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PolitikUkraine

Ukraine-Hilfe: Europa zahlt deutlich mehr als USA

11. Oktober 2023

Anders als die USA haben viele europäische Länder ihre Hilfen für Kiew auf mehrere Jahre in ihre Haushalte eingeplant. An der Uni Kiel pflegen Forschende eine Datenbank zur Unterstützung für die Ukraine.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Europäischen Parlament in Brüssel
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Europäischen Parlament in BrüsselBild: Kenzo Tribouillard/AFP

Europa ist dabei, die USA in Sachen Ukraine-Hilfe deutlich zu überholen. Das finanzielle Volumen an militärischen, finanziellen und humanitären Hilfen, das europäische Länder der Ukraine zugeteilt oder zugesagt haben, ist doppelt so groß wie das, was die USA dem Land bereitstellen. Dabei sind die europäischen Hilfen auf mehrere Jahre im Voraus ausgelegt und dementsprechend bereits in mehrjährigen Haushaltsplänen - sowohl der Europäischen Union als auch einzelner Ländern - enthalten.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Gruppe von sieben Wissenschaftlern am Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW), die seit Februar letzten Jahres mit Beginn von Russlands umfassender Invasion der Ukraine im Rahmen des Projekts "Ukraine Support Tracker" die internationale Unterstützung für Kiew verfolgen und dokumentieren. Der jüngste Bericht berücksichtigt die Daten bis zum 31. Juli 2023. Gelder, die beim Treffen der Ramstein-Gruppe an diesem Mittwoch in Brüssel zugesagt wurden, sind darin also nicht enthalten. Dort hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zwar noch einmal betont, die USA werden die Ukraine unterstützen, solange es nötig sei. Allerdings weckt der innenpolitische Machtkampf in Washington Zweifel daran, dass die US-Regierung ihre Unterstützung im bisherigen Umfang fortsetzen kann.

EU-Staaten verdoppeln ihre Hilfe

"Es ist bemerkenswert, wie schnell Europa zu einem dauerhaften, mehrjährigen Unterstützungsprogramm für die Ukraine übergegangen ist", meint Christoph Trebesch, der das Team leitet, das den "Ukraine Support Tracker" erstellt. "Im Vergleich dazu hinken die USA nun deutlich hinterher, da sie in den letzten Monaten keine nennenswerten neuen Zusagen gemacht haben." Trebesch betont, dass "die Verdoppelung der EU-Hilfe eine bemerkenswerte Veränderung im Vergleich zum ersten Kriegsjahr ist, als die USA den Weg vorgaben". Am 20. Juni hatte die Europäische Kommission in Brüssel bekannt gegeben, die Unterstützung für die Ukraine im Finanzplan für die Jahre 2024 bis 2027 auf 50 Milliarden Euro zu verdoppeln.

Beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe im NATO-Hauptquartier sagten diverse westliche Staaten dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj (l. mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, r.) weitere Hilfen zuBild: Simon Wohlfahrt/AFP/Getty Images

Gleichzeitig haben mehrere europäische Länder laut IfW-Bericht eigene mehrjährige Programme vorgestellt: Deutschland habe ein vierjähriges militärisches Unterstützungspaket im Wert von 10,5 Milliarden Euro (2024 bis 2027) geschnürt, Norwegen will mit seinem "Nansen-Unterstützungsprogramm" über fünf Jahre 6,6 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die Hälfte davon für militärische Zwecke. Weitere Pakete mit mehrjähriger Laufzeit haben dem Bericht zufolge Dänemark, Großbritannien, die Schweiz, Schweden, Portugal und Litauen zugesagt. Darüber hinaus stellen einige Länder Mittel für kurzfristige gezielte Hilfen bereit, allen voran Deutschland (619 Millionen Euro) und Großbritannien (286 Millionen Euro).

Rechnet man die Hilfen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zusammen, kommt man bereits auf einen Betrag, der fast doppelt so hoch ist wie die 70 Milliarden Euro, die die USA laut "Ukraine Support Tracker" zugesagt oder bereitgestellt haben. Einschließlich anderer westeuropäischer Länder (Großbritannien, Norwegen, Schweiz) summiere sich das Gesamtvolumen europäischer Geber auf 156 Milliarden Euro.

Ranking im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt

Setzt man die bereitgestellten Hilfen ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), verändert sich das Ranking deutlich. "Im Verhältnis zum BIP und unter Berücksichtigung der mehrjährigen Programme ist Norwegen nun der größte Unterstützer der Ukraine und hat Hilfen im Volumen von 1,7 Prozent seines BIP zugesagt", stellen die IfW-Experten fest.

Das Parlamentsgebäude in Oslo: Norwegen plant gemessen an der eigenen Wirtschaftsleistung die größte Ukraine-HilfeBild: Terje Pedersen/NTB/picture alliance

Es folgen die baltischen Länder Litauen, Estland und Lettland, die angesichts der russischen Bedrohung besonders beunruhigt sind. Dänemark kommt auf den fünften Platz und stellt fast drei Milliarden Euro oder 1,1 Prozent seines BIP über seinen Nationalen Ukraine-Fonds bereit. Der größte Teil des Fonds ist für Militärhilfe bestimmt und soll 2023 und 2024 verwendet werden.

Zu den Top Ten zählen außerdem Polen, die Slowakei, Tschechien, Deutschland und Finnland. Von diesen fünf Ländern hat bisher nur Deutschland mehrjährige Hilfen zugesagt. In der Slowakei könnten die Ergebnisse der Parlamentswahlen vom 30. September dazu führen, dass dieses Land seine Hilfe für die Ukraine reduziert oder sogar ganz einstellt. Die USA liegen mit einem Drittel Prozent nur auf Rang 16 dieser Liste.

Lücke zwischen Zusagen und Lieferungen

"Trotz der vielversprechenden neuen Zusagen bleibt abzuwarten, wie viel tatsächlich geliefert wird und wann", warnt Christoph Trebesch vom Kieler IfW. "In der Vergangenheit waren die europäischen Geber oft langsam mit ihren Lieferungen, das wird in Zukunft hoffentlich seltener der Fall sein."

Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel pflegt ein Team die Datenbank "Ukraine Support Tracker"Bild: IfW Kiel

Vor allem bei Panzern, Artillerie-Munition und bei Raketenabwehrsystemen besteht dem Bericht der Experten zufolge noch eine größere Lücke zwischen Zusagen und Lieferungen. Doch sie betonen: "Mit Blick auf schwere Waffensysteme gab es viele neue Lieferungen. Der Anteil tatsächlich gelieferter Systeme im Vergleich zu den Zusagen hat sich im jüngsten Update um fünf Prozentpunkte auf 69 Prozent erhöht."

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk

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