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Vor Ukraine-Treffen von Trump und Putin - Europa geeint

13. August 2025

EU-USA-Gespräche vor dem Ukraine-Treffen der Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska: Der Westen demonstriert Einigkeit und drängt auf einen Waffenstillstand. Russland bombt weiter.

Bundeskanzler Friedrich Merz und Wolodymyr Selenskyj in Berlin - sie geben sich die Hand vor den Flaggen beider Länder und der EU
Vor dem Ukraine-Gipfel von Trump und Putin in Alaska: Bundeskanzler Friedrich Merz bekundet in Berlin Solidarität mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Bild: John Macdougall/REUTERS

Sein 100-Tage-Dienstjubiläum hatte sich der eigentlich urlaubende Bundeskanzler Friedrich Merz wohl anders vorgestellt: Statt Entspannung geht es um Fragen von Krieg und Frieden und eine diplomatische Großoffensive. Am Freitag findet in Alaska das Gespräch des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit US-Präsident Donald Trump zur Zukunft der Ukraine statt - ohne die Ukraine und ohne Europa. Kanzler Merz wollte zuvor Pflöcke einschlagen und lud zu einer virtuellen Vorbereitungskonferenz nach Berlin.

Eingeladen waren mehrere europäische Staats- und Regierungschefs, die EU-Kommission und die NATO. Ehrengäste: der amerikanische Präsident Donald Trump und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der persönlich nach Berlin gereist war. Seine Botschaft: "Wir wollen Frieden für Europa und die Welt." Es müsse einen sofortigen Waffenstillstand geben und Sicherheitsgarantien für sein Land, so der Präsident weiter.

Bundeskanzler Merz: "Hoffnung auf einen Frieden in der Ukraine"

Die Mission der Merz-Initiative: Einigkeit gegen Wladimir Putin zeigen, der schon seit Jahren einen blutigen Krieg gegen die Ukraine führt und bislang weder etwas von einem Waffenstillstand noch von einem Frieden in der Region wissen will. Und: Den US-Präsidenten von unabgesprochenen Zugeständnissen gegenüber Russland abhalten.

"In Alaska müssen grundlegende europäische und ukrainische Sicherheitsinteressen gewahrt bleiben", betonte der Bundeskanzler. "Es gibt Hoffnung auf Bewegung, es gibt Hoffnung auf einen Frieden in der Ukraine", so formulierte es Friedrich Merz. Trump kenne diese Position und teile sie "sehr weitgehend", fügte Merz vieldeutig hinzu. 

Trump-Putin-Gipfel: Was kann die Ukraine erwarten?

03:20

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Trump will baldiges Dreiertreffen mit Selenskjy und Putin

US-Präsident Trump sagte schon vor dem virtuellen Berlin-Gipfel, er habe das Gefühl, dass die Europäer einen "Deal" sehen wollten. Er erklärte ebenfalls, nach seinem Gespräch mit Putin in Alaska könne es sehr schnell ein Dreiertreffen geben. Dies sei jedoch nicht ausgemacht.

Trump will den Druck auf Putin erhöhen, hat aber wenig anzubieten. Er will zwar unbedingt Frieden, hat aber die Waffenlieferungen an die Ukraine erheblich zurückgefahren. Gleichzeitig kann er nicht über territoriale Zugeständnisse verhandeln. Das ginge wohl nur mit europäischer und vor allem nur mit ukrainischer Zustimmung.

"Gebietstausch" - eine Option?

Der US-Präsident hatte in den vergangenen Tagen immer wieder von  einem "Gebietstausch" gesprochen. Der EU - und wohl auch der Ukraine - ist klar, dass Russland die besetzten Gebiete in absehbarer Zeit nicht zurückgeben wird. NATO-Generalsekretär Mark Rutte hatte kürzlich gesagt: "Wir müssen im Moment zur Kenntnis nehmen, dass Russland einen Teil des ukrainischen Territoriums kontrolliert." 

In territorialen Fragen sei es wichtig, zwischen einer "de facto" und einer "de jure" Anerkennung zu unterscheiden, sagte Rutte. Eine mögliche Einigung könne etwa festhalten, dass Russland faktisch bestimmte Gebiete kontrolliere, ohne dass diese Kontrolle rechtlich akzeptiert würde. 

Die Ukraine sei zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit, hieß es jetzt in Berlin. Ausgangspunkt müsse dabei jedoch die derzeitige Kontaktlinie sein, also der Frontverlauf. "Eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen steht nicht zur Debatte", betonte Merz.

Putin bleibt hart - keine Zugeständnisse

Derzeit hält Russland rund ein Fünftel des ukrainischen Territoriums teilweise oder ganz unter Kontrolle. Der Sprecher des russischen Außenministeriums erklärte am Mittwoch, Russland werde sich nicht aus Gebieten in der Ukraine zurückziehen, die es schon jetzt weitestgehend kontrolliert. Dazu gehörten Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson. Die Krim erwähnte er nicht. Die Halbinsel hatte Russland schon 2014 völkerrechtswidrig annektiert. Der Gipfel in Berlin sei schlicht "unbedeutend" hieß es weiter.

Rafael Loss, Sicherheitsexperte vom European Council on Foreign Relations (ECFR), erklärt im Interview mit der DW, er halte den EU-NATO-US-Gipfel in Berlin grundsätzlich für einen Erfolg: "Ich glaube, Friedrich Merz und seine europäischen Kolleginnen und Kollegen haben ihr Ziel erreicht, eine geeinte Front zu artikulieren." Jedoch: "Die Frage, was Gebietsabtretungen oder Tausche genau bedeuten könnten, ist eine, bei der man sich zwischen den Europäern und den USA uneinig ist."

Die von Russland geforderten Verwaltungsbezirke und die Krim gehören völkerrechtlich eindeutig zur Ukraine. Dass Russland faktisch weitestgehend die Kontrolle über diese Gebiete ausübt oder sie widerrechtlich annektiert hat, ändert daran nichts.

Rafael Loss, Sicherheitsexperte beim European Council on Foreign Relations (ECFR)Bild: DW

Eine Abtretung von ukrainischem Staatsterritorium würde voraussetzen, dass die ukrainische Verfassung geändert wird. Darauf wies Selenskyj auch noch einmal bei der Pressekonferenz in Berlin hin. Bei jeder Frage, bei der es um Gebiete gehe, "müssen wir die Menschen berücksichtigen, wir müssen unsere Verfassung berücksichtigen", sagte der Präsident. 

Wie könnte das Treffen Trump-Putin ausgehen?

Was beim ersten Treffen von Putin und Trump am Freitag herauskommt, dem ersten in Trumps zweiter Amtszeit, ist unklar.  Drei Szenarien wären vorstellbar, erklärt Sicherheitsexperte Rafael Loss im DW-Gespräch: 

"Die beste Option wäre, dass Donald Trump erkennt, dass er von Wladimir Putin an der Nase herumgeführt wird und folglich den Schulterschluss mit der Ukraine und den Europäern sucht. Die zweite Option wäre, dass ein Status Quo, wie er jetzt existiert, erhalten bleibt. Der schlechteste Ausgang des Treffens wäre, wenn in Alaska der Grundstein gelegt würde für eine Normalisierung der amerikanisch-russischen Beziehungen und dabei die Ukraine - aber auch die europäische Sicherheitsordnung - unter die Räder kommen würde."

EU-Solidarität mit der Ukraine - Drohung mit Sanktionen

Sollte Russland am Freitag keinerlei Zugeständnisse gegenüber der Ukraine machen, könnten weitere EU- und US-Sanktionen drohen. Ein 19. Sanktionspaket der EU ist bereits geplant, erklärte die Außenbeauftragte der EU, Kaja Kallas, Anfang der Woche. Details wollte sie nicht nennen.

26 von 27 EU-Staaten hatten sich in einer gemeinsamen Erklärung entschieden hinter die Ukraine gestellt. Sie betonten, "dass internationale Grenzen nicht mit Gewalt verändert werden dürfen". Nur die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban lehnte die Erklärung ab und bezeichnete weitere Sanktionen gegen Russland als nicht zielführend.

Russland verstärkt die Angriffe auf die Ukraine wie hier in Saporischschja am 10.8.2025Bild: Stringer/REUTERS

Russland erhöht vor dem Gipfel den militärischen Druck

Während Europa und die Vereinigten Staaten über einen Frieden für die Ukraine sprechen, lässt Russland vor dem Alaska-Gipfel die Waffen sprechen. Die Nachrichtenagentur AFP meldet, dass Russland in der Ukraine die größten Geländegewinne innerhalb eines Tages erzielt hat. Das habe eine Datenanalyse ergeben. Allein die südukrainische Region Cherson meldete am Morgen drei Tote. Auch in anderen Regionen tobt der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine weiter. 

Dem amerikanischen Präsidenten gibt der deutsche Bundeskanzler Merz vor den Verhandlungen in zwei Tagen in Alaska einige Botschaften mit auf den Weg: "Wir wollen, dass Präsident Trump am Freitag in Anchorage Erfolg hat." Und: "Die Ukraine muss mit am Tisch sitzen, sobald es Folgetreffen gibt."

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