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Politik

Aktuell: Papst ruft zu Waffenruhe auf

10. April 2022

Franziskus nutzt die Palmsonntagsmesse zu einem Friedensappel und Österreichs Kanzler Nehammer will Russlands Präsident Putin in Moskau treffen. Ein Überblick.

Vatikan | Papst Franziskus
Papst Franziskus: Möge eine Feuerpause beginnen - aber nicht, um die Waffen neu zu ladenBild: Filippo MonteforteAFP/Getty Images

Das Wichtigste in Kürze:

  • Österreichs Bundeskanzler will in Moskau Staatschef Putin treffen
  • Papst Franziskus ruft zur Feuerpause während der Osterzeit auf
  • Kanzler Scholz telefoniert abermals mit Selenskyj
  • Weiteres Massengrab nahe Kiew entdeckt

Als erster westlicher Regierungschef seit Beginn des Ukraine-Krieges trifft der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer am Montag in Moskau mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu Gesprächen zusammen. Mit seiner Reise wolle Nehammer den Dialog zwischen den Kriegsparteien fördern, erklärte das Kanzleramt in Wien. Er habe die deutsche Bundesregierung sowie die EU-Spitzen und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Vorfeld über sein Vorhaben informiert. Nehammer hatte am Samstag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew getroffen. 

Franziskus ruft zu Waffenruhe auf

Papst Franziskus hat eine Waffenpause in der Ukraine während der Osterzeit gefordert. Das Oberhaupt der katholischen Kirche nutzte die Messe auf dem mit rund 50.000 Gläubigen gefüllten Petersplatz für einen Friedensappell. "Stellt die Waffen beiseite, beginnt eine österliche Waffenruhe", sagte der Pontifex am Palmsonntag in Rom.

Franziskus appelliert seit Kriegsbeginn vor gut sechs Wochen für den Frieden. In dieser Woche wird er seinen für die Almosenverteilung zuständigen Kardinal Konrad Krajewski zum dritten Mal in die Ukraine schicken, um einen Krankenwagen mit Medikamenten und Geräten zu übergeben.

Nach einem Besuch des britischen Premierministers Boris Johnson und des österreichischen Bundeskanzlers Karls Nehammer am Samstag in Kiew appellierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen. In einer Videobotschaft bekräftigte er seine Forderung nach einem Öl-Embargo gegen Moskau. "Wenn die Tyrannei eine Aggression gegen alles gestartet hat, worauf der Frieden in Europa ruht, müssen wir sofort handeln", sagte er. Ein Öl-Embargo müsse der erste Schritt der "gesamten zivilisierten Welt" sein.  

Am Samstag empfing Selenskyj (l.) den britischen Premier Johnson in KiewBild: Ukrainian Presidential Press Service/REUTERS

Telefonat mit Kanzler Olaf Scholz

Selenkyj telefonierte am Sonntag abermals mit Bundeskanzler Olaf Scholz und forderte eine Verfolgung von Kriegsverbrechen sowie weitere Hilfe und weiteren Sanktionsdruck gegen Russland. Scholz habe den Menschen in der Ukraine die Solidarität und volle Unterstützung Deutschlands ausgesprochen, teilte eine Regierungssprecherin in Berlin mit. Die Bundesregierung werde zusammen mit ihren internationalen Partnern alles daran setzen, dass die Verbrechen schonungslos aufgeklärt und die Täter identifiziert würden, um sie vor nationalen und internationalen Gerichten zur Verantwortung zu ziehen.

Das Gespräch fand im Rahmen der regelmäßigen Kontakte zwischen Scholz und Selenskyj statt. Der Bundeskanzler habe sich dabei auch "über die aktuelle Lage und zum Verhandlungsprozess zwischen der Ukraine und Russland informiert", so die Regierungssprecherin. 

Importverbot

Unterdessen hat die Ukraine alle Importe aus Russland verboten. "Das ist die juristische Verankerung der faktischen Einstellung der Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation vom 24. Februar",  sagte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko gemäß dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Ukraine war ein wichtiger Handelspartner Russlands. Die Regierung in Kiew schätzt die Verluste Moskaus aus dem Boykott auf umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro. Kiew transportiert aber weiter täglich mehr als 100 Millionen Kubikmeter russischen Erdgases nach Westen

Weiteres Massengrab entdeckt

Erneut ist in der Nähe der ukrainischen Hauptstadt Kiew ein Massengrab mit Dutzenden toten Zivilisten entdeckt worden. Das Grab sei am Samstag im Dorf Busowa gefunden worden, sagt Taras Didytsch, der Vorsteher der Gemeinde Dmytriwka, zu der Busowa und weitere umliegende Dörfer gehören, dem ukrainischen Fernsehen. Die Leichen hätten in einem Graben in der Nähe einer Tankstelle gelegen. Um wie viele Tote es sich handele, sei noch nicht klar. Auf der Trasse von Kiew nach Schytomyr seien zudem etwa 15 Kilometer von der Hauptstadt entfernt Leichen bei einem Dutzend beschossener Autos gefunden worden.

Auch Busowa war von russischen Soldaten besetzt Bild: Metin Aktas/AA/picture alliance

Busowa stand wochenlang unter russischer Besatzung. Während der Belagerung Kiews durch russische Truppen lagen etliche Gemeinden rund um die Hauptstadt unter ständigem Beschuss - darunter Butscha und Irpin. Nach dem Abzug der russischen Soldaten wurden in der Region um Kiew bereits mehrere Massengräber und zahlreiche zivile Todesopfer gefunden. Staatsanwältin Iryna Wenediktowa nannte im Interview mit dem britischen Sender Sky News am Sonntag die Zahl von 1222 geborgenen Toten "allein in der Region Kiew". 

Flughafen von Dnipro zerstört

In der westlich vom Donbass gelegenen Großstadt Dnipro wurde nach Angaben von Gouverneur Valentin Resnitschenko der Flughafen bei einem russischen Angriff "vollständig zerstört". Der Airport existiere nicht mehr, schrieb Resnitschenko im Nachrichtenkanal Telegram. "Der Flughafen selbst und die Infrastruktur in der Nähe wurden zerstört. Und die Raketen fliegen und fliegen."

Schon im März hatten russische Raketenangriffe massive Zerstörung in der Großstadt Dnipro verursachtBild: Mykola Myakshykov/NurPhoto/IMAGO

Bereits Mitte März hatten russische Raketen das Flugfeld und die Gebäude des Flughafens der Industriestadt am Fluss Dnipro beschädigt. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, in Swonezke im Gebiet Dnipropetrowsk seien der Stab und die Basis des ukrainischen Bataillons Dnipro vernichtet worden.

Großoffensive erwartet

Nach Angaben von Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk hat Kiew neun humanitären Korridoren zugestimmt, um Evakuierungen aus dem Osten des Landes zu ermöglichen. Dort wird eine Offensive der russischen Truppen erwartet. Auch für die eingekesselte Hafenstadt Mariupol werde es einen Korridor geben, den Menschen mit Privatfahrzeugen nutzen könnten. 

Zur Evakuierung stehen an diesem Sonntag neun Züge bereit, teilte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gaidai, mit. Diese könnten die Einwohnerinnen und Einwohner der belagerten Orte nutzen, um sich in Sicherheit zu bringen. Am frühen Morgen seien in der Stadt Siewierodonezk eine Schule und ein Wohnhochhaus beschossen worden. Dabei gab es laut Gaidai keine Verletzten. Beim Beschuss der Stadt Derhatschi in der nordöstlichen Region Charkiw sind nach ukrainischen Angaben zwei Menschen getötet worden. Mehrere weitere Menschen seien verletzt worden, teilt der Gouverneur der Region, Oleh Synjehubow, auf Facebook mit.

Auch in Stuttgart versammelten sich Demonstranten unter dem Motto "Gegen die Diskriminierung russischsprachiger Menschen"Bild: Christoph Schmidt/dpa/picture alliance

Pro-russische Demos in Deutschland

In Frankfurt am Main und Hannover haben sich mehrere hundert Menschen an pro-russischen Demonstrationen beteiligt. In Frankfurt marschierten rund 600 Demonstranten durch die Innenstadt, wie Reporter berichteten. Es wurden "Russland"-Sprechchöre skandiert. Auf den mitgeführten Transparenten hieß es etwa: "Wahrheit und Meinungsvielfalt anstatt Propaganda". Auch die Polizei sprach von einer hohen dreistelligen Zahl an Teilnehmern. 

Zugleich wandte sich eine weitere Gruppe von Demonstranten gegen den pro-russischen Aufmarsch. Nach Angaben der Frankfurter Polizei, die mit einem Großaufgebot vor Ort war, gelang es den Beamten, beide Gruppen auseinanderzuhalten. Auch in Hannover gab es gegen einen dortigen Autokorso Proteste. Bereits im Vorfeld hatte sich der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk gegen den Autokorso gewandt. "Dass dieser Autokorso in Hannover geduldet wird, ist eine Schande für Deutschland!", schrieb er auf Twitter. 

In Berlin, wo eine Woche zuvor ein Autokorso mit russischen Fahnen Empörung ausgelöst hatte, fand eine ganztägige Solidaritäts-Veranstaltung unter dem Motto "Leuchtturm Ukraine" statt.

Patriarch Kyrill I.: Russen sollen sich hinter den Kreml stellen

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. sorgt erneut für Irritation im Ausland. In einem Gottesdienst rief er seine Landsleute auf, sich hinter die Staatsführung zu stellen. "Dann wird unser Volk echte Solidarität und die Fähigkeit haben, äußere und innere Feinde abzuwehren", zitiert das Moskauer Patriarchat aus Kyrills Predigt.

Kyrill I. ist ein enger Verbündeter von Kreml-Chef Wladimir Putin. Russlands Krieg gegen die Ukraine rechtfertigte er Anfang März als "metaphysischen Kampf" des Guten gegen das Böse aus dem Westen. International wurden viele seiner Äußerungen zum Krieg scharf verurteilt.

Deutsche Schützenpanzer für die Ukraine?

Die Ukraine will einem Zeitungsbericht zufolge direkt beim Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall deutsche "Marder"-Schützenpanzer kaufen. Wie die "Bild am Sonntag" berichtete, plant der Konzern, bis Jahresende 35 Panzer an die Ukraine auszuliefern. Die ausgemusterten Panzer müssen demnach jedoch zunächst instand gesetzt werden.

Deutscher Panzer vom Typ "Marder" - zukünftig auch in der Ukraine im Einsatz?Bild: Armin Weigel/dpa/picture alliance

Rheinmetall hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass die Bundeswehr sofort einsatzfähige "Marder" an die Ukraine liefert, und danach von Rheinmetall die reparierten Panzer bekommt. Dies lehnte das Bundesverteidigungsministerium aber ab, da die Bundeswehr-"Marder" sowohl an der Nato-Ostflanke als auch für Übung und Ausbildung im Einsatz seien.

Gefangenenaustausch

Die Ukraine und Russland haben nach Kiewer Angaben zum dritten Mal seit Kriegsbeginn Gefangene ausgetauscht. Dabei seien 26 Ukrainer freigekommen. "Zwölf unserer Soldaten, darunter eine Offizierin, kehren nach Hause zurück", erklärte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Samstag im Messengerdienst Telegram. Zudem seien 14 ukrainische Zivilisten freigekommen, unter ihnen neun Frauen. Die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa teilte mit, es seien 14 russische Seeleute freigelassen worden.

Die russischen Truppen sind abgezogen, es bleibt die Zerstörung. Hier in Tschernihiw, nördlich von KiewBild: Zohra Bensemra/REUTERS

Seit dem Beginn der russischen Invasion haben die Ukraine und Russland bereits mehrfach gefangengenommene Soldaten und Zivilisten ausgetauscht. Am 1. April wurden nach Angaben Kiews 86 ukrainische Soldaten bei einem Gefangenenaustausch befreit.

uh/qu/fab/ust/haz (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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