1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Ukraine: Russischer Krim-Admiral wirklich tot?

Veröffentlicht 26. September 2023Zuletzt aktualisiert 26. September 2023

Der Kommandant der russischen Schwarzmeerflotte soll durch ukrainische Spezialkräfte getötet worden sein. Moskau dementiert - und zeigt zum Beweis Fotos und Videos von Viktor Sokolow. Der Überblick.

Der Befehlshaber der russischen Schwarzmeerflotte, Admiral Viktor Sokolow (l.), bei einer Videokonferenz des Moskauer Verteidigungsministeriums
Der Befehlshaber der russischen Schwarzmeerflotte, Admiral Viktor Sokolow (l.), bei einer Videokonferenz des Moskauer VerteidigungsministeriumsBild: Russian Defense Ministry/AA/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

 

  • Rätsel um den angeblichen Tod des Kommandanten der Schwarzmeerflotte
  • Ukraine bringt Getreideschiffe an Rumäniens Donau-Ufer in Sicherheit
  • Russland wehrt weitere Drohnenangriffe ab
  • Deutschland und Estland beschaffen gemeinsam Munition
  • Ungarn verzögert weiter Schwedens NATO-Beitritt
  • USA helfen Polen bei Militär-Erneuerung mit Milliarden-Kredit

 

Einen Tag, nachdem die Ukraine die angebliche Tötung des Befehlshabers der russischen Schwarzmeerflotte meldete, hat Moskau Bilder von Admiral Viktor Sokolow bei einer Konferenz verbreitet. Ein vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlichtes Foto zeigt Sokolow in Militäruniform, wie er an einer von Verteidigungsminister Sergej Schoigu geleiteten Videokonferenz teilnimmt. Laut dem Ministerium fand die Runde an diesem Dienstag statt. In einem später vom Ministerium verbreiteten achtminütigen Video ist Sokolow mehrfach zu sehen, allerdings ohne dass er spricht.

Die Ukraine hatte am Montag erklärt, Sokolow sei am Freitag gemeinsam mit 33 weiteren russischen Offizieren bei einem Raketenangriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der Krim-Halbinsel getötet worden. Moskau, das zu eigenen Verlusten in der Regel keine Angaben macht, hatte nach dem Angriff auf das Hauptquartier lediglich einen Vermissten gemeldet.

Russlands Ex-Präsident zu Truppenbesuch in Donezk

Der russische Ex-Präsident und stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, ist zu einem Truppenbesuch in die ostukrainische Region Donezk gereist. Medwedew erklärte im russischen Online-Netzwerk VKontakte, er habe "auf Anweisung des Präsidenten" Wladimir Putin "einen Schießplatz in der Nähe der Kontaktlinie auf dem Territorium der Volksrepublik Donezk besucht". Seit Jahresbeginn seien "mehr als 325.000 Menschen" für die russischen Streitkräfte rekrutiert worden, fügte er hinzu. Anfang des Monats hatte er die Zahl 280.000 genannt. Unabhängig überprüfen lassen sich die Zahlen nicht.

Dmitri Medwedew, Vize-Vorsitzender des russischen Sicherheitsrats und Ex-Staatschef, begrüßt in Donezk Soldaten Bild: ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Medwedew gilt als einer der lautesten Unterstützer der Offensive in der Ukraine und kritisiert den Westen immer wieder in aggressiv formulierten Beiträgen in Onlinediensten. Russland hatte im vergangenen Jahr die Annexion der vier ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson erklärt, kontrolliert jedoch keine der Regionen vollständig.

Getreideschiffe zur Sicherheit an Rumäniens Donau-Ufer

Aus Furcht vor russischen Luftangriffen bringen die ukrainischen Getreide-Transporteure seit Wochen immer wieder nachts ihre Schiffe vorübergehend am rumänischen Ufer des Donau-Arms Chilia unter, der die Grenze zur Ukraine bildet. Diese Schutzmöglichkeit hätten Diplomaten der EU und der USA im August mit rumänischen und ukrainischen Behörden ausgehandelt, sagte der Direktor des rumänischen Schwarzmeer-Hafens Constanta, Florian Vizan, der Deutschen Presse-Agentur. Das Umladen von Getreide auf ukrainischer Seite von einem Schiff auf das andere müsse oft wegen drohender Angriffe unterbrochen werden. Dann würde die Schiffe sicherheitshalber auf die rumänische Seite verlegt. Deswegen dauerten die Getreideexporte derzeit so lange.

Ein großer Teil der ukrainischen Getreideexporte läuft über den rumänischen Hafen Constanta, weil die ukrainischen Schwarzmeer-Häfen wegen der russischen Angriffe nicht zur Verfügung stehen. Russland hatte im Juli das 2022 von den Vereinten Nationen initiierte Abkommen zum Transport von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer aufgekündigt.

Der Donauhafen in Ismajil wurde bei dem Angriff schwer zerstört Bild: Odesa Region Administration/AP Photo/picture alliance

Bei einem russischen Luftangriff auf den wichtigen Hafen Ismajil unweit der rumänischen Grenze wurden in der Nacht zwei Menschen verletzt. Zudem sei Infrastruktur getroffen worden, teilt der Gouverneur der südukrainischen Oblast Odessa, Oleh Kiper, auf Telegram mit. Ein Hafengebäude, Lager und mehr als 30 Lastwagen und andere Fahrzeuge seien beschädigt worden. Seit Wochen greift Russland verstärkt die ukrainischen Donau-Häfen an der Grenze zu Rumänien an, um die Getreidetransporte zu verhindern.

Russland meldet Abwehr von Drohnenangriffen

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums hat die eigene Luftabwehr mehrere ukrainische Drohnenangriffe auf Ziele in den Grenzregionen Belgorod und Kursk abgewehrt. Mindestens elf Drohnen seien zerstört worden. In einer separaten Meldung auf Telegram teilte das Ministerium mit, sieben Drohnen seien über Belgorod und vier über Kursk abgeschossen worden. Die Meldungen konnten nicht unabhängig verifiziert werden. Die Ukraine hat sich bisher nicht dazu geäußert.

Bereits am Sonntag war die Gebietshauptstadt Kursk mit Drohnen angegriffen worden. Eine soll das Gebäude des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB getroffen haben, eine zweite eine Ölraffinerie, wie Medien in Kiew unter Berufung auf den ukrainischen Militärgeheimdienst meldeten.

Berlin und Tallinn munitionieren sich gemeinsam

Estland hat sich Deutschland für eine gemeinsame Beschaffung von Munition für die Ukraine angeschlossen. Dies teilte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bei einem Treffen mit seinem estnischen Amtskollegen Hanno Pevkur in Tallinn mit. Dies ermögliche es der Industrie, die Produktionskapazitäten zu erhöhen. "Munition, das lernen wir jeden Tag, ist und bleibt ein entscheidender Faktor für die Widerstandsfähigkeit der Ukraine", betonte Pistorius. Auch Pevkur sagte, dass neues, frisches Geld in die Verteidigung investiert werden müsse, um mehr Munition zu beschaffen. "Wir müssen darauf hoffen, dass die Industrie bereit ist, mehr zu produzieren, sagte er und verwies auch auf ein von Estland initiiertes EU-Programm zur Lieferung von einer Million Artilleriegeschossen an die Ukraine.

Der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur (l.) und sein deutscher Kollege Boris Pistorius in einer Halle der Luftwaffenbasis ÄmariBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Estland hat bereits gemeinsam mit Lettland den Kauf des deutschen Mittelstrecken-Flugabwehrsystems Iris-T vereinbart. Ausdrücklich verwiesen Pistorius und Pevkur auch auf die in gemeinsamer Initiative gefertigten Feldlazarette, die in die Ukraine geliefert wurden. Die beiden Minister hatten zuvor die estnische Luftwaffenbasis Ämari besucht, die immer wieder von der deutschen Luftwaffe als Basis für die NATO-Mission zur Luftraumüberwachung über den baltischen Staaten genutzt wird. Dort wird Deutschland im November erneut mit Kampfjets und Personal das "NATO Air Policing Baltikum" übernehmen.

Selenskyj rechnet mit weiterer Militärhilfe

Nach Übergabe der ersten US-Panzer vom Typ Abrams hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zuversichtlich gezeigt, weitere lang erwünschte Militärhilfe zu erhalten. Dazu zählten Kampfflugzeuge vom Typ F-16, Flugabwehrsysteme sowie Langstreckenwaffen.

"Um unser gesamtes Staatsgebiet abzudecken, brauchen wir mehr Systeme, als wir derzeit haben", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache am Montagabend. Die Ukraine hofft unter anderem auf Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland. Bislang gibt es aus Berlin allerdings keine Zusage.

Abrams-Panzer der US-Armee (Archiv)Bild: U.S. Army/abaca/picture alliance

Früher am Tag hatte der Staatschef bekannt gegeben, dass die ersten Abrams-Panzer in der Ukraine eingetroffen seien. Insgesamt haben die Vereinigten Staaten die Übergabe von 31 Kampfpanzern an das von Russland angegriffene Land angekündigt. Die Panzer seien "eine erhebliche Verstärkung" für die Ukraine, betonte Selenskyj.

Ungarn blockiert weiter NATO-Beitritt Schwedens

Im Ringen um einen NATO-Beitritt Schwedens hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban einer schnellen Ratifizierung durch sein Land eine Absage erteilt. Er könne "nichts Dringendes" erkennen, das ihn "dazu zwingen" würde, Schwedens Kandidatur zu ratifizieren, erklärte er im Parlament in Budapest. Die Sicherheit Schwedens sei in "keinster Weise" gefährdet, fügte Orban hinzu.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban im Parlament in BudapestBild: Zoltan Mathe/dpa/MTI/AP/picture alliance

Weiter forderte der Regierungschef Stockholm auf, seine Politik der "Verunglimpfung" und die regelmäßigen Äußerungen zu Ungarns Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit einzustellen.

Budapests Kritik an Schweden hatte sich in den vergangenen Wochen verschärft, nachdem ein in Schulen gezeigtes Video aus dem Jahr 2019 aufgetaucht war, in dem von einem "demokratischen Niedergang" Ungarns die Rede ist. In einem Brief warf der ungarische Außenminister Peter Szijjarto seinem schwedischen Amtskollegen vor, dass in Schulen "schwere Anschuldigungen und Falschinformationen" verbreitet würden.

Schweden hatte als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ebenso wie das Nachbarland Finnland beschlossen, in die NATO eintreten zu wollen. Während Finnland mittlerweile in das Verteidigungsbündnis aufgenommen wurde, scheiterte der Beitritt Schwedens bislang am Veto Ungarns und der Türkei.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte sich mittlerweile bereit, sein Veto aufzuheben, betonte jedoch, dass die Ratifizierung durch sein Land nicht vor Oktober erfolgen werde.

USA gewähren Polen Milliardenkredit

Zur Modernisierung des polnischen Militärs haben die USA mit Warschau eine Vereinbarung über einen Milliardenkredit getroffen. Das US-Außenministerium gab in Washington bekannt, Polen solle ein Direktdarlehen in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar (1,89 Milliarden Euro) erhalten. Solche Direktdarlehen seien ein Instrument, das einigen der wichtigsten Sicherheitspartner der USA vorbehalten bleibe.

Polen erhält für die Modernisierung seiner Armee einen Milliardenkredit von den USABild: Wojtek RADWANSKI/AFP

"Polen ist ein treuer Verbündeter der Vereinigten Staaten, und Polens Sicherheit ist für die kollektive Verteidigung der Ostflanke der NATO von entscheidender Bedeutung", hieß es zur Begründung. Die US-Regierung stelle für die Kosten des Darlehens bis zu 60 Millionen Dollar zur Verfügung. Dies werde dazu beitragen, die Modernisierung der polnischen Verteidigung zu beschleunigen, indem Beschaffungen von Rüstungsgütern aus den USA unterstützt würden.

Polen arbeitet angesichts des Krieges im Nachbarland Ukraine und der Bedrohung durch Russland daran, das eigene Militär aufzurüsten. In diesem Jahr will das EU- und NATO-Land vier Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben - die NATO hatte sich in Friedenszeiten ein Ziel von zwei Prozent gesetzt. Zur Modernisierung von Armee und Luftwaffe hat Polen Milliardendeals mit den USA und Südkorea abgeschlossen.

sti/fab/mak/wa/kle/se (afp, rtr, dpa, ap)