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HandelUkraine

Ukraine: Getreideexporte vorläufig gesichert

Arthur Sullivan
18. Mai 2023

Das Getreideabkommen zwischen Kiew und Moskau, das den Export ukrainischen Weizens über das Schwarze Meer garantieren soll, ist verlängert worden. Doch Zweifel an Sinn und Zweck des Vertrages bleiben bestehen.

Ukraine-Krieg - Getreideernte
Ein Mähdrescher erntet Getreide auf einem Feld in der Region Odessa im Süden der UkraineBild: Ukrinform/dpa/picture alliance

Fünf Monate nachdem russische Streitkräfte in die Ukraine einmarschiert waren, hatten sich die beiden Länder darauf geeinigt, dass die Ukraine - ein weltweit wichtiger Exporteur von Getreide und anderer landwirtschaftlicher Produkte - seine Güter weiterhin über das Schwarze Meer exportieren konnte.

Dieses sogenannte Getreideabkommen ist nun für zwei weitere Monate verlängert worden. Das teilte Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, am Mittwoch (17.05.2023) mit. 

Sacharowa betonte, dass Russlands Haltung zu diesem Abkommen aber weiterhin unverändert sei. Moskau hatte gedroht, das Abkommen am 18. Mai zu kündigen, wenn nicht mehrere Bedingungen erfüllt würden. Die Forderungen, die Russland gestellt hatte lauteten: Die Wiederzulassung der russischen Landwirtschaftsbank Rosselchosbank zum internationalen Bankensystem SWIFT und die Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen von Landwirtschaftsmaschinen und Ersatzteilen nach Russland.

Dazu sollen Behinderungen bei Versicherungen aufgehoben und der Zugang zu Häfen für russische Schiffe und Güter gewährleistet werden. Außerdem fordert Moskau die Wiederaufnahme des Betriebes einer Ammoniak-Pipeline zwischen dem russischen Togliatti und dem ukrainischen Hafen von Odessa. Auch die Konten russischer Düngemittelunternehmen sollen freigegeben werden und die Sanktionen gegen sie sollen aufgehoben werden.

Die Unsicherheit bleibt

Es ist nicht klar, ob oder welcher dieser Forderungen entsprochen worden ist. Laut Sacharowa werde daran weiter gearbeitet: "Wir gehen davon aus, dass die Parameter, die wir definiert haben, umgesetzt werden."

Experten für die Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln haben wiederholt erklärt, dass ein ungehinderter Export landwirtschaftlicher Güter aus der Ukraine entscheidend dafür sei, dass die Preise international stabil bleiben und so dazu beitragen, den Hunger in vielen Entwicklungsländern zu bekämpfen. Dennoch ist der Erhalt des Abkommens durch ständige Unsicherheiten weiterhin bedroht.

Trotz Bedenken und unerfüllter Forderungen: Moskaus Außenminister Lawrow stimmte dem Abkommen zuBild: Russian Foreign Ministry via REUTERS

Moskauer Proteste

Russland, das ebenfalls ein bedeutender Nahrungsmittelexporteur ist, verweist darauf, dass seine eigenen Ausfuhren durch den Ausschluss aus dem SWIFT-Zahlungssystem behindert werden. Außerdem, so Moskau, seien die russischen Exportkapazitäten durch Restriktionen bei Versicherungen und durch die Einschränkung der Schiffslogistik ausgebremst.

Allerdings gibt es keine besonderen Sanktionen beim Export russischer landwirtschaftlicher Produkte.D Das Land hatte 2022/23 eine Rekordernte erwirtschaftet und ebenfalls rekordverdächtige 43 Millionen Tonnen Getreide ausgeführt. Dieses Ergebnis war dadurch begünstigt worden, dass die Ukraine wegen des Krieges gleichzeitig 37 Prozent weniger Weizen hatte exportieren können.

William Moseley, Geographieprofessor am Macalester College in den USA und Mitglied eines UN-Experten-Panels für Ernährung und Lebensmittelsicherheit, sagt, es läge definitiv nicht in russischem Interesse, das Abkommen scheitern zu lassen. "Wie jeder gute Verhandler, will Russland das bestmögliche Ergebnis", sagte er zur DW. "Denn kein Abkommen zu erreichen würde es Russland erschweren, neue Freunde im Nahen Osten und in Afrika zu finden, wo man auf das Getreide aus der Ukraine angewiesen ist."

Die Preise sinken, der Hunger bleibt

Seit das Abkommen im Juli 2022 umgesetzt wurde, hat des dazu beigetragen, die globalen Lebensmittelpreise zu stabilisieren. Die Preise hatten als Reaktion auf die russische Invasion ein Allzeithoch erreicht und waren seither wieder deutlich gesunken.

"Das Getreideabkommen hat den globalen Märkten eine dringend nötige Erleichterung verschafft, was zu einem Sinken der Preise geführt hat", sagte ein Sprecher des UN-Ernährungsprogramms (WFP) zur DW. Der UN-Lebensmittelpreisindex ist inzwischen auf das Niveau von Ende 2021, also vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, gesunken.

Dennoch, so die UN-Organisation, haben verschiedene wirtschaftliche Schocks  für ein Zehn-Jahres-Hoch der Lebensmittelpreise gesorgt. "Die Ernährungskosten in 66 Ländern sind um wenigstens 15 Prozent gestiegen, während in Ländern wie Venezuela, Libanon, Simbabwe, Syrien und Argentinien die Inflation im dreistelligen Bereich liegt", so der UN-Sprecher.

Die globale Lebensmittelversorgung sei "nicht gut", so UN-Experte William Moseley, und verweist dazu auf WFP-Zahlen, die zeigen, dass derzeit die Lebensmittelversorgung für weltweit 345 Millionen Menschen gefährdet ist.

Über den Hafen von Odessa läuft ein großer ZTewil des ukrainischen GetreideexportesBild: BePress/abaca/picture alliance

Mehr lokal als global

Laut WFP ist die Verlängerung des Getreideabkommens sehr wichtig, aber die anhaltende Unsicherheit werde zu erhöhter Volatilität auf den globalen Lebensmittelmärkten führen. "Wichtig ist die Nachhaltigkeit im Handel mit Lebensmitteln"; so WFP. "Es geht darum, die Versorgung zu sichern und so die für alle Konsumenten zu stabilisieren, so dass die Preise nicht mehr steigen und die Ärmsten am härtesten getroffen werden."                                                                

Laut William Moseley hätte ein Ausfall des Abkommens vor allem die Getreideimporteure im Nahen Osten, in Nordafrika und am Horn von Afrika stark betroffen: "Das globale Ernährungssystem ist wie ein riesiger Tanker, der braucht auch viel Zeit, wenn er seinen Kurs ändern will."

Der Ukraine-Krieg und auch die COVID-Pandemie hätten dazu beigetragen, dass nun darüber geredet werde, ein globales Ernährungssystem aufzubauen, dass nicht mehr so abhängig ist vom Handel und der Bedeutung einiger weniger, so der Experte. Laut Moseley legen inzwischen immer mehr Regierungen weltweit ihr Augenmerk mehr auf lokale Lebensmittelproduktionen.

Andere Wege finden

Ein anderer Faktor, der ein immer mögliches Scheitern des Getreideabkommens weniger bedrohlich erscheinen lässt, wäre die Implementierung alternativer Versorgungswege im Osten Europas. Bei der GrainCom-Konferenz in Genf, die in der vergangenen Woche stattgefunden hat, sagte der Ökonom Dan Basse von AgResource, einer US-Beratungsfirma für den Handel mit Nahrungsmitteln: "Mit einer geringeren Ernte in diesem Jahr kann alles durch Osteuropa in den Westen transportiert werden. Das Problem wird nur sein, dass das Ganze dann 15 oder 20 Prozent mehr kosten würde."

Diese teureren Routen könnten zudem langfristig einen weiteren negativen Einfluss haben, wenn es nämlich anderen das Geschäft abgraben würde. Es gibt bereits jetzt ernsthafte Probleme in verschiedenen osteuropäischen Ländern wegen des Transportes ukrainischen Weizens durch ihre Länder, weil dies die Geschäftsgrundlage der heimischen Produzenten bedroht.

Die meisten der befragten Kongressteilnehmer stimmten zu, dass durch eine deutlich geringere Ernte in diesem Jahr der Druck, den Export mit großen Schiffe über das Schwarze Meer zu gewährleisten, nicht mehr so groß sei, wie er einmal war. Doch einige von ihnen warnten auch, dass höhere Exportpreise dazu führen könnten, dass einige Farmer die Produktion einstellen würden.

 

Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.

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