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PolitikEuropa

Ukraine-Krieg: US-Waffenlieferungen mit Einschränkungen

Roman Goncharenko
25. März 2023

Haubitzen ohne GPS, Raketenwerfer mit kürzerer Reichweite - die USA liefern der Ukraine einige Waffensysteme nur mit Einschränkungen. Stecken Exportregeln dahinter oder ist es die Angst vor einer Reaktion Russlands?

Abfeuern einer HIMARS-Raketen an der Straße in der Ostukraine, Juli 2022
Die Ukraine hofft auf mehr westliche Waffen wie die HIMARS-Raketen aus den USABild: Armed Forces of Ukraine/Cover Images/IMAGO

Leopard-2-Kampfpanzer aus Norwegen, MiG-29-Kampfflugzeuge aus der Slowakei: Die Ukraine erhält fast täglich Zusagen für die Lieferung von schweren Waffen aus dem Westen. Die USA kündigten am 20. März ein neues militärisches Hilfspaket im Wert von 350 Millionen Dollar an. Die früher versprochenen Kampfpanzer Abrams M1 sind allerdings noch nicht dabei.

Abrams-Panzer ohne geheime Panzerung

Zuletzt hieß es aus Washington, man wolle die Lieferzeit verkürzen und ältere Modelle bis Herbst schicken. Zu Jahresbeginn hatte das US-Magazin Politico berichtet, die USA wollten keine Abrams-Kampfpanzer mit geheimer Panzerung aus abgereichertem Uran an die Ukraine liefern. Als Begründung wurden Exportbestimmungen genannt.

Langsam rollt die Lieferung von Panzern aus dem Westen anBild: piemags/IMAGO

Gustav Gressel, Militärexperte beim European Council on Foreign Relations (ECFR), sieht darin nichts Ungewöhnliches. "Die Ukraine bekommt die Exportvariante des Abrams, wie sie in Ägypten, Saudi-Arabien und im Irak verwendet werden", sagt Gressel der DW. Deren Panzerung sei vergleichbar mit der der älteren deutschen Kampfpanzern Leopard 2 A4, die Norwegen und zuvor Polen der Ukraine geliefert hatten. Der ältere Abrams sei "immer noch ein guter Kampfpanzer, er hat ein gutes Wärmebildgerät und eine leistungsfähige Kanone und ist von der Handhabung her den russischen Panzern überlegen."

US-Haubitzen und ukrainische Software

Exportregeln sind einer der Gründe, warum die USA bestimmte Waffen nur in veränderter Ausführung an die Ukraine liefern. Aber nicht der einzige. "Man stellt sich die Frage, was passiert, wenn ein Panzer zurückbleibt und von den Russen erbeutet und analysiert wird", sagt Gressel. Diese Sorge gilt möglicherweise auch für die US-Haubitzen M777, die seit April 2022 in die Ukraine geliefert werden. Diese Haubitzen wurden ohne GPS-Navigation und der damit verbundenen eingebauten Computer übergeben. Waffen ohne GPS sind grundsätzlich weniger treffsicher.

Manche US-Waffensysteme werden nur mit Einschränkungen geliefertBild: REUTERS

Die ukrainische Armee fand schnell eine Lösung und installierte eigene Systeme, darunter die in der Ukraine entwickelte Artillerie-Software GIS "Arta". Einer der bekanntesten Einsätze von M777-Haubitzen mit GIS "Arta"-Software war laut ukrainischen und westlichen Medien im Mai 2022. Damals hinderte die ukrainische Artillerie besonders viele russische Truppen an der Überquerung des Flusses Siwerskyj Donez beim Dorf Bilohoriwka im Gebiet Luhansk. Gustav Gressel sieht die Ukraine im Vorteil: "Bei der Artillerie gehen Feuerbefehle digital viel schneller". Auf russischer Seite dagegen werde "noch viel mit Sprechfunk" gearbeitet.

Serhij Hrabskyj, Militärexperte aus Kiew und ehemaliger Offizier der ukrainischen Armee, blickt gelassen auf die Einschränkungen bei westlichen Waffensystemen. "Alle Führungsinformationssysteme sind in NATO-Kommandostrukturen integriert, sie können nur im Rahmen der NATO-Aufgaben eingesetzt werden", sagt Hrabskyj in einem DW-Gespräch. Das sei normale Praxis, die Ukraine benutze eigene Systeme.

HIMARS-Raketenwerfer mit kurzer Reichweite

Anders sieht es bei den mobilen Raketenwerfern HIMARS aus US-Herstellung aus, die die Ukraine seit Sommer 2022 erfolgreich für präzise Schläge tief hinter der Frontlinie einsetzt. Die USA liefern dafür Raketen mit einer Reichweite von etwa 80 Kilometern, nicht aber die deutlich stärkeren ATACMS-Raketen, die bis zu 300 Kilometer entfernte Ziele treffen können.

Das Wall Street Journal berichtete, die USA hätten diese Raketenwerfer vor der Lieferung so verändert, dass Raketen mit größerer Reichweite gar nicht abgefeuert werden könnten. Auch dann nicht, wenn die Ukraine sie auf dem Weltmarkt auftreiben sollte. Die Zeitung zitiert eine anonyme Quelle in der US-Regierung mit den Worten, Hintergrund sei der Wunsch, "das Risiko einer Ausweitung des Krieges mit Moskau" zu reduzieren. Im September 2022 sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa, Raketen mit größerer Reichweite seien eine "rote Linie". Das würde Washington zu einer Konfliktpartei machen. Gustav Gressel meint, man könne die technischen Einschränkungen bei HIMARS-Raketenwerfern auch rückgängig machen, sollte Washington sich aus politischen Gründen dafür entscheiden.    

Einschränkungen bei US-Waffenlieferungen in die Ukraine hätten mit der "Angst vor Russland und einer Eskalation des Krieges durch Russland" zu tun, meint Stephen Blank, US-Experte beim Foreign Policy Research Institute und ehemaliger Professor am US Army War College. Blank hält diese Sorge jedoch für übertrieben. "Ich glaube, wir haben zu große Angst vor einer Eskalation durch Russland", sagt der Experte. "Ich verstehe nicht, warum russisches Gebiet von ukrainischen Schlägen ausgeschlossen werden soll. Russland hat diesen Krieg begonnen und die Ukraine zerstört." Blank sieht einen "signifikanten Unterschied" auf dem Schlachtfeld darin, dass Russland sein Kriegsgerät an der Grenze zur Ukraine zusammenziehen und "beliebig feuern" könne, ohne einen Gegenangriff zu befürchten. "Wenn sie es nicht mehr tun könnten, wäre das ein großer Vorteil für die Ukraine." Blank plädiert dafür, im Umgang mit Russland zu zeigen, dass man sich "nicht herumschubsen" lasse.

Anfang 2023 versprachen westliche Partner der Ukraine, Raketen mit einer Reichweite von bis zu 150 Kilometern zu liefern. Kiew habe zugesagt, sie nicht auf russisches Staatsgebiet abzufeuern, erklärte damals der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow. Für die von Russland besetzten Gebiete gilt das jedoch nicht. 

Warnung vor falschen Signalen an Putin  

Stephen Blank glaubt, die Verbündeten in Europa hätten noch mehr Angst als die USA. Die Biden-Administration wolle die NATO zusammenhalten und nehme wohl deshalb Rücksicht darauf, so der Experte. Die NATO hat mehrmals betont, keine Kriegspartei zu sein und sich nicht in den Krieg hineinziehen lassen zu wollen. Gustav Gressel vom ECFR findet das zwar richtig, kritisiert jedoch die Vorstellung in Washington, man könne "den Krieg per Micromanagement in einem gewünschten Patt enden lassen". Ein Krieg sei dafür "zu komplex und zu chaotisch" sagt Gressel. "Man signalisiert Putin damit nur, dass er eine gewisse Chance hat, den Krieg zu gewinnen, indem er das Ganze aussitzt. Jedes Zurückhalten westlicher Waffenlieferungen ist für ihn ein Signal, dass wir es nicht ernst meinen." 


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