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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Neue russische Angriffswelle

1. Mai 2023

Bei einem zweiten massiven Luftangriff innerhalb von drei Tagen hat Russland Raketen auf Ziele in der gesamten Ukraine abgefeuert. Papst Franziskus deutet Beteiligung an einer Friedensmission an. Ein Überblick.

Nachwirkungen eines russischen Militärschlags in Pawlohrad
Aufräumen der Stadt PawlohradBild: Governor of Dnipropetrovsk Regional Military-Civil Administration Serhii Lysak/Telegram/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Nächtliche russische Angriffswelle
  • Selenskyj bedankt sich bei Partnern für Unterstützung 
  • Russischer Zug nach Sprengung entgleist
  • Prigoschin: Ukrainische Offensive könnte für Russland zur "Tragödie" werden
  • Papst Franziskus deutet Beteiligung an Friedensmission an

 

Bei einer erneuten russischen Angriffswelle sind in der Stadt Pawlohrad in der südöstlichen Region Dnipropetrowsk 34 Menschen verletzt worden, wie die ukrainischen Behörden mitteilten. 15 von 18 Marschflugkörpern seien von der Luftabwehr abgeschossen worden. Die Hauptstadt Kiew und andere Großstädte, in denen es ebenfalls Luftalarm gab, blieben geschützt.

Nur aus Pawlohrad, einem Eisenbahnknotenpunkt hinter der Süd- und Ostfront, wurden folgenreiche Einschläge gemeldet. 19 Wohnblocks, 25 Häuser, drei Schulen, drei Kindergärten und mehrere Geschäfte seien beschädigt worden. Ein Industrieunternehmen sei getroffen und ein Großbrand in dem Gebiet ausgelöst worden. Unter den 34 Verletzten seien auch drei Kinder.

Dem Erdboden gleich: Wohngebiet in PawlohradBild: Governor of Dnipropetrovsk Regional Military-Civil Administration Serhii Lysak/Telegram/REUTERS

Russland sprach hingegen von nächtlichen Raketenangriffen auf militärische Ziele in der Ukraine. Alle Ziele seien getroffen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Darunter seien Waffendepots und Munitionsfabriken. Die Raketenabwehr der Ukraine war zuletzt durch die Lieferung hochmoderner Abwehrsysteme durch die westlichen Verbündeten massiv verstärkt worden.

Selenskyj dankt Partnern für Unterstützung 

Er habe mit dem französischen Staatschef Emmanuel Macron über ein neues Waffenpaket gesprochen, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. "Es ist sehr wichtig, dass Russland immer stärkere Signale erhält, dass die Welt Russlands Terror nicht verzeihen wird", betonte er.

Die Ukraine und ihre Partner müssten in größtmöglicher Einigkeit und Integrität handeln, "um unsere gemeinsamen Werte zu schützen". Nur so könnten eine Verlängerung des Kriegs durch Russland verhindert und ein normaler und gerechter Frieden erreicht werden, sagte Selenskyj. "Ich danke allen Menschen in der Welt, die dazu beitragen, die Isolierung von Terroristen zu verstärken und jegliche Lieferung von Waffen und deren Komponenten an Terroristen zu unterbinden", sagte er. Mit "Terroristen" meint Selenskyj das russische Militär.

Präsident Wolodymyr Selenskyj, hier am Tag des Grenzschutzes am 30. April 2023Bild: APA/dpa/picture alliance

Mit Blick auf in dieser Woche erhaltene Waffen dankte Selenskyj konkret Dänemark für Haubitzen, Slowenien für gepanzerte Fahrzeuge, Spanien für Panzer und Deutschland für die geplante Lieferung weiterer gepanzerter Fahrzeuge und Granaten. Aus den USA erhalte die Ukraine 1,25 Milliarden Dollar zur Unterstützung des Haushalts, zählte Selenskyj weitere neue Hilfen auf. Die Niederlande wiederum seien bereit, ukrainische Soldaten an modernen Waffensystemen auszubilden, Kroatien übernehme die Versorgung und Pflege verwundeter Soldaten, während Italien, beim Wiederaufbau der Ukraine helfen wolle.

Russischer Zug nach Sprengung nahe der Grenze zur Ukraine entgleist

Im westrussischen Gebiet Brjansk nahe der Grenze zur Ukraine ist nach Behördenangaben ein Güterzug nach einer Schienensprengung entgleist. Es gäbe keine Verletzten, teilte der Gouverneur der Region, Alexander Bogomas, mit. Der Vorfall ereignete sich nahe der Kleinstadt Unetscha, 140 Kilometer südwestlich von Brjansk. Der Verkehr auf der Strecke sie vorläufig stillgelegt, schrieb Bogomas.

Medienberichten zufolge hatte der Zug Öl- und Holzprodukte geladen. Von den 60 Waggons liege etwa ein Zehntel auf der Seite im Graben.

Erst am Wochenende war ein Treibstofflager in der Hafenstadt Sewastopol auf der von Russland seit 2014 annektierten Halbinsel Krim durch eine Drohnenattacke in Brand geraten. Die Angriffe auf die Nachschublinien der Russen zur Unterbrechung der Treibstoff- und Munitionsversorgung dienen Beobachtern zufolge als Vorbereitung auf eine ukrainische Gegenoffensive. Der Beginn dieser Offensive wird bereits in den nächsten Tagen erwartet.

Russisches Militär meldet Zerstörung von Munitionslager der Ukraine

Russische Truppen haben bei einem Angriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk nach eigenen Angaben ein Depot mit rund 200 Tonnen Munition zerstört. Zudem sei in der Region Sumy eine große Feldwerkstatt der ukrainischen Streitkräfte zerstört worden, sagte in Moskau der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, der Nachrichtenagentur Interfax.

Die russischen Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden. Von ukrainischer Seite gab es dazu zunächst keine Reaktion.

Prigoschin: Ukrainische Gegenoffensive könnte für Russland zur "Tragödie" werden

Der Chef der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, rechnet damit, dass die angekündigte Offensive der ukrainischen Streitkräfte Mitte Mai beginnt. "Diese Gegenoffensive könnte zu einer Tragödie für unser Land werden", sagte der russische Unternehmer in einem veröffentlichten Interview mit dem russischen Militärblogger Semjon Pegow.

Prigoschin beklagte sich erneut über eine unzureichende Versorgung seiner Kämpfer in der Ukraine mit Munition. "Wir haben nur zehn bis 15 Prozent der Granaten, die wir brauchen", erklärte der Wagner-Chef. Die Schuld gab er erneut der russischen Armeeführung.

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin posiert in Uniform in der Region Donezk (Anfang März)Bild: Konkord Company Press Service/ITAR-TASS/IMAGO

Prigoschin ist ein Verbündeter von Kreml-Chef Wladimir Putin, liefert sich aber einen Machtkampf mit dem russischen Verteidigungsministerium und der Armeespitze. In der Ukraine ist die Wagner-Gruppe derzeit in erster Linie an der Schlacht um Bachmut beteiligt. Die Kämpfe um die Stadt im Osten der Ukraine dauern seit Monaten an.

Die Vorbereitungen für die seit langem erwartete Frühjahrsoffensive der Ukraine stehen nach Angaben Kiews kurz vor dem Abschluss. Am Sonntag hatte der Gouverneur der russischen Region Brjansk den Tod von vier Menschen bei einem ukrainischen Raketenangriff bekanntgegeben. Am Samstag hatte eine mutmaßliche ukrainische Drohne ein Treibstofflager auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim in Brand gesetzt.

Papst hofft auf eigene Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg

Papst Franziskus hat angedeutet, dass der Vatikan an einer Friedensinitiative für den Ukraine-Krieg beteiligt ist. "Alle wollen einen Weg zum Frieden. Ich bin bereit, alles zu tun, was nötig ist. Derzeit läuft eine Mission, die aber noch nicht öffentlich ist", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche auf dem Rückflug von seinem Ungarn-Aufenthalt nach Rom vor Journalisten. Weitere Details nannte er nicht. "Wenn es so weit ist, kann ich mich dazu äußern."

Der 86-Jährige hatte am Wochenende den Metropoliten Hilarion von Budapest und Ungarn getroffen, der früher Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats und ein Vertrauter von Patriarch Kyrill war. "Sie können sich vorstellen, dass wir bei dem Treffen nicht über Rotkäppchen geredet haben, sondern über alles", erläuterte Franziskus. Mit Kyrill, der den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verteidigt, will sich der Papst schon seit längerer Zeit treffen.

Papst Franziskus gibt auf dem Rückflug aus Ungarn eine PressekonferenzBild: Vatican Media via REUTERS

Franziskus warb darum, diplomatische Beziehungen aufrechtzuerhalten und immer im Gespräch zu bleiben, um gemeinsam Wege zum Frieden zu suchen. "Ich denke, zu Frieden gelangt man, indem man Kanäle aufmacht. Frieden bekommt man nie, wenn man sich verschließt."

Der Vatikan hatte sich seit Kriegsbeginn im Februar 2022 mehrfach als Vermittler angeboten. Große diplomatische Erfolge blieben bislang aus. Der Papst sagte, der Heilige Stuhl habe bereits bei Gefangenaustauschen als Vermittler agiert und könnte dies nun auch tun im Zusammenhang mit der Rückführung ukrainischer Kinder, die nach Russland verschleppt wurden.

Ausgewiesene deutsche Diplomaten ausgereist

Gut eine Woche nach ihrer Ausweisung aus Russland hat eine Gruppe deutscher Diplomaten an diesem Montag das Land verlassen. Dies teilte das deutsche Auswärtige Amt (AA) in Berlin mit - ohne eine Zahl zu nennen. Zugleich betonte das von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock geführte AA in einer Erklärung, dass sich die Betroffenen "stets im Einklang mit ihrem diplomatischen Status verhalten" hätten.

Bei Verkündung der Ausweisungen sprach der Kreml von mehr als 20 betroffenen deutschen Diplomaten. Zur Begründung wurde die "massenhafte" Ausweisung russischer Botschaftsmitarbeiter aus Deutschland angeführt.

Das Auswärtige Amt erklärte dazu an diesem Montag: "Mit dem Ziel, die Präsenz russischer Nachrichtendienste in Deutschland zu verringern, war die Bundesregierung in den vergangenen Wochen in Kontakt mit der russischen Seite." In der Folge seien Mitte April Angehörige der russischen Vertretungen in Deutschland ausgereist. "Die Tätigkeit dieser Personen stand nicht im Einklang mit ihrem diplomatischen Status", betonte das Außenministerium in Berlin.

Ukrainischer Armeechef Saluschnyj trifft NATO-Kommandeur Cavoli

Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj hat sich mit dem Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa, Christopher Cavoli, beraten. Er habe den US-General ausführlich über die Lage entlang der Fronten in der Ukraine informiert, teilte Saluschnyj mit. "Ich habe mögliche Szenarien, Bedrohungen und Voraussetzungen für unsere zukünftigen Aktionen beschrieben."

Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj Bild: Photoshot/picture alliance

Saluschnyj machte keine Angaben zum Ort des Treffens. Experten gehen davon aus, dass sich die Ukraine aktuell auf eine Frühjahrsoffensive zur Rückeroberung besetzter Gebiete vorbereitet.

Bei der Unterredung habe er Cavoli über die Notwendigkeit informiert, der Ukraine eine breite Palette an Waffen und Luftabwehrsystemen zur Verfügung zu stellen, die "zur Bewältigung der Herausforderungen bei der Bekämpfung der russischen Aggression beitragen würden".

as/kle/wa/AR/uh (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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