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PolitikEuropa

Ukraine: Private Investoren für den Wiederaufbau?

21. Juni 2023

In dieser Woche trifft sich die internationale Gemeinschaft, um über den Wiederaufbau der Ukraine zu diskutieren. Dabei wird vor allem auf den Privatsektor gesetzt. Doch auch die Ukraine muss liefern.

Ukraine Krise zerstörtes Wohngebäude in Irpin
Zerstörtes Wohngebäude in Irpin im März 2022 (Archiv). Bild: Serhii Nuzhnenko/REUTERS

411 Milliarden US-Dollar, rund 383 Milliarden Euro, benötigt die Ukraine nach einem Jahr russischen Angriffskrieg zum Wiederaufbau. Das zumindest schätzte die Weltbank gemeinsam mit der ukrainischen Regierung, der EU-Kommission und den Vereinten Nationen im März 2023. Diese Kosten würden sich auf zehn Jahre erstrecken und müssten durch private und öffentliche Investitionen gedeckt werden. Die Ukraine selbst bemisst den Schaden laut der Nachrichtenagentur dpa sogar auf 750 Milliarden Dollar. Und die EU-Kommission weist auf ihrer Website darauf hin, dass - solange der russische Angriffskrieg in der Ukraine andauert - der Gesamtschaden noch gar nicht zu bemessen sei.

Allein im Jahr 2023 benötige die Ukraine 14 Milliarden US-Dollar (12.8 Milliarden Euro) zum Wiederaufbau von Infrastruktur und Gebäuden, errechnete die Weltbank. Das sind die Zahlen, um die es in dieser Woche auch in London gehen wird.

Im Juli 2022 wurden bei einem Treffen in der Schweiz die so genannten "Luganer Prinzipien" für den Wiederaufbau der Ukraine verabschiedet. Bild: Michael Buholzer/Pool/REUTERS

An diesem Mittwoch und Donnerstag veranstaltet das Vereinigte Königreich gemeinsam mit der Ukraine eine internationale Konferenz zum Wiederaufbau des kriegszerrütteten Landes. Dazu werden neben dem US-Außenminister Blinken auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erwartet.

Das grundsätzliche Konferenzformat gibt es bereits seit einigen Jahren; 2022 wurde es unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges im schweizerischen Lugano in eine Wiederaufbau-Konferenz umgewandelt. Dort hatten sich rund 40 Staaten und einige internationale Organisationen gemeinsam mit der Ukraine auf sieben Bausteine - die Luganer Prinzipien - festgelegt, die den Wiederaufbau gestalten sollen. Demnach soll die Ukraine selbst den Wiederaufbauprozess leiten und vorantreiben, aber auch ihre Rechtsstaatlichkeit systematisch stärken und die Korruption effektiver bekämpfen. Zudem müsse die Finanzierung des Wiederaufbaus fair und transparent sein. An konkreten Finanzzusagen mangelte es damals.

Wird es konkrete Zusagen geben?

Dieses Mal scheint dies anders zu sein. Am Vortag der Konferenz kündigte US-Außenminister Antony Blinken ein "robustes" Hilfspaket für die Ukraine-Konferenz an. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte am Dienstagweitere Ukraine-Hilfen in Aussicht. Sie forderte die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, den aktuell laufenden EU-Haushalt aufzustocken, auch um eine finanzielle Reserve für die Ukraine von 50 Milliarden Euro für die Jahre 2024 bis 2027 bereitzustellen. Dieses Paket enthalte sowohl Fördermittel als auch Darlehen und solle auch als Anreiz für andere Geldgeber dienen. Über diese Vorschläge müssen nun die Mitgliedstaaten und das Parlament entscheiden.
André Härtel von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik sieht in der Ankündigung der EU-Kommission einen Versuch, sich bereits im Vorfeld der Konferenz ein wenig aus konkreten Finanzzusagen herauszuziehen. Derzeit, so Härtel gegenüber der DW, werde noch darüber beraten, welche Anschubfinanzierungen öffentlicher Akteure genügend Anreize für die Privatwirtschaft setzen könnten, um sich stärker in den Wiederaufbau der Ukraine einzubringen.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will Geldmittel aus dem EU-Haushalt bereitstellen, der eigens für den Wiederaufbau der Ukraine aufgestockt werden soll. Bild: Virginia Mayo/dpa/picture alliance

Geld soll auch vom Privatsektor kommen

Laut britischem Premierminister werden mehr als 1000 internationale Würdenträger aus 61 Staaten sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Hunderte Unternehmer und Top-Manager zur Konferenz erwartet. Eigenen Angaben zufolge arbeitet die britische Regierung daran, eine Reihe flexibler, schnell einsetzbarer Instrumente einzuführen, wie etwa eine digitale Plattform, mittels derer sich ukrainische Firmen künftig besser mit globalen Akteuren vernetzen könnten. 

Eines der zentralen Themen der Konferenz sei aber nicht nur die Frage, wie private Geldgeber motiviert werden können, meint André Härtel, sondern wie sich die Risiken für derartige private Investments minimieren lassen. Solange sich die Ukraine im Krieg befindet, seien diese besonders hoch. Derzeit werde noch auf verschiedenen Ebenen an einem entsprechenden Vorschlag gearbeitet, sagt Härtel. Auf der Konferenz erwartet der Osteuropa-Experte einen konkreten Vorstoß, wie private Investitionen etwa durch neue Versicherungsmodelle abgesichert werden können. Mit größeren Finanzierungen von privater Seite rechnet er dennoch erst, wenn es einen Waffenstillstand oder Friedensvertrag gibt, so Härtel gegenüber der DW. 

Ukraine muss Umgebung für Investitionen schaffen

Es sei an der Ukraine, die bestmögliche Umgebung zu schaffen, um diese Investitionen heranzuziehen, mahnte US-Außenminister Blinken am Dienstag im Vorfeld der Konferenz in London an. 

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem britischen Amtskollegen in London nahm US-Außenminister Antony Blinken (re.) auch die Ukraine in die Pflicht. Bild: Leon Neal/AP/picture alliance

Ukraine-Experte Härtel meint, dass ein erfolgreicher Wiederaufbau und Sicherheitsgarantien miteinander Hand in Hand gehen müssten. Auch die Korruption im Land sei allen Besserungen der vergangenen Jahre zum Trotz nach wie vor ein Problem. Diese sorge, so Härtel, "im Westen - was die Zukunft angeht, was den Wiederaufbau angeht - für Kopfschmerzen." Aus seiner Sicht brauche es eine Form der legalen Kontrolle -  gerade mit Blick auf die kommenden Zahlungen. Diese könnte etwa durch eine Eröffnung des EU-Beitrittsverfahrens ausgeübt werden.  Seit dem Sommer 2022 ist die Ukraine EU-Beitrittskandidatund muss nun große Reformschritte durchführen, bevor die eigentlichen Verhandlungen beginnen können.

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