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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Putin sieht "Panzer aus dem Westen brennen"

16. Juni 2023

Der russische Staatschef lässt in Sankt Petersburg kräftig die Muskeln spielen. Eine afrikanische Delegation unter Führung Südafrikas besucht die Ukraine. Zeitgleich beschießt Russland Kiew. Ein Nachrichtenüberblick.

Kreml-Herrscher Wladimir Putin bei seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg
Kreml-Herrscher Wladimir Putin bei seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg Bild: Pavel Bednyakov/Photo host Agency RIA Novosti/AP/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Putin gibt Lieferung von Atomsprengköpfen nach Belarus bekannt 
  • Afrikanische Delegation auf Friedenssuche in der Ukraine 
  • Pentagon-Chef sieht genügend Schlagkraft für Gegenoffensive
  • Vier NATO-Staaten liefern Flugabwehrraketen
  • UN-Experten werfen Russlands Militär weitverbreite Folter vor

 

Der russische Präsident Wladimir Putin gibt sich inmitten der ukrainischen Offensive kämpferisch. "Panzer aus dem Westen brennen", sagte Putin auf dem Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. Mehrere Panzer seien zerstört worden, darunter deutsche vom Typ Leopard. "Auch die F-16 werden brennen, daran kann es keinen Zweifel geben", fügte er mit Blick auf Pläne hinzu, die Ukraine mit solchen US-Kampfjets auszurüsten.

Die Ukraine werde bald über kein eigenes Kriegsmaterial mehr verfügen, so Putin weiter. Dann werde das Land komplett von Rüstungsgütern aus dem Westen abhängig sein. Unter diesen Umständen könne es den Krieg nicht lange fortsetzen. Die Armee der Ukraine sei chancenlos gegen die russische. Er warnte erneut davor, dass die NATO durch deren Hilfen für die Ukraine in den Krieg hineingezogen werden könnte.

Der Kremlchef teilte ferner mit, dass Russland die ersten Atomsprengköpfe nach Belarus geschickt habe. "Das sind nur die ersten, bis zum Ende des Sommers, bis zum Ende des Jahres werden wir den Prozess vollständig abgeschlossen haben." Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte Moskau erlaubt, sein Land als Ausgangspunkt für die Offensive gegen die Ukraine zu nutzen. Putins Ankündigung zur Stationierung taktischer Atomwaffen in Belarus hatte Ängste vor einer atomaren Eskalation im Ukraine-Konflikt geschürt.

Die Gruppe um Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa (vorn, zweiter von links) besucht ein Massengrab im Kiewer Vorort ButschaBild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

Afrikanische Delegation in Kiew 

Eine afrikanische Delegation unter Führung von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa ist in Kiew eingetroffen. Außerdem sind die Präsidenten Senegals, Sambias und der Komoren sowie Vertreter der Republik Kongo, Ugandas und Ägyptens beteiligt. Zunächst stand ein Besuch im Vorort Butscha auf dem Programm. Unterdessen wurde Luftalarm in Kiew ausgelöst. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von einer Explosion im zentralen Bezirk Podil. Es habe keine Schäden gegeben. Der ukrainischen Armee zufolge wurden ballistische Raketen auf die Hauptstadt abgefeuert. Das Militär habe zwölf Raketen abgefangen, darunter sechs Hyperschall-Raketen vom Typ Kinschal. Im ganzen Land gab es Luftalarm.

Nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenkskyj rief Ramaphosa hat Kiew und Moskau zur Deeskalation auf: "Dieser Krieg muss beendet werden und es sollte Frieden durch Verhandlungen geben." Es müsse eine Deeskalation von beiden Seiten geben. Am Samstag soll Ramaphosa dann nach Sankt Petersburg weiterreisen, wo er mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammentreffen will.

Im Mai hatte Südafrikas Präsident seine Ambitionen kundgetan, "eine friedliche Lösung für den zerstörerischen Konflikt in der Ukraine zu finden. Er kostet Menschenleben und hat auch Folgen für den afrikanischen Kontinent", sagte Ramaphosa. Südafrika beansprucht offiziell eine neutrale Position in dem Krieg. Allerdings sagen Kritiker der Regierung eine zu große Nähe zu Russland nach, die sich etwa in gemeinsamen Militärmanövern und angeblichen Waffenlieferungen niederschlage. Für Kritik sorgte auch das Stimmverhalten Südafrikas bei den Vereinten Nationen, weil es seit Kriegsbeginn keiner der Resolutionen zustimmte, in denen Russlands Angriffskrieg verurteilt wurde.

Ramaphosa steht auch als Gastgeber des BRICS-Gipfels im August unter Druck: Als Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs müsste Südafrika den per Haftbefehl gesuchten russischen Präsidenten Putin festnehmen. Es wird deshalb erwartet, dass Ramaphosa Putin in Sankt Petersburg von einer Absage seiner Teilnahme überzeugen will.

Tote nach Beschuss von südukrainischem Flutgebiet

In der überfluteten südukrainischen Region Cherson sind laut Behördenangaben vier Menschen durch russischen Beschuss getötet worden. Zwei weitere Personen - Rentnerinnen im Alter von 69 und 86 Jahren - seien verletzt worden, teilte die Militärverwaltung von Cherson auf Telegram mit. Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms am 6. Juni ist die gesamte umkämpfte Region von massiver Überschwemmung betroffen.

Auch wenn das Wasser in Cherson seit Donnerstag um rund 25 Zentimeter gesunken ist, bleiben doch viele Straßen der Stadt überflutet Bild: Ercin Erturk/AA/picture alliance

Bereits am Donnerstag hatte der Chef der Militärverwaltung, Olexander Prokudin, fortlaufende russische Angriffe auf die ukrainisch kontrollierten Flutgebiete beklagt. Die Rettungsaktionen liefen seit dem ersten Tag unter anhaltendem russischen Beschuss, so Prokudin. Am Mittwoch waren zwei freiwillige Retter - darunter ein ausländischer Helfer - durch russisches Artilleriefeuer verletzt worden.

Greta Thunberg: Russische Taten "absolut schrecklich"

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat Russlands Handlungen im Krieg gegen die Ukraine als "absolut schrecklich" verurteilt. Thunberg sprach mit der Ukrainisch-Redaktion der DW am Rande einer Kundgebung anlässlich der vorbereitenden Klimakonferenz in Bonn. Bei der Kundgebung ging es auch um Solidarität für die Ukraine und Aufmerksamkeit für die Umweltschäden durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine. "Wir werden keine Zuschauer und nicht still sein", sagte Thunberg.

Greta Thunberg bei einer Pressekonferenz anlässlich der UN-Klimaverhandlungen in BonnBild: Henning Kaiser/dpa/picture alliance

Textillager in russischer Grenzregion abgebrannt

In der westrussischen Region Kursk nahe der Grenze zur Ukraine ist nach Behördenangaben infolge eines Drohnenangriffs das Lager einer Textilfabrik ausgebrannt. Dies teilte der regionale Zivilschutz mit. Nach Medienberichten wurde zuerst ein Verwaltungsgebäude getroffen, von wo aus sich die Flammen auf das Lager ausweiteten. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen, hieß es.

Russland hat vor knapp 16 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet und attackiert fast täglich Städte und Gemeinden im Nachbarland - auch mit Drohnen und Raketen. In den vergangenen Monaten klagen aber auch zunehmend russische Grenzregionen wie Kursk, Brjansk und Belgorod über Attacken von ukrainischer Seite. Selbst die Hauptstadt Moskau war Ziel von Drohnenangriffen. Kiew hat offiziell eine Beteiligung an diesen Attacken nicht eingestanden.

Pentagon-Chef sieht genügend Schlagkraft für Gegenoffensive

Trotz anfänglicher Verluste besitzt die Ukraine nach Einschätzung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin noch eine große Schlagkraft, um ihre Gegenoffensive auszuführen. "Die Ukraine hat immer noch Kampfvermögen und Kampfkraft", sagte Austin nach einem Treffen mit der Ukraine und westlichen Verbündeten im NATO-Hauptquartier in Brüssel.

In diesem Krieg werde es auf beiden Seiten Gefechtsschäden geben, fügte Austin hinzu. Wichtig sei, dass Kiew die Fähigkeit habe, das beschädigte Material zu reparieren. "Wir werden der Ukraine weiterhin das zur Verfügung stellen, was sie braucht, um erfolgreich zu sein", sagte der US-Verteidigungsminister.

Mit Blick auf Videos, die möglicherweise durch Moskau erbeutete Leopard-Panzer zeigen, sagte Austin: "Ich denke, die Russen haben uns die gleichen fünf Fahrzeuge 1000-mal aus zehn verschiedenen Winkeln gezeigt." US-Generalstabschef Mark Milley sagte, es sei noch viel zu früh, um Einschätzungen darüber abzugeben, wie lange die ukrainische Gegenoffensive dauern werde. Unter Austins Leitung berieten rund 50 Länder der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel über weitere Waffenlieferungen für das Land.

Welche Beitrittsperspektive kann die NATO der Ukraine anbieten? – DW-Korrespondentin Alexandra von Nahmen

03:19

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Vier NATO-Staaten liefern Flugabwehrraketen

Die Ukraine bekommt von vier NATO-Staaten Hunderte zusätzliche Flugabwehrraketen für ihre Gegenoffensive gegen Russland und den Schutz kritischer Infrastruktur. Damit sollten die dringendsten Bedürfnisse im Bereich der Luftverteidigung angegangen werden, teilten die USA, Großbritannien, Dänemark und die Niederlande nach einem Treffen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe in Brüssel mit.

Die Lieferung der Raketen kurzer und mittlerer Reichweite habe bereits begonnen und solle innerhalb einiger Wochen abgeschlossen sein. Der Schritt sei notwendig, um den Erfolg der ukrainischen Gegenoffensive zu gewährleisten.

Auch Deutschland beteiligt sich: Nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius werden 64 weitere Raketen für das bereits gelieferte System Patriot an die Ukraine abgegeben.

Selenskyj sieht Ukraine auf dem Weg in EU und NATO

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich erfreut über die Unterstützung des Europaparlaments für einen NATO- und EU-Beitritt seines Landes gezeigt. "Das Europäische Parlament hat eine kraftvolle Resolution zur Unterstützung der europäischen und euroatlantischen Bestrebungen unseres Volkes angenommen", sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Es gebe nun einen klaren Appell an die Staats- und Regierungschefs der EU, einen Weg für den Beitritt festzulegen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag bei seiner Videoansprache an die Schweizer Parlamentarier in BernBild: DENIS BALIBOUSE/REUTERS

Das EU-Parlament hatte zuvor die NATO aufgefordert, der Ukraine nach dem Ende des russischen Angriffskriegs den Weg ins westliche Verteidigungsbündnis zu ebnen. In einer in Straßburg verabschiedeten rechtlich nicht bindenden Entschließung heißt es, das Verfahren zum Beitritt solle nach Kriegsende beginnen und so rasch wie möglich abgeschlossen werden. 425 Abgeordnete stimmten dafür, 38 dagegen. 42 enthielten sich. Bis zur vollständigen NATO-Mitgliedschaft sollten EU und NATO einen befristeten Rahmen für Sicherheitsgarantien entwickeln, der unmittelbar nach dem Krieg umgesetzt werden soll.

UN-Experten werfen Russlands Militär Folter vor

Die Vereinten Nationen werfen dem russischen Militär weitverbreitete Folter vor. Ukrainische Zivilisten und Kriegsgefangene sollten unter anderem mit Elektroschocks und Scheinhinrichtungen dazu gebracht werden, Informationen preiszugeben, erklären UN-Experten in einem in Genf veröffentlichten Schreiben an die russische Regierung. Auch würden mit Folter Geständnisse erzwungen und angebliche Unterstützung der ukrainischen Truppen geahndet. Die Opfer erlitten innere Verletzungen, Knochenbrüche, Schlaganfälle und psychische Traumata.

Während zuvor auch gegen die ukrainische Seite Vorwürfe der Folter erhoben worden waren, gehen die UN-Experten beim russischen Militär davon aus, dass die Gewalt vom russischen Staat mindestens geduldet oder auch angeordnet wird. Ein Sprecher der russischen Vertretung in Genf war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Regierung in Moskau hat Anschuldigungen zurückgewiesen, Kriegsgefangene zu foltern oder Zivilisten in der Ukraine anzugreifen.

USA: Russlands Öl-Einnahmen massiv eingebrochen

Russlands Einnahmen aus dem Erdöl-Handel sind nach Angaben der US-Regierung in den ersten fünf Monaten des Jahres fast um die Hälfte eingebrochen. Obwohl Russland heute mehr Rohöl exportiere als zu Beginn seines Angriffskrieges gegen die Ukraine, seien die Verkaufserlöse im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent zurückgegangen, erklärte US-Vizefinanzminister Wally Adeyemo bei einer Veranstaltung der Denkfabrik Center for a New American Security in Washington. Russland verdiene nun weniger Geld, da sein Öl mit einem Abschlag von 25 Prozent im Vergleich zu Erdöl aus anderen Ländern gehandelt werde, fügte Adeyemo mit Blick auf den Preisdeckel für russisches Öl hinzu.

Wegen des Ukraine-Kriegs hatten westliche Staaten Anfang Dezember eine Preisobergrenze für russisches Rohöl von 60 Dollar pro Barrel eingeführt. Außerdem gilt seit Kurzem zusätzlich ein Preisdeckel für russische Erdölprodukte. Präsident Wladimir Putin redet die Wirkung der Restriktionen für die russische Wirtschaft stets klein.

sti/ehl/jj/qu/bru (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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