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KonflikteUkraine

Aktuell: Separatisten verurteilen Ausländer zum Tod

9. Juni 2022

Ein Gericht in Donezk verurteilt drei Ausländer zum Tode. 10.000 Zivilisten sitzen in Sjewjerodonezk fest. Die UN warnen vor dramatischen Folgen des Ukraine-Kriegs. Nachrichten im Überblick.

Ein ukrainischer Panzer mit Besatzung nahe der Front in der Donezk-Region im Osten des Landes
Ein ukrainischer Panzer mit Besatzung nahe der Front in der Donezk-Region im Osten des Landes Bild: Bernat Armangue/AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Drei Ausländer in ukrainischer Armee zum Tode verurteilt
  • Der Kampf um Sjewjerodonezk wird immer erbitterter
  • Vereinte Nationen prognostizieren dramatische Kriegsfolgen
  • Polnischer Präsident übt scharfe Kritik an Scholz und Macron
  • Gesundheitsminister Lauterbach kündigt Ukraine-Reise an

 

Das Oberste Gericht der pro-russischen selbsternannten "Volksrepublik" Donezk hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. Bei den Angeklagten handelt es sich laut der russischen Nachrichtenagentur RIA um zwei Briten und einen Marokkaner. Sie kündigten nach einem Bericht der Agentur Tass Berufung gegen das Urteil an.

"Genfer Konventionen beachten"

Die britische Regierung äußerte sich sehr besorgt. "Wir haben immer wieder gesagt, dass  Kriegsgefangene nicht für politische Zwecke missbraucht werden dürfen", sagte ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson. Kriegsgefangene hätten nach den Genfer Konventionen Anspruch auf Immunität als Kombattanten und dürften nicht wegen ihrer Teilnahme an Feindseligkeiten belangt werden. Am Mittwoch hatte das Außenministerium in London von einem politisch motivierten Vorgehen in der pro-russischen ostukrainischen Region gesprochen. Weiter hieß es aus London, man werde alles daransetzen, um die Freilassung von gefangen genommenen britischen Staatsbürgern zu erreichen, die an der Seite der Ukraine gekämpft haben.

Die drei Angeklagten in einem Gerichtssaal in Donezk Bild: Vladimir Gerdo/TASS/dpa/picture alliance

Die beiden Briten waren Mitte April in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von pro-russischen Kräften gefangen genommen worden. Beide hatten laut Medienberichten schon vor dem Krieg in der Ukraine gelebt und auch dort geheiratet. Der marokkanische Kämpfer ergab sich der Agentur Interfax zufolge im März im ostukrainischen Wolnowacha. 

Sjewjerodonezk kann nicht evakuiert werden

Eine Evakuierung von Sjewjerodonezk in der Region Luhansk im Osten der Ukraine ist nach Angaben des Bürgermeisters nicht mehr möglich. Etwa 10.000 Zivilisten seien noch in der Stadt, sagt Olexander Strjuk. Ukrainische Kräfte kontrollierten unterdessen weiterhin das Industriegebiet und angrenzende Bereiche. Die Lage sei schwierig, aber zu bewältigen.

Örtlichen Behörden zufolge gibt es heftige Straßenkämpfe. Das russische Militär nehme jene Viertel unter Beschuss, die noch unter ukrainischer Kontrolle seien, erklärt der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gaidai. Russische Truppen zerstörten "alles, was zur Verteidigung genutzt" werden könne. Sobald das ukrainische Militär aber über Langstrecken-Waffen verfüge, könne es die Stadt "aufräumen", so Gaidai. 
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Auch das benchbarte Lyssytschansk ist den Angaben zufolge noch unter ukrainischer Kontrolle. Dort gebe es durch russischen Beschuss jedoch enorme Zerstörungen in Wohngebieten. 

"Brutale Schlacht" um Sjewjerodonezk

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die heftigen Gefechte um Sjewjerodonezk als richtungsweisend für den Kampf im Osten seines Landes bezeichnet. "Sjewjerodonezk bleibt das Epizentrum der Auseinandersetzungen im Donbass", sagte Selenskyj in einer neuen Videobotschaft. Das ukrainische Militär füge dem Gegner dort spürbare Verluste zu. "Das ist eine sehr brutale und schwere Schlacht. Vielleicht eine der schwersten dieses Krieges (...) In vielem entscheidet sich dort das Schicksal unseres Donbass."

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Der Staatschef erinnerte daran, dass genau vor zehn Jahren die Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und in Polen eröffnet wurde. "Die Spiele fanden in verschiedenen Städten unserer beiden Länder statt, darunter in Donezk in der Donbass-Arena. (...) Man hat den Eindruck, als ob das in einer anderen Welt war." Vor zehn Jahren sei Donezk "stark, stolz und entwickelt" gewesen. "Doch dann kam Russland", so Selenskyj weiter. Nur die Rückkehr der Ukraine, der ukrainischen Fahne und des ukrainischen Rechts könnten für das Gebiet und die Stadt ein normales Leben bedeuten. "Ein Leben, wie es war. Friedlich, sicher, offen für die Welt."

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Scholz warnt vor drohender Teilung der Welt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Lieferung von Waffen und Militärgütern an die Ukraine erneut verteidigt und zugleich vor einer "Teilung der Welt" gewarnt. Der Krieg in der Ukraine sei eine Zeitenwende, "weil ein einziges Land, Russland, mit der Macht seines Militärapparats und ohne jeden Anlass internationales Recht auf brutalste Weise bricht", sagte Scholz auf der Re:publica, der Messe für die digitale Gesellschaft, in Berlin. Knapp 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs verschiebe Russland die Grenzen in Europa, "um ein anderes Land zu unterwerfen und sich zumindest Teile davon einzuverleiben".

Eine "Welle von Elend"

"Für Menschen auf der ganzen Welt droht der Krieg in der Ukraine eine beispiellose Welle von Hunger und Elend auszulösen", erklärte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, bei der Vorstellung eines Experten-Berichts in New York. Soziales und wirtschaftliches Chaos könnten die Folge sein. Das Welternährungsprogramm schätze, dass im Jahr 2022 bis zu 47 Millionen Menschen mehr hungern könnten.

Informierte Medienvertreter im UN-Hauptquartier: António GuterresBild: Mary Altaffer/AP Photo/picture alliance

Der Waffengang verstärke die Folgen vieler anderen Krisen - vom Klimawandel, über COVID-19 bis hin zur Armut, erläuterte Guterres. Die Lebensmittelpreise seien so hoch wie nie zuvor. Die Preise für Düngemittel hätten sich mehr als verdoppelt, was ein Alarmsignal sei.

"Hunger darf nicht als Waffe eingesetzt werden"

Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, hat die internationale Gemeinschaft aufgerufen, die durch den Krieg in der Ukraine bedingte Getreide-Knappheit als Weckruf zu verstehen. "Die weltweite Hungersituation spitzt sich täglich weiter zu", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Hunger darf nicht länger als Waffe und Druckmittel in einem internationalen Konflikt eingesetzt werden", mahnte Mogge.

Getreidespeicher im Hafen von Mariupol im Süden der UkraineBild: Vladimir Gerdo/ITAR-TASS/IMAGO

"Die in der Ukraine gelagerten Getreidemengen müssen ohne Vorbedingungen so schnell wie möglich auf den internationalen Markt gelangen. 

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Polen und Deutschland beraten über Getreideexport

Deutschland und Polen wollen die Ukraine gemeinsam beim Export von Getreide unterstützen. Er habe mit seinem polnischen Amtskollegen Henryk Kowalczyk darüber beraten, wie Deutschland konkret bei der Abfertigung der Transporte helfen könne, sagte Bundesagrarminister Cem Özdemir in Warschau. Die Schwierigkeit sei, das Getreide aus der Ukraine herauszukriegen, "weil wir nicht in der Lage sind, die Menge, um die es da geht, über die Alternativrouten abzutransportieren", betonte der Grünen-Politiker.

Die Ukraine ist einer der größten Getreideproduzenten der Welt. Russland unterbindet in der Ukraine die Ausfuhr von 20 Millionen Tonnen Getreide vor allem nach Nordafrika und Asien, indem es die Häfen am Schwarzen Meer blockiert.

Duda zieht Hitler-Vergleich 

Polens Präsident Andrzej Duda hat kritisiert, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter mit Kremlchef Wladimir Putin Gespräche führen. "Ich bin erstaunt über all diese Gespräche, die da geführt werden", sagte Duda in einem "Bild"-Interview. "Diese Gespräche bringen gar nichts." Vielmehr bewirkten sie "so eine Art Legitimierung eines Menschen, der verantwortlich ist für Verbrechen, die von der russischen Armee in der Ukraine begangen werden".

Weiter im Dialog: Wladimir Putin (l.) und Olaf Scholz (Archivfotos)Bild: Kay Nietfeld/dpa/AP/picture alliance

Putin allein sei dafür verantwortlich, seine Armee in die Ukraine geschickt zu haben, führte Duda weiter aus. Ihm unterstünden die Befehlshaber. Die Situation sei ähnlich wie mit Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. "Und hat jemand während des Zweiten Weltkrieges auf diese Weise mit Adolf Hitler gesprochen?", fragte der polnische Staatschef. "Sagte jemand, dass er sein Gesicht bewahren muss? Dass man es so machen müsse, dass es nicht erniedrigend ist für Adolf Hitler?" Solche Stimmen kenne er nicht.

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"In Putins Augen eine Fata Morgana"

Der Ukraine-Krieg entscheidet nach Auffassung des Soziologen und Migrationsforschers Gerald Knaus über die Zukunft der Europäischen Union. Es gehe jetzt darum, ob Macht wieder Recht breche oder ob Demokratien in Europa friedlich und gleichberechtigt nebeneinander leben und Grenzen durch Vernetzung und Integration überflüssig machen könnten, sagte Knaus bei der Auftaktveranstaltung des Philosophiefestivals "Phil.Cologne" in Köln.

In der Vorstellungswelt des russischen Präsidenten Wladimir Putin gebe es nur Großmächte und Einflusssphären, meinte Knaus. Ein Gebilde wie die Europäische Union, in dem kleine Staaten und große Staaten friedlich zusammenlebten, eingebunden in Strukturen ohne imperiales Zentrum, sei in Putins Augen eine Absurdität, eine Fata Morgana. Deshalb habe er es auf die Zerstörung der EU angelegt.

Der Österreicher Gerald Knaus ist auch Vorsitzender der Denkfabrik "Europäische Stabilitätsinitiative"Bild: Federico Gambarini/dpa/picture alliance

"Wir wissen nicht, wie der Krieg ausgeht", gab Knaus zu bedenken. "Vielleicht macht Präsident Selenskyj in einigen Monaten einen Frieden, wo er sagt: 'Wir können das Territorium im Osten nicht zurückerobern.' Aber dann ist es umso wichtiger, dass Europa jetzt ein Signal gibt: Das Territorium, die ukrainische Demokratie, die wir hier haben, die wollen wir als europäischen Verbündeten dabei haben. Mit der Perspektive, dass irgendwann auch ein demokratisches Russland dazukommen kann."

Lauterbach will sich vor Ort informieren

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bricht an diesem Donnerstag zu einer Reise in die Ukraine auf. Er werde sich dort mit dem ukrainischen Gesundheitsminister treffen, kündigte der SPD-Politiker an. Ihm gehe es unter anderem darum, wie verletzte Menschen besser versorgt werden könnten. Er wolle herausfinden, wie Menschen, die im Krieg Beine oder Arme verloren hätten, besser mit Prothesen ausgestattet werden könnten. Besonders gehe es auch um verletzte Kinder.

Lauterbach nannte den russischen Krieg gegen die Ukraine einen "barbarischen, vernichtenden und ungerechten Angriffskrieg". Und er betonte: "Das ist ohne Zivilisation und muss verurteilt werden in jeder Form."

Lauterbach kündigte seine Reise auf einem Ärzte-Treffen in Düsseldorf anBild: David Young/dpa/picture alliance

Aus dem Bundeskabinett hatten zuvor bereits Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) jeweils Kiew besucht. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) war vor kurzem in Odessa. Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) waren schon in Kiew.

Ukrainischer Handball-Meister erhält Gast-Startrecht

Der ukrainische Serienmeister Motor Saporischschja spielt in der kommenden Saison in der 2. Handball-Bundesliga (HBL) in Deutschland. "Wir helfen damit, die Existenz des Vereins zu sichern, weil ein Spielbetrieb in der Ukraine wegen des Krieges nicht möglich ist", sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.

Motor Saporischschja, das seit 2013 stets den nationalen Meistertitel gewinnen konnte, soll durch die Partien in der 2. HBL die nötige Spielpraxis für die Champions League sammeln. Das Team wird seine Heimspiele in Düsseldorf austragen und ganz normal in der Tabelle geführt. Es ist allerdings vorgesehen, die Spiele der ukrainischen Mannschaft aus dem Auf- und Abstiegskampf der deutschen Vereine herauszurechnen.

se/fab/nob/wa/ie (dpa, afp, rtr, epd, kna, sid)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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