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Politik

Aktuell: Von der Leyen schlägt Ölpreisdeckel vor

28. September 2022

Die EU-Kommission will mit neuen Strafmaßnahmen auf die Eskalation des Ukraine-Kriegs reagieren, wie ihre Chefin ankündigte. Bundeskanzler Scholz führt ein Telefonat mit Präsident Selenskyj. Nachrichten im Überblick.

Brüssel | Europäischen Kommission | Ursula von der Leyen
Setzt auf schärfere Sanktionen gegen Russland: Ursula von der LeyenBild: Virginia Mayo/AP/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Von der Leyen präsentiert neues EU-Sanktionspaket
  • Scholz gibt Selenskyj telefonisch Rückendeckung 
  • Ukraine fordert "bedeutende" militärische Verstärkung 
  • Russland verweigert Bürgern Ausstellung von Reisepässen
  • EU geht bei Pipeline-Lecks von Sabotage aus 

 

Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland wegen der Invasion in die Ukraine vorgelegt. Das Paket enthalte unter anderem die Rechtsgrundlage für einen Preisdeckel für Ölimporte aus Russland sowie weitere Importbeschränkungen im Wert von sieben Milliarden Euro, teilte Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Brüssel mit. 

"In der vergangenen Woche hat Russland in seinem Angriffskrieg auf die Ukraine einen weiteren Schritt in Richtung Eskalation unternommen", sagte von der Leyen. "Wir akzeptieren weder die Scheinreferenden noch irgendeine Art von Annexion in der Ukraine."

Ziel ist es, dass Russland weltweit weniger an seinem Öl verdient. So soll Russland dazu gezwungen werden, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Plänen der G7-Staaten zufolge soll der Seetransport von Erdölprodukten und Rohöl aus Russland weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimmten Preis gekauft wurde. Funktionieren könnte dies, indem wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regel geknüpft werden.

Ölförderung in Russland (Archivfoto)Bild: Dmitry Lovetsky/AP Photo/picture alliance

Nun müssen die EU-Staaten über den Vorschlag der Kommission verhandeln und einstimmig darüber entscheiden. Länder wie Ungarn, Zypern und Griechenland hatten sich zuletzt gegen einen Ölpreisdeckel gestemmt. Zypern und Griechenland haben große Tankerflotten, die Öl transportieren. Ungarn befürchtet einen weiteren Anstieg der Verbraucherpreise, weil Russland Lieferungen einstellen könnte.

Zu den weiteren Sanktionsvorschlägen der EU-Kommission gehört ein Verbot für EU-Bürger, Sitze in Führungsgremien russischer Staatsunternehmen einzunehmen. Dafür hatte sich vor allem Berlin eingesetzt, nachdem Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) lange Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft war. Zudem soll es nach dem Willen der EU-Kommission verboten werden, bestimmte Schlüsseltechnologien nach Russland zu exportieren. Dazu gehörten "Produkte für die Luftfahrt, elektronische Komponenten und spezielle chemische Grundstoffe", erläuterte von der Leyen.

Scholz gibt Selenskyj telefonisch Rückendeckung

Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj anhaltende politische, finanzielle und humanitäre Hilfe sowie Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg zugesagt. In einem Telefonat habe Scholz zudem betont, dass Deutschland das Ergebnis der Scheinreferenden in den von Russland besetzten Gebieten Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja niemals anerkennen werde, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Der Kanzler und der ukrainische Präsident hätten zudem über Hilfen für den Wiederaufbau der Ukraine gesprochen. Sie wollten auch künftig weiter eng in Kontakt bleiben. 

Telefonierte mit Bundeskanzler Scholz: Präsident Selenskyj (Archiv)Bild: Sarsenov Daniiar/Ukraine Presidency/Planet Pix/ZUMAPRESS/picture alliance

Ukraine fordert "bedeutende" militärische Verstärkung

Nach den Scheinreferenden in vier russisch besetzten Gebieten der Ukraine über eine Annexion durch Russland hat die Regierung in Kiew vom Westen eine "bedeutende" Verstärkung seiner militärischen Unterstützung gefordert. Die Ukraine rufe EU, NATO und G7 dazu auf, den Druck auf Russland zu steigern, indem sie "harte neue Sanktionen" verhängten und die Militärhilfe für die Ukraine "bedeutend" erhöhten, erklärte das ukrainische Außenministerium.

Konkret forderte das Ministerium Kampfjets, Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie mit hoher Reichweite sowie Ausrüstung zur Luft- und Raketenabwehr. Kiew appellierte zudem an "alle Staaten und internationalen Organisationen", die "illegalen Handlungen" des Kreml in besetzten Gebieten der Ukraine zu verurteilen und die Isolation Russlands zu verschärfen.  

"Zynischer Versuch der Rekrutierung"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Scheinreferenden in den besetzten Gebieten zuvor als einen "zynischen Versuch" gewertet, die dortigen Männer für die russische Armee zu mobilisieren. In einer Videobotschaft an den Weltsicherheitsrat in New York sagte er weiter, die russische Anerkennung der "Pseudo-Referenden" bedeute, "dass es nichts zu besprechen gibt mit dem amtierenden russischen Präsidenten (Wladimir Putin)".

Der russische Botschafter im UN-Sicherheitsrat verfolgt die Videobotschaft des ukrainischen PräsidentenBild: Bebeto MatthewsAP/dpa/picture alliance

Die UN-Untergeneralsekretärin Rosemary DiCarlo bekräftigte während der Sitzung, die Vereinten Nationen unterstützten weiterhin vollkommen "die Souveränität, die Einheit, die Unabhängigkeit und die territoriale Integrität der Ukraine". Auch China rief dazu auf, die "territoriale Integrität aller Länder" zu respektieren. Die Haltung Pekings dazu sei "konsequent und klar", sagte Chinas Botschafter bei den UN, Zhang Jun.

Luhansk und Cherson bitten Putin um Annexion

Die Anführer der Separatisten in Luhansk und Cherson baten Kreml-Chef Wladimir Putin inzwischen um die Annexion ihrer Regionen durch Russland. Wie in Moskau mitgeteilt wurde, wollen die beiden russischen Parlamentskammern am Montag und Dienstag über die Annexionen entscheiden.

Die russischen Besatzer hatten nach Abschluss der Scheinreferenden von einer "überwältigenden Zustimmung der dortigen Bevölkerung zu einer Angliederung an Russland" gesprochen. In Donezk in der Ostukraine hätten mehr als 99 Prozent der Wähler zugestimmt. In Luhansk sollen es den russischen Angaben zufolge mehr als 98 Prozent, in Saporischschja im Süden mehr als 93 Prozent und im ebenfalls südlichen Cherson mehr als 87 Prozent gewesen sein. Die vier Regionen machen insgesamt etwa 15 Prozent des ukrainischen Territoriums aus. 

Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, dass Russland auch nach den Scheinreferenden den Krieg in der Ukraine bis zur Eroberung des gesamten Gebiets Donezk fortsetzen werde. Dies sei sei das Mindestziel, sagte Peskow in Moskau. Bisher kontrollieren die russischen Truppen und die Separatistenverbände rund 58 Prozent des Gebiets.

Russland verweigert Bürgern Reisepässe

Russland wird keine Reisepässe mehr an Staatsbürger ausgeben, die im Rahmen der Teilmobilmachung zum Dienst an der Waffe eingezogen werden. Den Betroffenen werde "der Reisepass verweigert", teilte die russische Regierung auf ihrer Website mit. Seit Präsident Wladimir Putin am 21. September die Teilmobilmachung bekanntgab, haben bereits zehntausende Menschen Russland in Richtung benachbarter Staaten verlassen. In mehreren Fällen wurde berichtet, Ausreisewilligen sei  der Grenzübertritt verwehrt worden. 

In Russland besitzt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung einen internationalen Reisepass. Russland gibt aber auch "interne Pässe" aus: Die Dokumente ähneln Personalausweisen und werden in einem Teil der ehemaligen Sowjetrepubliken rund um Russland akzeptiert. Unter anderem können Russen mit "internen Pässen" nach Armenien, Belarus und Kirgistan reisen - eine Möglichkeit, die viele Bürger seit Bekanntgabe der Teilmobilmachung bereits genutzt haben. Ob die "internen Pässe" von den nun verkündeten Beschränkungen betroffen sind, wurde auf dem Regierungsportal nicht erwähnt.

Russischer Pass (Archiv)Bild: Gavriil Grigorov/TASS/dpa/picture alliance

US-Botschaft warnt Doppel-Staatsbürger

Die USA haben ihre Staatsbürger in Russland erneut zur Ausreise aufgefordert: "US-Bürger sollten nicht nach Russland reisen und diejenigen, die in Russland wohnen oder reisen, sollten Russland unverzüglich verlassen." Die Botschaft der Vereinigten Staaten in Moskau wies zugleich darauf hin, dass die Ausreisemöglichkeiten per Flugzeug derzeit "extrem beschränkt" seien. Und sie warnte, Russland könnte Menschen mit doppelter US- und russischer Staatsbürgerschaft an der Ausreise hindern und zum Militärdienst einziehen.

EU geht bei Pipeline-Lecks von Sabotage aus

Die Europäische Union hält Sabotage als Ursache für die Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream  1 und 2 für wahrscheinlich und hat mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass diese Lecks das Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung sind", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten. Jede vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur sei völlig inakzeptabel werde "mit einer robusten und gemeinsamen Reaktion beantwortet werden". Borrell nannte aber keinen Verdacht, wer hinter einem möglichen Sabotageakt stecken könnte.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen führt die Lecks an den Pipelines von Russland nach Deutschland ebenfalls auf Sabotage zurück. Sie habe mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen über "den Sabotageakt" gesprochen, schrieb von der Leyen im Onlinedienst Twitter: "Jede absichtliche Störung von aktiver europäischer Energieinfrastruktur ist inakzeptabel und wird zu der stärksten möglichen Reaktion führen." Auch EU-Ratschef Charles Michel sprach von einem Sabotageakt.

Aus den Pipelines tritt seit Montag an drei Stellen in der Nähe der Insel Bornholm Gas aus. Die Leitungen von Nord Stream 1 und 2 sind derzeit zwar nicht in Betrieb, aber mit Gas gefüllt. Die dänische Marine veröffentlichte Aufnahmen, auf denen eine großflächige Blasenbildung an der Meeresoberfläche zu sehen ist.

Großdemo gegen Russland-Sanktionen in Prag

Zehntausende Menschen haben in Tschechiens Hauptstadt für ein Ende der Russland-Sanktionen und gegen die liberalkonservative Regierung von Ministerpräsident Petr Fiala demonstriert. Sie sprachen sich zudem für militärische Neutralität aus. Die Veranstaltung in Prag stand unter dem Motto "Tschechien an erster Stelle". Zu den Hauptrednern zählte Wirtschaftsprofessor Miroslav Sevcik. Er betonte, die Sanktionen gegen Russland würden dem Westen selbst am meisten schaden.

Kein Verständnis für steigende Energiepreise: Demonstranten in PragBild: Ondrej Deml/CTK/dpa/picture alliance

Die tschechische Regierung war zuletzt wegen der hohen Energiepreise unter Druck geraten. Sie reagierte vor kurzem mit einem Entlastungspaket, das unter anderem Strom- und Gaspreisdeckel für Haushalte und Kleinabnehmer umfasst. Für Großverbraucher aus der Industrie stellte das Kabinett Fördermittel in Höhe von umgerechnet 1,2 Milliarden Euro bereit.

Taliban schließen Abkommen mit Russland   

Die radikalislamischen Taliban in Afghanistan haben nach eigenen Angaben mit Russland ein vorläufiges Handelsabkommen unterzeichnet. Die Regierung in Moskau habe einen Rabatt auf die durchschnittlichen Weltmarktpreise für Rohstoffe angeboten, erklärte der afghanische Handels- und Industrieminister Hadschi Nuruddin Asisi. Russland solle nun jährlich etwa eine Million Tonnen Benzin, eine Million Tonnen Diesel, 500.000 Tonnen Flüssiggas (LPG) und zwei Millionen Tonnen Weizen liefern.

Von russischer Seite gab es keine Stellungnahme. Falls die Vereinbarung umgesetzt wird, wäre es das erste große internationale Wirtschaftsabkommen, das die Taliban seit ihrer Rückkehr an die Macht vor mehr als einem Jahr geschlossen haben.

Kein Land erkennt die Taliban als legitime Regierung Afghanistans an. Seit April sind die Taliban allerdings in Moskau mit einem diplomatischen Vertreter akkreditiert. In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist zudem die russische Botschaft als eine der wenigen nach wie vor geöffnet.

Oligarchen-Luxusjacht für 37,5 Millionen Dollar versteigert          

Ein unbekannter Käufer hat die Luxusjacht "Axioma" des russischen Oligarchen Dimitri Pumpjanski bei einer Zwangsversteigerung in Gibraltar für 37,5 Millionen Dollar (39,1 Millionen Euro) erworben. Das teilte ein Gericht in dem britischen Überseegebiet am Südzipfel Spaniens mit. Die 73 Meter lange "Axioma" sei die erste Jacht eines Oligarchen, die wegen Sanktionen infolge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine den Eigentümer wechselt, schrieb die Zeitung "Gibraltar Chronicle".

Die Superjacht "Axioma" vor Gibraltar Bild: Giovanni Romero/TheYachtPhoto/imago images

Das Gericht habe auch eine Zusatzzahlung von 505.000 Euro für Zubehör des Schiffs sowie Wein- und Alkoholvorräte an Bord akzeptiert. Gläubiger hätten nun 60 Tage Zeit, bei dem Gericht in Gibraltar ihre Ansprüche geltend zu machen, berichtete das Blatt weiter.

wa/no/sti/ehl/se/fab (rtr, dpa, afp, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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