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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Neue milliardenschwere Militärhilfe

4. April 2023

Das Pentagon kündigt weitere militärische Hilfe in Höhe von 2,6 Milliarden Dollar an. Deutsche Außenministerin fordert von Russland Verzicht auf Minen. Finnland will zunächst keine NATO-Truppen im Land. Ein Überblick.

Ukraine Krieg I ukrainischer Soldat feuert eine Panzerabwehrrakete
Ukrainischer Soldat in der Region Donezk: Panzerabwehrraketen gehören auch zu dem neuen Rüstungspaket aus Washington (Archivbild)Bild: Roman Chop/AP/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Weitere Militärhilfe aus den USA
  • Ukrainischer Präsident Selenskyj siegessicher
  • Bundesaußenministerin fordert von Russland Verzicht auf Minen
  • Russland droht der EU mit "harten Maßnahmen"
  • Finnland ist jetzt offiziell NATO-Mitglied

 

Die USA haben der Ukraine neue Militärhilfen im Umfang von 2,6 Milliarden Dollar zugesagt. Das Rüstungspaket umfasst unter anderem Raketen für das Luftabwehrsystem Patriot, Munition für den Mehrfachraketenwerfer Himars und Artilleriemunition, wie das US-Verteidigungsministerium in Washington mitteilte. Geliefert werden sollen auch 400 Granatwerfer, Panzerabwehrraketen und Radargeräte zur Luftraumüberwachung.

Waffen und Munition im Wert von 500 Millionen Dollar komme aus Beständen des US-Militärs, wie das Pentagon weiter mitteilte. Bei den anderen 2,1 Milliarden Dollar handelt es sich um neue Bestellungen bei der Rüstungsindustrie. Das Pentagon betonte, die USA würden "weiterhin mit ihren Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten", um der Ukraine Waffen für den "sofortigen Bedarf auf dem Schlachtfeld" sowie für den längerfristigen Bedarf zu liefern. Nach Angaben des US-Außenministeriums haben die USA der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 Militärhilfen von 35,1 Milliarden Dollar zugesagt.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, will den Wiederaufbau seines LandesBild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach einer Reise in den Norden der Ukraine den Wiederaufbau des durch den russischen Angriff zerstörten Landes versprochen. "Die Ukraine wird niemals ein Land der Ruinen sein, egal wie sehr der Kreml davon träumt", sagte der 45-Jährige am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache.

Die stark zerstörte Stadt Tschernihiw soll wiederaufgebaut werdenBild: Denis Vejas/JOKER/picture alliance

Bei seiner Visite in der Region Tschernihiw war der ukrainische Präsident auch von Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck begleitet worden. Die Altstadt von Tschernihiw soll nach Angaben Selenskyjs den Status als UNESCO-Weltkulturerbe erhalten.

Selenskyj kündigte erneut an, die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zu bestrafen. "Der Kreml wird sich weder mit seinem Sitz im UN-Sicherheitsrat, noch mit seinen Gasleitungen oder sonst etwas decken können", sagte er.

Belarussisches Militär wird an taktischen Atomwaffen geschult 

Für Soldaten aus der Ex-Sowjetrepublik Belarus hat die Ausbildung an taktischen Atomwaffen begonnen. "Die Mannschaften des operativ-taktischen Raketenkomplexes Iskander-M der belarussischen Raketenstreitkräfte sind nach Russland zur praktischen Vorbereitung gefahren", teilte das Verteidigungsministerium in Minsk mit. Kremlchef Wladimir Putin hatte Ende März die Stationierung taktischer Atomwaffen in dem Nachbarland angekündigt. Der von Moskau abhängige Machthaber in Minsk, Alexander Lukaschenko, drohte dem Westen später mit dem Einsatz der Raketen, falls Belarus angegriffen werden sollte. Russland bestätigte jetzt die Übergabe eines atomwaffenfähigen Raketenkomplexes vom Typ Iskander-M an die Nachbarrepublik Belarus.  

Odessa unter russischem Beschuss

Russische Drohnen haben nach ukrainischen Angaben in der Nacht auf Dienstag die strategisch wichtige ukrainische Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer angegriffen. "Der Feind hat soeben Odessa und den Bezirk Odessa mit Angriffsdrohnen angegriffen", teilten die örtlichen Behörden im Onlinenetzwerk Facebook mit. Sie meldeten Zerstörungen an Infrastruktur, darunter in einem Unternehmen.

Nach ukrainischen Militärangaben wurden landesweit fast 70 Angriffe abgewehrt, darunter auch Raketenschläge und Artillerieattacken. Einer der Schwerpunkte sei weiter die Region Bachmut in der ostukrainischen Region Donezk, hieß es in Kiew.

Baerbock fordert Minenverzicht

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Russland dazu aufgerufen, die Verminung landwirtschaftlicher Flächen in der Ukraine einzustellen. Die Minen zögen nicht nur viele zivile Opfer nach sich, sondern hinderten zahlreiche Bäuerinnen und Bauern daran, ihre Felder zu bestellen und die Ernte einzufahren, sagte Baerbock laut Mitteilung des Auswärtigen Amtes in Berlin. "So verknappt Russland das Lebensmittelangebot auf dem Weltmarkt und verschärft damit den Hunger in der Welt."

Viele landwirtschaftliche Flächen wurden von Russland vermint - und müssen mühsam entschärft werdenBild: Fanny Fascar/DW

Baerbock äußerte sich anlässlich des Internationalen Tags der Minenaufklärung an diesem Dienstag. "Antipersonenminen sind grausame Waffen. Sie sind der Grund, warum Mütter und Väter in Ländern wie Bosnien und Herzegowina, Kambodscha und Irak noch Jahrzehnte nach einem Konflikt jedes Mal um ihre Kinder bangen müssen, wenn diese nach draußen spielen gehen", sagte sie.

Nach Angaben der internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL) aus dem vergangenen Herbst hat Russland in der Ukraine mindestens sieben verschiedene Arten der international geächteten Landminen eingesetzt. Landminen sind oft nur so groß wie ein Handteller und können vom Boden oder aus der Luft mit Raketen über größere Gebiete verteilt werden. Sie liegen im Boden und explodieren, wenn jemand sich nähert oder darauf tritt. Die meisten Opfer sind Zivilisten.

1999 trat die sogenannte Ottawa-Konvention in Kraft, die sich dem Kampf gegen Landminen widmet. Der internationale Vertrag verbietet den Einsatz, die Produktion, Lagerung und Weitergabe von Landminen. Wichtige Staaten wie die USA, Russland, China und Indien haben sich dem Vertrag jedoch nicht angeschlossen.

Russland wehrt sich gegen Kritik

Russland hat sich gegen die massive Kritik an seinem Vorsitz im UN-Sicherheitsrat im April verteidigt und versichert, dass es die Position nicht missbrauchen werde. "Es gibt auf der einen Seite die nationale Position und auf der anderen Seite die Rolle des Ratsvorsitzes", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja auf der Pressekonferenz, die den Beginn jeder turnusmäßigen Ratspräsidentschaft markiert. Russland werde die Vorrechte der Präsidentschaft nicht missbrauchen, betonte er.

Der Vorsitz im UN-Sicherheitsrat rotiert monatlich, die 15 Mitgliedstaaten wechseln sich in alphabetischer Reihenfolge ab. In diesem Monat ist turnusgemäß Russland an der Reihe.

Lawrow droht der EU

Die Europäische Union ist nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow Russland gegenüber feindselig geworden. "Die Europäische Union hat Russland 'verloren'. Aber das ist ihre eigene Schuld", sagt Lawrow in einem Interview mit der staatlichen Zeitung Argumenty i Fatky (AIF). "Es sind die EU-Mitgliedsländer und die Staats- und Regierungschefs der EU, die offen erklären, dass es notwendig ist, Russland eine - wie sie es nennen - strategische Niederlage zuzufügen."

Der russische Außenminister Sergej Lawrow droht der EU mit "hartem Vorgehen"Bild: Alexander Shcherbak/ITAR-TASS/IMAGO

Russland habe entschieden, wie es Europa angehen wolle, da es das "kriminelle Regime" in Kiew mit Waffen und Ausbildern beliefere. "Als Antwort auf feindselige Schritte werden wir, wenn nötig, auf der Grundlage der nationalen Interessen Russlands und der in der diplomatischen Praxis akzeptierten Prinzipien der Gegenseitigkeit hart durchgreifen."

Zunächst keine NATO-Truppen in Finnland

Das an diesem Dienstag neu in die NATO kommende Finnland hat nach Angaben der Militärallianz nicht darum gebeten, NATO-Truppen auf seinem Territorium zu stationieren. "Bisher gibt es keine solche Anfrage", sagte der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, der Nachrichtenagentur AFP. Aber natürlich könne es in der Zukunft eine solche Anfrage geben, "und dann müssen wir uns damit befassen", fügte Bauer hinzu. Ob die NATO Truppen in Finnland stationieren wird, sei "eine Frage, die mit Finnland beginnt", sagte er.

NATO-Admiral Rob Bauer (Archiv)Bild: Janis Laizans/REUTERS

Der Kreml hatte als Reaktion auf den NATO-Beitritt Finnlands angekündigt, seine Truppen im Nordwesten Russlands in den kommenden Jahren zu verstärken. "Wir werden unsere militärischen Kapazitäten im Westen und Nordwesten verstärken", sagte Vize-Außenminister Alexander Gruschko laut der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti.

Finnland ist jetzt offiziell NATO-Mitglied

Der finnische Außenminister Pekka Haavisto überreichte in Brüssel die Beitrittsurkunde seines Landes zur NATO und schloss damit den Aufnahmeprozess für sein Land formal ab. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und US-Außenminister Antony Blinken sprachen von einem "historischen Tag" für die NATO und für Finnland. 

Finnlands Präsident Sauli Niinistö bezeichnete den NATO-Beitritt seines Landes als Beginn einer neuen Ära. Die Zeit der militärischen Bündnisfreiheit seines Landes sei nun zu Ende. Finnland sei der Sicherheit aller NATO-Mitgliedstaaten verpflichtet und werde ein zuverlässiger Verbündeter sein, der die regionale Stabilität stärkte, sagte das Staatsoberhaupt. Die finnische Mitgliedschaft richte sich gegen niemanden, betonte Niinistö. Finnland hat eine 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland.

Zum Auftakt eines Treffens der NATO-Außenministerinnen und -Außenminister in Brüssel, bei dem Finnland offiziell zum 31. Mitglied des Bündnisses erklärt wurde, sagte Generalsekretär Stoltenberg, die transatlantische Allianz werde alles dafür tun, damit nach
Finnland auch Schweden schnell zum vollen Mitglied wird. "Ich bin zuversichtlich, dass das passieren wird." Die Türkei und Ungarn haben den Beitritt Schwedens zur NATO bislang nicht ratifiziert.

Die NATO hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist zum nächsten Gipfel der Allianz im Juli in Litauen eingeladen. Unklar blieb zunächst, ob der Präsident des von Russland angegriffenen Landes tatsächlich kommen wird. Aus Sicherheitsgründen werden seine Reisen vorab nicht öffentlich angekündigt.

Milliarden-Unterstützung für die Ukraine

Die durch den russischen Angriffskrieg finanziell angeschlagene Ukraine hat eine neue Finanzspritze vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten. Am Montag seien umgerechnet 2,5 Milliarden Euro in Kiew eingetroffen, teilte das Finanzministerium mit. Es handele sich dabei um die erste Tranche des am vergangenen Freitag beschlossenen neuen vierjährigen Kreditprogramms des IWF.

Die Ukraine hatte sich dabei unter anderem dazu verpflichtet, zu Kriegsbeginn eingeführte steuersenkende Maßnahmen zurückzunehmen. So wird der Mehrwertsteuersatz für Benzin und Diesel ab 1. Juli wieder auf 20 Prozent steigen. Zudem sollen Kleinunternehmer wieder fünf statt zwei Prozent Steuern zahlen. Nach dem russischen Einmarsch vor über 13 Monaten hatte Kiew auch Steuerprüfungen ausgesetzt.

2022 wurde der Haushalt der Ukraine mit über 35 Milliarden Euro aus dem Ausland unterstützt. Für das laufende Jahr erhofft sich Kiew eine ähnlich umfangreiche Finanzierung von außen. Dabei wird etwa die Hälfte des ukrainischen Budgets durch Fremdmittel finanziert.

mak/wa/se/qu/uh (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.