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PolitikUkraine

Ukraine aktuell: Ostermärsche für Frieden

8. April 2023

Forderungen nach einem Waffenstillstand und der Aufnahme von Friedensgesprächen prägten die Kundgebungen in Deutschland. Wirtschaftsminister Habeck will Schlupflöcher bei den Russland-Sanktionen schließen. Ein Überblick.

Berlin  | Ostermarsch 2023
"Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg", lautete das Motto des Ostermarschs in Berlin-WeddingBild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ostermarschierer fordern Friedensgespräche
  • Habeck will EU-Russland-Sanktionen besser kontrollieren
  • Blinken schließt Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau derzeit aus
  • Selenskyj besteht auf Befreiung der Krim
  • NGO: Weitere Kinder aus Russland zurückgeholt

 

Bei den traditionellen Ostermärschen der Friedensbewegung haben bundesweit Tausende Teilnehmer für Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs demonstriert. Nach Angaben der Veranstalter gingen allein in Berlin etwa 2000 Menschen auf die Straße, die dortige Polizei sprach von 1500 Teilnehmern. Aktionen gab es nach Angaben des Netzwerks Friedenskooperative noch in zahlreichen weiteren Städten wie Bonn, Bremen, Duisburg, Hannover, Leipzig, München und Stuttgart.

Teilweise wurde auf den Kundgebungen auch ein Ende deutscher Rüstungsexporte an die von Russland angegriffene Ukraine verlangt sowie ein Verzicht auf die geplante Aufrüstung der Bundeswehr. So hieß es beim Ostermarsch Rhein/Ruhr, man sage Nein zur Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen, die den Krieg verlängerten. Bei der Abschlusskundgebung in Bremen verurteilte der Theologe Eugen Drewermann den Militarismus in jeder Form. "Wir werden die Angst nicht überwinden, wenn wir anderen Angst machen", sagte er. "Man kann auf das Böse nicht mit den gleichen Mitteln reagieren."

Der Samstag vor Ostern ist traditionell der Höhepunkt der Ostermärsche. Für Ostersonntag und -montag sind weitere Demonstrationen geplant.

Der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck am 3. April in KiewBild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Zoll soll Tricks bei Russland-Sanktionen verhindern

Seit Beginn des Krieges hat die EU zehn Sanktionspakete gegen Russland auf den Weg gebracht, die Handelsbeschränkungen und weitere Maßnahmen vorsehen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck fordert nun, strenger gegen Firmen vorzugehen, die über Drittstaaten verbotene Geschäfte mit Russland machen und damit die EU-Sanktionen umgehen. Das Thema müsse entschlossener angegangen werden, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Das sind wir nicht zuletzt den Menschen in der Ukraine schuldig."

Als positives Beispiel führte Habeck Dänemark an. Dort prüfe der Zoll Handelsströme und Zolldaten sehr genau und bitte Unternehmen bei Auffälligkeiten um eine Stellungnahme. "Wenn beispielsweise eine große Menge an bestimmten Gütern, die vorher an Russland gingen, jetzt plötzlich in ungefähr der gleichen Menge in ein anderes Drittland geliefert werden soll, ist das ein Grund hinzugucken."

Ukrainische Streitkräfte nahe der Frontlinie bei Bachmut (Archivbild)Bild: Muhammed Enes Yildirim/AA/picture alliance

Auch das deutsche Außenwirtschaftsrecht kenne dieses Auskunftsverlangen und derlei Prüfbefugnisse. "Wenn das zielgenau genutzt wird, können wir die gemeinsame Schlagkraft unserer Behörden stärken", sagte Habeck. Sein Haus habe Ende Februar konkrete Schritte vorgeschlagen, um die Sanktionsumgehung besser zu bekämpfen.

Blinken: Noch keine Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau

US-Außenminister Antony Blinken schließt derzeit Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine aus. "Für einige mag die Idee eines Waffenstillstands verlockend sein - und ich verstehe das. Aber wenn dies darauf hinausläuft, die Besitznahme beträchtlicher ukrainischer Gebiete durch Russland praktisch zu ratifizieren, wäre dies eben kein gerechter und dauerhafter Frieden", sagte Blinken.

"Ziel muss ein gerechter Friede sein": US-Außenminister Antony Blinken (Archivbild)Bild: Virginia Mayo/AP/picture alliance

Russland könnte seine Truppen neu formieren und nach einer gewissen Zeit wieder angreifen, begründete der Minister seine Meinung gegenüber den Funke-Medien und der französischen Zeitung "Ouest-France". "Russland muss an den Punkt kommen, an dem es bereit ist, sich auf konstruktive Verhandlungen einzulassen." Das Ziel müsse ein gerechter und dauerhafter Frieden sein.

Selenskyj besteht auf Befreiung der Krim

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Befreiung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim von der russischen Besatzung als "alternativlos" bezeichnet. "Die Welt sollte wissen: Respekt und Ordnung werden erst in die internationalen Beziehungen zurückkehren, wenn die ukrainische Flagge wieder auf die Krim zurückkehrt", schrieb Selenskyj in einer Twitternachricht.

Unter russischer Flagge machten sich hingegen derzeit Repressionen, Mord, Krieg und das Böse breit, sagte Selenskyj in einem Video. "Die De-Okkupation der Krim ist alternativlos nicht nur für die Ukraine, sondern für die gesamte Welt. Davon bin ich überzeugt", sagte Selenskyj in einer Aufnahme von einem Treffen mit muslimischen ukrainischen  Militärangehörigen, darunter auch Vertreter der Krim-Tataren. Anlass war das Fastenbrechen im Ramadan.

Selenskyj sagte, die Ukraine schätze die territoriale Unversehrtheit anderer Staaten und verlange ebenso Respekt gegenüber der eigenen Souveränität. Er reagierte damit offenbar auf einen Vorschlag von Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, dem zufolge Kiew für einen Frieden mit Moskau auf die Krim verzichten könnte.

NGO: Weitere 31 von Russland verschleppte Kinder zurückgeholt

Der ukrainischen Nichtregierungsorganisation (NGO) Save Ukraine ist es nach eigenen Angaben gelungen, 31 nach Russland entführte Kinder zu ihren Familien zurückzubringen. Videoaufnahmen zufolge überquerten die Kinder mit Rucksäcken und Koffern zu Fuß die Grenze zwischen russisch besetztem und ukrainisch kontrolliertem Gebiet. Save Ukraine erklärte, sie seien zuvor aus russisch besetzten Gebieten in den Regionen Charkiw und Cherson entführt worden.

Haftbefehl wegen mutmaßlicher Verschleppung: Die russische Kinderschutzbeauftragte Maria Lwowa-Belowa (Archivbild)Bild: Ulf Mauder/dpa/picture alliance

Der Regierung in Kiew zufolge wurden seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 mehr als 16.000 ukrainische Kinder nach Russland verschleppt. Viele von ihnen seien in Heimen und bei Pflegefamilien untergekommen. Moskau weist die Vorwürfe zurück und gibt an, die Kinder vor den Schrecken des Krieges gerettet zu haben. Im März hatte der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) wegen der mutmaßlichen Entführung ukrainischer Kinder Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Kinderschutzbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen.

Gedenken an russischen Angriff auf Bahnhof von Kramatorsk

Bewohner im ostukrainischen Kramatorsk haben der Opfer des russischen Raketenangriffs vor einem Jahr gedacht. Zahlreiche Menschen legten Blumen an einer kleinen Gedenkstätte nieder, die an die 61 Todesopfer des Angriffs vom 8. April 2022 erinnert.

Bei der Attacke auf den Bahnhof der Stadt, wo Hunderte Flüchtlinge auf Züge warteten, wurden zudem mehr als 160 Menschen verletzt. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wurde Streumunition eingesetzt. Russland bestreitet, für den Angriff verantwortlich zu sein.

Russischer Militärblogger Tatarski in Moskau beigesetzt

Hunderte Menschen haben an der Beerdigung des Militärbloggers Wladlen Tatarski in Moskau teilgenommen. Unter ihnen war auch der Chef der Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin. "Er ist ein Soldat, der uns weiter begleitet, dessen Stimme für immer weiterlebt", ließ Prigoschin über seinen Pressedienst mitteilen.

Trauerfeier für den getöteten russischen Miltärblogger Wladlen Tatarski in Moskau (Bild der russischen Staatsagentur TASS)Bild: Sergei Bobylev/TASS/dpa/picture alliance

"Wladlen hat gezeigt, dass die Frontlinie überall verläuft", schrieb die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Telegram. Der Blogger, der mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin hieß, war am vergangenen Sonntag bei einem Bombenattentat in einem St. Petersburger Café getötet worden. Russland bezichtigt die Ukraine, dahinterzustecken. Die Regierung in Kiew weist die Vorwürfe zurück.

Weitere mögliche US-Militärdokumente im Netz

Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage sind mutmaßlich geheime US-Militärunterlagen in sozialen Netzwerken aufgetaucht, wie mehrere Medien berichten. Darin soll es wieder um Informationen über das ukrainische Militär gehen, aber auch um andere Weltregionen wie China und den Nahen Osten.

Laut einem Bericht der "New York Times" enthielten die mehr als 100 als geheim eingestuften Dokumente etwa Informationen über die Luftverteidigungsfähigkeiten der Ukraine. Sie erweckten den Anschein, als stammten sie vom US-Militär und von Geheimdiensten, schrieb das "Wall Street Journal". Das Pentagon untersuche die Angelegenheit, sagte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums dem "WSJ". Das gleiche gelte auch für den Auslandsgeheimdienst CIA.

Bereits am Donnerstag hatte sich das Pentagon auf diese Weise geäußert, als eine ähnliche Veröffentlichung geheimer Dokumente zu Vorbereitungen der Ukraine auf eine Militäroffensive gegen russische Kräfte bekannt wurde. Die Ukraine bezeichnet die angeblichen US-Geheimdokumente als russische Fälschung.

Ukraine plant Wiederaufnahme des Stromexports

Nach monatelanger Unterbrechung plant die Ukraine die Wiederaufnahme des Stromexports nach Westen. "Das ukrainische Stromnetz funktioniert seit fast zwei Monaten ohne jegliche Verbrauchsbeschränkung und mit einer Leistungsreserve", sagte Energieminister Herman Haluschtschenko. Damit würden zusätzliche finanzielle Mittel für den Wiederaufbau der zerstörten und beschädigten Energieinfrastruktur erarbeitet. Mit dem europäischen Energieversorgungsnetz, an das die Ukraine kurz nach Kriegsbeginn angeschlossen wurde, sei ein Export von maximal 400 Megawatt vereinbart worden. Die tatsächliche Menge des Exports werde vom Bedarf der ukrainischen Verbraucher abhängen, sagte Haluschtschenko.

Stromtrasse im Westen der Ukraine bei Lviv (Archivbild)Bild: Pavlo Palamarchuk/ZUMAPRESS/picture alliance

Trotz des russischen Einmarsches vor über 13 Monaten exportierte die Ukraine von Juni bis zum Beginn gezielter russischer Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung im Oktober Strom in die benachbarte Ex-Sowjetrepublik Moldau und in die Europäische Union. 2022 fiel die Stromerzeugung in der Ukraine wegen des Krieges um mehr als 27 Prozent. Unter anderem wurde das seit März 2022 unter russischer Kontrolle stehende größte Atomkraftwerk Europas bei Saporischschja im September komplett heruntergefahren.

Russland setzt auf härtere Strafen

Der russische Gesetzgeber plant, die Strafen für Terrorismus und Sabotage zu verschärfen. Demnach soll die Mindeststrafe für Taten, die Leben gefährden und darauf abzielen, Russland zu destabilisieren von 15 auf 20 Jahre angehoben werden. Personen, die sich des "internationalen Terrorismus" schuldig machen, könnten zu lebenslanger Haft statt wie bisher zu zwölf Jahren verurteilt werden.

Die härteren Maßnahmen seien notwendig, um sich gegen "beispiellose Bedrohungen" zu schützen, denen Russland seitens der Ukraine "und deren westlicher Sponsoren" ausgesetzt sei, sagte Wassili Piskarjow, Vorsitzender des Ausschusses für Sicherheit und Korruptionsbekämpfung in der Staatsduma.

uh/jj/haz/nob/qu/ack (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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