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PolitikUkraine

Ukraine aktuell: Polen liefert Kampfjets

16. März 2023

Polen schickt Kampfjets in die Ukraine. Der Bericht eines UN-Ermittlerteams spricht von russischen Kriegsverbrechen auch gegen Kinder. Scholz verspricht im Bundestag kontinuierliche Waffenlieferungen. Ein Überblick.

Mig-29 Kampfjet
Fliegen bald über der Ukraine - Kampfjets des Typs MiG-29 (Archivbild)Bild: Rosanna van de Logt/Zoonar/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Ukraine erhält Kampfjets aus Polen
  • Scholz: Nachschub von Munition wichtige Aufgabe für EU-Gipfel
  • Auch Kinder sind laut UN-Ermittlungen Opfer von Kriegsverbrechen
  • Drohnen-Absturz sorgt für diplomatische Verstimmung
  • Selenskyj sieht Zeichen der Erschöpfung bei Russlands Militär

Fast 13 Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine liefert Polen als erstes Land offiziell Kampfjets an Kiew. In den nächsten Tagen würden vier Maschinen vom Typ MiG-29 übergeben, sagte Präsident Andrzej Duda. Sie stammen noch aus alten DDR-Beständen. Polen hatte kurz nach der Kriegsbeginn im Februar 2022 die Lieferung von Kampfflugzeugen des sowjetischen Typs MiG-29 erwogen. Sie sollten über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland an die Ukraine gehen. Damals kam dies nicht zustande.

Scholz strebt Einigung zu Munitionslieferung an

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet vom EU-Gipfel kommende Woche weitere Schritte, um der Ukraine Munition im Krieg gegen Russland zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam mit den europäischen Partnern werde Deutschland dafür sorgen, dass die Ukraine Waffen und Ausrüstung erhalte, um durchzuhalten und sich zu verteidigen, sagte Scholz bei einer Regierungserklärung im Bundestag. "Ganz besonders wichtig ist, die Ukraine rasch mit der nötigen Munition zu versorgen", sagte Scholz. Ziel der EU-Staats- und Regierungschefs müsse es sein, "eine noch bessere, kontinuierliche Versorgung zu erreichen".  Deutschland sei dabei bereit, seine Beschaffungsvorhaben auch für andere Mitgliedsstaaten zu öffnen.

Die EU werde außerdem den Sanktionsdruck auf Russland aufrechterhalten, sagt Scholz. "Dabei achten wir gemeinsam darauf, dass unsere Sanktionen nicht über Drittstaaten umgangen werden."

Bundeskanzler Olaf Scholz strebt beim EU-Gipfel einen Schulterschluss zu Munitionslieferungen anBild: Wolfgang Kumm/dpa/picture alliance

Kriegsverbrechen gegen Kinder

Russische Truppen haben im Ukraine-Krieg nach Darstellung einer Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats zahlreiche Kriegsverbrechen begangen. Dazu zählten vorsätzliche Tötungen, Angriffe auf Zivilisten, rechtswidrige Gefangenschaft, Vergewaltigung und erzwungene Abschiebungen von Kindern, hieß es in einem in Genf vorgelegten Bericht. Darüber hinaus könnten die Angriffswellen der russischen Streitkräfte auf die Energieinfrastruktur der Ukraine und der Einsatz von Folter Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.

Der Bericht geht insbesondere auch auf den er zwangsweisen Transfer ukrainischer Kinder nach Russland oder in von Russland kontrollierte Gebiete der Ukraine ein. Die Deportation von Kindern im großen Stil "verstößt gegen internationales humanitäres Recht und kommt einem Kriegsverbrechen gleich", erklärten die Ermittler. Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt.

Besonders Kinder sind Opfer von Kriegen - diese Mädchen saß vor einem Jahr in einem Bunker in MariupolBild: Evgeniy Maloletka/AP Photo/picture alliance

Auch die ukrainischen Streitkräfte seien in einigen Fällen zu kritisieren. Willkürliche Angriffe und zwei Fälle von Folterung russischer Kriegsgefangener seien Kriegsverbrechen, so die Kommission.

Für die Ermittlungen reiste die Kommission nach eigenen Angaben acht Mal in die Ukraine und besuchte 56 Städte und Siedlungen. Außerdem seien Gräber, Haft- und Folterstätten inspiziert sowie Fotos und Satellitenbilder ausgewertet worden. Insgesamt seien 600 Betroffene befragt worden. Laut UN-Zahlen wurden seit Beginn des Krieges mehr als 8000 Zivilisten getötet und mehr als 13 000 verletzt. Diese Zahlen spiegelten aber wohl nur einen Teil der wirklichen Zahlen wider, hieß es.

Moskau sieht sich durch US-Drohnen provoziert

Russlands Militär hat dem Pentagon nach dem Absturz einer US-Drohne über dem Schwarzen Meer Provokation vorgeworfen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe darauf verwiesen, dass die USA Flugraumsperrungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg nicht beachtet hätten, betonte das zuständige Ministerium in Moskau. Es bezog sich auf ein Telefonat zwischen Schoigu und seinem US-Amtskollegen Lloyd Austin am Mittwoch.

Russland Verteidigungsminister Schoigu macht den USA Vorwürfe, will aber keine EskalationBild: Russian Defence Ministry/AP/picture alliance

Zudem - so heißt es aus Moskau weiter - hätten die USA ihre Aufklärungstätigkeiten gegenüber Russland verstärkt. Dies sei der Grund für den Vorfall. Flüge strategischer US-Drohnen an der Küste der Krim hätten "provokanten Charakter". Beide Seiten betonten aber auch, kein Interesse an einer Eskalation der Lage zu haben. Nach dem Vorfall verstärkten sich Befürchtungen, dass der Krieg in der Ukraine an Intensität gewinnen könnte und weitere Teilnehmer in den Konflikt hineingezogen würden. 

Eine solche Reaper-Drohne war durch die Kollision mit einem russischen Jet zum Absturz gebracht wordenBild: A1c William Rio Rosado/Us Air/ZUMA Wire/IMAGO

Die über dem Schwarzen Meer abgestürzte US-Militärdrohne hat nach Aussagen von US-Generalstabschef Mark Milley vermutlich keinen Wert mehr. Die Drohne sei US-Eigentum, und es gebe "offen gesagt wahrscheinlich nicht viel zu bergen", sagte er in Washington. Die USA hätten mit Blick auf die von der Drohne gesammelten Informationen "wie in solchen Fällen üblich Maßnahmen der Schadensbegrenzung" ergriffen. Man sei sich sicher, dass sie keinen Wert mehr habe.

Milley sagte weiter, die abgestürzte Drohne befinde sich wahrscheinlich in etwa 1200 bis 1500 Metern Tiefe, man kenne den Ort. Die Bergung sei in dieser Tiefe "für jeden sehr schwierig". Die USA hätten selbst keine Schiffe vor Ort. "Aber wir haben viele Verbündete und Freunde in der Region, die bei den Bergungsarbeiten mithelfen werden."

Zunächst hieß es nach Angaben des US-Militärs, die unbemannte US-Militärdrohne sei am Dienstag in internationalem Luftraum über dem Schwarzen Meer mit einem russischen Kampfjet kollidiert. Inzwischen veröffentlichte das US-Militär ein kurzes Video von dem Vorfall, aufgenommen von der Drohne. Der Beschreibung zufolge waren zwei russische Kampfjets beteiligt. Eines habe über der Drohne Treibstoff abgelassen und den Propeller getroffen. Im Video ist zu sehen, wie Teile des Propellers nach dem zweiten Überflug deformiert und beschädigt sind. Daraufhin hätten die US-Streitkräfte die Drohne in internationalen Gewässern zum Absturz bringen müssen, heißt es in der Videobeschreibung.

Die Amerikaner gaben den Russen die Schuld für den Vorfall, Moskau wies das von sich und erhob seinerseits Vorwürfe gegen Washington. Russland kündigte an, die Trümmer bergen zu wollen, um offenzulegen, was Washington bei der Drohnen-Mission eigentlich vorgehabt habe.

Selenskyj sieht Moskaus Militärkraft erlahmen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat unterdessen betont, dank westlicher Hilfe stehe Russlands Angriff kurz vor dem Moment des Scheiterns. Waffenlieferungen und andere Hilfe "sind jetzt besonders wichtig, wo man spürt, dass die russische Aggression sich dem Moment nähert, wo sie zerbrechen kann", sagte der 45-Jährige in seiner täglichen Videoansprache.

Es sei aber ständiger Druck auf Russland nötig, forderte er. In dem Zusammenhang sei es nötig, das Umgehen der Sanktionen durch Moskau zu verhindern. Beobachter registrieren seit längerem, dass westliche Exporte, die früher nach Russland gingen, nun über Drittländer wie die Türkei weitergeleitet werden, um Handelsrestriktionen zu umgehen. 

Präsident Wolodymyr Selenskyj wendet sich täglich per Videoansprache an seine LandsleuteBild: Presidential Office of Ukraine/picture alliance

Selenskyj ging in seiner Rede auch auf die Entscheidungen ein, die am Mittwoch bei einer weiteren Sitzung des sogenannten Ramstein-Formats getroffen wurden. Über dieses Format - benannt nach dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz als Ort mehrerer Ukraine-Treffen - werden Waffenlieferungen an Kiew koordiniert. Es sei die Lieferung von Munition und Flugabwehrmitteln beschlossen worden, sagte der ukrainische Staatschef.

Berichte über Munitionsmangel bei beiden Kriegsparteien hatten sich zuletzt gehäuft. Selenskyj bedankte sich in diesem Zusammenhang explizit bei Dänemark, das einen Hilfsfonds über rund sieben Milliarden Kronen (940 Millionen Euro) für die Ukraine einrichtet.

Breton will Rüstungskapazitäten ausbauen

EU-Industriekommissar Thierry Breton hat sich angesichts der benötigten Militärhilfe für die Ukraine ein Bild von den Kapazitäten von Rüstungsunternehmen in Bulgarien verschafft. "Es gibt viel Bedarf in den letzten Tagen, insbesondere in Europa, und wir müssen unsere Kapazitäten ausbauen", sagte Breton bei einem Besuch in einem der größten Rüstungsunternehmen des südosteuropäischen Landes, wie das Staatsfernsehen berichtete.

EU-Kommissar Thierry Breton bei seinem Besuch in Sopot, BulgarienBild: Nikolay Doychinov/AFP/Getty Images

Breton verwies auf EU-Beratungen in der vergangenen Woche, bei denen beschlossen worden sei, die Staaten zu besuchen, deren Verteidigungsindustrie den Willen habe, ihre Kapazitäten zu erhöhen. "Wir begannen mit Bulgarien, das eine Tradition und reiche Geschichte in diesem Bereich hat", sagte Breton. Er wurde von Interims-Verteidigungsminister Dimitar Stojanow begleitet.

Die Rüstungsindustrie des einstigen Ostblocklandes kann nach eigenen Angaben einen Teil der von der Ukraine benötigten Munition liefern. Bulgarien entschied sich erst Ende 2022 für ein erstes militärisches Hilfspaket für die Ukraine. Indirekt exportierte das Land aber kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs über Zwischenhändler aus anderen Staaten Waffen in die Ukraine.

haz/mak/ust/gri/fab/qu (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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