seine Kontrolle gebracht. Betrieben wird es weiterhin von ukrainischem Personal.

Neue Getreideexportinitiative der Ukraine

Die Ukraine will mit Hilfe der westlichen Industriestaaten Getreide für 150 Millionen Dollar an die ärmsten Länder der Erde liefern. "Ernährungssicherheit ist eines der Schlüsselelemente globaler Stabilität", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Das Programm "Getreide aus der Ukraine" präsentierte er als wichtigen Schritt zur Bekämpfung der weltweiten Lebensmittelkrise.

Nach dem Ende der russischen Seeblockade habe die Ukraine über ihre Schwarzmeerhäfen bereits 12 Millionen Tonnen Lebensmittel in 40 Länder verschifft. "Davon sind mehr als 2,5 Millionen Tonnen für Länder bestimmt, die nicht nur von Nahrungsmittelknappheit, sondern auch von einer schweren Krise betroffen sind", berichtete Selenskyj. Mit der neuen Getreideexportinitiative sollten diese Lieferungen ausgebaut werden.

Heftige Schneefälle erwartet

In Kiew soll es an diesem ersten Advent stark schneien. Die Temperaturen sinken unter den Gefrierpunkt und Millionen Menschen in und um die ukrainische Hauptstadt sind weiterhin ohne Elektrizität. "Wir möchten Sie daran erinnern, dass jeder Ukrainer, dessen Haus wieder mit Strom versorgt ist, dazu beitragen kann, dass andere auch Strom bekommen, indem sie sparsam mit ihm umgehen", erklärte der staatliche Netzbetreiber Ukrenergo in der Nachrichten-App Telegram.

Kiew im November Bild: Oleksii Chumachenko/dpa/SOPA Images via ZUMA Press Wire/picture alliance

Reparaturtrupps haben laut Ukrenergo ihre Arbeit zur Wiederherstellung der Strom- und Wasserversorgung fortgesetzt. Etwa 80 Prozent der Nachfrage nach Strom würden wieder gedeckt. Am Samstag waren es noch 75 Prozent.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, wegen des russischen Bombardements seien am Freitag sechs Millionen Menschen ohne Strom gewesen.

qu/sti/se/rb/ack (AFP, AP, dpa, KNA, Reuters, WamS)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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