Ukraine-Krieg: USA nähern sich Russland auch bei UN an
22. Februar 2025
Am Montag ist der dritte Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine. Der 24. Februar könnte diesmal geprägt sein von einer diplomatischen Wende der USA. Die neue Administration in Washington unter Donald Trump nähert sich auch auf UN-Ebene den Positionen der Führung in Moskau an.
So beabsichtigt die US-Regierung nach Angaben von Diplomaten einen Resolutionsentwurf in die UN-Vollversammlung einzubringen, der Russland nicht explizit als Aggressor nennt - und als Gegenentwurf zu einem von der Europäischen Union und der Ukraine entworfenen Text gilt. Das Papier, in das die Deutsche Presse-Agentur und die französischen Nachrichtenagentur AFP Einblick hatten, fordert zudem keinen Rückzug russischer Truppen von ukrainischem Staatsgebiet.
Der rhetorischen Wende folgt die diplomatische
Der UN-Resolutionsentwurf der USA mahnt "ein rasches Ende des Konflikts" in der Ukraine an und bedauert den Verlust von Menschenleben in dem Krieg - der um ein Vielfaches mehr ukrainische als russische Zivilisten das Leben gekostet hat. Der Entwurf der Ukraine und der Vertretung der EU zur Unterstützung der Regierung in Kyjiw sollte eigentlich am Montag vor dem größten UN-Gremium zur Abstimmung gestellt werden. Von den Vereinigten Staaten war dazu noch am Freitag eine Erklärung erwartet worden - die sich aber zunächst verzögerte.
Westliche Diplomatinnen und Diplomaten hatten bereits gefürchtet, dass die USA den ursprünglichen Resolutionsentwurf nicht unterstützen würden. Das würde die schon in Statements von US-Präsident Trump deutlich gewordenen Position, nicht mehr an der Seite der Regierung in Kyjiw zu stehen, auch diplomatisch verfestigen.
Die USA hätten eine "einfache, historische Resolution eingebracht", erklärte US-Außenminister Marco Rubio am Freitag. Er forderte alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen auf, den US-Entschließungsantrag zu unterstützen, "um einen Weg zum Frieden zu finden". Auf den Inhalt der Resolution aus Washington ging Rubio nicht weiter ein. Diplomatenkreise sehen den Schritt auch als Ausdruck einer grundsätzlichen Hinwendung Trumps zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin, die in der Ukraine und westlichen Demokratien befürchtet wird.
Das Vorgehen der US-Regierung wertete Russlands UN-Vertreter Wassilij Nebensja als "guten Schritt". Westliche Diplomatinnen und Diplomaten hingegen äußerten sich hinter vorgehaltener Hand tief besorgt.
Trump hatte seine Rhetorik gegenüber der Ukraine zuletzt deutlich verschärft und sich Putin angenähert. Dabei bezeichnete er den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj als "Diktator", weil es seit geraumer Zeit in der Ukraine keine Wahlen mehr gegeben habe. Dabei lässt Trump außer Acht, dass die ukrainische Verfassung in Kriegszeiten keine Wahlen zulässt. So, wie es auch in anderen Ländern gängige Praxis ist.
Zudem sagte der Republikaner, dass er die Kriegsschuld bei der Regierung in Kyjiw sehe. Und Trump initiierte Gespräche zum Kriegsende mit Russland, an denen die Ukraine bislang nicht beteiligt ist.
In einem Interview des Senders Fox News erkannte Trump am Freitag allerdings faktisch an, dass Russland der Aggressor in dem Konflikt gegen die Ukraine ist. "Sie wurden von jemandem angegriffen, der viel größer und viel stärker ist, was etwas Schlimmes ist und was man nicht tut", sagte er. Es habe für Russland eigentlich gar keinen Grund gegeben, die Ukraine anzugreifen.
In den vergangenen Jahren waren die USA unter Trumps Amtsvorgänger Joe Biden der wichtigste Unterstützer und Waffenlieferant der Ukraine, hatten bei den Vereinten Nationen für Solidarität mit dem Land geworben und auch Druck ausgeübt, um Russland so weit wie möglich zu isolieren. Dies gelang mit historischen Abstimmungen in der UN-Vollversammlung in New York, bei denen eine eindrucksvolle Zahl an Ländern Russlands Vorgehen verurteilte und damit ein klares weltweites Stimmungsbild zeichnete.
Ringen um Seltene Erden
Von Unstimmigkeiten geprägt sind auch Verhandlungen zwischen den USA und der Ukraine über einen Rohstoffdeal. Konkret geht es dabei um Seltene Erden, die zum Beispiel bei der Handy- und Batterie-Produktion benötigt werden. US-Präsident Donald Trump knüpft Hilfen für die Ukraine an einen Zugang zu deren Vorkommen an Seltenen Erden. Die Ausbeutung der wertvollen Metalle gilt als wirtschaftlich lukrativ und strategisch bedeutsam. Berichten zufolge fordern die USA 50 Prozent der mit diesen Rohstoffen erzielten Einkünfte und wollen sich damit die bisher geleistete Militärhilfe quasi im Nachhinein bezahlen lassen.
Um dieses Ziel zu erreichen, scheint die Trump-Administration sogar damit zu drohen, die Ukraine verwundbar zu machen: Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf Insider meldet, haben die USA in ihrem Drängen auf ein Rohstoff-Abkommen eine Abschaltung des Satelliten-Internetsystems Starlink von Elon Musk ins Gespräch gebracht. Der Starlink-Zugang sei Thema geworden, als der ukrainische Präsident Selenskyj einen ersten Vorschlag der USA für die Ausbeutung der wichtigen Bodenschätzen in der Ukraine abgelehnt habe, sagen laut Reuters drei mit den Vorgängen vertraute Personen.
Einer der Insider sagte demnach, das Thema sei noch einmal am Donnerstag bei den Unterredungen mit dem US-Sondergesandten für die Ukraine, Keith Kellogg, aufgekommen. Bei dem Treffen sei der Ukraine deutlich gemacht worden, dass eine sofortige Starlink-Abschaltung möglich sei, wenn es zu keiner Einigung über den Abbau von Mineralstoffen wie Seltenen Erden komme.
Der ukrainische Präsident Selenskyj teilte am Freitagabend mit, dass Teams beider Länder an einem Entwurf arbeiteten. US-Präsident Trump sagte, ein Deal werde in Kürze unterzeichnet. Das zu Musks Firma SpaceX gehörende Starlink-System ist in der Ukraine nicht zuletzt für den Zugang des Militärs zum Internet essenziell.
AR/fab (dpa, afp, rtr)