1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Aktuell: Ukraine bekommt neuen Antikorruptions-Staatsanwalt

28. Juli 2022

In der Ukraine ist Olexander Klymenko als Leiter der Spezialisierten Antikorruptions-Staatsanwaltschaft Klymenko eingesetzt worden. US-Außenminister Blinken will mit seinem russischen Kollegen sprechen. Ein Überblick.

Ukraine | Olexander Klymenko | Leiter der Spezialisierten Antikorruptions-Staatsanwaltschaft
Olexander Klymenko, der neue Leiter der Spezialisierten Antikorruptions-Staatsanwaltschaft Bild: imago images/Ukrinform

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ukraine bekommt neuen Antikorruptions-Staatsanwalt
  • Blinken bittet Lawrow um Telefonat, dessen Ministerium blockt ab
  • Bundesregierung genehmigt Verkauf von Panzerhaubitzen
  • Macron wirft Russland Haltung einer Kolonialmacht vor
  • Ukraine meldet massive russische Truppenverlegung

 

Nach knapp zwei Jahren der Vakanz hat die Ukraine wieder einen Antikorruptions-Staatsanwalt. Als neuer Leiter der Spezialisierten Antikorruptions-Staatsanwaltschaft wurde Olexander Klymenko eingesetzt. Das teilte der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, im Nachrichtendienst Telegram mit. Korruption gilt als eines der größten Probleme der Ukraine, die eine EU-Mitgliedschaft anstrebt. Der Westen fordert von Kiew ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Schmiergeldkriminalität.

Der Jurist Klymenko hatte vorher beim Nationalen Antikorruptionsbüro als Ermittler gearbeitet. Der 35-Jährige hatte den Wettbewerb um den neuen Posten bereits im Dezember für sich entschieden. Seine Ernennung war von den Botschaftern der Gruppe der sieben großen Industrienationen G7 angemahnt worden. Klymenkos Vorgänger Nasar Cholodnyzkyj war bereits im August 2020 auf eigenen Wunsch abgetreten. In der Zwischenzeit gab es lediglich eine kommissarische Besetzung des Postens - daher der Druck aus den G7-Reihen.

Die Spezialisierte Antikorruptions-Staatsanwaltschaft und das Nationale Antikorruptionsbüro waren nach dem proeuropäischen Umsturz von 2014 mit westlicher Unterstützung geschaffen worden. Trotzdem wurde die Ukraine 2021 von der Nichtregierungsorganisation Transparency International nach Nachbar Russland als zweitkorruptestes Land Europas aufgelistet.

Blinken bitte Lawrow um ein Telefonat

Die angespannten Beziehungen der USA mit Russland haben sich durch den Ukraine-Krieg noch einmal drastisch verschlechtert. Nun will US-Außenminister Antony Blinken erstmals seit der Invasion mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow sprechen. Es wäre das höchstrangige amerikanisch-russische Gespräch seit Beginn des Kriegs. Bei dem Telefonat solle es um die Freilassung der US-Basketballerin Brittney Griner und des amerikanischen Staatsbürgers Paul Whelan aus russischer Haft gehen, sagte Blinken bei einer Pressekonferenz in Washington. Beide würden zu Unrecht festgehalten. "Wir haben schon vor Wochen ein substanzielles Angebot auf den Tisch gelegt, um die Freigabe zu erleichtern", sagte Blinken weiter, ohne Einzelheiten zu nennen.

US-Außenminister Antony Blinken will mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprechenBild: Andrew Harnik/AP Photo/picture alliance

Blinken erklärte, er wolle mit Lawrow auch darüber sprechen, wie wichtig es sei, dass sich Russland an die von den UN vermittelte Vereinbarung zum Export von ukrainischem Getreide hält. Die Vereinbarung sei ein positiver Schritt nach vorn, allerdings gebe es einen Unterschied zwischen einer Vereinbarung auf dem Papier und einer Vereinbarung in der Praxis, sagte Blinken. Zudem wolle er Lawrow vor russischen Versuchen warnen, Gebiete im Osten und Süden der Ukraine zu annektieren.

Moskau reagierte mit einem unterkühlten Statement auf den US-Vorstoß. Das russische Außenministerium teilte mit, es gebe kein offizielles Gesuch für ein solches Gespräch. Statt Diplomatie per "Megafon" zu betreiben, solle sich Washington an die diplomatische Praxis halten, hieß es in Moskau.

Die Basketballerin Griner war am 17. Februar auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo wegen eines Drogendelikts festgenommen worden. Bei der Kontrolle ihres Gepäcks soll sie sogenannte Vape-Kartuschen und eine geringe Menge Haschisch-Öl bei sich gehabt haben. Sie hat ihre Schuld eingestanden, verteidigte sich aber: Sie habe medizinisches Marihuana in Absprache mit ihrem Arzt als schmerzstillendes Mittel verwendet.

Whelan war im Dezember 2018 in Russland verhaftet und der Spionage beschuldigt worden. Er soll in Russland geheime Informationen auf einem Datenträger entgegengenommen haben. Im Juni 2020 wurde er zu einer 16-jährigen Haftstrafe verurteilt.

Bundeswehr liefert Ukraine ABC-Abwehrsystem

Die Bundeswehr liefert der Ukraine Ausrüstung zum Umgang mit den Folgen von atomaren, biologischen und chemischen Angriffen. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums umfasst das Paket sechs Fahrzeuge mit jeweils kompletter Entgiftungsausstattung mit zwei Tanks inklusive eines "signifikanten Erstvorrats an Dekontaminationsmittel". Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte, das ABC-Abwehrsystem schaffe für die ukrainischen Streitkräfte die benötigte sofortige Fähigkeit zur Entfernung von Kampfstoffen.

Laut Ministerium hat das Paket einen Wert von mehr als 860.000 Euro. Die Ausbildung von ukrainischen Soldatinnen und Soldaten an dem Gerät sei bereits abgeschlossen. Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in diesem Bereich werde durch die Abgabe des Materials "absehbar" nicht eingeschränkt.

Bundesregierung erlaubt Verkauf von 100 Panzerhaubitzen an Kiew

Die Bundesregierung hat den Verkauf von 100 Waffensystemen des Typs Panzerhaubitze 2000 des Herstellers Krauss-Maffei Wegmann (KMW) an die Ukraine genehmigt. Ein Firmensprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Demnach erteilte das Wirtschaftsministerium dem Münchner Rüstungsunternehmen am 13. Juli die Genehmigung für den Bau der Panzerhaubitzen 2000. Damit sei auch der Export genehmigt, sagte der Sprecher. Der Vertrag mit der Ukraine werde jetzt gemacht. KMW sei aber bereit, in Vorleistung zu gehen, damit keine Zeit verloren gehe.

Eine Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr (Archivbild)Bild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Deutschland hat der Ukraine bislang zehn Panzerhaubitzen 2000 aus eigenen Beständen geliefert. Die Panzerhaubitze ist das modernste Artilleriegeschütz der Bundeswehr mit einer Reichweite von 40 Kilometern. Wann die Ukraine die ersten jetzt bei KMW neu gefertigten Haubitzen bekommt, ist geheim. Die Produktion aller Haubitzen dürfte mehrere Jahre dauern. Sie kosten insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro.

Macron: Russland gebärdet sich wie eine Kolonialmacht

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Russland wegen des Ukraine-Kriegs die Haltung einer Kolonialmacht vorgeworfen. Moskau habe einen "Territorialkrieg" wie im 19. Jahrhundert angezettelt, mit dem in Europa niemand mehr gerechnet habe, sagte Macron bei einem Besuch im westafrikanischen Benin. Die koloniale Haltung Russlands habe sich gezeigt, als das Land entschieden habe, "ein benachbartes Land zu überfallen, um seine eigenen Interessen zu vertreten", erklärte er. "Und das sage ich auf einem Kontinent, der koloniales Machtstreben erlitten hat", sagte Macron in Anspielung auf die koloniale Vergangenheit vieler afrikanischer Staaten.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron mit dem Präsidenten von Benin, Patrice TalonBild: Seraphin Zounyekpe/Xinhua/picture alliance

London: Ukrainische Armee bildet Brückenkopf nördlich von Cherson

Die ukrainische Gegenoffensive im Gebiet Cherson im Süden des Landes kommt nach britischer Darstellung weiter voran. Die Streitkräfte hätten "höchstwahrscheinlich einen Brückenkopf südlich des Flusses Inhulez errichtet, der die nördliche Grenze des von Russland besetzten Cherson bildet", teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Der Inhulez ist ein Nebenfluss des Stroms Dnipro.

Ukrainische Truppen hätten mithilfe von Artillerie aus dem Westen mittlerweile mindestens drei Brücken über den Dnipro beschädigt, auf die Russland angewiesen sei, um die besetzten Gebiete mit Nachschub zu versorgen, hieß es unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Eine davon sei die einen Kilometer lange Antoniwskyj-Brücke nahe der Stadt Cherson, die am Mittwoch erneut von Geschossen getroffen worden sei und nun höchstwahrscheinlich nicht mehr benutzt werden könne.

Von russischer Artillerie getroffen: Bachmut in der Region DonezkBild: Diego Herrera Carcedo/AA/picture alliance

Dadurch wirke die russische 49. Armee, die am Westufer des Dnipro stationiert sei, äußerst verwundbar, hieß es aus London weiter. Auch die Stadt Cherson als politisch bedeutendste Stadt unter russischer Kontrolle sei vom Rest der besetzten Gebiete nun so gut wie abgeschnitten. Ihr Verlust würde die russischen Versuche, die Besatzung als Erfolg darzustellen, ernsthaft untergraben, betonte das Ministerium in London.

Ukraine meldet massive russische Truppenverlegung

Einem hochrangigen Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge unternimmt Russland eine "massive Verlegung" von Truppen in Richtung der drei südlichen Regionen Cherson, Melitopol und Saporischschja. Der Berater Oleksyj Arestowytsch bestätigte zudem frühere Angaben prorussischer Kräfte, wonach das zweitgrößte Kraftwerk des Landes, das Kohlekraftwerk Wuhlehirsk im Donbass, in russischer Hand ist.

US-Bericht: Etwa 75.000 Russen in Ukraine-Krieg getötet oder verletzt

Im Krieg gegen die Ukraine sind auf russischer Seite nach Schätzungen aus den USA mehr als 75.000 Menschen getötet oder verwundet worden. Das berichtete der Sender CNN unter Berufung auf Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses. "Wir wurden darüber informiert, dass mehr als 75.000 Russen entweder getötet oder verletzt wurden, was enorm ist", zitierte der Sender die demokratische Abgeordnete Elissa Slotkin, die zuvor an einem geheimen Briefing der US-Regierung teilgenommen hatte. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hatte zuletzt geschätzt, dass auf russischer Seite bereits 15.000 Menschen ums Leben gekommen seien. Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht.

kle/se/qu/mak (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen