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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Vizekanzler Habeck zu Gesprächen in Kiew

3. April 2023

Der deutsche Wirtschaftsminister berät mit der Ukraine auch über Energie-Kooperation. Der Chef der russischen Söldner-Gruppe Wagner verkündet die angebliche Einnahme der Stadt Bachmut. Nachrichten im Überblick.

Ukraine-Krieg - Vizekanzler Habeck in der Ukraine
Der deutsche Vizekanzler Robert Habeck bei seinem Besuch in der Ukraine mit Präsident Wolodymyr SelenskyjBild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Habeck: "Wir glauben daran, dass die Ukraine siegreich sein wird"
  • Russland will seine Militärpräsenz nahe Finnland verstärken
  • Selenskyj sieht militärischen Sieg als "einzigen Weg" an
  • Russische Atomwaffen sollen in Belarus an Grenze zu Polen
  • Rüstungskonzern Rheinmetall baut Service-Hub in Rumänen

 

Vizekanzler Robert Habeck ist zu politischen Gesprächen in die Ukraine gereist. Der Grünen-Politiker kam am Morgen mit einer kleinen Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter in der Hauptstadt Kiew an. Sinn der Reise sei, dass die Ukraine ein klares Zeichen bekomme, sagte Habeck bei seiner Ankunft am Bahnhof in Kiew. Ein Zeichen, "dass wir daran glauben, dass sie siegreich sein wird, dass sie wiederaufgebaut wird, dass es ein Interesse von Europa gibt, nicht nur in der Not zu unterstützen, sondern dass die Ukraine auch ein wirtschaftlich starker Partner in der Zukunft sein wird".

Auf dem Reiseplan stand unter anderem die Besichtigung eines Umspannwerkes des Energiekonzerns "Ukrenergo", das eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Ukraine mit Energie versorgt. Habeck kündigte dabei an, die deutsch-ukrainische Energiepartnerschaft neu aufzusetzen. "Der Wunsch und die strategischen Pläne - und das sind ja Sicherheitspläne der Ukrainer - sind tatsächlich, das Energiesystem breiter und dezentraler aufzustellen", sagte er. Das sei auch eine "Einladung zur Dekarbonisierung", also zum Abschied von fossilen Brennstoffen. "Insofern passen da zwei Sachen ganz gut zusammen: das Sicherheitsbedürfnis und ein zukunftsfähiges Energiesystem." Die Ukraine könne zum Energieexporteur Richtung Europa werden.

Robert Habeck (r.) hat zusammen mit "Ukrenergo"-Chef Wolodymyr Kudrytski ein Umspannwerk besichtigtBild: Christoph Soeder/picture alliance/dpa

Deutschland und die Ukraine haben seit 2020 eine formelle Energiepartnerschaft, die helfen soll, die Wende hin zu klimafreundlicheren Formen der Energieerzeugung voranzutreiben. Es geht unter anderem um die Steigerung der Energieeffizienz, die Modernisierung des Stromsektors, den Ausbau erneuerbarer Energien und das Einsparen von Treibhausgasen. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar vergangenen Jahres liegt der Schwerpunkt auf Nothilfe zur Reparatur und zum Erhalt des Stromnetzes - russische Angriffe richten sich auch gegen die Infrastruktur des Landes. Dieser Aspekt soll nun nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums noch weiter gestärkt werden.

Zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj besuchte Habeck die Ortschaft Jahidne nördlich von Kiew. Anlass des Besuchs war der Jahrestag der Befreiung des Dorfes, das zu Kriegsbeginn von russischen Soldaten besetzt worden war. 

Russland will Militärpräsenz nahe Finnland verstärken

Als Reaktion auf den am Dienstag bevorstehenden Beitritt Finnlands zur NATO will Russland nach eigenen Angaben seine Militärpräsenz in der Nähe des nordeuropäischen Landes ausbauen. "Wir werden unsere militärischen Kapazitäten im Westen und Nordwesten verstärken", sagte Vize-Außenminister Alexander Gruschko laut der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Russland und Finnland teilen eine rund 1300 Kilometer lange Grenze.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg teilte mit, Finnland werde am 4. April 2023 als 31. Mitglied in die Allianz aufgenommen werden. Dieser Schritt werde Finnland sicherer machen, erklärte Stoltenberg. Das Land hatte in der Folge der russischen Offensive gegen die Ukraine gemeinsam mit seinem Nachbarland Schweden den Beitritt beantragt. Schweden steht noch vor einigen Hürden, da sowohl die Türkei als auch Ungarn den Beitritt noch nicht ratifiziert haben.

Der Kreml hatte im März betont, Russland stelle keine Bedrohung für die beiden skandinavischen Länder dar. Gleichzeitig aber sieht Moskau in der NATO-Erweiterung eine "existenzielle" Bedrohung seiner Sicherheit.

Prigoschin:  Bachmut "im rechtlichen Sinne eingenommen"

"Im rechtlichen Sinne ist Bachmut eingenommen worden. Der Feind konzentriert sich auf die westlichen Gebiete", teilte Jewgeni Prigoschin, der Gründer der russischen "Gruppe Wagner", über den Onlinedienst Telegram mit. Nach seinen Angaben ist das Verwaltungsgebäude der Stadt unter russischer Kontrolle. Auf dem Gebäude sei die Flagge Russlands gehisst worden.

Berüchtigt: Jewgeni Prigoschin, Chef der "Gruppe Wagner" (Archivfoto)Bild: Sergei Ilnitsky/Pool EPA via AP/dpa/picture alliance

Von ukrainischer Seite gab es jedoch keine Hinweise darauf, dass Bachmut in russische Hände gefallen ist. In der Vergangenheit hatten sich ähnliche Äußerungen des Söldnerchefs zum Kampfgeschehen mitunter als voreilig erwiesen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die militärische Lage um Bachmut sei "besonders aufgeheizt". Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar sagte, die ukrainischen Streitkräfte würden ihre Stellungen in der Stadt weiter verteidigen, während die russischen Streitkräfte bei ihren Angriffen kaum Rücksicht auf Verluste nähmen. "Die Situation in Bachmut bleibt angespannt."

Selenskyj hat mehrfach erklärt, er wolle die Stadt nicht aufgeben. Die Einnahme von Bachmut wäre der erste größere Erfolg der russischen Invasionstruppen seit mehr als einem halben Jahr und könnte den Weg öffnen, die übrigen städtischen Zentren im Donbass unter russische Kontrolle zu bringen.

Festnahme nach Tod von russischem Militärblogger

Nach dem mutmaßlichen Bombenanschlag auf den bekannten russischen Militärblogger Wladlen Tatarski in Sankt Petersburg haben die Behörden nach eigenen Angaben eine Tatverdächtige gefasst. Eine 26 Jahre alte Frau sei festgenommen worden, teilte das staatliche Ermittlungskomitee mit. Das Innenministerium in Moskau veröffentlichte ein Video, in dem die Frau zugibt, in dem Café gewesen zu sein. Sie habe Tatarski eine Büste übergeben, die dann später explodierte. Auf die Frage, wer ihr diese Büste gegeben habe, meinte sie, dass sie das später sage. Tatarski kam ums Leben. 32 weitere Menschen seien verletzt worden, meldet die staatliche Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Zehn von ihnen befänden sich in ernstem Zustand.

Bei der Explosion in St. Petersburg gab es auch zahlreiche VerletzteBild: Investigative Committee of Russia/Handout via REUTERS

Der Kreml stuft die Ermordung als "Terroranschlag" ein. "Es gibt Angaben, dass die ukrainischen Geheimdienste mit der Planung dieses Terroranschlags etwas zu tun haben könnten", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Er warf der Führung in Kiew vor, "terroristische Handlungen" in Russland zu unterstützen.

Das Anti-Terror-Komitee teilte mit, der Kiewer Geheimdienst habe den "Terroranschlag" gegen Tatarski geplant und dafür die Verdächtige herangezogen. Demnach stand die Frau mit der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Verbindung. Zuvor hatten Medien berichtet, die Frau habe in der Vergangenheit an Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys teilgenommen und sei eine überzeugte Kriegsgegnerin. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte hingegen, in Russland mache sich "Inlandsterrorismus" breit. Auch der Chef der an der Seite des russischen Militärs in der Ukraine kämpfenden Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, sagte, er würde dem "Regime in Kiew" nicht die Schuld geben. Er sehe stattdessen eine Gruppe von Radikalen hinter der Tat.

In St. Petersburg wird um den toten Wladlen Tatarski getrauertBild: Anton Vaganov/REUTERS

Sollte sich bestätigen, dass es sich um einen Anschlag auf Tatarski handelte, wäre dies das zweite Attentat dieser Art auf russischem Boden seit dem Beginn von Russlands Ukraine-Invasion im Februar 2022. Im August war bei einer Autobombenexplosion bei Moskau die Publizistin Darja Dugina getötet worden. Sie war die Tochter des radikalen Ideologen Alexander Dugin.

Selenskyj sieht militärischen Sieg als "einzigen Weg" an

Nach einer Serie russischer Angriffe auf ukrainische Städte mit neuen zivilen Opfern betrachtet Staatschef Wolodymyr Selenskyj einen militärischen Sieg der Ukraine als "einzigen Weg" zur Sicherheit: "Es gibt nur einen Weg, den russischen Terror zu stoppen und die Sicherheit in all unseren Städten und Gemeinden wiederherzustellen - von Sumy bis zum Donbass, von Charkiw bis Cherson, von Kiew bis Jalta. Und dieser Weg ist der militärische Sieg der Ukraine", sagte Selenskyj in einer Videoansprache. "Es gibt keinen anderen Weg, und es kann keinen anderen Weg geben", fügte er hinzu.

Wolodymyr Selenskyj in seiner Videobotschaft am SonntagabendBild: President of Ukraine Official Website

Für den "bösen Staat" Russland sei es zur Normalität geworden, Wohnhäuser mit Raketenwerfern zu beschießen, Raketen auf Städte abzufeuern, normale Dörfer und Menschen zu bombardieren, so Selenskyj. Dieser Staat müsse vollständig besiegt werden - militärisch, wirtschaftlich, politisch und rechtlich. "Der erste Punkt ist der militärische", betonte der ukrainische Präsident. Und der werde auch umgesetzt.

Russische Atomwaffen sollen in Belarus an Grenze zu Polen

Russland möchte die taktischen Atomwaffen, die es in Belarus stationieren will, an der Grenze zu Polen aufstellen. Das kündigte Moskaus Botschafter in Minsk, Boris Gryslow, an. Bis 1. Juli sollten die benötigten Bunker für die Lagerung der Waffen fertiggestellt sein.

Gryslow bewertete es als positiv, dass die beabsichtigte Stationierung der Atomwaffen in Belarus bereits "eine Menge Lärm" in westlichen Medien verursache. "Endlich wird beachtet, dass es eine gewisse Parität geben sollte", sagte der Ex-Innenminister und frühere Vorsitzende der Staatsduma. "Wenn wir über die Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Europa sprechen, dann müssen wir Maßnahmen ergreifen, die die Sicherheit unseres Unionsstaates (Belarus und Russland) erhöhen."

Verbündete Präsidenten: Wladimir Putin (l., Russland) und Alexander Lukaschenko (Belarus)Bild: Sergei Chirikov/POOL EPA/AP/dpa/picture alliance

In einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) hieß es kürzlich, Kremlchef Wladimir Putin wolle im Westen Ängste vor einer atomaren Eskalation schüren, um so die Unterstützung für die Ukraine etwa bei der Lieferung schwerer Waffen zu brechen. Nach ISW-Einschätzung ist es jedoch weiter "sehr unwahrscheinlich, dass Russland nukleare Waffen in der Ukraine oder anderswo einsetzt".

Rheinmetall-Konzern baut Service-Hub in Rumänien auf

Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will künftig in Rumänien Waffen aus der Ukraine warten und reparieren. "Rheinmetall treibt den Aufbau eines militärischen Wartungs- und Logistikzentrums im NATO-Partnerland Rumänien mit Hochdruck voran", teilte ein Rheinmetall-Sprecher auf Anfrage mit. Die Arbeiten am Standort in der Umgebung der Stadt Satu Mare hätten bereits begonnen, das Zentrum solle noch im April seine Arbeit aufnehmen. Satu Mare liegt in der Nähe der ukrainischen Grenze.

In der Ukraine im Einsatz: eine "Panzerhaubitze 2000" aus deutscher ProduktionBild: REUTERS

Wartung und Reparatur an die Ukraine gelieferter Waffen spielen eine wichtige Rolle bei der Verteidigung des Landes nach dem russischen Angriff. Der Service-Hub Rheinmetalls solle nun eine zentrale Rolle dabei spielen, die Einsatzbereitschaft westlicher Kampfsysteme zu erhalten und ihre logistische Betreuung sicherzustellen, teilte der Düsseldorfer Konzern weiter mit. Die gelte für Panzerhaubitzen, aber auch für Kampfpanzer wie den Leopard 2 oder den britischen Challenger, Schützenpanzer wie den Marder, Fuchs-Transportpanzer oder militärische Lkw. Auch Gefechtsfahrzeuge der NATO-Kräfte könnten dort betreut werden. Vor allem aber profitiere die Ukraine, "der eine bestmögliche Versorgungssicherheit ihrer militärischen Systeme gegeben wird".

wa/ack/sti/cwo/qu/hf (rtr, dpa, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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