1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Ukraine: IAEA fordert erweiterten Zugang zu AKW

5. Juli 2023

Experten müssten am Atomkraftwerk Saporischschja die Möglichkeit erhalten, sämtliche Fakten vor Ort zu prüfen. Das würde zu einer Klärung der aktuellen Lage beitragen, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi. Ein Überblick.

Rafael Mariano Grossi
IAEA-Chef Rafael Grossi fordert für seine Inspektoren Zugang zu den Dächern der Reaktoren 3 und 4 Bild: Hiro Komae/AP/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • IAEA will Sicherheit von AKW Saporischschja klären
  • Explosion in einem Gericht in Kiew
  • Neue Gespräche im NATO-Streit zwischen Schweden und Türkei
  • Biden und Scholz stimmen sich vor NATO-Gipfel ab
  • Selenskyj erfreut über Amtszeitverlängerung von Stoltenberg

 

Angesichts wachsender Sorgen um die Sicherheitslage im russisch besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erweiterten Zugang zu der Anlage gefordert. Es sei nötig, die "Abwesenheit von Minen oder Sprengstoff" auf dem Gebiet zu bestätigen, erklärte IAEA-Chef Rafael Grossi. Er forderte, Experten seiner Organisation müssten aufgrund der zunehmenden "militärischen Spannung und militärischen Aktivitäten" rund um die Anlage die Möglichkeit erhalten, die "Fakten vor Ort zu prüfen.

Bei Begutachtungen mehrerer Teilbereiche des AKW Saporischschja hätten IAEA-Mitarbeiter in den vergangenen Wochen zwar "keinerlei sichtbare Hinweise auf Minen oder Sprengstoff" festgestellt, erläuterte Grossi. Allerdings hätten die Inspektoren keinen Zugang zu den Dächern der Reaktoren 3 und 4 sowie zu Teilen der Turbinenhallen und des Kühlsystems erhalten.

Ein weiteres Problem für das AKW Saporischschja ist die dauerhafte Versorgung mit Kühlwasser nach der Zerstörung des Kachowka-StaudammsBild: Alina Smutko/REUTERS

Eine "unabhängige und objektive Bewertung" der Situation an dem AKW würde zu einer "Klärung der aktuellen Lage" beitragen und sei somit angesichts von "unbestätigten Behauptungen und Gegenbehauptungen" von "entscheidender Bedeutung", betonte der IAEA-Chef.

Zuvor hatten Russland und die Ukraine einander Pläne zum Angriff auf das größte Kernkraftwerks Europas vorgeworfen. Das ukrainische Militär beschuldigt die russischen Besatzer "sprengstoffähnliche Gegenstände" auf den Dächern der Reaktoren 3 und 4 angebracht zu haben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland "gefährliche Provokationen" vor.

Der Kreml seinerseits bezeichnete hat die Lage um das Atomkraftwerk als "ziemlich angespannt". "Die Gefahr einer Sabotage vonseiten des Kiewer Regimes ist groß, was von den Folgen her katastrophal sein kann", sagte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

IAEA-Direktor Rafael Grossi (M.), rechts der Direktor von Rosenergoatom, Renat Karchaa, bei einem Treffen im März 2023Bild: Erik Romanenko/TAS/dpa/picture alliance

Russische Truppen halten das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine seit März 2022 besetzt. Die Nuklearanlage ist während der Gefechte mehrfach unter Beschuss geraten, was international die Sorge vor einer Atomkatastrophe weckte. Aus Sicherheitsgründen wurde die Anlage inzwischen heruntergefahren. Eine Beobachtermission der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ist vor Ort. 

Explosion in einem Gericht in Kiew

In einem Gericht in der ukrainischen Hauptstadt hat sich ein wegen eines Terroranschlags angeklagter Mann Behördenangaben zufolge nach einem missglückten Fluchtversuch in die Luft gesprengt. "Der Gesetzesübertreter ist am Tatort verstorben", schrieb Innenminister Ihor Klymenko bei Telegram. Zuvor soll er versucht haben, sich ebenfalls per Sprengsatz zu befreien. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft versuchte der von Polizisten zum Gericht eskortierte Angeklagte, auf der Toilette des Justizgebäudes zu fliehen. Dabei habe er einen Sprengsatz gezündet. Zwei Polizeibeamte sind demnach durch die Explosionen verletzt worden.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft versuchte der von Polizisten zum Gericht eskortierte Angeklagte, auf der Toilette des Justizgebäudes zu fliehen. Dabei habe er einen Sprengsatz gezündet.Bild: VALENTYN OGIRENKO/REUTERS

Klymenko teilte mit, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um den Verdächtigen für einen Handgranatenwurf am 31. August 2015 vor dem ukrainischen Parlament gehandelt habe. Damals waren bei gewaltsamen Protesten gegen eine Verfassungsänderung im Rahmen des sogenannten Minsker Friedensprozesses vier Nationalgardisten getötet worden. Die Verfassungsänderungen sahen eine Autonomie für die von Moskau unterstützten Separatisten im ostukrainischen Donbass vor. Der Minsker Friedensprozess scheiterte mit dem russischen Einmarsch vor über 16 Monaten endgültig.

Neue Gespräche im NATO-Streit zwischen Schweden und Türkei

Wenige Tage vor dem NATO-Gipfel in Litauen wird am Donnerstag ein neuer Anlauf unternommen, um die Türkei zur Aufgabe seiner Blockade eines Bündnisbeitritts Schwedens zu bewegen. Auf Einladung von NATO-Generalsekretär Stoltenberg kommen hochrangige Vertreter aus Schweden, der Türkei und Finnland ins Hauptquartier der Verteidigungsallianz in Brüssel, darunter die Außenminister, Geheimdienstchefs und nationale Sicherheitsberater der Länder.

Ein Durchbruch hinsichtlich der türkischen Blockade zeichnete sich vorab nicht ab. Als wahrscheinlicher gilt, dass es dafür in der kommenden Woche am Rande des Gipfels noch einmal Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan persönlich geben muss. Diplomaten hoffen, dass Erdogan beim NATO-Gipfeltreffen einlenkt.

Erfolge nahe Bachmut

Im Osten der Ukraine halten die Kämpfe an. Nach Angaben der stellvertretenden ukrainischen Verteidigungsministerin Hanna Maljar machen die ukrainischen Streitkräfte in den Gebieten außerhalb von Bachmut trotz heftigen russischen Widerstands täglich Fortschritte.

Nach Angaben der stellvertretenden ukrainischen Verteidigungsministerin machen die ukrainischen Streitkräfte in den Gebieten außerhalb von Bachmut täglich Fortschritte.Bild: Alex Babenko/AP Photo/picture alliance

"Wir rücken an der Südflanke von Bachmut vor. Im Norden, um ehrlich zu sein, gibt es schwere Kämpfe und bisher keinen Vorstoß", sagte Maljar im staatlichen Fernsehen. Die russischen Streitkräfte verstärkten ihre Truppen im Süden und im Osten und seien weiter nördlich in der Nähe von Lyman und Swatowe auf dem Vormarsch. 

Ukraine beschießt russische Gebiete 

Bei dem Beschuss habe es Zerstörung auf dem Boden gegeben, so der GouverneurBild: AFP

Die russischen Gebiete Kursk und Belgorod sind nach Angaben ihrer Gouverneure von ukrainischen Streitkräften beschossen worden. Der Beschuss habe nach bisherigen Angaben keine Opfer gefordert. "Die Stadt Walujki steht unter Beschuss der ukrainischen Streitkräfte", schrieb der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, über die Nachrichten-App Telegram. "Das Luftabwehrsystem hat funktioniert. Aber am Boden gibt es Zerstörungen." Um welche Art von Angriff es sich handelte, wurde nicht mitgeteilt. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Kursk, Roman Starowojt, brach im Dorf Tjotkino ein Feuer aus, das eine Schule und ein Haus beschädigte.

Bei einem Angriff auf die von Russland kontrollierte ostukrainische Stadt Makijiwka wurden laut russischen Angaben ein Mensch getötet und weitere 41 verletzt. Unter den Verletzten sind auch zwei Kinder, wie der von Russland eingesetzte Leiter der Stadtverwaltung, Wladislaw Kljutscharow, dem russischen Staatssender Rossija-24 mitteilte. Die ukrainische Armee hatte zuvor die Zerstörung einer "Formation russischer Terroristen" in Makijiwka gemeldet. 

5000 Soldaten in Deutschland ausgebildet

5000 ukrainische Soldaten sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in Deutschland ausgebildet worden. Bis zu 5000 weitere könnten noch in diesem Jahr folgen, sagte ein Sprecher des von der Bundeswehr geführten Trainingskommandos. Im Rahmen der dafür eingerichteten EU-Mission bestehe die Möglichkeit, bis Ende des Jahres insgesamt "bis zu 10.000 ukrainische Soldaten in Deutschland auszubilden".

5000 ukrainische Soldaten sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges in Deutschland ausgebildet worden. 5000 weitere könnten folgen.Bild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/picture alliance

Die Entscheidung, ukrainische Soldaten auszubilden, hatte die Bundesregierung im vergangenen Jahr zusammen mit Waffenlieferungen an die Ukraine getroffen. Die Ausbildung erfolgte vor allem im Zusammenhang mit der Zusage schwerer Waffensysteme, darunter die Panzerhaubitze 2000 und seit diesem Jahr auch Leopard-Kampfpanzer.

Neben der Ausbildung an schweren Waffen würden auch Lehrgänge für Scharfschützen und Führungslehrgänge für Unteroffiziere angeboten, teilte der Sprecher weiter mit. Im Rahmen der Ausbildungsmission EUMAM hatte die EU Kiew im vergangenen Jahr zugesagt, bis Ende 2024 insgesamt bis zu 30.000 Soldaten auszubilden. An der Mission sind neben Deutschland 23 weitere Nationen beteiligt.

Biden und Scholz stimmen sich ab

Eine Woche vor Beginn des NATO-Gipfels in Litauen haben Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden telefoniert. Das Weiße Haus teilte mit, es sei um eine Reihe von Themen gegangen, mit denen sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel befassen - darunter Möglichkeiten, wie das Militärbündnis weiter gestärkt werden kann. Der Gipfel findet kommende Woche Dienstag und Mittwoch in der litauischen Hauptstadt Vilnius statt.

US-Präsident Biden (l.) und Kanzler Scholz - hier im März 2022 - haben sich vor dem NATO-Treffen in Vilnius telefonisch abgestimmtBild: Martin Meissner/AP Photo/picture alliance

Zu den zentralen Themen gehört die Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland. Es soll aber auch um das heikle Thema der Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten und um die Stärkung der Abschreckung gehen. 

Selenskyj begrüßt Entscheidung von Stoltenberg

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Verlängerung der Amtszeit von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßt. Er habe Stoltenberg für seine "persönlichen Bemühungen" zur Unterstützung der Ukraine und ihres Strebens nach Mitgliedschaft in den westlichen Bündnissen gedankt, erklärte Selenskyj nach einem Telefonat mit Stoltenberg. "Ich bin zuversichtlich, dass unsere Zusammenarbeit auch in Zukunft fruchtbar sein wird."

NATO-Generalsekretär Stoltenberg, hier im Interview mit der DWBild: DW

Kurz zuvor war bekannt geworden, dass Stoltenberg ein weiteres Jahr bis zum 1. Oktober 2024 im Amt bleiben wird. Der frühere norwegische Regierungschef hat das Amt des NATO-Generalsekretärs seit Oktober 2014 inne und wollte zum Herbst eigentlich ausscheiden. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hatte er zugunsten des Bündnisses auf einen Wechsel an die Spitze der norwegischen Zentralbank verzichtet.

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus Kriegsgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

haz/los/ust/sti/qu/uh (dpa, rtr, afp)

Ukraine: Wie effektiv ist die Luftabwehr?

02:36

This browser does not support the video element.

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen