Ukraine: Europäer nennen Trump-Vorschlag "Ausgangspunkt"
21. Oktober 2025
Es könnte Bewegung in einen Friedensprozess für die von Russland angegriffene Ukraine kommen. Mehrere europäische Staats- und Regierungschefs haben eine gemeinsame Erklärung veröffentlich - gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Darin stellen sie sich hinter einen Vorschlag von US-Präsident Donald Trump.
Trump, der sich schon bald erneut mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin treffen will, hatte am Sonntag einen sofortigen Waffenstillstand gefordert - und zwar entlang der aktuellen Frontlinie. "Alles andere wäre sehr schwierig auszuhandeln", betonte der US-Präsident. Damit würden Russlands Truppen weiterhin 19 Prozent des Staatsgebiets der Ukraine besetzt halten, also große Teile im Osten und Südosten des Landes sowie die Halbinsel Krim.
Die Europäer unterstützen in ihrer gemeinsamen Erklärung "nachdrücklich" Trumps Position, "dass die Kämpfe sofort beendet werden sollen und die aktuelle Kontaktlinie der Ausgangspunkt für Verhandlungen sein sollte". Neben Selenskyj und Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz gehören zu den Unterzeichnern auch Großbritanniens Premier Keir Starmer, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die Regierungschefinnen Italiens und Dänemarks, Giorgia Meloni und Mette Frederiksen, die Ministerpräsidenten von Polen und Norwegen, Donald Tusk und Jonas Störe, sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident António Costa.
Trotz ihres Schulterschlusses mit Trump schlagen sie in der Erklärung einen deutlich anderen Ton an als der US-Präsident. "Wir halten weiterhin an dem Grundsatz fest, dass internationale Grenzen nicht mit Gewalt verändert werden dürfen." Diese Bemerkung ist auch ein Hinweis darauf, dass russische Gebietsgewinne in dem seit 2022 andauernden Krieg in amerikanisch-russischen Gesprächen nicht anerkannt werden sollten.
Die Europäer machen Russland erneut dafür verantwortlich, dass es nicht zu Friedensgesprächen kommt. "Russlands Verzögerungstaktik hat immer wieder gezeigt, dass die Ukraine die einzige Partei ist, die es mit dem Frieden ernst meint." Alle könnten sehen, dass der russische Präsident Wladimir Putin weiterhin auf Gewalt und Zerstörung setze.
Eingefrorene Front und eingefrorenes Vermögen
Den Europäern geht es nicht nur um eine eingefrorene Front, sondern auch um das im Westen eingefrorene russische Staatsvermögen. Die Unterzeichner der Erklärung halten an ihrem Anliegen fest, diese Mittel freizugeben und für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden.
Mit Verweis auf die vor allem in Belgien eingefrorenen russischen Guthaben heißt es, dass man einen Mechanismus entwickele, um dieses Geld für die Ukraine verfügbar zu machen. Dies wird auch ein Thema auf dem EU-Gipfel am Donnerstag sein. Bundeskanzler Merz und die EU-Kommission hatten vor dem informellen EU-Gipfel in Kopenhagen vorgeschlagen, dass das Geld zwar nicht enteignet, aber für die Absicherung eines 140 Milliarden Euro-Kredits an die Ukraine genutzt werden solle.
Außerdem drohen die Unterzeichner dem russischen Präsidenten mit weiteren Sanktionen. "Wir müssen den Druck auf die russische Wirtschaft und die Rüstungsindustrie erhöhen, bis Putin bereit ist, Frieden zu schließen", heißt es in der gemeinsamen Erklärung. "Daher ist für uns klar, dass die Ukraine in einer möglichst starken Position sein muss - vor, während und nach einem Waffenstillstand." Letzteres zielt auf die Forderung an die USA, der Ukraine wieder Waffen zu liefern.
Weitere Angriffe auf ukrainische Infrastruktur
Trotz der Vorbereitungen für einen möglichen Trump-Putin-Gipfel in Budapest ist von Frieden in der Ukraine noch nichts zu spüren. Russland hat das Land erneut mit Angriffen aus der Luft überzogen. Die russischen Streitkräfte haben es dabei offenbar weiterhin auf die Energie-Infrastruktur abgesehen. Nach einem Angriff auf die nordukrainische Region Tschernihiw sind dort Hunderttausende Menschen ohne Elektrizität.
Russland lasse absichtlich Drohnen über den beschädigten Infrastrukturanlagen kreisen, um Reparaturen unmöglich zu machen und "die humanitäre Krise bewusst zu verlängern", heißt es aus dem ukrainischen Energieministerium. Der kommissarische Bürgermeister von Tschernihiw, Olexandr Lomako, sagte, Russland nehme vor dem nahenden Winter gezielt die Strom- und Wärmeversorgung der Bevölkerung ins Visier.
Die Energie-Infrastruktur der Region wurde in den vergangenen Wochen bereits wiederholt von russischen Drohnen- und Raketenangriffen getroffen. Das hat immer wieder zu Stromausfällen in der Ukraine geführt.
AR/pgr (rtr, afp, dpa)