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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Sanktionen gegen Russlands Kriegsmaschine

19. Mai 2023

Die G7-Staaten wollen mit neuen Strafmaßnahmen Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine erschweren. Die USA unterstützen die Lieferung von F-16-Kampfjets. Ein Überblick.

Der britische Regierungschef Rishi Sunak, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Kanadas Premierminister Justin Trudeau, US-Präsident Joe Biden, Japans Regierungschef Fumio Kishida, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, EU-Ratspräsident Charles Michel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz
Die Teilnehmer des G7-Gipfels - rechts Bundeskanzler Olaf Scholz Bild: Kenny Holston/NYT/AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • G7-Gruppe will Russlands "Kriegsmaschinerie" lahmlegen
  • Moskau verhängt Einreiseverbot für 500 US-Bürger
  • USA wollen Lieferung von F-16-Kampfjets an Ukraine ermöglichen
  • Greenpeace zur "unerwünschten Organisation" in Russland erklärt
  • Selenskyj: Erfolge bei Abwehr und Angriff in Bachmut

 

Die G7-Staats- und Regierungschefs haben sich entschlossen gezeigt, mit weiteren Sanktionen Russland den Krieg gegen die Ukraine zu erschweren. Bei ihrem Gipfeltreffen im japanischen Hiroshima vereinbarten sie, "Russland die G7-Technologien, Industrieausrüstung und Dienstleistungen zu entziehen, die seine Kriegsmaschinerie unterstützen". Die angekündigten Sanktionen umfassen Exportbeschränkungen für Güter, die "entscheidend für Russland auf dem Schlachtfeld" sind, und Strafmaßnahmen gegen Unternehmen und Organisationen, die für Moskau Kriegsmaterial an die Front bringen. 

Scholz begrüßt "breiten Konsens"

Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte die Beschlüsse. Es sei ein "breiter Konsens" gefunden worden, die Ukraine humanitär, finanziell, aber auch mit Waffenlieferungen zu unterstützen, "solange wie das erforderlich ist", sagte Scholz nach dem ersten Tag der Beratungen. Die Botschaft an Russland sei, "dass ein fairer Frieden nur möglich ist, wenn Russland einsieht, dass es diesen Krieg beenden muss und Truppen zurückziehen muss". 
Kurz vor dem Gipfelstart in Japan hatten die USA als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ein neues Paket an Sanktionen angekündigt. Geplant sei unter anderem, etwa 70 Unternehmen und Organisationen aus Russland und anderen Ländern von US-Exporten abzuschneiden, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter. Außerdem sollen mehr als 300 Einzelpersonen, Unternehmen und Organisationen, Schiffe und Flugzeuge mit anderen Strafmaßnahmen belegt werden. Ziel sei es, den wirtschaftlichen Druck auf Russland zu erhöhen und es der dortigen Führung noch schwerer zu machen, die Kriegsmaschinerie zu unterhalten. 

Großbritannien kündigte ebenfalls neue Strafmaßnahmen an. Das Vereinigte Königreich wird laut Premierminister Rishi Sunak ein Importverbot für russische Diamanten sowie Kupfer, Aluminium und Nickel aus Russland verhängen. Die EU will den Handel mit russischen Diamanten "begrenzen", wie Ratspräsident Charles Michel mitteilte.

Die M1A1-Abrams-Panzer wollen die USA bis zum Herbst an die Ukraine liefern (Archivbild)Bild: INTS KALNINS/REUTERS

Von der Leyen wirbt für Ausbau militärischer Hilfe

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat beim G7-Gipfel für einen weiteren Ausbau der militärischen Unterstützung für die Ukraine plädiert. "Wir müssen der Ukraine jetzt die Instrumente an die Hand geben, die sie braucht, um sich erfolgreich zu verteidigen und um volle Souveränität und territoriale Integrität zurückzugewinnen", sagte sie in Hiroshima. Es gelte, so lange wie nötig die erforderliche militärische und finanzielle Unterstützung zu leisten. Friedensverhandlungen, die den Angreifer und das Opfer auf eine Stufe stellten, müssten abgelehnt werden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (l.) und die anderen G7-Teilnehmer gedenken zum Auftakt im Friedenspark von Hiroshima des US-Atombombenabwurfs von 1945Bild: Naoki Maeda/Yomiuri Shimbun/AP/picture alliance

Zu den bisherigen Sanktionen gegen Russland sagte von der Leyen, allein die EU-Ausfuhrverbote beträfen Waren mit einem Vorkriegshandelsvolumen in Höhe von etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr. Dies entspreche einem Anteil von 55 Prozent. Die EU-Einfuhrverbote für Waren aus Russland betreffen demnach 60 Prozent der Vorkriegsausfuhren mit einem Wert von etwa 90 Milliarden Euro. Von der Leyen schränkte allerdings ein, dass die Sanktionen immer häufiger umgangen würden.

Selenskyj reist zum G7-Gipfel nach Japan

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt derzeit persönlich am Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Saudi-Arabien teil. Das gab der Präsident im Onlinedienst Telegram bekannt. Wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters sagte, wird Selenskyj anschließend vom Tagungsort Dschidda aus mit einer französischen Regierungsmaschine zum G7-Gipfel nach Hiroshima weiterfliegen. Der ukrainische Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Olexij Danilow, sagte im Fernsehen: "In Hiroshima werden sehr wichtige Dinge entschieden, daher ist die physische Anwesenheit unseres Präsidenten höchst wichtig, um unsere Interessen zu vertreten."

Am Samstag war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erstmals seit Beginn des Angriffskriegs in Italien Bild: NSA via ZUMA Press/picture alliance

Russland verhängt Einreiseverbot für 500 US-Bürger

Als Reaktion auf das neue Sanktions-Paket der USA gegen Russland hat Moskau ein Einreiseverbot gegen 500 US-Bürger verhängt. Dies sei die Antwort auf die "regelmäßigen antirussischen Sanktionen" der Regierung von US-Präsident Joe Biden, deren Absicht es sei, Russland maximalen Schaden zuzufügen, teilte das Außenministerium in Moskau mit.

In der Auflistung ist auf Position 268 auch der frühere US-Präsident Barack Obama neben anderen aktuellen und ehemaligen Politikern. Die Liste enthalte auch "Leiter von Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes, die Waffen an das Regime in Kiew liefern". Die USA haben unmittelbar vor dem Start des G7-Gipfels in Japan ein neues Paket an Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine angekündigt. 

In Russland nicht mehr erwünscht: der frühere US-Präsident Barack Obama (Archiv)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Biden unterstützt Kampfjet-Ausbildung ukrainischer Piloten 

Die USA wollen die Lieferung von Kampfjets des Typs F-16 an die Ukraine ermöglichen. Wie ein ranghoher US-Beamter am Freitag am Rande des G7-Gipfels in Japan ankündigte, sollen zunächst Piloten ausgebildet werden. Dann werde man entscheiden, wann und wie viele Flugzeuge geliefert werden und wer sie zur Verfügung stellt, sagte er. Biden habe die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten bei den Beratungen am Freitag informiert, dass die Vereinigten Staaten "die Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfflugzeugen der vierten Generation, einschließlich der F-16, unterstützen werden", erklärte der Regierungsbeamte.

Die Ausbildung werde außerhalb der Ukraine an Standorten in Europa stattfinden und Monate dauern. Mit der Zusage erfüllt US-Präsident Joe Biden seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj einen bereits vor Monaten vorgebrachten Wunsch. Großbritannien und die Niederlande hatten bereits am Dienstag eine F-16-Initiative für die Ukraine angekündigt. Die Ukrainer bitten seit langem um Kampfjets westlicher Bauart für die Verteidigung ihres Landes gegen den Angreifer Russland. Sie haben bislang aus dem Westen lediglich Kampfjets sowjetischer Bauart vom Typ MiG-29 erhalten. 

F-16-Kampfjet der US-Luftwaffe: Das Flugzeug gilt als MultitalentBild: Ssgt. Trevor T. Mcbride/U.S. Air/ZUMA Wire/imago images

Greenpeace schließt Büro in Russland

Russland hat die Umweltorganisation Greenpeace zur "unerwünschten Organisation" erklärt. Die Organisation habe versucht, sich in die inneren Angelegenheiten des Staates einzumischen und betreibe antirussische Propaganda, indem sie Sanktionen gegen Russland fordere, begründete die Generalstaatsanwaltschaft ihre Entscheidung. Damit wird die weitere Tätigkeit von Greenpeace in Russland quasi verboten.

Der russische Ableger der Umweltschutzorganisation erklärte daraufhin, seine Arbeit in dem Land einzustellen. Die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft mache jegliche Greenpeace-Aktivität in Russland illegal. Die Bezeichnung "unerwünscht" wurde seit Einführung dieser rechtlichen Klassifizierung im Jahr 2015 auf zahlreiche ausländische Organisationen und Gruppen in Russland angewandt. Sie dient oft als Vorstadium für ein vollständiges Verbot durch das Justizministerium. Neben Greenpeace hat die Staatsanwaltschaft in diesem Jahr unter anderem Transparency International und die Sacharow-Stiftung als "unerwünscht" erklärt.

Der Moskauer Greenpeace-Ableger kämpft in Russland vor allem für mehr Bewusstsein für Umweltverschmutzung (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

Die USA korrigieren Wertangaben

Das US-Verteidigungsministerium hat den Wert der aus eigenen Beständen abgerufenen Militärhilfen für die Ukraine um rund drei Milliarden US-Dollar zu hoch angegeben. Grund dafür sei ein Buchungsfehler, teilte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Den Berechnungen seien in einigen Fällen die Wiederbeschaffungskosten der zur Verfügung gestellten militärischen Ausrüstung und nicht ihr Nettowert zugrunde gelegt worden. Dadurch sei es zu der Überbewertung gekommen, so Singh. Die Unstimmigkeiten seien während einer regulären Rechnungsprüfung aufgefallen.

Das Verteidigungsministerium hatte den Gesamtwert der US-Militärhilfen an die Ukraine seit Kriegsbeginn zuletzt mit mehr als 36,9 Milliarden US-Dollar (knapp 33,7 Milliarden Euro) angegeben. Diese Zahl dürfte nun nach unten korrigiert werden.

Russische Raketen und Drohnen trafen Ziele 

Die russischen Streitkräfte haben bei neuen Luftangriffen auf die Ukraine mehrere Ziele getroffen. Die ukrainische Flugabwehr konnte nach eigenen Angaben nicht alle Drohnen und Raketen abfangen. Drei Marschflugkörper und sechs Drohnen seien eingeschlagen, meldete die ukrainische Luftwaffe im Internetdienst Telegram. Insgesamt habe das russische Militär 22 Drohnen und sechs Marschflugkörper bei dieser Attacke eingesetzt. Nähere Angaben machte das ukrainische Militär nicht.

Zuvor waren Explosionen aus der südostukrainischen Industriestadt Krywyj Rih und der westukrainischen Metropole Lwiw gemeldet worden. Dabei gab es mindestens zwei Verletzte.

Ukrainische Soldaten vor einer Woche in der Nähe von BachmutBild: Libkos/AP Photo/picture alliance

Lob vom Präsidenten

Die ukrainische Armee stößt nach eigener Darstellung in schweren Kämpfen bei Bachmut weiter vor. "In einigen Gebieten sind unsere Truppen um bis zu einen Kilometer vorgerückt", schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar auf Telegram. Präsident Selenskyj sprach seinen Soldaten in seiner allabendlichen Videoansprache ein besonderes Lob aus. "Zum einen haben die Verteidigungsbrigaden gute Arbeit geleistet, sie haben die wichtigsten strategischen Aufgaben erfüllt", sagte Selenskyj. "Und die Offensivbrigaden machen ihre Sache gut." Details zu den Kampfhandlungen und weiteren Schritten, die er am Donnerstag mit dem Militärkabinett besprochen hatte, wollte Selenskyj bewusst nicht nennen.

Der Papst wird aktiv

Papst Franziskus hat offenbar eine geheime Friedensmission gestartet. Die gewöhnlich gut informierte Rom-Korrespondentin der argentinischen Tageszeitung "La Nacion" berichtete, dass der Papst zwei vertraute Kardinäle mit Friedensbotschaften nach Moskau und Kiew entsenden wolle.

Laut Informationen der Zeitung will Franziskus den aus Rom stammenden Kardinal Matteo Zuppi nach Kiew schicken. Zuppi ist Kardinal von Bologna und Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz. Zudem ist er der Gemeinschaft von Sant'Egidio eng verbunden, die für den Vatikan schon wiederholt in delikaten Vermittlerfunktionen bei internationalen Konflikten tätig war.

Nach Moskau wolle der Papst seinen Ostkirchen-Spezialisten, Kardinal Claudio Gugerotti, entsenden, heißt es in dem Bericht. Gugerotti spricht fließend Russisch und hat in der Vergangenheit als Vatikan-Diplomat in mehreren Staaten der ehemaligen Sowjetunion gedient. Zuletzt hatte Gugerotti am 3. Mai überraschend den Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Metropolit Antonij, in Rom getroffen.

se/jj/fab/wa (dpa, rtr, kna, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.