Aktuell: Pistorius wirbt für seinen Kurs
2. Februar 2023Das Wichtigste in Kürze:
- Verteidigungsminister Pistorius bei Panzerbataillon
- Erdgas-Reserven reichen für den Winter
- Selenskyj will EU-Beitritt der Ukraine weiter vorantreiben
- Litauen ruft EU-Partner zur Ausweisung russischer Botschafter auf
- USA werfen Russland Verletzung des "New Start"-Vertrages vor
Verteidigungsminister Boris Pistorius erwartet von der Kampfpanzer-Lieferung an die Ukraine eine bedeutsame Stärkung der ukrainischen Abwehrfähigkeit gegen die russischen Angreifer. "Die Ukraine braucht jede Unterstützung und die Leopard-Panzer, egal ob jetzt diese 2A6 oder andere 2A4, können eine wichtige Rolle in dem Kampf der Ukrainer gegen den Aggressor Russland spielen. Und deswegen versteht am Ende jeder, dass das passieren muss", sagte der SPD-Politiker bei einem Truppenbesuch im westfälischen Augustdorf.
Pistorius warb bei der Truppe um Verständnis für diesen Schritt und kündigte eine möglichst zügige Ersatzbeschaffung an. Er habe Gespräche mit Vertretern der Rüstungsindustrie geführt und sich "über klare Zusagen und Ankündigungen dessen, was möglich ist und geleistet werden kann, sehr gefreut", sagte Pistorius. Er wolle alles dafür tun, dass die Bundeswehr einsatzfähiger und kaltstartfähiger werde, also gefechtsbereit ohne größere Vorbereitungen.
Erdgas reicht für die Heizperiode im Winter
In Hinblick auf die zum Heizen der Haushalte notwendige Erdgas-Versorgung verfügt die Ukraine nach eigenen Angaben über genug Reserven, um durch diesen Winter zu kommen. Stand heute seien elf Milliarden Kubikmeter (bcm) eingelagert, erklärte Energieminister German Galuschtschenko. Zudem stünden für die Stromgewinnung 1,2 Millionen Tonnen Kohle zur Verfügung. Der staatliche Energieversorger Naftogas gab zudem bekannt, dass die norwegische Regierung etwa 200 Millionen Euro zum Kauf von Erdgas beigesteuert habe. Russische Luftangriffe haben nach ukrainischer Darstellung etwa 40 Prozent der Energie-Infrastruktur des Landes beschädigt.
Selenskyj will EU-Beitritt der Ukraine weiter vorantreiben
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will sein Land weiter in Richtung EU führen. In seiner jüngsten Videoansprache sagte Selenskyj, er erhoffe sich "Neuigkeiten" von dem anstehenden Treffen mit EU-Vertretern am kommenden Freitag. Es wird erwartet, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel dazu nach Kiew reisen. "Wir erwarten Entscheidungen unserer Partner in der Europäischen Union, die (...) unserem Fortschritt entsprechen", sagte Selenskyj. "Fortschritt, der offensichtlich da ist - und das sogar trotz des großflächigen Kriegs." In Kiew werde an Reformen gearbeitet.
Im Juni kürte die EU die Ukraine offiziell zum Beitrittskandidaten. Allerdings gibt es einen weitreichenden Kriterienkatalog, den jedes Land erst einmal erfüllen muss. In der Ukraine ist insbesondere die Korruptionsbekämpfung ein Thema. Hierbei kündigte Selenskyj weiteres Durchgreifen an: "Entscheidungen werden getroffen werden", sagte Selenskyj. "Und diejenigen im System, die die zentralen Forderungen des Staates und der Gesellschaft nicht erfüllen, sollten sich nicht auf ihren Posten ausruhen." Erst kürzlich hatte Selenskyj unter anderem zwei unter Korruptionsverdacht stehende Vize-Minister entlassen.
Österreichs Präsident Van der Bellen zu Besuch in Kiew
Zwei Tage vor dem inzwischen bestätigten EU-Ukraine-Gipfel in Kiew ist der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu einem Solidaritätsbesuch in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Mit seiner Reise in das von Russland angegriffene Land wolle er vor allem Unterstützung signalisieren: "Wir stehen an der Seite der Ukraine, wir lassen sie nicht im Stich." Der Angriffskrieg gegen die Ukraine sei vergleichbar mit Kolonialkriegen aus dem 19. Jahrhundert. Die Bevölkerung sei vor die Wahl gestellt worden: "Entweder akzeptiert ihr, eine Provinz Russlands zu sein, die von Moskau aus regiert wird, oder es ist alles kaputt.
Litauen ruft EU-Partner zur Ausweisung russischer Botschafter auf
Litauen hat die anderen EU-Staaten aufgefordert, Russlands Botschafter aus ihren Hauptstädten auszuweisen. Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte in der Hauptstadt des Nachbarlandes Lettland, Riga, die Vertretungen Russlands seien "in den meisten Fällen" keine "diplomatische Institution mehr, sondern eine Propaganda-Institution, die Kriegsverbrechen vertuscht und im Allgemeinen Pläne für einen Völkermord vorantreibt". Es habe "keinen Sinn, einen Botschafter Russlands in einer europäischen Hauptstadt zu haben".
Litauen hatte im April 2022 nach Bekanntwerden des Massakers an ukrainischen Zivilisten in der Stadt Butscha den russischen Botschafter aus Vilnius ausgewiesen. Die beiden anderen baltischen Staaten Estland und Lettland haben kürzlich ihrereseits die russischen Botschafter aus Tallinn und Riga ausgewiesen.
Russland vermeldet Geländegewinne im Donbass
Russland hat unbestätigten eigenen Darstellungen zufolge das Dorf Blahodatne in der Region Donezk eingenommen. Sowohl das Verteidigungsministerium als auch die Söldnergruppe Wagner sprachen davon, den gesamten Ort zu kontrollieren. Ein Vorstoß von Soldaten oder Söldnern wurde nicht unabhängig bestätigt.
Das russische Verteidigungsministerium kündigte überdies an, einen gepanzerten Zug für technische Aufklärung und Minenräumung in die Region zu entsenden. Der Zug könne auch Militärziele in der Luft und am Boden zerstören. Es handle sich um einen "bis an die Zähne bewaffneten Zug", die Soldaten hätten einfache Schusswaffen genau wie großkalibrige Waffen.
Acht Jahre Haft wegen "Fake News"
Der russische Journalist Alexander Newsorow ist von einem Moskauer Gericht in Abwesenheit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er wurde der Verbreitung von "Fake News" über die russische Armee für schuldig befunden. Die russischen Behörden hatten im vergangenen Jahr ein Verfahren gegen Newsorow eingeleitet, weil er in sozialen Medien die Streitkräfte beschuldigt hatte, absichtlich ein Entbindungskrankenhaus in der ukrainischen Stadt Mariupol beschossen zu haben. Die russische Regierung hatte dies damals dementiert. Sollte Newsorow jemals nach Russland zurückkehren, müsse er seine Strafe in einer Strafkolonie verbüßen, teilte das Gericht mit. Newsorow bezeichnete die Ermittlungen als lächerlich.
Netanjahu könnte sich Vermittlerrolle vorstellen
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu wäre möglicherweise bereit, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln. "Wenn alle relevanten Parteien mich fragen, dann denke ich sicher darüber nach, aber ich dränge mich nicht hinein", sagte Netanjahu in einem Interview des US-Senders CNN. Dies müsse "zur richtigen Zeit und unter den richtigen Umständen geschehen". Neben Russland und der Ukraine müssten auch die USA ihn zuvor fragen.
Netanjahu sagte, er sei kurz nach Beginn der russischen Invasion schon einmal gefragt worden. Damals war Netanjahu Oppositionsführer in der Knesset. Er habe daher abgesagt. Im März 2022 traf der damalige israelische Premier Naftali Bennett auf ukrainische Bitte hin Russlands Präsident Wladimir Putin, konnte jedoch keine Friedenslösung aushandeln.
USA werfen Russland Verletzung des "New Start"-Vertrages vor
Das US-Verteidigungsministerium hat Russland vorgeworfen, die Abmachungen des letzten gültigen Atomwaffen-Kontrollvertrags zwischen den beiden Nuklearmächten zu verletzen. Moskau habe Inspektionen ausgesetzt und geplante Rüstungskontrollgespräche abgesagt. Washington beschuldigt Moskau hingegen nicht, die Zahl der Atomsprengköpfe unzulässig erhöht zu haben. Im "New Start"-Vertrag versichern beide Atommächte einander, nicht mehr als je 1550 Atomsprengköpfe auf Lager zu halten.
Inmitten des Ukraine-Krieges hatte Russland im vergangenen November geplante Rüstungskontrollgespräche mit den USA abgesagt und mit einer "Feindseligkeit" Washingtons begründet. Die Staatspräsidenten Joe Biden und Wladimir Putin hatten sich im Februar 2021 auf eine Verlängerung des Abkommens bis 2026 geeinigt.
ehl/mak/pg/qu/haz (dpa, afp, ap, rtr, ORF)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.