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KonflikteUkraine

Ukraine: Viele Tote nach Angriff auf einen Markt

6. September 2023

Beim Bombardement einer ostukrainischen Stadt sind mindestens 17 Menschen getötet worden. Das EU-Gericht hat einen Sanktionsbeschluss gegen einen russischen Unternehmer gekippt. Nachrichten im Überblick.

Ukraine Krieg Angriff auf die Stadt Konstantinovka
Das Foto soll den Moment des Einschlags der Bombe in Konstantinovka zeigen.Bild: Volodymyr Zelenskiy Via Telegram/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Mindestens 17 Tote bei Angriff auf einen Markt in der Ostukraine
  • Pentagon kündigt weitere US-Militärhilfe für Kiew an
  • EU-Gericht kippt Sanktionsbeschluss gegen russischen Unternehmer
  • Parlament in Kiew bestätigt Umerow als neuen Verteidigungsminister
  • Übergelaufener russischer Pilot bekommt eine halbe Million US-Dollar

 

Durch den Beschuss eines Marktplatzes in der ostukrainischen Stadt Kostjantyniwka sind offiziellen Angaben zufolge mindestens 17 Menschen getötet worden. Unter den Toten ist auch ein Kind, wie Ministerpräsident Denys Schmyhal im Online-Dienst Telegram mitteilte. Mehr als 30 weitere Menschen wurden laut Angaben der Behörden verletzt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj machte Russland für den Angriff auf Zivilisten in der Stadt im Gebiet Donezk verantwortlich. "Ein normaler Markt. Geschäfte. Eine Apotheke. Menschen, die nichts Falsches getan haben", schrieb er in Onlinenetzwerken und sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Die Zahl der Opfer könne noch weiter steigen. 

Feuerwehrleute versuchen, die durch den Beschuss ausgelösten Brände zu löschen.Bild: Volodymyr Zelenskiy Via Telegram/REUTERS

Der Staatschef veröffentlichte auch ein kurzes Video, das den Moment der Explosion in dem belebten Viertel zeigen soll. Außerdem zeigte er Fotos von beschädigten Häuserfassaden, Blutlachen auf dem Boden und Rettungskräften, die Flammen löschen. Was genau für ein Geschoss einschlug, ist noch unklar. Laut Einschätzung einiger lokaler Medien handelte es sich um eine S-300-Rakete.

Die Stadt Kostjantyniwka liegt unweit der Front im Osten der Ukraine und ist in den vergangenen Monaten immer wieder zum Ziel russischer Angriffe geworden. Im Juli hatte die Ukraine Russland einen Streubombeneinsatz in Kostjantyniwka vorgeworfen, bei dem ebenfalls ein Kind getötet wurde. Auch davor wurden in der ukrainisch kontrollierten Stadt immer wieder Zivilisten durch russische Angriffe getötet.

Weitere US-Militärhilfe für die Ukraine

Das US-Verteidigungsministerium teilte in Washington mit, das neue Paket habe einen Umfang von 175 Millionen Dollar (rund 163 Millionen Euro). Es beinhalte unter anderem Ausrüstung zur Unterstützung der Luftverteidigung, Munition für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars und Artilleriemunition. Laut Pentagon haben die USA seit dem Kriegsbeginn Ende Februar 2022 militärische Hilfe im Umfang von mehr als 43 Milliarden US-Dollar (rund 40 Milliarden Euro) bereitgestellt oder zugesagt. 

EU-Gericht kippt Sanktionsbeschluss gegen russischen Unternehmer

Das Gericht der Europäische Union mit Sitz in Luxemburg hat eine EU-Sanktionsentscheidung gegen den russischen Geschäftsmann Aleksandr Schulgin teilweise gekippt. Weitere andere Klagen gegen Sanktionen wiesen die Richter  jedoch zurück. Schulgin hatte die Sanktionen gegen ihn vor dem Gericht angefochten. Die Richter gaben ihm teilweise Recht.

Sie urteilten, der Rat der EU habe nicht belegen können, warum Schulgin auch nach seinem Rückzug von der Geschäftsführung einer russischen Plattform für Elektrohandel weiterhin als einflussreicher Geschäftsmann einzustufen sei. Gegen das Urteil kann noch vor dem höchsten Gericht der EU, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), vorgegangen werden. Solange bleibe die Sanktion in Kraft, hieß es in dem Urteil.

Die übrigen Klagen anderer Russinnen und Russen wies das Gericht allerdings ab - unter anderem die Klage des Oligarchen Dmitri Pumpjanski und seiner Ehefrau. Die EU hat seit dem russischen Angriff auf die Ukraine rund 1800 Geschäfts- und Privatleute auf Sanktionslisten gesetzt. Dagegen sind derzeit rund 60 Klagen vor dem Gericht der EU anhängig.

Parlament in Kiew bestätigt Umerow als neuen Verteidigungsminister

Das ukrainische Parlament hat der Ernennung von Rustem Umerow zum neuen Verteidigungsminister des Landes zugestimmt. 338 von 450 Abgeordneten stimmten in Kiew für den von Präsident Wolodymyr Selenskyj vorgeschlagenen 41-Jährigen, wie die Abgeordneten Jaroslaw Jelesniak und Iryna Heraschtschenko im Online-Dienst Telegram schrieben. Der bisherige Leiter des wichtigsten Privatisierungsfonds der Ukraine löst Olexij Resnikow ab, der von Selenskyj entlassen worden war.

Der neue Verteidigungsminister Rustem Umerow gehört zur Volksgruppe der Krim-Tataren (Archiv)Bild: Andrii Nesterenko/AFP/Getty Images

Der neue Verteidigungsminister gilt als geschickter Verhandlungsführer und war auch an den Gesprächen über das von der Türkei und den Vereinten Nationen vermittelte Schwarzmeer-Getreideabkommen beteiligt, das von Russland im Juli allerdings aufgekündigt wurde. 

Umerow gehört zur Volksgruppe der Krim-Tataren und stammt aus einer muslimischen Familie. Seine Vorfahren waren von der Sowjetunion in den 1940er Jahren nach Usbekistan deportiert worden, wo Umerow geboren wurde.

Russischer Überläufer erhält Prämie für Hubschrauber

Ein in die Ukraine übergelaufener russischer Pilot, der einen Mi-8-Hubschrauber den Streitkräften Kiews übergeben hat, bekommt eine Prämie von umgerechnet einer halben Million US-Dollar (rund 463.000 Euro). Der Sprecher des Militärgeheimdienstes, Andrij Jussow, teilte mit, das Geld werde in der ukrainischen Landeswährung Hrywna ausgezahlt. Er rief andere russische Militärangehörige auf, dem Beispiel zu folgen. Über den Fall des 28-jährigen Russen, der auch öffentlich auftritt, berichten ukrainische Medien seit Tagen.

Ein russischer Mi-8 Mehrzweck- und Transporthubschrauber (Archivbild) Bild: Vitaly Timkiv/Sputnik/dpa/picture alliance

Laut dem Internetportal "Ukrajinska Prawda" war der Pilot mit dem Transporthubschrauber im ostukrainischen Gebiet Charkiw gelandet. Zwei nicht eingeweihte Mitglieder der Besatzung seien getötet worden. Der Pilot befinde sich mit seiner bereits vorher aus Russland geflohenen Familie in der Ukraine, hieß es weiter. Auch der Hubschrauber, der Ersatzteile für russische Kampfjets an Bord gehabt haben soll, sei weiter in dem Land. 

Die Ukraine hat eine offizielle Liste mit Prämien für Militärtechnik, die russische Soldaten übergeben können. Für einen Panzer etwa gibt es 100.000 US-Dollar. In Russland hingegen werden Abschussprämien für ukrainische Flugzeuge, Panzer und andere Waffen gezahlt.

Ein Toter bei russischen Drohnenangriffen

Bei erneuten Drohnenangriffen Russlands in der südukrainischen Schwarzmeerregion Odessa ist nach Behördenangaben ein Mensch getötet worden. Die russische Armee habe den Bezirk Ismail "fast drei Stunden lang" mit Drohnen beschossen, sagte Gouverneur Oleg Kiper im Onlinedienst Telegram. Ein Beschäftigter in der Landwirtschaft sei dabei verletzt worden und im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen. Außerdem sei landwirtschaftliche und Hafen-Infrastruktur beschädigt worden.

Die Angriffe kommen nicht überraschend. Nach Russlands Aufkündigung des Getreideabkommens für den Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer Ende Juli hat sich der Donauhafen Ismail zu einem der wichtigsten Umschlagplätze für die Getreide-Ausfuhr entwickelt. Seit dem Ende des Abkommens verübt Russland immer wieder Angriffe auf für den Seehandel wichtige Infrastruktur.

Ukraine fordert nochmals deutsche Taurus-Marschflugkörper

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat nochmals an Deutschland appelliert, schnellstmöglich Taurus-Marschflugkörper zu liefern. "Jeder weitere Tag mit Diskussionen, mit Koordinierungstreffen, mit Reflexionsprozessen kostet die Ukraine Menschenleben", sagt Kuleba dem Nachrichtensender "Welt". "Wir haben dieses Thema wieder und wieder gehabt seit letztem Jahr."

Er sei Bundeskanzler Olaf Scholz zwar dankbar, aber man wisse, dass die Entscheidung nun bei ihm allein liege. "Ich möchte ihn nicht unter Druck setzen, aber ich hoffe, dass die Entscheidung jetzt schnell und nicht erst in einigen Monaten getroffen wird", sagte Kuleba.

US-Außenminister Blinken wieder in Kiew 

US-Außenminister Antony Blinken ist zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. Im Zuge der vorab nicht öffentlich angekündigten Visite wolle der Minister weitere Hilfen für die Ukraine in Höhe von mehr als einer Milliarde Dollar (930 Millionen Euro) ankündigen, sagte ein hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums während der Anreise vor Journalisten. Blinken traf inzwischen mit seinem Amtskollegen Dmytro Kuleba zusammen. Auch ein Gespräch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj ist vorgesehen. Es ist der vierte Besuch des US-Ministers in der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022.

US-Außenminister Antony Blinken (r.) wird in Kiew von seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba begrüßtBild: Brendan Smialowski/REUTERS

Die USA sind der wichtigste militärische Verbündete der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg. Seit Kriegsbeginn haben sie Militärhilfe in Höhe von mehr als 43 Milliarden Dollar geliefert oder zugesagt. Erst Ende Juli kündigte das Pentagon ein neues Militär-Hilfspaket für die Ukraine im Umfang von 400 Millionen Dollar an, das unter anderem gepanzerte Truppentransportfahrzeuge sowie Munition für Patriot-Luftabwehrsysteme umfasst. 

Polen erhöht Verteidigungsetat deutlich

Wegen Sicherheitsbedenken angesichts des russischen Angriffskrieges im Nachbarland Ukraine will das NATO-Land Polen seinen Verteidigungsetat erheblich aufstocken. Im kommenden Jahr werde Warschau 137 Milliarden Zloty (rund 30,6 Milliarden Euro) und damit mehr als vier Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, sagte Präsident Andrzej Duda laut der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Das ist ein Anstieg gegenüber den bereits in diesem Jahr eingeplanten vier Prozent und weitaus mehr als die von den NATO-Partnern vereinbarten zwei Prozent.

Polens Präsident Andrzej Duda Mitte August bei einer Militärparade in Warschau Bild: Kacper Pempel/REUTERS

Polen ist seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 ein vehementer Unterstützer der Ukraine. Zuletzt hatte Warschau angekündigt, angesichts befürchteter "Provokationen" im Grenzgebiet zu Belarus und potenzieller Gefahren durch die dort inzwischen ansässigen Söldner der russischen Wagner-Gruppe seine Truppenstärke an der Grenze zum Nachbarland zu erhöhen.

London will Wagner-Gruppe als terroristische Organisationen verbieten

Großbritannien will die russische Söldnergruppe Wagner Medienberichten zufolge auf seine Liste terroristischer Organisationen setzen. Die Zeitung "Daily Mail" berichtet unter Berufung auf Innenministerin Suella Braverman, dies solle auf Grundlage der Anti-Terror-Gesetze geschehen. Das Vorhaben wird demnach an diesem Mittwoch im Parlament vorgestellt. 

Ein derartiges Verbot gilt bereits für die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" und das Terrornetzwerk Al-Kaida. Wagner sei "eine brutale und zerstörerische Organisation, die im Ausland als militärisches Werkzeug von Wladimir Putins Russland tätig" sei, zitiert "Daily Mail" die Innenministerin. Die Wagner-Gruppe sei "an Plünderungen, Folter und barbarischen Morden beteiligt" gewesen. Das Vorgehen der Gruppe in der Ukraine, im Nahen Osten und in Afrika sei eine "Gefahr für die globale Sicherheit", fügte die Ministerin hinzu. 

Ukrainischer Grenzschutz hinderte mehr als 20.000 Männer an der Flucht

Seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als 18 Monaten hat der ukrainische Grenzschutz über 20.000 wehrpflichtige Männer an der Flucht gehindert. "Insgesamt haben die Grenzer seit dem 24. Februar vorigen Jahres etwa 14.600 Personen festgenommen, die illegal die Ukraine verlassen wollten", sagte Grenzschutzsprecher Andrij Demtschenko. Zusätzlich seien rund 6200 Männer mit gefälschten Ausreisegenehmigungen erwischt worden. Flüchtige seien an der "grünen Grenze" vor allem zu Rumänien und der Republik Moldau aufgegriffen worden, sagte Demtschenko.

Laut der EU-Statistikbehörde Eurostat sind in den 27 EU-Staaten sowie in Norwegen, Schweiz und Liechtenstein allerdings mehr als 650.000 ukrainische Männer im Alter von 18 bis 64 Jahren als Flüchtlinge registriert.

ww/nob/sti/se/mak (rtr, afp, dpa, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.