Ukraine aktuell: Selenskyj beim G7-Gipfel
20. Mai 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Präsident Selenskyj zu Gast in Hiroshima
- Russland warnt vor Lieferung von F-16-Kampfjets
- USA kündigen ein 375-Millionen-Militärhilfenpaket an
- Wagner-Chef Prigoschin erklärt Bachmut für komplett eingenommen
- Papst ernennt Kardinal Zuppi zum Sonderbeauftragten für Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt in Japan am Gipfeltreffen der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) in Hiroshima teil. Er will mit den Staats- und Regierungschefs der G7 über neue militärische und wirtschaftliche Hilfen beraten. Selenskyj bedankte sich nach der Ankunft bei den Verbündeten, dass sie den Weg für die Lieferung von Kampfjets grundsätzlich frei gemacht haben.
"Ein großartiger Beschluss"
"Ich bin sehr glücklich", sagte er dem ZDF und machte klar, nicht mit einer zeitnahen Lieferung zu rechnen. "Ich glaube, die Entscheidung bedeutet nicht, dass wir all diese Verteidigungsmittel morgen haben werden. Wir müssen uns vorbereiten. Aber trotzdem: Es ist ein großartiger Beschluss." Selenskyj traf Bundeskanzler Olaf Scholz sowie den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den britischen Premier Rishi Sunak sowie die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni einzeln zu Gesprächen.
Bei seinem ersten Treffen mit Selenskyj seit Beginn der russischen Invasion bot Indiens Ministerpräsident Narendra Modi Hilfe an, um den Krieg zu beenden. "Indien und ich werden alles tun, was wir können", sagte Modi nach Angaben der indischen Nachrichtenagentur ANI am Rande des Gipfels. Indien unterhält gute Beziehungen zu Russland, von dem es Rüstungsgüter und Energie bezieht.
In Hiroshima will sich Selenskyj auch mit US-Präsident Joe Biden treffen. Schon vor der Zusammenkunft lobte er die von Biden verkündete Beteiligung der Vereinigten Staaten an der sogenannten Kampjet-Koalition als "historische Entscheidung". "Dies wird unsere Armee am Himmel erheblich stärken", twitterte Selenskyj.
Am Sonntag, nach seinen bilateralen Gesprächen, wird Selenskyj zum Abschluss der dreitägigen Gipfelberatungen an den Sitzungen des Gipfel-Plenums teilnehmen.
G7-Staaten sagen Selenskyj beim Gipfel weitere Hilfen zu
Die Staats- und Regierungschefs der führenden demokratischen Industrienationen sagten dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bereits in einer vorab veröffentlichten Gipfelerklärung weitere Hilfen zu: "Wir ergreifen konkrete Maßnahmen, um die Ukraine angesichts des fortdauernden illegalen russischen Angriffskriegs so lange zu unterstützen, wie dies nötig ist.". Russlands brutaler Angriffskrieg stelle "eine Bedrohung für die ganze Welt" dar und verletze "grundlegende Normen, Regeln und Prinzipien der internationalen Staatengemeinschaft", schrieben die G7-Staaten. Man verpflichte sich, die "diplomatische, finanzielle, humanitäre und militärische Unterstützung für die Ukraine zu verstärken" und die Kosten für Russland und seine Unterstützer zu erhöhen.
Biden hatte die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten bei den Beratungen am Freitag informiert, dass die Vereinigten Staaten die Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfflugzeugen der vierten Generation, einschließlich der F-16, unterstützen werden, wie ein ranghoher US-Beamter mitteilte. Bisher unterstützen Großbritannien, die Niederlande, Belgien und Dänemark diese Kampfjet-Koalition. Auch Frankreich wird dazugerechnet, obwohl das Land keine F-16-Jets besitzt.
Russland warnt vor Lieferung von F-16-Jets
Unterdessen warnte die russische Führung westliche Staaten vor einer Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine. Vizeaußenminister Alexander Gruschko beschuldigt westliche Staaten in diesem Zusammenhang, sie hielten an einem Eskalationsszenario fest. "Das zieht kolossale Risiken für sie nach sich", sagte Gruschko nach einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Die Ukraine hat bisher keine Zusage zur gewünschten Lieferung von F-16-Jets erhalten.
Weitere Militärhilfen aus den USA
US-Präsident Joe Biden wird während seines Aufenthalts in Hiroshima, wo er am G7-Gipfel teilnimmt, ein Militärhilfepaket in Höhe von 375 Millionen US-Dollar für die Ukraine ankündigen, so ein US-Beamter. Das Paket umfasse Artillerie, Munition und HIMARS-Raketenwerfer.
Prigoschin verkündet Eroberung von Bachmut - Ukraine widerspricht
Nach monatelangen erbitterten Kämpfen um die ostukrainische Stadt Bachmut hat Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin die Stadt Bachmut für komplett eingenommen erklärt. Es ist nicht das erste Mal, dass der Chef der russischen Söldner-Truppe Wagner solche Meldungen verbreitet. In einem an diesem Samstag veröffentlichten Video verkündet er - breitbeinig in Uniform und mit der russischen Flagge in der Hand - die Eroberung: "Heute um 12 Uhr mittags wurde Bachmut vollständig eingenommen", sagt Prigoschin in dem Video. Er kündigte eine Übergabe der Stadt an das russische Militär an. Die Wagner-Kräfte zögen sich vom 25. Mai an aus Bachmut zurück. Von der russischen Regierung lag zunächst keine Stellungnahme vor.
Die Ukraine wies Prigoschins Angaben als falsch zurück, bezeichnete die Lage der eigenen Truppen in Bachmut allerdings als schwierig. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar sprach von andauernden schweren Kämpfen in der Stadt. "Die Lage ist kritisch", schrieb Maljar bei Telegram.
Bachmut ist Schauplatz der bisher längsten und schwersten Kämpfe seit der russischen Invasion der Ukraine vor 15 Monaten. Die unter hohen Opfern umkämpfte Stadt hat für beide Seiten einen hohen Symbolwert, während die strategische Bedeutung als begrenzt gilt.
Mariupol wieder Angriffsziel
Der Flughafen der von russischen Truppen besetzten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine wurde am Freitagabend von einer Serie von Explosionen erschüttert. Das berichtete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf die örtlichen Behörden. In sozialen Netzwerken kursierten Videoaufnahmen von Explosionen, deren Grund und Auswirkungen zunächst nicht bekannt waren. Weder das russische noch das ukrainische Militär äußerten sich zu dem Zwischenfall.
Russische Truppen hatten die Hafenstadt am Asowschen Meer im Vorjahr nach monatelangen schweren Kämpfen erobert. Dabei wurden große Teile der Stadt zerstört.
Papst ernennt Kardinal Zuppi zum Sonderbeauftragten für Ukraine
Papst Franziskus hat den italienischen Kardinal Matteo Maria Zuppi zum Sonderbeauftragten des Vatikans für den Ukraine-Krieg ernannt. Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz - zugleich Erzbischof von Bologna - solle "eine Mission leiten, die dazu beitragen soll, den Konflikt in der Ukraine zu entspannen", teilte ein Vatikan-Sprecher mit. Der Zeitpunkt einer solchen Mission sowie deren Art und Weise würden derzeit noch geprüft.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche hat immer wieder eine Friedenslösung angemahnt. Franziskus aber vermeidet seit Beginn des Angriffskrieges, sich klar auf eine Seite zu schlagen. Er argumentiert, nur so könne er eine neutrale Institution für mögliche Friedensgespräche bleiben. Die Ukraine kritisierte dies schon öfter, so auch Selenskyj nach seinem Besuch vor einer Woche im Vatikan.
qu/uh/kle/se/fab/wa (dpa, rtr, afp, ap)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.