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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Frachter verlässt Hafen von Mariupol

22. Juni 2022

Nach Verhandlungen hat die "Azow Concord" den unter russischer Kontrolle stehenden Hafen von Mariupol verlassen. Die Beschränkung des Bahntransits nach Kaliningrad birgt großes Konfliktpotenzial. Ein Überblick.

Ukraine-Krieg | Das Frachtschiff Azov Concord
Die "Asow Concord" läuft aus dem Hafen von Mariupol aus Bild: Pavel Lisitsyn/SNA/IMAGO

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Türkisches Schiff aus Mariupol ausgelaufen
  • USA sichern NATO-Partner Litauen Beistand zu
  • Selenskyj fordert weitere Sanktionen gegen Russland
  • Michel schlägt EU-Kandidatenstatus für Ukraine vor

 

Nach türkisch-russischen Gesprächen in Moskau über die in der Ukraine blockierten Getreidevorräte hat ein türkischer Frachter den ukrainischen Hafen Mariupol verlassen. "Nur wenige Stunden nach dem langen Treffen hat der türkische Frachter (Asow Concord), der seit Tagen wartete, den ukrainischen Hafen verlassen", teilte das türkische Verteidigungsministerium mit. Es handele sich um "das erste ausländische Schiff, das den ukrainischen Hafen Mariupol" verlassen habe, seitdem dieser im Mai von den russischen Truppen unter ihre Kontrolle gebracht worden war.

Die Gespräche in Moskau hätten zu einem "ersten konkreten Ergebnis" geführt, erklärte das türkische Ministerium weiter. Ob der Frachter Getreide geladen hat, wurde nicht ausdrücklich erwähnt. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor in Moskau mitgeteilt, beide Seiten hätten Fragen zur Sicherheit von Handelsschiffen und zum Export von Getreide über ukrainische Häfen diskutiert. Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen. Die Ukraine beklagt, dass durch die russische Kriegsmarine ihre Häfen im Schwarzen Meer blockiert seien. Beide Länder gehören zu den größten Weizenexporteuren und spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit in der Welt.

Güterzüge aus dem russischen Kaliningrad auf dem litauischen Grenzbahnhof KybartaiBild: Ints Kalnins/REUTERS

USA warnen Russland

Im Streit um die Einschränkung des Güterverkehrs in die russische Exklave Kaliningrad haben sich die USA schützend vor Litauen gestellt. Nach Moskaus Drohung, dass Russland "auf solche feindseligen Aktionen reagieren" werde, erklärte US-Außenamtssprecher Ned Price unmissverständlich: Washington stehe zu seinen NATO-Verbündeten und damit auch zu Litauen.

Ausdrücklich verwies Price auf Artikel 5 des NATO-Vertrags, wonach ein Angriff auf ein verbündetes Land als ein Angriff gegen alle angesehen wird. Er betonte, das Bekenntnis der Vereinigten Staaten zu diesem Artikel sei "unumstößlich".

Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen Litauen und Polen und hat keine direkte Landverbindung nach Russland. Das EU-Mitglied Litauen hatte vergangene Woche mitgeteilt, den Bahntransit von Waren zu verbieten, die auf westlichen Sanktionslisten stehen. Dazu gehören vor allem Metalle, Baumaterial, Technologiegüter und Kohle.

Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums sagt, die Antwort ihres Landes auf die teilweise Transit-Blockade Litauens werde sich nicht nur auf diplomatische Wege beschränken. Bereits am Dienstag hatte der Sekretär des russischen Sicherheitsrats, Nikolaj Patruschew, erklärt, Russland werde "auf solche feindlichen Handlungen" reagieren. Die Antworten würden derzeit ausgearbeitet und schon bald ergriffen. Dies werde auch die litauische Bevölkerung treffen. 

"Russland muss wachsenden Druck spüren"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert weitere Sanktionen der EU gegen Russland. Ein siebtes Sanktionspaket werde so schnell wie möglich benötigt, sagte Selenskyj in einer neuen Videobotschaft. Das habe er in seinen jüngsten Gesprächen mit verschiedenen europäischen Regierungschefs betont. "Russland muss den wachsenden Druck infolge des Kriegs und seiner aggressiven antieuropäischen Politik spüren", so der Staatschef.

Zugleich betonte Selenskyj abermals die Dringlichkeit weiterer Waffenlieferungen. "Das Leben von Tausenden von Menschen hängt direkt von der Geschwindigkeit unserer Partner ab." An der Front im Osten des Landes habe die ukrainische Armee die Verteidigung in der schwer umkämpften Region Luhansk stärken können. In der Region Charkiw gebe es weiter heftigen Beschuss durch russische Truppen. Das besetzte Gebiet um die Stadt Cherson werde allmählich zurückerobert, berichtete Selenskyj. Seine Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Selenskyj-Berater gibt sich siegesgewiss

Der Wirtschaftsberater des ukrainischen Präsidenten, Alexander Rodnyansky, geht nach eigenen Worten fest von einem Sieg seines Landes gegen Russland aus. "Wir können den Krieg gewinnen", sagte Rodnyansky im Ersten Deutschen Fernsehen. Er hoffe, dass im August die Gegenoffensive beginnen könne. Die Hilfen aus dem Ausland würden sehr helfen, kämen auch an, aber bis die Waffen eingesetzt werden könnten, dauere es eben.

Einen nachhaltigen Frieden könne man mit Russland sowieso nicht schließen, meinte der Selenskyj-Berater. "Dieser Illusion darf man sich nicht hingeben." Russland unter dem Präsidenten Wladimir Putin sei nicht an einem Frieden mit Europa interessiert, es gehe um Revanchismus, um Imperialismus - "und dabei wird es auch bleiben".

Zu Gast in der ARD-Sendung "Maischberger": Alexander Rodnyansky Bild: Oliver Ziebe/WDR/picture alliance

Russland meldet Absturz von Kampfjet

Ein russisches Kampfflugzeug ist in der Nähe der Grenze zur Ukraine in der Region Rostow abgestürzt. Ursache könnte eine "technische Störung" gewesen sein, meldeten russische Nachrichtenagenturen. Der Pilot der Maschine des Typs Suchoi Su-25 sei bei dem Übungsflug ums Leben gekommen.

Deutsche Waffenlieferungen "notwendig"

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Entscheidung für deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine als weitreichend, aber richtig bezeichnet. "Das ist jetzt notwendig", sagte Scholz bei einer Veranstaltung seiner SPD-Fraktion. Kurz zuvor waren mit sieben Panzerhaubitzen die ersten schweren Waffen aus Deutschland in der Ukraine eingetroffen - knapp vier Monate nach Kriegsbeginn. Es handelt sich dabei um das modernste Artilleriegeschütz der Bundeswehr.

Schlagkräftig: eine Panzerhaubitze 2000 (Archivfoto)Bild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Russland müsse den Krieg beenden und die Ukraine müsse in Freiheit bestehen, betonte der Kanzler. "Alles, was wir machen, ist darauf gerichtet", so Scholz.

Polens Führung unterstützt Ukraine massiv 

Polen hat nach Angaben von Präsident Andrzej Duda bislang mehr als 240 Panzer und 100 gepanzerte Fahrzeuge an die Ukraine geliefert. Außerdem habe das östliche Nachbarland auch Raketensysteme, Maschinengewehre sowie Munition erhalten, berichtete Duda. Polens militärische Unterstützung für die Ukraine habe einen Umfang von mehr als 1,6 Milliarden Dollar. Ziel dieser Hilfe sei es, die russische Aggression zu stoppen und sie noch auf ukrainischem Gebiet abzuwehren, damit sie sich nicht auf Polen ausweite.

Ukraine kann mit EU-Kandidatenstatus rechnen

EU-Ratspräsident Charles Michel schlägt vor, die Ukraine und Moldau zu Kandidaten für einen Beitritt zur Europäischen Union zu machen. Im jüngsten Entwurf der Abschlusserklärung des bevorstehenden EU-Gipfels heißt es: "Der Europäische Rat hat beschlossen, der Ukraine und der Republik Moldau den Status eines Kandidatenlandes zu verleihen." Damit würden die 27 Staats- und Regierungschefs, die sich am Donnerstag und Freitag in Brüssel treffen, der Empfehlung der EU-Kommission folgen.

Entscheidung in Brüssel: Hier werden die EU-Staats- und Regierungschefs beratenBild: Olivier Hoslet/epa/AP/picture alliance

Entsetzen über Aussage von Kreml-Sprecher

Das Weiße Haus hat Andeutungen von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow über eine mögliche Todesstrafe für zwei in der Ukraine gefangen genommene US-Kämpfer scharf kritisiert. Dass ein offizieller Vertreter Russlands dies überhaupt erwähne, sei "entsetzlich", sagte der außenpolitische Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby.

Peskow hatte die beiden früheren US-Soldaten Alexander Drueke und Andy Huynh in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender NBC als Söldner bezeichnet, die nicht durch die Genfer Konventionen zu Kriegsgefangenen geschützt seien. Auf die Frage, ob ihnen die Todesstrafe drohe, hatte er gesagt, "das kommt auf die Ermittlungen an".

Schafe als Befürworter des Kriegs

Das Landwirtschaftsministerium der russischen Teilrepublik Dagestan im Kaukasus hat mit einem fragwürdigen PR-Video auf sich aufmerksam gemacht. Zu sehen ist in dem Film eine Schafherde bei der Überführung von einer Weide auf die andere. Allen Tieren ist ein schwarzes Z - das Symbol der Kriegsbefürworter - auf das Fell gemalt. Das Video erschien laut Presseberichten auf dem Telegram-Kanal des Ministeriums, wurde aber inzwischen wieder gelöscht.

wa/mak/fab/nob/uh (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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