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Politik

Aktuell: Ukrainische Schwarzmeerhäfen arbeiten wieder

27. Juli 2022

Die Vorbereitungen für die Getreideausfuhr aus ukrainischen Schwarzmeerhäfen gehen weiter. Die Bundesregierung genehmigt einem Bericht zufolge den Verkauf von hundert Panzerhaubitzen. Ein Überblick.

Getreideverladung in einem ukrainischen Schwarzmeerhafen
Getreideverladung in einem ukrainischen Schwarzmeerhafen (Archivbild)Bild: Vincent Mundy/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze:

  • Getreideausfuhr: Ukrainische Häfen nehmen Arbeit wieder auf
  • Türkei eröffnet Zentrum zur Kontrolle von ukrainischen Getreideausfuhren
  • Russland warnt vor Scheitern des Getreideabkommens
  • "Spiegel": Bundesregierung genehmigt Verkauf von Artilleriegeschützen
  • Durch Nord Stream 1 kommt noch weniger Gas nach Deutschland

 

In der Ukraine haben die für die Getreideausfuhr bestimmten Häfen in Odessa, Tschornomorsk und Piwdenny am Schwarzen Meer ihren Betrieb wiederaufgenommen, wie die ukrainische Marine mitteilte. Es müssten aber noch sichere Routen für die Frachtschiffe festgelegt werden.

In der türkischen Millionenstadt Istanbul wurde unterdeesen ein Zentrum zur Kontrolle von ukrainischen Getreideausfuhren über das Schwarze Meer eröffnet. Die Türkei glaube, dass das Zentrum einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Nahrungsmittelkrise leisten werde, sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar bei der Eröffnungszeremonie.

Schiffe werden kontrolliert

Derzeit liefen Vorbereitungen, damit das erste mit Getreide beladene Schiff die Ukraine über das Schwarze Meer verlassen könne. Schiffe sollen bei der Durchfahrt durch die Meerenge Bosporus, also bei Ein- und Ausfahrt ins Schwarze Meer, kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass sie keine Waffen oder Ähnliches geladen haben. Das Koordinationszentrum werde die Handelsschiffe registrieren und deren Bewegungen unter anderem über Satelliten verfolgen, sagte Akar.

Getreide-Verhandlungen am 13. Juli 2022 in IstanbulBild: TURKISH DEFENCE MINISTRY/REUTERS

Das Zentrum ist Teil eines am Freitag in Istanbul unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei geschlossenen Abkommens, mit der die Blockade ukrainischer Häfen aufgehoben wurde. In der Ukraine stecken Akar zufolge 25 Millionen Tonnen Getreide fest.

Russland warnt vor Scheitern des Getreideabkommens

In Moskau hat der stellvertretende Außenminister Andrej Rudenko gefordert, dass die Ausfuhr von Getreide aus Russland und der Ukraine gleichzeitig beginnen müsse. Daher müssten auch die Hindernisse zum Export russischen Getreides schnell beseitigt werden, sagte Rudenko nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax.

"Wir hoffen stets auf das Beste und rechnen darauf, dass unsere Partner die beiden Komponenten des Getreide-Deals verwirklichen, der die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine und die Beendigung der Begrenzungen für den russischen Getreideexport insgesamt betrifft", betonte der Minister. Russland hat in der Vergangenheit eine Beendigung der Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen explizit von einer Lockerung der westlichen Sanktionen gegen sich abhängig gemacht.

In Odessa lagert der größte Teil des Getreides

Nach einem russischen Raketen-Angriff auf den Schwarzmeerhafen Odessa, nur einen Tag nach Abschluss der Vereinbarung, war international die Sorge gewachsen, ob das Abkommen tragfähig ist. In Odessa ist der größte Teil der ukrainischen Getreideernte gelagert. Die Ukraine und Russland sind die größten Getreide-Exporteure weltweit. Einige der ärmsten Länder der Welt sind dringend auf die Lieferungen angewiesen.

Bundesregierung genehmigt Verkauf von hundert Panzerhaubitzen

Die Bundesregierung hat einem Medienbericht zufolge den Verkauf von 100 neuen Panzerhaubitzen an die Ukraine genehmigt. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zuerst berichtete, erteilte das zuständige Wirtschaftsministerium dem Münchner Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) die Herstellungsgenehmigung.

Offenbar hat die Ukraine hundert Artilleriegeschütze vom Typ Panzerhaubitze 2000 bestellt (Archivbild)Bild: Sven Eckelkamp/IMAGO

Das Budget für die Artilleriegeschütze des Typs Panzerhaubitze 2000 beträgt 1,7 Milliarden Euro, wie ein KMW-Sprecher dem Magazin sagte. Seinen Angaben zufolge stellte KMW am 11. Juli den Antrag beim Ministerium und erhielt zwei Tage später die Genehmigung für die Produktion. 

Wann das Unternehmen die ersten Haubitzen liefert, ist demnach unklar. Die Produktion dürfte den Angaben zufolge mehrere Jahre dauern. Deutschland hat der Ukraine bislang zehn Panzerhaubitzen aus eigenen Beständen geliefert. Die Panzerhaubitze ist das modernste Artilleriegeschütz der Bundeswehr mit einer Reichweite von 40 Kilometern.

Weniger Gas durch Nord Stream 1 nach Deutschland

Der russische Konzern Gazprom hat mit der weiteren Drosselung der Gaslieferungen nach Deutschland über die Pipeline Nord Stream 1 begonnen. Seit acht Uhr flössen 1,28 Millionen Kubikmeter pro Stunde und damit nur noch 20 Prozent der Kapazität durch die Röhre, teilte der deutsche Netzwerkbetreiber Gascade mit. Die Regierung in Moskau begründet die Verringerung damit, dass die westlichen Sanktionen für Probleme bei der Reparatur und Wartung der Gas-Turbinen sorgten. Die Bundesregierung hält dies für vorgeschoben und sieht stattdessen politische Gründe für die Entscheidung.

Übergabepunkt von Nord Stream 1 in Lubmin/Mecklenburg-VorpommernBild: Hannibal Hanschke/REUTERS

Um eine Gas-Mangellage im Winter zu vermeiden, hatten die Energieminister der EU-Länder einen Notfallplan beschlossen. Er sieht vor, dass die Mitgliedsländer auf freiwilliger Basis von August bis Ende März je 15 Prozent Gas einsparen. Die Vereinbarung kam unter dem Eindruck der weiter gedrosselten russischen Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 zustande. Allerdings beinhaltet die geplante EU-Verordnung zahlreiche Sonderregeln. In Deutschland sind Sektoren wie die Lebens- oder Düngemittelindustrie von dem Sparziel ausgenommen. 

Neuer Generalstaatsanwalt in der Ukraine

In Kiew hat das Parlament einen neuen Generalstaatsanwalt eingesetzt. Der Ernennung von Andrij Kostin auf Vorlage von Präsident Wolodymyr Selenskyj stimmte eine knappe Zwei-Drittel-Mehrheit zu, teilte die Generalstaatsanwaltschaft  mit. Kostins Vorgängerin Iryna Wenediktowa war vor knapp anderthalb Wochen entlassen worden. Der 43-Jährigen wurde aus dem Umfeld des Präsidenten Unprofessionalität vorgeworfen.

Andrij Kostin ist vom ukrainischen Parlament als neuer Generalstaatsanwalt eingesetzt worden (Archivbild)Bild: Evgen Kotenko/Avalon/Photoshot/picture alliance

Der 49-jährige Kostin leitete vorher den Rechtsausschuss im Parlament. Der aus der Hafenstadt Odessa stammende Jurist war über die Parteiliste der Präsidentenpartei Diener des Volkes in die Oberste Rada gelangt. Kostin ist bereits der dritte neue Generalstaatsanwalt seit dem Amtsantritt von Selenskyj im Mai 2019.

Selenskyj drängt auf weitere Sanktionen gegen Moskau

Selenskyj hat vom Westen erneut gefordert, auf die bevorstehende Drosselung der russischen Gaslieferungen mit Sanktionen gegen Moskau zu reagieren. "Denn allen ist klar, dass dies ein bewusster Preisterror Russlands gegen Europa ist", sagte er in seiner täglichen Videoansprache. 

Mit Hilfe von Gazprom tue Moskau alles, um diesen Winter für die europäischen Länder zum härtesten in der Geschichte zu machen, betonte Selenskyj. So habe Moskau mit seiner Ankündigung, die Lieferungen über Nord Stream 1 weiter zurückzufahren, bewusst den Anstieg der Gaspreise auf umgerechnet gut 2000 Euro für 1000 Kubikmeter an der Börse provoziert. "Es ist notwendig, auf Terror zu reagieren – mit Sanktionen zu reagieren", so Selenskyj.

Ukrainischer Staatskonzern Naftogaz erklärt den Zahlungsausfall

Der Energiekonzern Naftogaz ist als erste staatliche Einrichtung der Ukraine nicht in der Lage, seine Schulden zu bedienen. In einer Erklärung heißt es, das Kabinett habe nicht die Genehmigung erteilt, die notwendigen Zahlungen für internationale Anleihen zu tätigen. Eine Zustimmung der Schuldner zu einem Vorschlag, die Zahlungen bei gewissen Anleihen für zwei Jahre auszusetzen, liege ebenfalls nicht vor.

Naftogaz ist als eines der größten Unternehmen des Landes in der Förderung, Verarbeitung und im Transport von Erdgas und Erdöl tätig. Mit dem Straßenbaukonzern Ukrawtodor und dem Stromnetzbetreiber Ukrenerho haben zudem noch zwei weitere Staatsunternehmen um Zahlungsaufschub jeweils um zwei Jahre gebeten.

"Der Staat konsolidiert jetzt alle vorhandenen Ressourcen auf den vorrangigen Bedarf", schrieb Regierungschef Denys Schmyhal bei Telegram. Das seien die Finanzierung der Armee, die Vorbereitung der Heizsaison, Zahlung von Renten und den Wiederaufbau kritischer Infrastruktur.

Merz wirft Scholz Versäumnisse bei Waffenlieferungen vor

Vor seiner Reise nach Polen hat der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz schwere Vorwürfe gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wegen ausbleibender Waffenlieferungen an die Ukraine erhoben. "Seine Ankündigungen zur militärischen Unterstützung der Ukraine halten einer Überprüfung nicht stand", sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die deutsche Öffentlichkeit und das Parlament werden getäuscht. Und die Bundesregierung tut nicht das, was der Bundestag beschlossen hat: nämlich schwere Waffen zu liefern."

Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist, beginnt an diesem Mittwoch einen zweitägigen Besuch in der polnischen Hauptstadt Warschau. Aus polnischer Sicht ist Berlin zu zögerlich mit der Lieferung von Waffen an die von Russland angegriffene Ukraine. Warschau ist auch enttäuscht über einen geplanten Ringtausch: Es hat mehr als 200 Panzer an die Ukraine abgegeben, ist aber unzufrieden mit dem deutschen Angebot eines Ausgleichs dafür.

CDU-Chef Friedrich Merz erhöht den Druck auf den BundeskanzlerBild: Oliver Berg/dpa/picture alliance

Der Ringtausch sei zur "Sackgasse" geworden, sagte Merz. Er forderte eine öffentliche Debatte darüber, "wie vertrauenswürdig unsere Regierung im eigenen Land, aber auch und gerade in Mittel- und Osteuropa noch ist". Dass FDP und Grüne nun vorschlügen, die Ukraine direkt mit Panzern zu beliefern, bezeichnete Merz als täglichen "Misstrauensbeweis gegen den eigenen Kanzler". Die koalitionsinterne Debatte um die Waffenlieferungen offenbare die Zerrissenheit der regierenden Ampel-Koalition und die "Führungsunwilligkeit" des Kanzlers.

Allerdings war am Dienstag bekanntgeworden, dass die Ukraine für die Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg weitere schwere Waffen aus Deutschland erhalten hat. "Die zugesagten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II und weitere drei Panzerhaubitzen 2000 sind geliefert. Wir halten Wort", erklärte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht.

Ukraine meldet Rückeroberung einer Ortschaft in der Region Cherson

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben die kleine Ortschaft Andrijiwka im Gebiet Cherson im Süden des Landes vollständig erobert. "Andrijiwka ist befreit und endgültig von den russischen Okkupationstruppen gesäubert", sagte der Sprecher der Kommandozentrale Süd der ukrainischen Truppen, Wladyslaw Nasarow, in einem Video. Unabhängig sind diese Angaben nicht zu überprüfen. Während im Osten des Landes weiterhin die moskautreuen Truppen die Initiative haben, ist Kiew im Süden inzwischen zu Gegenangriffen übergegangen.

Die ukrainischen Kräfte haben nach Angaben Nasarows vor einigen Tagen ebenfalls die Nachbarortschaft Losowe erobert. Hauptsächlich werden die Gefechte aber nach wie vor mittels der Artillerie auf Nachschublinien geführt. So berichtete die von Moskau eingesetzte Militärverwaltung im Gebiet Cherson über einen weiteren Beschuss einer Brücke über den Fluss Dnipro. Die 1,4 Kilometer lange Autobrücke in der Gebietshauptstadt Cherson sei beschädigt und für den Verkehr geschlossen worden, teilte ein Sprecher der Verwaltung mit.

Die Brücken sind strategisch wichtig, da der Dnipro viel Wasser führt und somit schwer zu überqueren ist. Vordringlichstes Ziel des ukrainischen Militärs ist es, die russischen Einheiten wieder auf die Linie hinter den Dnipro zurückzudrängen. Dazu versuchen sie unter anderem mit Hilfe der von den USA gelieferten Raketenwerfer Himars, die Nachschublinien zu unterbrechen.

Größtes Kohlekraftwerk der Ukraine unter russischer Kontrolle?

Im ostukrainischen Gebiet Donezk haben die russischen Truppen nach eigenen Angaben bei Switlodarsk das größte Kohlekraftwerk der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht. Von prorussischen Separatisten verbreitete Bilder sollten die Präsenz russischer Söldner der sogenannten Wagner-Gruppe vor dem Verwaltungsgebäude belegen. Anderen Berichten nach dauerten jedoch die seit Ende Mai währenden Kämpfe um das Kraftwerksgelände weiter an. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen. Der ukrainische Generalstab erwähnte das Kraftwerk in seinem jüngsten Lagebericht nicht.

Das größte Kohlekraftwerk der Ukraine bei Switlodarsk (Archivbild))Bild: Alexander Reka/TASS/dpa/picture alliance

Versorgung ukrainischer Soldaten in US-Militärkrankenhaus bei Ramstein

Die USA haben einem Insider zufolge grünes Licht für die medizinische Versorgung verletzter Soldaten aus der Ukraine in Deutschland gegeben. Das Pentagon habe bereits im Juni zugestimmt, ukrainische Truppen im Landstuhl Regional Medical Center (LRMC) zu behandeln, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte, laut Nachrichtenagentur Reuters. Bislang seien dort noch keine Soldaten aus der Ukraine versorgt worden. Auch würden US-Truppen keine Verwundeten aus dem Land herausholen. Das LRMC liegt neben dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein südwestlich von Frankfurt und ist das größte US-Militärkrankenhaus außerhalb des amerikanischen Kontinents.

Güterverkehr nach Kaliningrad wieder aufgenommen

Nach der Beilegung des Streits um Einschränkungen des Güterverkehrs nach Kaliningrad durch Litauen ist wieder ein Zug in der russischen Exklave eingetroffen. Der örtliche Gouverneur Anton Alichanow sprach von einem "ziemlich großen Erfolg".

Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen Litauen und Polen und hat keine direkte Landverbindung nach Russland. Das EU-Mitglied Litauen hatte seit Mitte Juni den Güterverkehr zwischen Russland und der Exklave beschränkt. Güter, die unter die EU-Sanktionen gegen Russland fallen, konnten nicht mehr mit der Bahn nach Kaliningrad gebracht werden.

Güterzüge warten in Kaliningrad auf die Transiterlaubnis durch LitauenBild: dpa/AP/picture alliance

Moskau forderte die Aufhebung der Beschränkungen und warf der EU vor, gegen ein 2002 geschlossenes Abkommen über den Transit nach Kaliningrad zu verstoßen. Die EU-Kommission hatte daraufhin Mitte Juli klargestellt, dass es kein allgemeines Verbot für Gütertransporte per Zug gebe. Verboten bleibe jedoch der Transit sanktionierter Militärausrüstung.

qu/wa/kle/sti/nob/gri (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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