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Politik

Aktuell: Republik Moldau erhält große Finanzspritze

15. Juli 2022

Bei der Geberkonferenz für Moldau sind Finanzhilfen von 600 Millionen Euro zusammengekommen. Der ukrainische Präsident Selenskyj nennt Russland nach dem Raketenangriff auf Winnyzja einen "Terrorstaat". Ein Überblick.

Außenministerin Annalena Baerbock in Rumänien
Bundesaußenministerin Baerbock wird von ihrem rumänischen Kollegen Aurescu begrüßtBild: Sina Schuldt/picture alliance/dpa

Das Wichtigste in Kürze:

  • 600 Millionen Finanzhilfe für Republik Moldau angekündigt
  • Selenskyj fordert Einstufung Russlands als "Terrorstaat"
  • Keine iranischen Drohnen für Russland
  • EU-Experten: Sanktionen gegen Russland wirken
  • NASA kooperiert wieder mit Russland

 

Die internationale Gemeinschaft unterstützt die Republik Moldau mit weiteren 600 Millionen Euro, um die drastischen Folgen des Ukraine-Kriegs abzufedern. Diese vorläufige Summe für eines der ärmsten Länder Europas nannte der rumänische Außenminister Bogdan Aurescu in Bukarest nach einer Geberkonferenz, an der mehr als 30 Länder teilnahmen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte als Co-Vorsitzende 77 Millionen Euro zu. "Wir sind alle gesprungen und haben klargemacht: In der Politik geht es darum zu handeln und nicht nur um Worte", sagte die Grünen-Politikerin. Die Lage in der ehemaligen Sowjetrepublik sei "nach wie vor wahnsinnig schwierig", so Baerbock in Bukarest. Moldau habe im Verhältnis zur Einwohnerzahl "die meisten Geflüchteten aus der Ukraine aufgenommen". Zugleich liege die Inflationsrate im Land bei 29 Prozent. Das kleine Land Moldau hat seit Kriegsbeginn Zehntausenden Menschen aus dem Nachbarland Zuflucht gewährt, derzeit sind noch 70.000 dort. Die Energiekosten sind in Moldau deutlich stärker gestiegen als in Deutschland.

Der größte Teil der deutschen Hilfsgelder - 40 Millionen Euro - soll daher armen Privathaushalten zugutekommen, die besonders stark unter den Preissteigerungen leiden. 20 Millionen Euro sollen in den Ausbau erneuerbarer Energien und die Förderung effizienter Energienutzung investiert werden. 17 Millionen Euro fließen in die Flüchtlingshilfe. Außerdem soll das Land materielle Unterstützung erhalten, zum Beispiel Videodrohnen, Geländewagen oder Dokumenten-Prüfgeräte für den Grenzschutz. Der Haushaltsausschuss des Bundestags muss der Finanzhilfe noch zustimmen.

Auf der Unterstützerkonferenz waren Vertreter von 30 Ländern anwesendBild: Thomas Trutschel/photothek/picture alliance

Nach Angaben von Aurescu soll noch in diesem Jahr eine weitere Konferenz in Frankreich stattfinden, im nächsten Jahr dann eine in der moldauischen Hauptstadt Chisinau. "Diese Plattform soll ein permanentes Instrument werden, das konstant finanzielle und technische Ressourcen schafft, um Moldau zu unterstützen", sagte Aurescu.

Moldau ist das ärmste Land Europas. Im April waren Moldau bei einer ersten internationalen Geberkonferenz in Berlin Finanzhilfen in Höhe von insgesamt mehr als 700 Millionen Euro zugesagt worden.

Baerbock schließt Lockerung der Sanktionen aus

Zudem hat Baerbock eine Lockerung der vom Westen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine verhängten Sanktionen ausgeschlossen. Auch ein solcher Schritt würde die Gasversorgung aus Russland nicht sicherstellen, "sondern wir wären doppelt erpressbar", sagte die Grünen-Politikerin bei einer Diskussion mit Bürgern in Bremen.

Für die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gibt es keine Alternative zu Sanktionen gegen RusslandBild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Würde man akzeptieren, dass jemand "auf brutalste Art und Weise" internationales Recht breche, dann wäre das "eine Einladung an all diejenigen, die Menschenrechte, Freiheit und Demokratie mit Füßen treten". Daher werde Deutschland die Ukraine unterstützen, "solange sie uns braucht", betonte Baerbock. "Und daher werden wir auch diese Sanktionen aufrechterhalten und zugleich sicherstellen, dass bei uns die Gesellschaft nicht gespalten wird."

Selenskyj fordert Einstufung Russlands als "Terrorstaat"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland nach dem Raketenangriff im Zentrum der Großstadt Winnyzja im Westen des Landes einen "Terrorstaat" genannt. "Kein anderer Staat in der Welt stellt eine solche terroristische Gefahr dar wie Russland", sagte Selenskyj in einer Videoansprache. Und kein anderes Land auf der Welt nehme sich heraus, jeden Tag mit seinen Raketen und seiner Artillerie "friedliche Städte und alltägliches menschliches Lebens" zu vernichten.

Bei dem Angriff am Donnerstag in der weit von der Frontlinie entfernten Stadt wurden nach jüngsten Angaben 23 Menschen getötet, darunter drei Kinder. Viele weitere werden noch vermisst. Drei Raketen sollen in einem Bürozentrum eingeschlagen sein. Daraufhin sei ein Feuer ausgebrochen und habe etwa 50 parkende Autos erfasst, hieß es. Laut Selenskyj wurde auch ein medizinisches Zentrum getroffen.

Das russische Verteidigungsministerium bezeichnete den Raketenbeschuss dagegen als Angriff gegen ein militärisches Objekt. Der Angriff auf das "Haus der Offiziere" sei während einer Besprechung dort erfolgt, an der "die Militärführung der ukrainischen Streitkräfte und ausländische Waffenlieferanten" teilgenommen hätten, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Seinen Angaben nach wurden alle Teilnehmer der Sitzung getötet.

Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Präsident Selenskyj fordert ein Kriegsverbrechertribunal gegen Russland Bild: Ukrainian Presidential Press Off/Planet Pix/ZUMA/picture alliance

Die Vereinten Nationen und die Europäische Union haben die russischen Angriffe auf zivile Einrichtungen in Winnyzja scharf verurteilt. UN-Generalsekretär António Guterres sei "entsetzt", erklärte ein Sprecher. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einem "Akt der Grausamkeit".

Pro-russische Separatisten melden weitere Geländegewinne

In der Region Donezk im Osten der Ukraine stehen die pro-russischen Separatisten nach eigenen Angaben kurz vor der Stadt Soledar. Zwei Dörfer am östlichen Stadtrand seien eingenommen worden, hieß es. Der ukrainische Generalstab dementierte diese Angaben. Die ukrainischen Truppen seien dort zwar schwer unter Beschuss, hätten aber keine Geländeverluste hinnehmen müssen, sagte ein Sprecher in Kiew.

Iran: Keine Drohnen für Russland

Der iranische Außenminister Hussein Amirabdollahian hat der Ukraine versichert, keine Drohnen nach Russland zu liefern. "Die amerikanischen Behauptungen diesbezüglich waren grundlos und mehr ein Propagandaakt vor der (Israel-)Reise von US-Präsident (Joe) Biden", sagte Amirabdollahian seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba. Sein Land habe sich stets für eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise eingesetzt, so der iranische Chefdiplomat nach einer Meldung der Nachrichtenagentur IRNA.

Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater von Präsident Biden, hatte am Montag gesagt, es gebe Hinweise, wonach der Iran Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen wolle. In diesem Zusammenhang bereite sich der Iran laut Sullivan auch darauf vor, Drohnen, die auch Waffen transportieren können, bereitzustellen.

Der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian (Archivbild)Bild: Vahid Salemi/AP Photo/picture alliance

Sanktionen gegen Russland wirken laut EU-Experten

Die gegen Russland verhängten EU-Sanktionen entfalten nach bislang unter Verschluss gehaltenen Daten ihre Wirkung. Wie Experten der EU-Kommission der Deutschen Presse-Agentur bestätigten, betreffen zielgerichtete Handelsbeschränkungen mittlerweile russische Exportgeschäfte, die vor dem Krieg ein Volumen von mehr als 73 Milliarden Euro im Jahr hatten. Prozentual gesehen geht es um 48 Prozent der bisherigen Ausfuhren Russlands in die EU. Hinzu kommt unter anderem, dass innerhalb von rund vier Monaten russische Vermögenswerte von rund 13,8 Milliarden Euro eingefroren wurden - zum Beispiel von Oligarchen und anderen Unterstützern von Kremlchef Wladimir Putin. Milliardenschwere Reserven der russischen Zentralbank können ebenfalls nicht mehr abgerufen werden.

Russlands Präsident Putin behauptet nach wie vor, die Sanktionen hätten keinen EinflussBild: Mikhail Metzel/Sputnik/AP/picture alliance

EU will Importstopp gegen russisches Gold verhängen

Die Europäische Union will einen Importstopp gegen russisches Gold verhängen. EU-Vizekommissionspräsident Maros Sefcovic sagte am Rande eines Europaminister-Treffens in Prag, geplant seien "Sanktionen gegen Gold, das ein wichtiges Exportgut Russlands ist". Diplomaten zufolge könnten sich die EU-Außenminister am Montag in Brüssel mit dem Kommissionsvorschlag für die neuen Strafmaßnahmen befassen.

Ende Juni hatten bereits die USA, Großbritannien, Japan und Kanada vor dem Gipfel der sieben großen Industriestaaten (G7) auf Schloss Elmau ein Einfuhrverbot für russisches Gold angekündigt. Für die drei europäischen G7-Länder Deutschland, Frankreich und Italien würde dann das EU-Embargo greifen.

Russisches Gold soll bald sanktioniert seinBild: Alexander Ryumin/ITAR-TASS/IMAGO

Festgenommener Brite in Ostukraine gestorben

Der britische Staatsbürger Paul Urey, der im April von russischen Einheiten gefangen genommen worden war, ist tot. Eine Vertreterin der prorussischen Separatisten teilte auf Telegram mit, Urey sei am 10. Juli in der Haft gestorben. Urey war nach Angaben seiner Familie als humanitärer Helfer in der Ukraine unterwegs. Seine Mutter hatte bekanntgegeben, ihr Sohn sei Diabetiker und benötige Insulin-Gaben.

Die Ombudsfrau der selbsternannten "Volksrepublik" Donezk, Daria Morosowa, erklärte dagegen, Urey sei kein humanitärer Helfer, sondern ein Söldner gewesen. Er habe sich an Kampfhandlungen in der Ukraine beteiligt und in der Region Donezk auch Söldner rekrutiert und ausgebildet. Die Vertreterin der Separatisten fügte hinzu, der Brite habe an mehreren chronischen Krankheiten gelitten und psychische Probleme gehabt. Trotz "der Schwere der Verbrechen", die ihm vorgeworfen worden seien, habe Urey in der Haft eine "angemessene medizinische Versorgung" erhalten. Dennoch sei er angesichts "seiner Diagnose und des Stresses" gestorben. Ein Sprecher der britischen Regierung sagte in London, die Berichte über den Tod von Paul Urey seien "alarmierend". "Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freunden."

NASA kooperiert wieder mit Russland

Die US-Raumfahrtbehörde NASA will die Kooperation mit Russland bei Flügen zur Internationalen Raumstation ISS trotz des Ukraine-Krieges wieder aufnehmen. Aus Sicherheitsgründen und um "die US-Präsenz im Weltraum" zu sichern, werde es ab September wieder gemeinsame Flüge von NASA-Astronauten mit russischen Kosmonauten in russischen Sojus-Raketen geben, teilte die Behörde mit. Die Vereinbarung sei im beidseitigen Interesse, erklärte die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos. Damit werde "die Erforschung des Weltraums zu friedlichen Zwecken" erleichtert.

Eine Sojus-Rakete bringt einen russischen Kosmonauten ins All (Archivbild)Bild: Shamil Zhumatov/REUTERS

Russische Raumfahrer sollen demnach erstmals auch die im Auftrag der USA fliegenden SpaceX-Raketen nutzen können. Geplant ist derzeit, dass zwei US-Astronauten bei zwei verschiedenen Raummissionen in russischen Sojus-Raketen mitfliegen. Die erste dieser Missionen ist demnach für September geplant. Im Gegenzug sollen zwei Russen in einer SpaceX-Rakete mitfliegen. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar hatte der Westen Sanktionen gegen Roskosmos verhängt. Auf der ISS ging die Zusammenarbeit jedoch weiter.

Ukrainisches Präsidialamt für bessere Erfassung gelieferter Waffen

Ein hochrangiger Berater Selenskyjs hat sich für eine verbesserte Erfassung der Waffenlieferungen aus dem Westen ausgesprochen. Der Leiter des Präsidialamts, Andrij Jermak, appellierte an das Parlament in Kiew, ein Komitee einzusetzen, das die Wege der Waffen kontrolliert. Die EU-Kommission hatte sich besorgt gezeigt, dass ein Teil der Waffen aus der Ukraine herausgeschmuggelt werden und in den Händen krimineller Banden in Europa landen könnte.

Jermak schrieb dazu im Onlinedienst Telegram, alle vom Westen gelieferten Waffen würden "registriert und an die Kriegsfront geschickt". Zugleich betonte er jedoch, dass das ukrainische Parlament an der Kontrolle der Waffenlieferungen beteiligt sein solle. Ziel der Ukraine sei, unter dem Kriegsrecht so transparent wie möglich zu sein. Transparenz sei "das beste Rezept gegen russische Manipulation und Falschinformationen".

Chefankläger fordert Zusammenarbeit bei Verfolgung von Kriegsverbrechen in Ukraine

Unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine haben westliche Staaten bekräftigt, sich für eine konsequente Strafverfolgung von Kriegsverbrechern einzusetzen. Sie verpflichteten sich zum Abschluss einer Konferenz am Donnerstag in Den Haag, mehr Geld und Experten zur Verfügung zu stellen und bei den Ermittlungen enger zusammenzuarbeiten.

Feuerwehrleute löschen in Winnyzja bei dem Raketenangriff in Brand geratene FahrzeugeBild: State Emergency Service of Ukraine/REUTERS

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Karim Khan, sagte: "Ich hoffe, dass wir den Prozess beschleunigen und den Opfern zeigen können: Das Recht ist nicht machtlos." Das Weltstrafgericht hatte gemeinsam mit der EU-Kommission und den Niederlanden die Tagung einberufen, um die Strafverfolgung von mutmaßlichen Kriegsverbrechern in der Ukraine zu koordinieren. Zu den 45 beteiligten Staaten gehörten auch Deutschland, die USA, Australien und Kanada.

Schulze warnt bei Getreidestreit vor zu viel Optimismus

Nach der Annäherung im Streit über die Freigabe ukrainischer Getreideexporte aus der Ukraine hat Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze vor zu großem Optimismus gewarnt. "Eine Einigung auf sichere Transportmöglichkeiten von Getreide aus der Ukraine über den Seeweg wäre eine Erleichterung für die hungernden Menschen weltweit", sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Aber die Erfahrung mit Kremlchef Putin zeige, dass man sich darauf nicht verlassen sollte.

Getreideverladestation bei Odessa im Süden der Ukraine (Archivbild)Bild: STR/NurPhoto/picture alliance

International vermittelte Gespräche über eine Beendigung der russischen Seeblockade im Schwarzen Meer haben nach UN-Angaben einen ersten Durchbruch gebracht. In der kommenden Woche wollen sich die Delegationen der Ukraine und Russlands ein zweites Mal in Istanbul treffen. Das teilte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar nach dem ersten Gespräch in der Metropole am Bosporus mit. Er signalisierte, in der nächsten Woche könne eine Einigung verkündet werden über die Freigabe von 20 bis 25 Millionen Tonnen Getreide, das derzeit in ukrainischen Häfen gelagert ist. Die Ukraine war vor dem russischen Angriffskrieg einer der größten Getreideexporteure weltweit.

kle/jj/as/nob/qu/ie (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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