Ukraine aktuell: Selenskyj lobt neues EU-Sanktionspaket
26. Februar 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Selenskyj würdigt neue EU-Sanktionen als "kraftvoll"
- USA: Werden russische Annexion der Krim nie anerkennen
- Schwarzer mit "Aufstand für den Frieden" zufrieden
- Macron setzt Hoffnungen in chinesische Führung
- Putin wirft NATO "Beteiligung" am Krieg vor
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das zehnte Sanktionspaket der Europäischen Union gegen Russland als wichtigen Schritt gelobt. "Es ist kraftvoll, gegen die Militärindustrie und den Finanzsektor des Terrorstaates und gegen die Propagandisten gerichtet, die die russische Gesellschaft in Lügen ertränkt haben und versuchen, ihre Lügen auf der ganzen Welt zu verbreiten", erklärte Selenskyj. "Das wird ihnen definitiv nicht gelingen", fügte der Staatschef in seiner Videobotschaft am Samstagabend hinzu. Zugleich pochte er einmal mehr auf Strafmaßnahmen auch gegen Russlands Nuklearindustrie. Konkret erwarte sein Land "entschlossene Schritte" unter anderen gegen den russischen Staatskonzern Rosatom, twitterte Selenskyj.
Die EU hat ihre neuen Sanktionen gegen Russland inzwischen in Kraft gesetzt. Sie wurden am Samstagabend mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union wirksam.
Unter anderem belegt die Europäische Union damit 87 weitere Individuen und 34 juristische Personen mit Strafmaßnahmen, die ihrer Ansicht nach auf die ein oder andere Weise zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beitragen. Darunter ist etwa die Alfa-Bank, die als Russlands größtes Finanzinstitut in Privatbesitz gilt. Auch wurden stellvertretende Minister, russische Regierungsbeamte, Verantwortliche für die Deportation und Zwangsadoption ukrainischer Kinder und neue Mitglieder des russischen Föderationsrats auf die Sanktionsliste gesetzt. Sie alle dürfen nicht mehr in die Europäische Union einreisen und ihre etwaigen Vermögen in der EU werden eingefroren. Außerdem umfasst das Sanktionspaket weitere Exportbeschränkungen.
USA: Werden russische Annexion der Krim nie anerkennen
Die US-Regierung hat erneut deutlich gemacht, die Einverleibung der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland niemals anzuerkennen. "Vor neun Jahren ist Russland in die Ukraine eingedrungen und hat die Krim besetzt - ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht und gegen die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price. Man erkenne die Annexion der Halbinsel durch Russland nicht an und werde dies auch niemals tun. "Die Krim gehört zur Ukraine", so Price.
Der 26. Februar war vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj 2020 zum Tag des Widerstands gegen die russische Besetzung der Krim erklärt worden. 2014 hatte es vor der russischen Annexion an diesem Tag die letzte große pro-ukrainische Demonstration vor dem Regionalparlament gegeben, mehrere Menschen kamen dabei ums Leben. Seit etwas mehr als einem Jahr stemmt sich die Ukraine zudem gegen den russischen Angriffskrieg. Kiew hat sich eine Rückeroberung aller Gebiete zum Ziel gesetzt, die Moskau seit 2014 besetzt hat.
CIA-Direktor: China denkt über Waffenlieferung an Russland nach
China zieht nach Auffassung von CIA-Chef Bill Burns die Lieferung "tödlicher Unterstützung" an Russland in Erwägung. "Wir sehen nicht, dass bereits eine endgültige Entscheidung getroffen wurde, und wir sehen keine Beweise für tatsächliche Lieferungen von tödlichem Gerät", sagte Burns dem Fernsehsender CBS News. Eine solche Lieferung wäre "riskant und unklug". Burns sagte weiter, dass er hoffe, Peking werde sich dagegen entscheiden.
Die US-Regierung hatte sich zuletzt besorgt über mögliche Waffenlieferungen Chinas an Russland gezeigt. Ähnlich wie Burns hatte sich auch US-Außenminister Antony Blinken geäußert. Blinken sprach von der möglichen Lieferung von Waffen und Munition und drohte für einen solchen Fall mit Konsequenzen. China hatte zuletzt in einem Positionspapier zu einem Waffenstillstand im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufgerufen. Zudem wird in dem Dokument eine baldige Aufnahme von Verhandlungen gefordert.
Schwarzer mit "Aufstand für den Frieden" zufrieden
Die Feministin Alice Schwarzer hat die von ihr und der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht initiierte Friedenskundgebung in Berlin als "gewaltigen Erfolg" gewertet. "Ich bin total glücklich", sagte Schwarzer der Deutschen Presse-Agentur. "Es war eine so friedliche und fröhliche Stimmung. Keine parteigebundene Stimmung, keine Sektenstimmung. Da waren einfach Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die aus allen Ecken Deutschlands angereist waren, um ein Zeichen zu setzen." Rechtsextreme habe sie bei der Kundgebung nicht gesehen, so Schwarzer.
Die Polizei hatte nach der Veranstaltung am Brandenburger Tor von 13.000 Teilnehmern gesprochen - die Veranstalter nannten die Zahl 50.000. Die zweistündige Kundgebung sei ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen, teilten die Behörden mit.
Mit dem sogenannten "Aufstand für den Frieden" am Samstag wollten Wagenknecht und Schwarzer ihre Forderungen zum Umgang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine untermauern. Bereits vor zwei Wochen hatten sie ein "Manifest für Frieden" veröffentlicht, das auf der Internetplattform "change.org" inzwischen mehr als 650.000 Mal unterzeichnet wurde. In dem Manifest wird Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, "die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen". Auch fordern die Frauenrechtlerin und die Linken-Politikerin darin einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen mit Russland. Kritiker werfen Wagenknecht und Schwarzer Naivität vor.
Faeser befürchtet russische Sabotageakte
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat angesichts des fortdauernden russischen Angriffskriegs in der Ukraine vor einer hohen Gefahr durch russische Desinformation, Spionage und Sabotage gewarnt. "Die Cyber-Sicherheitslage hat sich durch den Krieg weiter verschärft. Die Angriffe pro-russischer Hacker haben zugenommen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe in einem am Sonntag veröffentlichten Interview. Auch die Gefahr durch staatlich gesteuerte Spionage- und Sabotageaktivitäten bleibe hoch.
Bund und Länder müssten Cyber-Gefahren gemeinsam abwehren und ihre Fähigkeiten "permanent weiterentwickeln", führte Faeser aus. Und sie hob hervor: "Wir stehen im Wettlauf mit immer neuen Angriffsweisen und Technologien. Deshalb schaffen wir neue Instrumente, mit denen die Sicherheitsbehörden Cyberangriffe stoppen und besser aufklären können."
Macron setzt Hoffnungen in chinesische Führung
In den Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs will der französische Präsident Emmanuel Macron Anfang April nach China reisen. Er wolle die Regierung in Peking dazu bewegen, dabei zu helfen, die russische Aggression zu stoppen und Frieden zu schaffen, erklärte Macron in Paris. Frieden sei nur durch ein Ende der russischen Aggression, einen Abzug der Truppen und die Achtung der territorialen Souveränität der Ukraine möglich.
Zum ersten Jahrestag des Beginns der russischen Invasion am Freitag hatte China ein Positionspapier vorgelegt und darin unter anderem einen Waffenstillstand und Verhandlungen gefordert. Westliche Diplomaten und Experten reagierten mit Skepsis auf das Zwölf-Punkte-Dokument.
Moskau kritisiert Verlauf der G20-Beratungen
Russland hat dem Westen vorgeworfen, das Treffen der G20-Finanzminister in Indien "destabilisiert" zu haben. Die USA, die EU und die G7-Staaten hätten "die Verabschiedung gemeinsamer Entscheidungen behindert", indem sie versucht hätten, ihre Interpretation des Ukraine-Konflikts in der Abschlusserklärung unterzubringen, erklärte das russische Außenministerium. Washington und seine Verbündeten hätten dabei "klare" Erpressungsversuche unternommen und mehreren Delegationen "Ultimaten" gestellt. Die G20 müsse ein "Wirtschaftsforum" bleiben und dürfe sich nicht in die Sicherheitspolitik einmischen, forderte das Ministerium in Moskau.
Die Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staaten hatten sich bei ihren Beratungen im indischen Bengaluru nicht auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen können. Stattdessen gab Indien als G20-Vorsitzender eine "Zusammenfassung" des Treffens heraus. Demnach wird der Konflikt in der Ukraine von den meisten Mitgliedern "scharf verurteilt", es gebe aber "unterschiedliche Einschätzungen der Lage und der Sanktionen". Die beiden Absätze zum Ukraine-Konflikt wurden laut einer Fußnote von allen G20-Ländern außer Russland und China unterstützt.
Putin wirft NATO Beteiligung am Krieg vor
Wegen ihrer Waffenlieferungen an die Ukraine hat Russlands Staatschef Wladimir Putin den NATO- Mitgliedstaaten eine "Beteiligung" am Krieg vorgeworfen. "Sie schicken Waffen im Wert von mehreren zehn Milliarden Dollar in die Ukraine. " Dies sei "in gewisser Weise" eine Beteiligung an dem Krieg, weil Kiew die Waffen ohne Bezahlung erhalte, sagte Putin in einem Interview des Senders Rossija-1. Das bedeute, dass der Westen, wenn auch indirekt, eine "Mitschuld am Beschuss von Wohngebieten" trage.
Putin sagte weiter, die westlichen Länder hätten "ein einziges Ziel - die Zerstörung der ehemaligen Sowjetunion und ihres wichtigsten Teils, der Russischen Föderation".
Pavel zieht Putin-Hitler-Vergleich
Tschechiens designierter Präsident Petr Pavel hat Parallelen zwischen dem heutigen Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und der Expansionspolitik Adolf Hitlers gegenüber der damaligen Tschechoslowakei gezogen. "Damals vor dem Zweiten Weltkrieg verhielt sich Hitler genauso wie sich Putin jetzt in Bezug auf die Ukraine verhält", zitierte die Nachrichtenagentur CTK den Ex-General zum Abschluss einer Pro-Ukraine-Demonstration mit Tausenden Teilnehmern in Prag. Hitler habe die deutsche Minderheit in den Sudetengebieten der Tschechoslowakei missbraucht, um Emotionen zu schüren und zu Gewalt aufzustacheln, führte Pavel weiter aus. Er tritt am 9. März die Nachfolge von Staatschef Milos Zeman an.
Das nationalsozialistische Deutschland hatte sich nach dem Münchner Abkommen vom September 1938 die überwiegend deutsch besiedelten Sudetengebiete der Tschechoslowakei einverleibt. Wenige Monate später, im März 1939, marschierte die Wehrmacht auch im Rest des Landes ein. Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 brach schließlich der Zweite Weltkrieg aus.
Russland begründete seinen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 unter anderem mit einer angeblichen Unterdrückung der russischsprachigen Bewohner in der Ex-Sowjetrepublik.
Litauer spenden für Radargeräte
In Litauen sind bei einer vierwöchigen Spendenaktion 14 Millionen Euro gesammelt worden, die in Radargeräte für die Luftabwehr der Ukraine investiert werden sollen. Mit dem Geld können nun 14 dieser Geräte angeschafft werden, wie die Initiatoren mitteilten. Sie könnten "Objekte jeder Art, Größe und Geschwindigkeit erkennen, die sich am Himmel bewegen", erläuterte ein Vertreter der Spendenaktion. Bei einer ähnlichen Aktion im vergangenen Jahr waren in Litauen bereits mehr als fünf Millionen Euro zusammengekommen, die für den Kauf einer in der Türkei hergestellten Kampfdrohne für die Ukraine verwendet wurden.
Litauen ist ein enger Verbündete der Ukraine. Das kleine EU- und NATO-Land im Baltikum hat fast 75.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen und Kiew bisher rund 800 Millionen Euro an Hilfe zugesagt.
wa/cw/se/kle/qu (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.