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KonflikteUkraine

Aktuell: "Terroranschlag" auf russischem Militärgelände

16. Oktober 2022

Auf einem Übungsplatz der russischen Armee ist es zu einem blutigen Zwischenfall gekommen. Der Kreml will den Angriff in der Ukraine weiterführen. Nachrichten im Überblick.

Ukraine-Krieg - Schießübungen im Süden Russlands
Schießübungen im Süden Russlands (Archiv)Bild: AP/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Russland meldet Anschlag auf Truppenübungsplatz
  • Trotz westlicher Unterstützung bleibt der Kreml bei seinen Zielen 
  • Baerbock: Panzerfrage drängt aktuell nicht
  • Hohes Kopfgeld für russischen Ex-Geheimdienstoffizier Girkin
  • Musk macht Kehrtwende bei Starlink-Internet

 

Bei der Vorbereitung von "Freiwilligen" auf den Ukraine-Krieg sind auf einem Militärgelände in der russischen Grenzregion Belgorod nach offiziellen Angaben mindestens elf Menschen getötet worden. 15 weitere wurden verletzt, wie das Verteidigungsministerium in Moskau weiter mitteilte. "Zwei Bürger eines GUS-Staates" hätten auf einem Truppenübungsplatz einen "Terroranschlag" verübt. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ist ein loser Staatenverbund ehemaliger Sowjetstaaten.

Die Täter hätten während eines Schießtrainings mit automatischen Waffen das Feuer eröffnet, hieß es. "Die beiden Terroristen wurden erschossen."

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am 21. September nach militärischen Rückschlägen in der Ukraine eine "Teilmobilisierung" angeordnet. Bis zu 300.000 Reservisten sollen mit dafür sorgen, besetzte Gebiete zu halten. Nach Putins Anordnung hatte es Proteste und Angriffe auf Rekrutierungsbüros gegeben. Zehntausende Russen flohen zudem ins Ausland, um der Einberufung zu entgehen.

Kremlsprecher: "Operation" wird zu Ende gebracht

Trotz der westlichen Unterstützung für die Ukraine hält Moskau weiter an seinen Kriegszielen im Nachbarland fest. Die NATO  sei "de facto" schon in den Konflikt involviert, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge in einem Interview des Staatsfernsehens. Dies beeinflusse aber nicht Russlands Ziele.

Mit Blick auf die vor knapp acht Monaten gestartete Invasion sagte Peskow, die "Operation" werde fortgeführt und zu Ende gebracht. Die Hilfe westlicher Staaten für die Ukraine erschwere dies zwar. Russland habe aber genug Potenzial zur Fortsetzung des Einsatzes. Eine Sache sei das "Kiewer Regime", eine andere das Potenzial der NATO, meinte er. Dies sei eine Zusatzbelastung.

Die deutsche Bundesregierung und andere NATO-Staaten betonen, keine Kriegspartei zu sein. Die Hilfe für die Ukraine gilt als Unterstützung des Selbstverteidigungsrechts des Landes. Ukrainische Soldaten werden im Westen zudem an NATO-Waffen ausgebildet.

Baerbock: Panzerfrage drängt aktuell nicht

Außenministerin Annalena Baerbock sagte dem Sender Phoenix, Anfang der Woche hätten zum Glück die Hälfte der russischen Raketenangriffe auf Kiew abgefangen werden können - "auch dank unserer Waffenlieferungen vor Ort". Daher werde es vor allem "im Luftverteidigungsbereich weitere Unterstützung geben".

Außenministerin Annalena Baerbock setzt bei Waffenlieferungen jetzt auf Luftverteidigung (Archivbild)Bild: Leon Kuegeler/photothek/picture alliance

Am Boden habe die Ukraine mit den zuletzt erfolgten Ringtauschen gerade die Panzer, die sie dringend brauche. Zudem seien viele russische Panzer erbeutet worden, die jetzt genutzt werden. "Deswegen drängt die Panzerfrage derzeit nicht so, sondern vor allen Dingen die Luftverteidigungsfrage." Kurz nach den neuen Raketenangriffen hatte Deutschland Mitte der Woche ein erstes Flugabwehrsystem Iris-T SLM an Kiew übergeben.

Roth prangert mutmaßlichen Dirigenten-Mord an

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat erschüttert auf Berichte reagiert, wonach der ukrainische Dirigent Jurij Kerpatenko von russischen Soldaten getötet wurde. "Offenkundig wenden die russischen Besatzer brutalste Repressionen bis hin zu Mord an, um die Ukrainerinnen und Ukrainer in den von Russland besetzten Gebieten dazu zu bringen, diese verbrecherische Okkupation hinzunehmen", erklärte Roth in Berlin.

Nach übereinstimmenden Medienberichten war Kerpatenko, Dirigent der Philharmonie von Cherson, in seinem Haus von russischen Soldaten erschossen worden. Er soll sich geweigert haben, mit den Besatzern zusammenzuarbeiten. Das ukrainische Kulturministerium habe den Tod des Musikers am Samstag bekannt gemacht, hieß es. Cherson nördlich der Halbinsel Krim wird derzeit von russischen Truppen kontrolliert.

Macron billigt Ausbildung ukrainischer Soldaten

Frankreich will bis zu 2000 ukrainische Soldaten ausbilden. Es habe bereits Artillerie-Schulungen für die Haubitze Caesar gegeben, aber jetzt werde man etwas weiter gehen, sagte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu der Zeitung "Le Parisien". Präsident Emmanuel Macron habe einem entsprechenden Plan zugestimmt. Zudem solle die Ukraine Flugabwehr-Systeme des Typs "Crotale" erhalten. Frankreich hat der Ukraine schon 18 Caesar-Haubitzen geliefert, weitere sollen folgen.

Ukrainische Soldaten an einer Haubitze von Typ Caesar (Archiv)Bild: IMAGO/Cover-Images

Hohes Kopfgeld für ehemaligen Separatistenführer Girkin

Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR hat 100.000 Dollar Kopfgeld für die Ergreifung des einstigen russischen Geheimdienstoffiziers Igor Girkin ausgesetzt, der 2014 den Separatistenaufstand im Donbass angeführt hatte. "Die Hauptverwaltung für Aufklärung des ukrainischen Verteidigungsministeriums garantiert die Auszahlung von 100.000 Dollar für die Übergabe von Igor Girkin in ukrainische Gefangenschaft", teilte der Militärnachrichtendienst auf seiner Webseite mit.

Girkin, bekannt unter seinem Decknamen "Strelkow", wird unter anderem für den Abschuss eines Passagierflugzeugs über dem Donbass verantwortlich gemacht. Girkin hatte zuletzt monatelang die seiner Meinung nach ungenügende Härte gegen Ukrainer, die Unfähigkeit der russischen Militärführung und die teils absurden Erfolgsmeldungen des Generalstabs kritisiert. Er forderte eine Generalmobilmachung in Russland für einen großen Krieg gegen den Nachbarn.

Der ehemalige russische Geheimdienstoffizier Igor Girkin hatte 2014 den Separatistenaufstand im Donbass angeführtBild: Pavel Golovkin/AP/picture alliance

Laut russischen Militärbloggern ist Girkin nach der Ausrufung der Teilmobilmachung durch Kremlchef Wladimir Putin inzwischen selbst wieder in ein Freiwilligenbataillon eingetreten, um in der Ukraine zu kämpfen.

Hunderte Familien in Isjum haben wieder Gas

Nach massiven russischen Angriffen auf Anlagen der Energieversorgung in der Ukraine meldet Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Fortschritte bei den Reparaturarbeiten. In der östlichen Stadt Isjum im Gebiet Charkiw sei damit begonnen worden, die Gasversorgung wiederherzustellen, berichtete er in einer neuen Videobotschaft. "Die ersten 500 Familien der Stadt haben bereits wieder Gas in ihren Häusern." In anderen Regionen seien am Freitag mehr als 3000 Häuser wieder an die Gasversorgung angeschlossen worden.

"Ich bin allen dankbar, die den Ukrainern ein normales Leben zurückgeben", sagte der Staatschef. Zugleich warb er um Verständnis, dass Energieunternehmen weiterhin gezwungen seien, die Stromversorgung zu begrenzen. Auch in den zuvor von Russland besetzten Regionen in den Gebieten Charkiw, Cherson und Donezk "arbeiten wir an der Wiederherstellung der Ordnung", so Selenskyj.

Weltbank beklagt wachsende Armut in Ukraine

Die Armut in der Ukraine hat sich nach Angaben der Weltbank in diesem Jahr verzehnfacht. Der für Osteuropa zuständige Regionaldirektor Arup Banerji verwies im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters darauf, dass die russischen Angriffe auf die Infrastruktur des Landes die Lage weiter verschlimmern könnten. Bis Ende dieses Jahres dürften 25 Prozent der Ukrainer unter die Armutsgrenze fallen, verglichen mit etwas über zwei Prozent vor dem Krieg. Bis Ende 2023 könnte mehr als die Hälfte der Ukrainer in Armut leben, meinte Banerji.

Musk macht Kehrtwende bei Starlink-Internet

Das Unternehmen SpaceX des Tech-Milliardärs Elon Musk will das Internetangebot für die Ukraine über den Satellitendienst Starlink nun doch weiter finanzieren. "Was solls... auch wenn Starlink immer noch Geld verliert und andere Unternehmen Milliarden an Steuergeldern erhalten, werden wir die ukrainische Regierung weiterhin kostenlos finanzieren", twitterte Musk. Am Vortag hatte er die Finanzierung noch in Frage gestellt. SpaceX könne das System "nicht für immer finanzieren", hatte der reichste Mensch der Welt erklärt. Die Ukraine koste SpaceX rund 20 Millionen Dollar monatlich.

Starlink-Empfangsstation in Odessa (Archiv)Bild: Nina Lyashonok/Ukrinform/abaca/picture alliance

Für die Ukraine ist die Nutzung von Starlink im Kampf gegen Russland unverzichtbar. Wo es wegen zerstörter Infrastruktur keinen regulären Zugang zu Mobilfunk und Internet mehr gibt, dient der Satellitendienst auch dem ukrainischen Militär als Kommunikationsmittel.

Bulgarien meldet massive Hacker-Attacke 

Hacker aus Russland haben in Bulgarien die Webseiten des Präsidenten, der Regierung, wichtiger Ministerien und des Verfassungsgerichts angegriffen. Dabei wurde laut amtlichen Angaben der Zugang zu den betroffenen Seiten blockiert oder verlangsamt.

"Das ist ein Angriff auf den bulgarischen Staat", sagte Generalstaatsanwalt Iwan Geschew - er sprach von einem "ernsthaften Problem". Als Teil der europäischen Familie verteidige Bulgarien europäische Werte, betonte Geschew. Daher sei es "normal", dass dies auch Folgen habe, so der Chefankläger.

In Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt das NATO- und EU-Mitglied Bulgarien die ukrainische Seite durch humanitäre Hilfe. Zudem nimmt das südosteuropäische Land ukrainische Kriegsflüchtlinge auf.

Botschafter Melnyk ist zurück in seiner Heimat

Nach fast acht Jahren als ukrainischer Botschafter in Deutschland ist Andrij Melnyk in die Ukraine zurückgekehrt. Er überquerte am Samstagabend die Grenze zur Ukraine. "Home Sweet Home", schrieb er am Grenzübergang auf Twitter. "Unser Kampf geht weiter. Die Ukraine wird siegen. Liebe deutsche Freunde, Danke für alles. Und auf Wiedersehen."

Der 47-Jährige hatte mit einer oft undiplomatischen Wortwahl für Aufsehen gesorgt. In den ersten Kriegsmonaten wurde Melnyk zu einem der häufigsten Gäste in deutschen Talkshows. Kaum ein Tag verging, an dem er nicht Kampfpanzer und Luftabwehrgeschütze einforderte und der Bundesregierung Zögern und Zaudern vorwarf. "Ich glaube, es ist mir gelungen, die Deutschen für das Thema Ukraine zu interessieren, dafür zu sorgen, dass man die Ukraine hier wirklich erkennt und versteht", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vor seiner Abreise.

Andrij Melnyk während des dpa-InterviewsBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Am Montag wird Melnyks Nachfolger Oleksii Makeiev in Berlin erwartet. Der Wechsel an der Spitze der Botschaft wird formell aber erst mit der Akkreditierung bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vollzogen, für die es noch keinen offiziellen Termin gibt. Melnyk selbst ist nun als ukrainischer Vizeaußenminister im Gespräch - ein Posten, den er schon früher einmal hatte. Die Regierung in Kiew hat aber noch nicht abschließend darüber entschieden.

Söder: "Nicht nur unsere Partner schützen"

Nach der Lieferung eines deutschen Luftabwehrsystems vom Typ Iris-T SLM an die Ukraine fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine Anschaffung solcher Militärtechnik auch zum Schutz deutscher Großstädte. "Wir müssen Raketen- und Luftabwehrschutzsysteme für deutsche Städte installieren", sagte Söder der "Bild am Sonntag". "Damit hätten wir einen kompletten Schutzschirm über Deutschland. Es reicht nicht, nur unsere Partner zu schützen, sondern wir müssen das auch für das eigene Land tun", betonte der CSU-Chef.

Heil: Status von Geflüchteten entlastet Kommunen

Der deutsche Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil will wohl an höheren Hilfsleistungen für Geflüchtete aus der Ukraine im Vergleich zu Asylbewerbern festhalten. "Die Menschen fliehen vor einem schrecklichen Krieg, den Putin angezettelt hat", sagte der Sozialdemokrat dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag). "In der EU haben wir gemeinsam entschieden, dass die Geflüchteten aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen müssen, sondern ihr Aufenthaltsstatus klar ist." Damit hätten sie Anspruch auf Grundsicherung und könnten eine Beschäftigung aufnehmen. "Das entlastet übrigens auch Kommunen und Länder finanziell, weil die Grundsicherung weitestgehend vom Bund getragen wird. Da gibt es überhaupt nichts zurückzunehmen", versicherte Heil.

wa/ack/nob/uh (dpa, afp, rtr, kna)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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