Ukraine fliegt Drohnenangriffe auf Moskau
22. Mai 2025
Die Ukraine hat erklärt, weiterhin auf russischem Territorium militärisch aktiv zu sein. Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte am Mittwochabend, dass ukrainische Truppen in den Regionen Kursk und Belgorod kämpfen würden - aus seiner Sicht ein entscheidender Beitrag zur Verteidigung der grenznahen ukrainischen Städte Sumy und Charkiw. Diese seien durch russische Offensiven besonders gefährdet.
Selenskyjs Aussagen widersprechen russischen Darstellungen, wonach die ukrainischen Truppen vollständig zurückgedrängt worden seien. Der russische General Apty Alaudinow sagte der Agentur TASS, sämtliche ukrainischen Angriffsversuche seien gescheitert: "Der Feind versuchte lange Zeit, zumindest irgendeinen Brückenkopf zu besetzen." Dies sei jedoch nicht gelungen.
Ukrainische Militärbeobachter bestätigen, dass in der Region Kursk noch einige Quadratkilometer russischen Gebiets unter ukrainischer Kontrolle stehen - Überbleibsel eines Vorstoßes aus dem Sommer 2024. Die Lage in der Region Belgorod sei dagegen unklar. Sollte die Ukraine dort tatsächlich aktiv sein, könnte dies strategischen Charakter haben: Ziel wäre es womöglich, russische Truppenbewegungen zu stören und die Angriffe auf die Millionenstadt Charkiw zu erschweren, erklärten die Beobachter.
Drohnenalarm über Moskau
Gleichzeitig verzeichnete Russland in der vergangenen Nacht eine massive Welle ukrainischer Drohnenangriffe. Das russische Verteidigungsministerium meldete, insgesamt 105 Drohnen seien abgeschossen oder abgefangen worden - allein 35 davon auf dem Weg in Richtung Moskau. Diese Angriffe führten in der russischen Hauptstadt zu erheblichen Einschränkungen im Flugverkehr.
Laut der russischen Luftfahrtbehörde Rosawiazija mussten Starts und Landungen an mehreren Moskauer Flughäfen unterbrochen werden, darunter auf den wichtigen Airports Scheremetjewo, Wnukowo, Domodedowo und Schukowskij. Das Flugdatenportal "Flightradar24" zeigt, dass Maschinen Umwege flogen oder in Warteschleifen kreisten.
In der Stadt Tula, südlich von Moskau, stürzte eine Drohne auf das Dach eines Mehrfamilienhauses. Zwei Menschen wurden laut Behörden leicht verletzt. Auch andernorts gingen Trümmerteile nieder.
Russische Schläge gegen westliche Waffensysteme
Russland reagierte seinerseits mit weiteren Luftangriffen auf die Ukraine. Der ukrainische Generalstab zählte am Mittwochabend 104 einzelne Angriffe. In Sumy kam es laut dem öffentlich-rechtlichen Sender Suspilne abends zu mehreren Explosionen. In Charkiw wurden nach Angaben von Bürgermeister Ihor Terechow acht Wohnhäuser beschädigt.
Das russische Verteidigungsministerium meldete zudem einen gezielten Angriff auf westliche Waffenlieferungen: In der ukrainischen Region Dnipropetrowsk seien zwei US-amerikanische Patriot-Raketenwerfer, ein Kommandoposten und ein Radarsystem durch eine Iskander-Rakete zerstört worden. Die Angaben konnten bislang nicht unabhängig überprüft werden. Patriot-Systeme gehören zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt und sind ein zentraler Bestandteil westlicher Militärhilfe an die Ukraine. Auch Deutschland hat solche Systeme geliefert.
Eine diplomatische Lösung bleibt hingegen weiter in der Ferne. Russlands Präsident Wladimir Putin wies Forderungen der Ukraine und westlicher Staaten nach einer sofortigen und bedingungslosen Waffenruhe erneut zurück. Die EU und die USA hatten vereinbart, in diesem Fall mit neuen Sanktionen gegen Russland zu reagieren. Zuletzt war aber unklar, ob US-Präsident Donald Trump die Sanktionen wirklich umsetzen werde.
Neue Sanktionen haben breite Zustimmung im Senat
Im US-Senat haben sich bereits mehr als 80 Senatoren beider Parteien hinter einen Gesetzentwurf gestellt, der mit neuen Sanktionen den Druck auf Russland erhöhen soll. "Diese Sanktionen würden erhoben, wenn Russland sich weigert, an Verhandlungen für einen anhaltenden Frieden mit der Ukraine teilzunehmen", teilten die Verfasser des Gesetzentwurfs, der demokratische Senator Richard Blumenthal und der Republikaner Lindsey Graham, in einer gemeinsamen Erklärung mit.
81 der 100 Abgeordneten im Senat würden dem Gesetzesentwurf zur Einsetzung neuer Sanktionen gegen Russland voraussichtlich zustimmen. Es ist jedoch unklar, ob der Chef der Republikaner im Senat, John Thune, den Gesetzentwurf zur Abstimmung bringen wird. Thune erklärte, auf weitere Anweisungen des Weißen Hauses zu warten.
Mit dem Gesetz würden auch Produkte aus Ländern, die Öl, Gas, Uran und andere Waren aus Russland kaufen, mit Zöllen in Höhe von 500 Prozent belegt werden, so Blumenthal und Graham. "Russland ist der Aggressor. Russland muss dieses Blutbad beenden", sagte Graham bei der Debatte im Senat.
US-Außenminister Marco Rubio hatte am Dienstag erklärt, er erwarte, dass Russland innerhalb der nächsten Tage "grobe Züge für eine Waffenruhe mit der Ukraine" vorstelle. DI US-Regierung beurteile auf diese Weise, ob es die Führung in Moskau mit dem Frieden ernst meine. Am Dienstag hatte die Europäische Union weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen, die die fast 200 Schiffe der Schattenflotte betreffen.
pgr/AR (rtr, afp, dpa)
Redaktionsschluss: 18:00 Uhr (MESZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.