1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Norwegen will Ukraine langfristig helfen

6. Februar 2023

Die norwegische Regierung kündigt an, die Ukraine auf lange Sicht finanziell zu unterstützen. Meldungen über eine bevorstehende Ablösung des ukrainischen Verteidigungsministers sorgen für Verwirrung. Unser Überblick.

Norwegen Premierminister Jonas Gahr Store
Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Støre (links) und Finanzminister Trygve Magnus Slagsvold Vedum stellten in Oslo das Hilfspaket für die Ukraine gemeinsam vorBild: Rodrigo Freitas/NTB/AFP/Getty Images

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ukraine kann mit langfristiger finanzieller Hilfe aus Norwegen rechnen
  • Rätselraten über Zukunft des ukrainischen Verteidigungsministers
  • Selenskyj: Russland will sich für Rückschläge rächen
  • Polen dringt auf rasche Kampfjet-Entscheidung
  • Faeser kündigt neuen Flüchtlingsgipfel an

 

Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sagte in Oslo, sein Land wolle die Ukraine in den kommenden fünf Jahren mit jährlich 15 Milliarden norwegischen Kronen (rund 1,36 Mrd Euro) unter die Arme greifen. Man wolle zum einen den Ukrainern zeigen, dass man sie langfristig unterstütze. Zum anderen solle Russland Bescheid wissen, dass freie demokratische Länder der Ukraine in ihrem Kampf beistünden, so Støre.

Die Summe für das laufende Jahr soll laut Støre je zur Hälfte in militärische beziehungsweise zivile, humanitäre Hilfe fließen. Diese Verteilung könne sich künftig aber verändern. Ferner schlägt die Regierung ein eigenes Hilfsprogramm für Länder in südlichen Teilen der Erde vor, die besonders stark von den Folgen des Ukraine-Kriegs betroffen sind. Im Rahmen dieses Programms sollen weitere fünf Milliarden Kronen für Humanitäres und Nahrungsmittel jährlich ausgegeben werden.

Støre setzt nun darauf, eine breite Parlamentsmehrheit für diese Vorschläge zu gewinnen. Die frühere Regierungschefin Erna Solberg, die Vorsitzende der größten Oppositionspartei Høyre, signalisierte Rückendeckung für die langfristige Ukraine-Hilfe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich auf Twitter für die angekündigte Unterstützung.

Verwirrung um ukrainischen Verteidigungsminister

Nach massiven Spekulationen steht eine Auswechslung des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow offenbar doch nicht unmittelbar bevor. "Personaländerungen im Verteidigungsbereich wird es in dieser Woche nicht geben", schrieb der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei Diener des Volkes, David Arachamija, auf Telegram. Warum der 56-Jährige nun zunächst doch im Amt bleiben soll, erklärte Arachamija, ein Vertrauter von Präsident Wolodymyr Selenskyj, nicht.

Kann sich Verteidigungsminister Olexij Resnikow dauerhaft im Amt halten?Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Am Sonntag hatte Arachamija noch erklärt, Resnikow solle vom Chef des Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, als Minister abgelöst werden. Stattdessen solle Resnikow das Ministerium für strategische Industrien übernehmen. Eine offizielle Stellungnahme liegt nicht vor, Selenskyj äußerte sich zu der Personalie bisher nicht. Resnikow sagte am Sonntag, sollte man ihm den Posten als Minister für strategische Industrien anbieten, werde er ihn ablehnen. Zwei hochrangige Abgeordnete verwiesen am Montag darauf, dass in der Ukraine der Verteidigungsminister ein Zivilist sein muss. Das würde gegen den 37-jährigen Budanow sprechen, der Generalmajor leitet den Militärgeheimdienst.

Resnikow, der den Posten seit November 2021 bekleidet, steht wegen eines Korruptionsskandals unter Druck. So soll sein Ministerium Lebensmittel für Soldaten zu überhöhten Preisen eingekauft haben. Selenskyj kündigte daraufhin ein hartes Vorgehen an. Es wurde eine Untersuchung eingeleitet, zahlreiche Politiker - darunter auch ein Stellvertreter Resnikows - verloren ihre Posten. Resnikow selbst wurde aber öffentlich nicht beschuldigt.

Selenskyj: Russland will sich für Rückschläge rächen

Angesichts des näher rückenden Jahrestags des russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar hat deren Präsident Wolodymyr Selenskyj vor einer "symbolhaften Aktion" der Besatzer gewarnt. Dazu gebe es bereits zahlreiche Berichte und Hinweise, erklärte Selenskyj. Russland wolle sich für die Niederlagen des vergangenen Jahres rächen. "Wir stellen fest, dass der Druck auf verschiedene Frontbereiche und auch im Informationsbereich zugenommen hat."

Zeigt sich in seinen Videobotschaften stets kämpferisch: Wolodymyr SelenskyjBild: The Presidential Office of Ukraine

Besonders schwierig sei aktuell die Lage in der Region Donezk, berichtete Selenskyj. "Aber egal, wie schwer es ist und wie groß der Druck ist, wir müssen überleben", betonte der Staatschef. "Wir haben keine Alternative, als uns zu verteidigen und zu gewinnen." Die Ukraine müsse jeden Tag und jede Woche nutzen, um die Verteidigungspositionen an der Front sowie die internationale Position des Landes zu stärken.

Ukrainischer Soldat in der Region Donezk (Archiv)Bild: Serhii Nuzhnenko/RFE/Radio Liberty/REUTERS

Ukrainische Einheiten waren zuletzt vor allem rund um die Stadt Bachmut im Osten des Landes schwer unter Druck geraten. Dort versuchen russische Truppen sowie Angehörige der berüchtigten Söldnertruppe Wagner seit Wochen, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen. Bachmut wird nach Einschätzung britischer Militärexperten immer mehr von russischen Truppen eingekreist.

Moskauer Patriarch Kyrill I. soll KGB-Agent gewesen sein

Der heutige Moskauer Patriarch Kyrill I. war einem Medienbericht zufolge während des Kalten Kriegs in Genf als Agent des russischen Geheimdienstes (Komitee für Staatssicherheit, KGB) tätig. Nach Angaben der Schweizer Bundespolizei liege im Bundesarchiv in Bern ein Dossier über "Monsignor Kirill", berichtet die "SonntagsZeitung" in Zürich. Darin werde bestätigt, dass Kyrill dem KGB angehörte. 37 Einträge finden sich demnach zwischen Juli 1969 und Februar 1989 in Kyrills Akte. Die meisten bezögen sich "lediglich auf seine Visa-Anträge und Einreisen in die Schweiz", schreibt die Zeitung. Zweimal werde allerdings vermerkt, dass "der Priester in einem Verzeichnis von sowjetischen Funktionären stehe, gegen die Maßnahmen ergriffen wurden". Welche Maßnahmen das waren, wird nicht erläutert.

Das Blatt zitiert einen Genfer Bürger, der sich an die Zeit des Kalten Krieges erinnert: "Uns wurde gesagt: Vorsicht vor diesen Priestern, das sind KGB-Agenten." Im Gespräch mit Kyrill habe er "immer das Gefühl" gehabt, "dass er nach Informationen sucht. Er war sehr freundlich, aber stellte viele Fragen über die Exilgemeinde und den Klerus."

Patriarch Kyrill I. (rechts) mit Präsident Wladimir Putin (Archivbild)Bild: Alexander Nemenov/AFP/dpa/picture alliance

Das Moskauer Kirchenoberhaupt gilt als wichtiger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Kyrills Unterstützung für den russischen Einmarsch in die Ukraine sorgte wiederholt international für Empörung. Großbritannien, Litauen und Kanada belegten ihn mit Sanktionen. EU-weite Strafmaßnahmen gegen den Patriarchen scheiterten dagegen am Veto Ungarns.

Ukraine macht Druck auf IOC-Sponsoren

Sportler aus Russland haben nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei Olympischen Spielen und internationalen Wettkämpfen "nichts zu suchen". "Wir setzen unseren diplomatischen Marathon fort, um den Kreml daran zu hindern, den Weltsport und die olympische Bewegung für seine Propaganda zu nutzen", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache vom Sonntagabend. "Vertreter eines terroristischen Staats" sollten weder zu Olympischen Spielen noch anderen internationalen Wettbewerben zugelassen werden.

Die Ukraine habe bereits entsprechende Schreiben an die Unternehmen geschickt, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) am stärksten unterstützen, führte Selenskyj aus. "Dabei handelt es sich um große internationale Unternehmen, die durchaus daran interessiert sind, ihren Ruf und ihre Unterstützung nicht im Zusammenhang mit Kriegspropaganda zu sehen."

Schon jetzt nahezu sicher: Russlands Flagge wird bei den Olympischen Spielen nächstes Jahr nicht zu sehen seinBild: sampics/picture alliance

Das IOC um seinen deutschen Präsidenten Thomas Bach hatte zuletzt angekündigt, Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus trotz des Krieges in der Ukraine eine Rückkehr auf die internationale Sportbühne ebnen zu wollen. Damit könnte diesen Sportlern auch der Weg zu Olympia 2024 in Paris offen stehen, wenn auch nur unter neutraler Flagge.

Russen nehmen Cherson und Charkiw ins Visier

Das ukrainische Militär hat von schweren russischen Angriffen auf das südukrainische Cherson berichtet. Die Stadt sei mindestens 40 Mal aus Raketenwerfern beschossen worden, teilte der Generalstab am Sonntagabend mit. Dabei habe es Tote und Verletzte gegeben. Auch seien zahlreiche Wohngebäude in Cherson beschädigt worden. Ziel russischer Attacken war auch wieder das ostukrainische Charkiw, wie es hieß.

Polen dringt auf rasche Kampfjet-Entscheidung

Mit Blick auf mögliche Kampfjet-Lieferungen an die Ukraine hat Polens Botschafter in Berlin eine Entscheidung auf der bevorstehenden Münchner Sicherheitskonferenz gefordert. "Wir haben vorgeschlagen, dass die Staats- und Regierungschefs, die sich dort treffen, nicht nur über diese Frage beraten, sondern auch eine Entscheidung treffen", sagte Dariusz Pawlos dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Eine Politik des Zögerns und Zauderns wäre wie im Falle der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine kontraproduktiv, meinte der polnische Diplomat.

Botschafter Dariusz Pawlos bei seinem Antrittsbesuch im Berliner Schloss Bellevue (November 2022)Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Nach der deutschen Zusage zur Lieferung von "Leopard 2"-Panzern in die Ukraine hatte deren Präsident Wolodymyr Selenskyj auch Kampfflugzeuge, "weitreichende Raketen" und mehr Artillerie für den Abwehrkampf gegen Russland gefordert. Polen hatte bereits in der Diskussion um den Kampfpanzer-Export erheblichen Druck auf Deutschland ausgeübt.

Die Münchner Sicherheitskonferenz gilt als das wichtigste sicherheitspolitische Expertentreffen weltweit. Sie findet dieses Jahr vom 17. bis 19. Februar statt.

Unmut über Baerbock-Zitat in der SPD

Eine umstrittene Äußerung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zum Ukraine-Krieg sorgt innerhalb der Regierungskoalition weiter für Unmut. "Dass die Außenministerin einen solchen Satz geprägt hat, nutzt eigentlich nur der Propaganda in Moskau", sagte Rolf Mützenich, der Bundestags-Fraktionschef der Sozialdemokraten von Kanzler Olaf Scholz, im Ersten Deutschen Fernsehen. Die Grünen-Politikerin Baerbock hatte Ende Januar mit folgenden Worten zum Zusammenhalt der westlichen Verbündeten aufgerufen: "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander." Ihre beim Europarat in Straßburg getätigte Äußerung hatte für großes Aufsehen gesorgt. Das Auswärtige Amt stellte daraufhin klar, dass Baerbock damit keine Kriegsbeteiligung Deutschlands oder seiner Verbündeten gemeint habe. 

Annalena Baerbock vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (im Januar)Bild: Jean-Francois Badias/AP/dpa/picture alliance

Mützenich äußerte sich grundsätzlich positiv zum Vorschlag Brasiliens für eine Vermittlung im Ukraine-Krieg: "Ich finde, man muss jede Initiative aufnehmen, die diesen Krieg möglicherweise früher beendet, weil er auf dem Schlachtfeld nach meinem Dafürhalten nur noch weiter blutiger wird." Je länger der Krieg dauere, umso schwieriger wären später möglicherweise auch Verhandlungen, betonte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Faeser kündigt neuen Flüchtlingsgipfel an

Angesichts der Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland hat Innenministerin Nancy Faeser ein Spitzentreffen in ihrem Ministerium angekündigt. Sie sehe, "dass nach wie vor Handlungsbedarf besteht, und deswegen werde ich jetzt wieder alle Beteiligten zu einem erneuten Flüchtlingsgipfel zu mir ins Haus einladen", sagte die SPD-Politikerin. Sie werde die Einladungen noch in dieser Woche rausschicken, weil sie glaube, "wir müssen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung alles dafür tun, die Kommunen zu entlasten".

Im Zweiten Deutschen Fernsehen betonte Faeser aber auch: "Wir haben schon einiges getan." So habe der Bund "weit über 300" Bundesliegenschaften zur Verfügung gestellt und helfe finanziell sehr stark. "Wir haben für das letzte Jahr allein 3,25 Milliarden für die Kommunen gegeben. Wir haben jetzt für das neue Jahr schon 2,7 Milliarden zur Verfügung gestellt. Aber wir drängen auch darauf, dass die Länder diese Gelder eins zu eins weitergeben, das ist nicht in jedem Bundesland der Fall."

kle/uh/wa/rb (dpa, afp, rtr, kna)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen