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Konflikte

Aktuell: Putin warnt den Westen

5. Juni 2022

Russland erhöht den Druck auf die Ukraine - mit Raketen auf Kiew und neuen Drohungen von Kremlchef Wladimir Putin. Nachrichten im Überblick.

Russland Präsident Wladimir Putin Interview
Kremlchef Putin (r.) im Interview bei "Rossija 1"Bild: Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin via REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Putin droht mit "Mitteln der Vernichtung"  
  • Spanien will Ukraine Leopard-Panzer liefern
  • Russische Raketen schlagen in Kiew ein
  • Selenskyj beklagt Kulturdenkmal-Zerstörung 
  • Papst wirbt für "Kultur des Friedens"

 

Der russische Staatschef Wladimir Putin hat für den Fall einer Lieferung westlicher Raketen mit hoher Reichweite an die Ukraine mit schweren Angriffen auf das Land gedroht. "Wenn sie liefern, dann werden wir daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen und unsere Mittel der 'Vernichtung', von denen wir genug haben, einsetzen, um jenen Objekten Schläge zu versetzen, die wir bisher nicht angreifen", sagte Putin in einem Interview des Staatsfernsehsenders "Rossija 1". Ziel der westlichen Waffenlieferungen sei es, den Konflikt in der Ukraine möglichst in die Länge zu ziehen, meinte er.

Gelassen zeigte sich der Kremlchef allerdings mit Blick auf die von den USA angekündigte Lieferung hochmoderner Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars. Für die Ukraine ändere sich damit nichts Grundsätzliches an der Verteilung der Kräfte, sagte Putin. 

Moderne Panzer für die Ukraine?

Spanien will nach einem Bericht der Zeitung "El País" der Ukraine deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A4 sowie Luftabwehrraketen liefern. Es handele sich um eingemottete Panzer, die erst für den Einsatz vorbereitet werden müssten, schreibt das Blatt unter Berufung auf Informationen aus dem Verteidigungsministerium in Madrid. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Panzern solle zunächst in Lettland und später in Spanien erfolgen.

Es wäre das erste Mal, dass die Ukraine im Kampf gegen die russische Armee moderne westliche Panzer erhielte. In Deutschland haben Politiker der Regierungspartei SPD bisher betont, es gebe eine informelle Übereinkunft unter den NATO-Staaten, solche Waffen nicht zu liefern.

Kampfpanzer Leopard 2 A4 (Archivbild) Bild: Csaba Krizsan/dpa/picture alliance

Erste Angriffe auf Kiew seit Ende April

Die russische Luftwaffe hat erstmals seit Wochen wieder die ukrainische Hauptstadt Kiew angegriffen. Bomber vom Typ Tu-95 hätten am Sonntag Raketen auf die Stadt abgefeuert, teilten die ukrainische Luftwaffe und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko mit. Zwei Stadtteile im Osten seien von Explosionen erschüttert worden. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, es seien unter anderem Panzer zerstört worden, die europäische Länder nach Kiew gelieferte hätten. 

Russische Rakete über Atomkraftwerk

Nach Angaben des ukrainischen AKW-Betreibers Energoatom ist ein russischer Marschflugkörper in einer "kritisch niedrigen Höhe" über das Atomkraftwerk Piwdennoukrainska (AKW Süd-Ukraine) geflogen. Vermutlich sei es eine Rakete gewesen, die in Richtung Kiew abgefeuert wurde, teilte der staatliche Betreiber im Kurznachrichtendienst Telegram mit. Das AKW ist das zweitgrößte Atomkraftwerk der Ukraine. Es liegt rund 350 Kilometer südlich von Kiew in der Nähe in der Region Mykolaiw. 

"UNESCO ist kein Platz für Barbaren"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland eine massive Zerstörung von Kulturdenkmälern, Kirchen und anderen religiösen Stätten in der Ukraine vorgeworfen. Das sei Grund genug, dass Land aus der UNESCO, der Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen, auszuschließen, erklärte Selenskyj. "Die UNESCO ist kein Platz für Barbaren." Russland sei ein "Terrorstaat", der mit seiner Artillerie das historische Erbe zerstöre.​​​​​​​In gleich zwei Videobotschaften warf der Staatschef den russischen Streitkräften vor, eine große Holzkirche in Swjatohirsk (Swjatogorsk) beschossen und in Brand gesetzt zu haben. Auf Bildern war zu sehen, dass das Bauwerk mit den Zwiebeltürmen lichterloh brannte. Das russische Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe zurück und beschuldigte die ukrainischen Streitkräfte, selbst das Feuer verursacht zu haben.

Ruine einer kürzlich zerstörten Kirche in der UkraineBild: Celestino Arce Lavin/ZUMA Press Wire/ZUMAPRESS/picture alliance

Seit Beginn des Krieges am 24. Februar habe Russland bereits mehr als 2500 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, berichtete Selenskyj weiter. "Unsere Helden halten die Stellung und tun alles, um dem Feind maximale Verluste zuzufügen."

Mit Blick auf den Schwerpunkt der Kämpfe im Donbass in der Ostukraine meinte der Staatschef, es werde der Tag kommen, an dem Russland das Gebiet in Ruhe lassen werde. Dafür sei nur der Befehl eines Menschen entscheidend, sagte er, ohne Kremlchef Wladimir Putin beim Namen zu nennen. 

Gefechte um Sjewjerodonezk dauern an

Im Kampf um die Großstadt Sjewjerodonezk im Donbass haben sowohl Russland als auch die Ukraine Erfolge vermeldet. Russland werfe sein "ganzes Gewicht" in diese Schlacht, erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj. Die ukrainischen Kräfte "drängen sie aber jetzt zurück". Das russische Verteidigungsministerium meldete hingegen, ukrainische Einheiten seien aus Sjewjerodonezk in Richtung Lyssytschansk abgezogen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Sjewjerodonezk ist die größte Stadt in der Region Luhansk, die noch unter ukrainischer Kontrolle steht. Erklärtes Ziel Russlands ist es, den wirtschaftlich wichtigen Donbass im Osten der Ukraine komplett zu besetzen.

Franziskus rückt Kriegsleid in den Blick

Unterdessen warb Papst Franziskus zum Pfingstfest für eine "Kultur des Friedens". Die Welt sei geprägt von den Pandemie-Folgen, von Hunger und Leid in vielen Teilen der Erde, sagte er in einer Videobotschaft. Zudem gebe es Krieg - "Krieg zwischen Brüdern, Krieg unter Christen", so der 85-Jährige mit Blick auf die "Invasion der Ukraine". Die schwierige Lage im Jemen, im Libanon sowie das "Martyrium" der muslimischen Rohingya-Minderheit sprach er ebenfalls an.

Papst Franziskus nutzte bei der Pfingstmesse im Petersdom einen RollstuhlBild: picture alliance/dpa/AP

Besonders Staatenlenker sollten sich für friedliche Konfliktlösungen einsetzen, mahnte das Oberhaupt der katholischen Kirche - ohne konkrete Namen zu nennen. Die Geschichte werde ein Urteil über ihre Bemühungen fällen. Doch auch jeder Einzelne sei aufgerufen, in seinem Alltag Liebe zu verbreiten und den Hass zu besiegen. Auf diese Weise könne es gelingen, die Welt zu verändern.

Ukraine verpasst WM-Ticket

Das kleine Fußballmärchen in düsteren Zeiten ist ausgeblieben: Die Nationalmannschaft der vom Krieg gebeutelten Ukraine hat das letzte europäische Ticket für die WM-Endrunde in Katar dramatisch verpasst. Im Play-off-Endspiel in Cardiff unterlag die Mannschaft von Trainer Oleksandr Petrakow gegen Gastgeber Wales durch ein Eigentor des früheren Dortmunders Andrij Jarmolenko  0:1.

AA prüft Bericht über Tod eines Deutschen

Die Ukraine hat erstmals den Tod eines freiwilligen Kämpfers aus Deutschland gemeldet. Auch drei Freiwillige aus Frankreich, Australien und den Niederlanden seien unter den "gefallenen Waffenbrüdern", teilte die "Internationale Legion für die Verteidigung der Ukraine" in Kiew mit. Die Namen der Männer wurden ebenfalls genannt, nicht aber der Zeitpunkt und der Ort ihres Todes. Aus dem Auswärtigen Amt (AA) in Berlin hieß es, die deutsche Botschaft bemühe sich um Aufklärung und stehe mit den ukrainischen Stellen in Kontakt, die entsprechende Nachrichten verbreitet hätten.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte Freiwillige aus der ganzen Welt aufgerufen, sich dem Kampf gegen die russische Armee anzuschließen. Dazu wurde die Legion gegründet, die inzwischen aktiv rekrutiert. Das russische Militär meldet immer wieder die "Vernichtung" von Söldnern, die Zahl der getöteten Ausländer geht nach Darstellung Moskaus in die Tausenden.

Grünen-Chef mit unmissverständlicher Position 

Der Co-Vorsitzende der deutschen Grünen, Omid Nouripour, hat einen Sieg der Ukraine im Krieg gegen Russland als Ziel genannt. "Die Ukrainer müssen ihre Souveränität, ihre territoriale Integrität und ihre Freiheit zurückerlangen", sagte Nouripour der Funke-Mediengruppe. "Wir werden keinen Quadratzentimeter okkupierten ukrainischen Bodens anerkennen." 

Die Frage, ob die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen solle, beantwortete Nouripour mit "Ja". Er fügte hinzu: "Aber wir sagen der Ukraine nicht, was sie zu tun hat. Wenn sie diese Territorien zurückerobern will, dann unterstützen wir sie. Und wenn sie verhandeln will, dann unterstützen wir sie auch."

Omid Nouripour (l.) mit Olaf Scholz am Freitag im BundestagBild: Florian Gaertner/photothek/picture alliance

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Minister hatten mit Blick auf den Krieg immer wieder die Formulierung verwendet, Russland dürfe nicht gewinnen oder die Ukraine dürfe nicht verlieren. Dies warf Fragen auf, warum sie stattdessen nicht ausdrücklich einen Sieg der Ukraine forderten. 

"Es wird keine militärische Lösung geben"

Dietmar Bartsch, der Fraktionsvorsitzende der Partei "Die Linke" im Bundestag, hat sich klar gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine positioniert. "Ich bin strikt dagegen, dass Deutschland mehr Waffen, schwerere in die Ukraine exportiert", sagte Bartsch dem Deutschlandfunk (Dlf). Er frage sich, was das Ziel solcher Waffenlieferungen sei und was es bedeuten solle, wenn es heiße, die Ukraine müsse den Krieg gewinnen.

"Ich bin der Überzeugung, dass es keine militärische Lösung geben wird", so Bartsch. Ein Waffenstillstand müsse daher das oberste Ziel sein. "Am Ende des Tages muss sich Russland an einen Verhandlungstisch setzen müssen." Zugleich betonte er, dass die Ukraine ein Recht auf Selbstverteidigung habe.

Dietmar Bartsch (M.) mit Parteifreunden bei einer Demo in Berlin (Archiv)Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Seiner Ansicht nach führe die Diskussion in Deutschland über Waffenlieferungen in die Irre, sagte Bartsch. "Wir dürfen nicht unterschätzen, dass die Kriegsgefahr auch für Deutschland größer wird. Und da haben auch Menschen Angst", betonte der Linken-Fraktionschef.

Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Warum Frieden im Ukraine-Krieg derzeit illusorisch ist

AU-Präsident kündigt Reise nach Kiew an

Nach seiner Unterredung mit Kremlchef Putin will der Präsident der Afrikanischen Union (AU), Senegals Staatsoberhaupt Macky Sall, auch Gespräche in Kiew führen. "Ja (...), ich werde auch nach Kiew reisen", sagte Sall beim Gipfel der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (Ecowas) in Accra. Dies sei "wichtig, um zu einer Rückkehr zum Frieden beizutragen".

Sall war am Freitag von Putin in der Schwarzmeer-Stadt Sotschi empfangen worden. Dabei hatte der AU-Chef mit Blick auf die Kämpfe in der Ukraine deutlich gemacht, dass "die Krise und die Sanktionen wirtschaftlich schwachen Ländern wie denen in Afrika ernsthafte Probleme bereiten". Nach dem Treffen äußerte sich Sall "sehr beruhigt und glücklich über unseren Austausch" mit dem russischen Staatschef.

Macky Sall mit Wladimir Putin in SotschiBild: Mikhail Klimentyev/Sputnik/AP Photo/picture alliance

Afrikanische Staaten beziehen mehr als die Hälfte ihrer Getreideeinfuhren aus der Ukraine und Russland. In ukrainischen Häfen lagern derzeit dutzende Millionen Tonnen Getreide, die wegen des Konflikts mit Russland nicht ausgeführt werden können. Die Ukraine ist eines der führenden Anbauländer für Mais, Weizen und Sonnenblumen. Auch Russland gehört zu den weltweit wichtigsten Getreideproduzenten.

wa/fab/se/haz/qu (dpa, afp, rtr, kna)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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