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KonflikteUkraine

Ukraine: Wagner-Chef widerspricht Russlands Kriegsvorwänden

23. Juni 2023

Der Machtkampf zwischen dem Moskauer Verteidigungsministerium und der Privatarmee Wagner geht in eine neue Runde. Die Ukraine erhält weitere 20 Panzer aus Deutschland. Nachrichten im Überblick.

Kämpfe und Zerstörung in Bachmut, Ukraine
Zerstörung in Bachmut nach einem russsichen Angriff im MaiBild: UKRAINIAN ARMED FORCES/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze

  • Prigoschin widerspricht russischer Kriegsbegründung
  • Moskau reagiert auf EU-Sanktionspaket mit Reisebeschränkungen
  • Weitere Marder-Schützenpanzer für die Ukraine
  • Vorwürfe zum Umgang mit Leichen am Kachowka-Damm
  • Modi und Biden sprechen über den Krieg 

 

Der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat erneut heftig gegen die Militärführung in Moskau gewettert - und deren offizielle Kriegsgründe infrage gestellt. Entgegen der russischen Propaganda-Behauptung sagte Prigoschin in einem am Freitag veröffentlichten Video, Russland sei vor Kriegsbeginn im Februar 2022 überhaupt nicht durch die Ukraine gefährdet gewesen.

Prigoschin widerspricht Begründung für Ukraine-Krieg

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Die angeblich "wahnsinnige Aggression" vonseiten Kiews und der NATO habe es so nie gegeben. "Das Verteidigungsministerium versucht, den Präsidenten und die Öffentlichkeit zu täuschen", sagte Prigoschin, der sich bereits seit Monaten in einem internen Machtkampf mit Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu befindet.

"Der Krieg war notwendig, damit Schoigu den Titel eines Marschalls erhält. (...) Und nicht, um die Ukraine zu demilitarisieren und zu denazifizieren", fügte Prigoschin hinzu. Außerdem hätten sich russische und prorussische Oligarchen Vorteile von dem Krieg erhofft. Russland rechtfertigt seinen Angriffskrieg immer wieder mit der Propaganda-Behauptung, das Nachbarland von angeblichen "Neonazis" zu befreien. Ein weiterer Kriegsvorwand ist die durch nichts belegte Behauptung, Kiew hätte Moskau mithilfe der NATO angreifen wollen.

Ein Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr in einem Gefechtsübungszentrum bei Gardelegen in Sachsen-Anhalt (Archivfoto)Bild: Jan Woitas/dpa/picture alliance

Rheinmetall liefert 20 Schützenpanzer

Der Rüstungskonzern Rheinmetall liefert weitere Schützenpanzer an die Ukraine. Im Auftrag der Bundesregierung sollten insgesamt 20 Schützenpanzer des Typs Marder auf den Weg gebracht werden, teilte das Unternehmen mit. Die Auslieferung soll noch in diesem Sommer erfolgen. Das Auftragsvolumen liege im unteren zweistelligen Millionenbereich. 

Der Düsseldorfer Rüstungskonzern hatte bereits im März die ersten von der Regierung beauftragten 20 Schützenpanzer für die Ukraine auf den Weg gebracht. Weitere 20 Marder erhielt die Ukraine direkt aus Beständen der Bundeswehr. Über die bisher beauftragten Fahrzeuge hinaus kann der Konzern demnach weitere 60 Marder verfügbar machen. Bei den Panzern handle es sich um überholte Marder aus ehemaligen Bundeswehr-Beständen. 

Ukrainische Soldaten im Februar in Munster beim Training am Schützenpanzer MarderBild: Gregor Fischer/AP/picture-alliance

In einem Ringtausch-Verfahren erhält zudem Griechenland insgesamt 40 Marder-Schützenpanzer von dem Düsseldorfer Konzern. Beim Ringtausch geben NATO-Partner Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine ab, Deutschland sorgt im Gegenzug für modernen Ersatz.

Moskau reagiert auf EU-Sanktionen mit Reisebeschränkungen

Das neue EU-Sanktionspaket gegen Russland ist offiziell in Kraft getreten. Die Maßnahmen zielen etwa darauf ab, die Umgehung der bisherigen Sanktionen zu verhindern, und nehmen auch drei Unternehmen in China ins Visier, wie aus einer Pressemitteilung der EU-Länder in Brüssel hervorging. 

Der Kreml reagierte prompt und erließ nach eigenen Angaben als Reaktion auf das elfte EU-Sanktionspaket Reisebeschränkungen. Betroffen seien Sicherheits- und andere Beamte, Geschäftsleute und Mitglieder des Europäischen Parlaments, teilt das Außenministerium in Moskau mit. Weitere "angemessene" Reaktionen sollen demnach folgen.

UN-Bericht zu Gewalt an ukrainischen Kindern durch Russland

Die Vereinten Nationen machen Russland für die Tötung von 136 Kindern 2022 in der Ukraine verantwortlich. Dies geht aus einem jährlichen Bericht von UN-Generalsekretär António Guterres an den Sicherheitsrat hervor. Darin werden russische oder mit Russland verbündete Einheiten auch für 480 Angriffe auf Schulen oder Krankenhäuser verantwortlich gemacht. Zudem habe die russische Armee in 91 Fällen Kinder als menschliche Schutzschilde missbraucht. Die Ukraine wird ihrerseits für 80 getötete Kinder sowie 212 Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser verantwortlich gemacht. Stellungnahmen der beiden Staaten liegen nicht vor.

Tod , Flucht und Vertreibung: die Kinder leiden besonders unter dem KriegBild: Mikhail Palinchak/Reuters

Guterres sagte, er sei "entsetzt" über die hohe Zahl "schwerer Verstöße" gegen Kinder in der Ukraine im Jahr 2022, "schockiert" über die Zahl der Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser, "besorgt" wegen der Inhaftierung von Kindern und "beunruhigt", dass einige ukrainische Kinder nach Russland verschleppt wurden.

Verstärkt Hepatitis A in den Flutgebieten

Russland hat nach Darstellung des ukrainischen Präsidenten Spezialgruppen gebildet, die die Opfer nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms verschwinden lassen sollen. "Der russische Teufel will mit speziellen Truppen die Leichen einsammeln und natürlich vernichten", sagt Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Das ukrainische Militär erklärt, dass sich die epidemiologische Situation in den betroffenen Gebieten durch die Verbreitung von Hepatitis A drastisch verschlechtert habe.

Die Wasserpegel sinken, die Seuchengefahr steigtBild: Dmytro Smolienko/Ukrinform/ABACAPRESS/picture alliance

Zwei Tote bei russischem Angriff auf Cherson

Bei einer russischen Attacke auf die südukrainische Regionalhauptstadt Cherson sind nach Behördenangaben mindestens zwei Menschen getötet worden. Ein städtisches Transportunternehmen sei bei dem Beschuss getroffen worden, teilte Gouverneur Olexandr Prokudin mit. Ein 55-jähriger Mann sei an Ort und Stelle ums Leben gekommen, fünf Verletzte seien in ein Krankenhaus gebracht worden. Ein 43-jähriger Mann sei dort später seinen Verletzungen erlegen. Die ukrainischen Streitkräfte hatten die Stadt im November zurückerobert. Sie steht aber weiter häufig unter Artilleriebeschuss durch russische Truppen.

Bei ukrainischem Beschuss eines russisch besetzten Gebietes in der südlichen Region Saporischschja ist nach russischen Angaben ein Mensch getötet worden. Ukrainische Truppen hätten eine Straße in der Nähe des Dorfes Nowohoriwka beschossen, meldet die russische Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf Rettungsdienste. Eine weitere Person sei verletzt worden.

London: Russische Marine setzt auch auf "Kampfdelfine"

Zum Schutz seiner Marinebasis auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim nutzt Russland nach Informationen britischer Geheimdienste stärker die Dienste sogenannter Kampfdelfine. Aufnahmen des Hafens von Sewastopol zeigten, dass sich die Zahl schwimmender Gehege fast verdoppelt habe, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Darin würden höchstwahrscheinlich Große Tümmler gehalten, die feindliche Taucher abwehren sollen. Der Hafen von Sewastopol ist der Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte.

Insgesamt seien die Sicherheitsvorkehrungen seit Sommer 2022 stark erhöht worden. "Dazu gehören mindestens vier Schichten von Netzen und Barrieren entlang der Hafeneinfahrt", teilte das Ministerium mit. Der Hafen von Sewastopol war während des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mehrmals Ziel mutmaßlicher ukrainischer Raketen- oder Drohnenangriffe. Ende April wurden dort mehrere Öltanks zerstört.  

Ein U-Boot und Kriegsschiffe der russischen Schwarzmeerflotte liegen in Sewastopol vor Anker (Archivbild)Bild: Ulf Mauder/dpa/picture alliance

Zuvor war schon mehrfach über den Einsatz trainierter Delfine durch Russland berichtet worden. Nach Angaben des US Naval Institute entwickelte die sowjetische Marine während des Kalten Krieges mehrere Programme mit Meeressäugern, darunter eines mit Kampfdelfinen nahe Sewastopol. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sei dieses an das ukrainische Militär gegangen, als Folge der russischen Annexion der Halbinsel Krim 2014 dann aber unter Kontrolle der Marine Russlands geraten. Seither seien diese Programme ausgeweitet worden. Russland habe Tiere für eine Reihe von Einsätzen ausgebildet, hieß es nun in London.

Modi, Biden und Russland

Der Krieg in der Ukraine ist ein zentraler Punkt bei den Gesprächen zwischen dem indischen Premierminister Narendra Modi und US-Präsident Joe Biden in Washington gewesen. Beide Politiker haben auf die territoriale Integrität der Ukraine gedrungen. Es müssten "internationales Recht, die Prinzipien der UN-Charta und territoriale Integrität und Souveränität" respektiert werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Modi, der sich Bemühungen westlicher Staaten für eine internationale Isolierung Russlands widersetzt hat, beteuerte zudem, er wolle sich für einen "Frieden" in der Ukraine einsetzen. Allerdings lehnt Indien es bislang ab, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine klar zu verurteilen. Das Land kauft vielmehr in großem Umfang russisches Erdöl und verhilft Russland damit zu wichtigen Finanzmitteln.

nob/uh/sti/kle/fab/bru (rtr, ape, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.